Es ist immer so eine Sache vom Aargau aus
nach Winterthur zu fahren, wohlgemerkt mit dem Zug, denn am
unübersichtlichen Zürich HB findet man sich einfach überhaupt nicht
zurecht. Diesmal hatte, so dachte ich, mit 10 Minuten genügend Zeit
den Zug nach Winti zu suchen. Rolltreppe hinunter, Rolltreppe
hinauf, Rolltreppe hinunter, wo zur Hölle war das verfluchte Gleis.
Auf jeden Fall erreichte ich den Zug, als er die Türen schloss und
ich noch gerade so hineinhechteln konnte. Genial, Ferienbeginn, kein
Sitzplatz, also durfte ich stehend, meine Musik lauschend nach
Winterthur düsen. Endlich angekommen, machte ich mich auf den Weg in
das nahe gelegene Salzhaus. In weniger als einer Stunde ging es
endlich los, Die Apokalyptischen Reiter, Tyr und Let Me Dream werden
die Bühne sprengen. Am meisten freute ich mich auf die grandiosen
Färörer von Tyr, Let Me Dream kannte ich nur durch ein paar Samples
und die Reiter wollte ich schon lange mal live begutachten. Nachdem
ich Tyr interviewte, füllte sich dann auch langsam aber sicher das
Salzhaus und die Party konnte beginnen.
Let Me Dream
Wie bereits erwähnt, kannte ich die Finnen nur durch ein paar
Samples vom Internet. Die Jungs haben bereits drei Alben
rausgebracht, aber trotzdem sind sie relativ unbekannt. So wie die
restlichen Zuschauer wartete ich gespannt auf den ersten Song. Mit
grellem Licht "entflammte" die Show, es konnte losgehen. Von der
ersten Minute an, konnten mich Let Me Dream nicht überzeugen, die
Musik hörte sich an, als ob das Sextett sich nicht einig waren, was
sie genau spielen wollten. Eine Prise durchschnittlichen
Gothic-Metal, vermischt mit Death-und Dark-Metal-Elementen, dazu ein
wenig Dark Wave und fertig war das Kunststück. Das hört sich jetzt
alles ziemlich interessant an, aber wenn die Band den Druck auf das
Publikum absolut nicht rüberbekommt, ist es kaum verwunderlich, wenn
der grösste Teil der Zuschauer nach draussen marschierte oder sich
genüsslich ein, oder zwei Bierchen reinzog. Enttäuschend war auch
die Gesangsleistung, auf den gehörten Samples konnte die Stimme
durchaus überzeugen und war meiner Meinung nach die Stärke der Band,
live aber war sie aber viel zu monoton. Alles in allem konnte die
Band höchstens, aber allerhöchtens, als Einstimmung für die
nachfolgenden Bands taugen.
Tyr
Der Höhepunkt des Abend war für mich gekommen, endlich kam ich in
den Genuss, die wunderbare Musik von Tyr live zu erleben.
Traurigerweise durften die Färörer nur läppische 40 Minuten spielen,
was mich aber nicht davon abhielt, Freudensprünge zu vollziehen. Mit
Kettenhemden betraten Sänger Heri Joensen
und
seine Wikingerfreunde die Bühne und das zahlreich erschienene
Publikum zeigte sich überaus gespannt, denn es war der erste
Live-Auftritt in der Schweiz. Mit Songs von ihrer neuen Scheibe "Ragnarok"
und der ein wenig älteren "Eric the Red" eroberten sie die Zuschauer
in Kürze. Trotz der eher langsamen, feinen Musik von Tyr wurde
mächtig getanzt, geschaukelt und mitgesungen. Als dann das
traditionelle irische Folklied "The Wild Rover" erklang, war es
endgültig um mich geschehen. Der Stimme des Sängers gelang es Höhen
zu erreichen, die ich mir nicht mal im Traum ausdenken konnte, trotz
der Höhe blieb die Stimme aber stets im cleanen Zustand und wurde
nie zum Scream. Die fröhlichen Gesichter auf der Bühne, wie auch vor
der Bühne zeigten, wie stark Tyr dem Publikum gefiel. Mit dem Song "Ragnarok",
dem Titeltrack des neuen Albums, wusste die Band ebenfalls zu
überzeugen; grandiose Melodiebögen zu mitsummen waren das Rezept.
Zum Schluss präsentierte Tyr meinen persönlichen Lieblingssong "Ramund
Hin Unge", der vollkommen in färörischer Sprache gesungen wird. Es
wurde nochmal richtig gefeiert und getanzt, ich genoss es in vollen
Zügen und dann war es auch schon wieder zu Ende. Auf jeden Fall kann
ich die Band live jedem weiterempfehlen. Grandios was die Färörer
hier gezeigt haben. Im November kommen sie übrigens erneut in der
Schweiz vorbei, nämlich mit Wintersun und Amon Amarth. Also nicht
verpassen!!
Die Apokalyptischen Reiter
Es wurde enger und enger im Salzhaus, etliche Reiter-Fans haben sich
nach vorne gezwängt, um ihre Lieblingsband zu bewundern. Die Bühne
wurde vollkommen umgestellt und ein komisches "Mini-Gefängnis" mit
Keyboard wurde im hinteren, linken Ecken aufgestellt. Was um alles
in der Welt hatten die "Reiter" da vor? Auf jeden Fall wollten die
Deutschen keine Zeit verlieren und begannen rasch mit ihrem
2-stündigen Auftritt. Sänger Fuchs, wie immer barfuss und der Doktor
mit Sado-Maske hinter Gittern am Keyboard. Speziell sind sie, die
Jungs, aber Musik machen können
sie ebenfalls. Nebst all den Hits wie "Reitermania", "Du kleiner
Wicht", "Die Sonne scheint mir aus dem Arsch", "Friede sei mit Dir"
"Dschinghis Khan" "Riders on the Storm" und viele mehr, liessen die
Reiter nichts, aber überhaupt nichts aus. Auch die Zuschauer durften
sich in das Bühnenspektakel miteinbauen, drei hübsche Blondinnen
wurden auf die Bühne gebeten und danach zum Doktor ins Gefängnis
gesteckt, die Dritte (welche kein Platz mehr fand) wurde kurzerhand
in die persönliche Sekräterin von Drummer Sir G. umgewandelt. Die
jungen Frauen genossen ihr Glück und ebenso die Band. Beim Stück
"Die Sonne scheint..." konnten alle Fans die Bühne betreten, die
freiwillig ihren Allerwertesten ins Publikum streckten. Tatsächlich
waren es nicht wenig, die es wagten sich zu entblössen. Die
Partymusik der Deutschen war wie auch auf den Scheiben allererste
Sahne, jeder Song konnte auf eine andere Art und Weise die Zuschauer
mitziehen. Dazu kam die Coolness der Band, die Lockerheit, die
ironischen Elemente, was alles in allem in einer Party auf höchstem
Niveau endete. Ich regte mich zwar ab und zu ab den Ellbogen die ich
erwischte auf, aber an der Band lag das bestimmt nicht. Trotzdem
wurde es mir, da die Reiter halt nicht wirklich zu meinen
Lieblingsbands gehören, bald einmal langweilig. Immer wieder gab es
Passagen, die mich dennoch mitreissen konnten, so z.B der Song
"Seemann". Anders als ich waren die typischen Reiter-Fans, diese
feierten auch schweissgebadet weiter und liessen kein Kopfschütteln
aus. Als die Apokalyptischen Reiter nach 2 Stunden die Bühne
verliessen und nicht wiederkamen, verabschiedete ich mich vom
schönen Salzhaus und begab mich auf den Heimweg. Die Reiter-Fans
erlebten ihre Band ganz gross und vorallem sehr lang. Ganz sicher
ein gelungener Auftritt, obwohl er nicht vollkommen meinem Geschmack
entsprach.
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