Ich muss gestehen, dass ich mir hierzu zuerst einen wiederholten und
gehörigen Ruck verpassen musste, denn Arch Enemy sind und waren noch
nie mein Ding. Das liegt natürlich weniger an der zweifellos geilen
Mucke, sondern vielmehr am seelen- wie pausenlosen Gegurgel von
Frontsirene Angela Gossow. Was brachte mich also kurz vor
Weihnachten dennoch dazu, den Weg nach Pratteln unter die Räder zu
nehmen? Ein Grund war, dass ich mir ein abschliessendes Urteil über
die in der Szene sehr angesehene Band nicht nur von Tonträgern
machen wollte und dass mit Warbringer eine Support-Band dabei war,
die der immer noch aufstrebenden Thrash-Szene mit ihrem geilen
Debüt-Album weitere Impulse vermittelt hat. Dass dann aber mit
ChthoniC aus Taiwan eine echte Überraschung anstand, konnte so nicht
zwingend erwartet werden, und das nicht nur wegen der sexy Bassistin
Doris Yeh! Da ich zudem rechtzeitig vor Ort war, sah ich auch die
kurzfristig ins Billing aufgenommene, heimische Band Erupdead als
Opener des Abends. So standen insgesamt also vier Bands auf der
Matte.
Erupdead
Nebst meiner Wenigkeit dürften wohl die wenigsten der schon zu
Beginn anwesenden Fans bemerkt oder gewusst haben, dass man für das
Tourneeabschluss-Konzert von Arch Enemy noch eine dritte
Support-Band verpflichtet hatte. Erupdead aus Basel bekamen dabei
die Gelegenheit, eine Auswahl von Songs ihrer ersten CD «Human
Progress», die
anfangs Oktober 2011 erschienen ist, live
vorzustellen. Im Schmelztiegel von Death, Black und Thrash Metal
über Hard- bis zu Grindcore liessen es dann Sebbi (v), Herzig (g),
Sven (g), Matt (b) und Atz (d) gleich von Beginn weg heftig krachen.
Der Album-Opener «Mediaddict» hatte diese Stellung auch live inne,
wo nebst dem genretypischen Geknüppel und den zugehörigen Growls
etliche Tempo-Breaks mit eigentlich ungewohnten, respektive an
dieser Stelle eher unerwarteten Melodien sogleich auffielen.
Unübersehbar war nebst dem Gesichtspearcing und den Tattoos auch der
Ohrschmuck von Gitarrist Sven, der zwei riesige, schwarze Tunnels
zur Schau trug. Auf den Fotos entdeckte ich dann später noch was,
nämlich unter dem Oberbegriff Body Modification "verzierte" Hände,
sprich Unterhaut-Implantate! Schon krass sowas, doch diese Optik
passte perfekt zum Sound und ich fragte mich zudem immer wieder, wie
man professionell growlt, denn ich wäre im Gegensatz zu Brüllwürfel
Sebbi schon nach zwei Minuten total heiser. Die ersten dreissig
Konzert-Minuten des Abends waren rasch um und die noch nicht gerade
zahlreich anwesenden Fans in der Halle bedachten Erupdead mit
Anstands-Applaus. Technisch gesehen hatten sie es die Jungs
augenscheinlich drauf, aber mir war das Ganze dann letztlich doch
viel zu eintönig.
Setliste: «Mediaddict» - «Burn The Symbols» - «Plastic Doll» - «Letters
Of Mars» - «Unite» - «The Source Of Evil».
ChthoniC
Death Metal made in Taiwan? Tja Leute..., wer zuvor dachte, dass
dies nicht oder nur begrenzt möglich ist, musste sich bald eine
Besseren belehren lassen! Ich hatte zuvor noch nie was von dieser
Band gehört, die eigentlich schon seit 1995 existiert. Seither
wurden sechs Studio-Alben, einzelne Singles, EPs und 2006 auch eine
Live-Nachlese als DVD/DCD veröffentlicht. Von der Ur-Formation ist
nur noch Sänger Freddy Lim übrig geblieben und es gibt über ein
Dutzend Ex-Members. Doris Yeh, die der Blickfang am Bass, ist
immerhin seit 1999 dabei, also auch schon ein paar Jahre. Ihr
Rhythmus-Partner ist Dani Wang, während Jessie Liu die Sechssaitige
bedient und CJ Kao für die Synthie-Tasten verantwortlich zeichnet.
Von der Optik her gibt es auch einige Details zu erwähnen, wie die
tattooartige Gesichtsbemalung von Freddy, die Masken von Dani und CJ
sowie das sexy Outfit von Doris. All das wirkte zu Beginn, also als
gerade alle Musiker auf die Bühne kamen und sich bereits machten,
ziemlich irritierend. Ich befürchtete, dass es sich hier um eine
Visual Key Gruppe wie Dir En Grey handelt und das wäre dann in der
Tat "schwere Kost" gewesen. Der Opener «The Island» stimmte mit
fernöstlichen Klängen als Intro auf «Forty-Nine Theurgy Chains» ein,
wo es dann gleich das volle Brett gab. Man musste zweimal hinsehen,
ob diese derben Shouts wirklich aus dem Mund des Taiwanesen
stammten. Nicht minder heftig und mitunter mit ordentlich
blackmetallischem Einschlag wirkte auch «Rise Of The Shadow» wie ein
Keulenschlag ins Genick. Da ging ziemlich die Post ab und auch das
Publikum schien plötzlich wie zu erwachen. Die Bühnenpräsenz von
ChthoniC war wirklich beeindruckend und die technischen Fähigkeiten
liessen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass hier Vollblutmusiker
am Werk waren. Sänger Freddy Lim war überdies in der Lage tief zu
growlen wie Dan Swanö (Edge Of Sanity) und auch hoch zu kreischen
wie Dani Filth (Cradle Of Filth). Die dezente Lautstärke des
Synthies bereicherte das musikalische Gesamtbild, anstatt es
zuzukleistern. Der Oriental Metal aus Taiwan überraschte auf der
ganzen Linie und ich habe noch selten eine Band gesehen, die sich
nach nur 30 Minuten Spielzeit so in Szene setzen konnte. 2012 wird
ausserdem eine neue Live-DVD/DCD erhältlich sein, die man mindestens
mal antesten sollte.
Setliste: «The Island» - «Forty-Nine Theurgy Chains» - «Rise Of The
Shadow» - «Southern Cross» - «Broken Jade» - «Oceanquake» - «Takao».
Warbringer
Und nun war die Reihe an den Amis von Warbringer, die mit ihrem
aktuellen, dritten Longplayer «Worlds Turn Asunder» ein echtes
Thrash Masterpiece abgeliefert haben, das sich in der zur Zeit
grassierenden Thrash-Mania bestens behaupten kann und nicht selten
an Schmier & Co., sprich Destruction erinnert. Weil es auch für
Warbringer das letzte Konzert der laufenden Tour war, mussten
traditionellerweise gewisse Streiche der Crew und/oder der anderen
Bandmitglieder erwartet/ausgestanden werden. Offenbar hat sich
dieser Brauch aber etwas abgenutzt, denn es geschah nichts
Aussergewöhnliches. Soweit so gut, aber etwas fiel Sänger John Kevill dennoch schon vor dem ersten, gespielten Ton auf, nämlich
dass der rote Schriftzug auf dem Backdrop derart überklebt wurde,
dass nur noch «War Inc.» davon übrig blieb. Doch das brachte die
laute Truppe aus dem kalifornischen Ventura nicht aus dem Konzept,
im Gegenteil! Den Album-Opener «Living Weapon» auch gleich als erste
Abrissbirne ihres Auftrittes zu bringen, entpuppte sich als
goldrichtig! Immer noch angewärmt von ChthoniC ging es nun für den
gut antizipierenden Mob voll zur Sache. Massig fliegende Haarmatten
bestätigten die gute Stimmung, von der sich die Band aus Übersee
weiter anstacheln liess. Die Mucke kam voll auf den Punkt rüber und
fegte wie ein Tornado durch das Z7! Thrash Metal at its best!! Vom
neuen Album wurden insgesamt vier Songs gespielt, während die
zugestandene Spielzeit von 45 Minuten für den Co-Headliner natürlich
Platz für neun Songs schaffte. Weil das ja kein Kindergeburtstag
war, gab es keinerlei Verschnaufpausen..., weder vor noch auf der
Bühne. So drückten Warbringer durchgehend auf die Tube, dass es eine
wahre Freude war. Mit dem eher überraschenden, aber
erfreulicherweise sehr überzeugend interpretierten Motörhead-Klassiker «(We Are) The Road Crew» wurde so zu sagen ein
benötigter Farbtupfer in das mit der Zeit gleichförmige Gebretter
gelegt. Das Z7-Publikum sah das wohl etwas weniger kritisch und
reagierte prompt mit einem Moshpit auf die Darbietung. Soundmässig
war es ganz ok und sobald man etwas vom Gas ging und der gepflegten
Rhythmik auch Raum liess, kamen umgehend gute Vibes à la Legion Of
The Damned hoch. Optisch war bis auf den Kurzhaarträger Adam Carroll
alles im grünen Bereich und das agile Drum-Spiel von Carlos Cruz
allererste Sahne. Andy Laux spielte derweil seinen Bass mit einem
Plektrum und darum klang das Ganze insgesamt etwas zu dünn für
meinen Geschmack. Wenn der California-Fünfer die Klasse des
aktuellen Songwritings mindestens halten, wenn nicht übertreffen
kann, werden wir die Jungs sicher bald wieder abrocken sehen.
Setliste: «Living Weapon» - «Severed Reality» - «Living In A
Whirlwind» - «Shattered Like Glass» - «Total War» - «Demonic Ecstasy»
- «(We Are) The Road Crew» - «Future Ages Gone» - «Combat Shock».
Arch Enemy
Eigentlich wusste ich schon, was mich erwartet, aber da musste ich
jetzt durch! Es sind nun gut zehn Jahre her, seit die deutsche
Sängerin Angela Gossow zu dieser Schwedentruppe stiess, die bereits
1996 aus den Ruinen von Carcass enstand und damals mit Johan Liiva
noch einen männlichen Frontmann stellte. Die Gebrüder Amott, als da
wären Michael und Christopher sind ausgewiesene Szene-Kapazitäten
und halten den Kahn seit je her auf Kurs. Bassist Sharlee D'Angelo
war mir von King Diamond und Mercyful Fate her ein Begriff.
Vervollständigt werden Arch Enemy von Schlagzeuger Daniel Erlandsson,
der von Anfang an dabei ist. Von den acht Studio-Alben, die in den
letzten fünfzehn Jahren erschienen sind, habe ich bis auf eine
Card-Box Promo von «Anthems Of Rebellion» nichts bei mir rum stehen.
Warum das so ist, wurde mir dann schon beim Opener
«Yesterday Is
Dead And Gone» schlagartig ins Bewusstsein geholt. Zu geilstem,
melodiösem "Progressive Thrash Power Metal" mit etwas Schlagseite zu
Nevermore growlte unser blonder Engel Angela (die mit der
spitzenübersähten Lederkluft wie Rob Halford in jungen Jahren
aussah) durchgehend und abgrundtief böse alles in Grund Boden!
Warum man zum Beispiel bei «Revolution Begins» am Anfang keine
Clean-Vocals bringt, finde ich einfach jammerschade. Bei der Double
Bassdrum Attacke «Ravenous» wog dieser Umstand dann nicht so
schwer, aber auch hier könnte eine passende(re) weibliche wie
männliche Gesangsstimme noch viel mehr aus diesem zum Niederknien
geilen Sound heraus holen. So liess ich mich dann von einem Song
nach dem anderen berieseln, kannte keinen einzigen davon, sah
gleichzeitig etwa zumeist abfeiernde 700 Fans, die jedoch mächtig
Spass hatten und lautstark mitsangen. «My Apocalypse» war
musikalisch an sich ein weiteres Juwel mit einem wunderschönen,
getragenen Mittelteil mit feinen Doppel-Soli der Amott-Brothers.
Stampf-Knüppler der Marke «Bloodstained Cross» oder «Taking Back My
Soul» entfachten schliesslich weitere Moshpits, wo es teils noch
recht heftig zu und her ging. Das Ganze war jedoch von keinerlei
Gehässigkeiten begleitet und entsprach so den genreüblichen
Gepflog-enheiten unter Metallern. Das hiess in erster Linie Spass zu
haben und dagegen ist nicht das Geringste einzuwenden. Sound und
Licht waren ziemlich fett und trotzdem machte sich bei mir je länger
je mehr Langeweile breit. Nicht mal das soweit kurzweilige Drum-Solo
von Herrn Erlandsson vermochte meine zunehmende Lethargie zu
durchbrechen. Schimpft mich nun einen notorischen oder
unein-sichtigen Kostverächter zum Thema der Amott-Band, aber was soll
man (ich) machen? Es ist wirklich ein Jammer, dass mir solch geile
Mucke erstens auch künftig nicht ins Haus kommen wird und ich nun
zweitens livemässig ebenso wie für immer "geheilt" bin. Allerdings
werde ich beim nächsten BYH!!!-Festival in Balingen (D) nicht darum herum kommen,
respektive mich während dem Auftritt von Arch Enemy in aller Ruhe um
mein leibliches Wohl kümmern können. In diesem Sinne Flasche leer,
ich habe fertig!
Setliste: «Khaos Overture» - «Yesterday Is Dead and Gone» -
«Revolution Begins» - «Ravenous» - «Enemy Within» - «My Apocalypse»
- «Bloodstained Cross» - «Taking Back My Soul» - «Drum Solo» - «Under
Black Flags We March» - «Dead Eyes See No Future» - «Guitar Soli
(Chris & Micheal)» - «Diva Satanica» - «Dead Bury Their Dead» - «We
Will Rise» -- «Snow Bound» - «Nemesis» - «Fields Of Desolation» - «Outro».
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