Ich gehöre zwar nicht gerade zur Garde der vergifteten
Prog-Nerds, aber mir gefallen mittlerweile schon eine ganze Reihe
Bands aus dieser Ecke. Dabei geht das weit über Dream Theater
hinaus, und so zieren diverse andere Bands, teils seit Jahrzehnten
schon, meine Tonträgersammlung. Dazu gehören zum Beispiel Genesis,
Marillion, Threshold, Redemption, Pagan's Mind, Ivanhoe, Pallas,
Pendragon, Riverside, Leprous, Everon, The Flower Kings oder Presto
Ballet, um einfach mal ein paar zu nennen. Oder doch noch ein paar
mehr? Na klar: Jadis, Mystery, Steven Wilson, Spock’s Beard, The
Reasoning und so weiter. Eine gewichtige Genre-Band fehlt hier aber
noch, und die war in den vergangenen Jahren ein paar Mal im Z7 zu
Gast. Die Rede ist natürlich von Arena! Mitte der 90er gegründet vom
Ex-Marillion Drummer Mick Pointer und Keyboarder Clive Nolan
(Pendragon, Shadowland) entstanden seither einige wegweisende Alben,
die ihren Reiz bis heute nicht verloren haben. Klang das Debüt noch
schwer nach Marillion und Genesis der 80er, legte beispielsweise das
2011er Album «The Seventh Degree Of Separation» härtemässig schon
einen Zacken zu, ohne die Wurzeln zu verleugnen.
Arena
Drei Jahre nach «The Unquiet Sky» haben die Briten mit «Double
Vision» einerseits ein brandneues Album im Gepäck, und andererseits
steht das 20-jährige Jubiläum des Kult-Albums «The Visitor» an. Was
liegt also näher, als gleich beide Ereignisse als Aufhänger für die
anstehende Tour zu nutzen?! Gesagt getan, und damit nicht genug,
denn Arena beschlossen, «The Visitor» aus gegebenem Anlass gleich am
Stück durchzuspielen, neues Material erstmals live vorzustellen und
mit dem einen oder anderen Klassiker des üppigen Backkataloges zu
verzieren! Somit konnte man im Vorfeld in Erfahrung bringen, dass
das Konzert gut zwei Stunden dauern wird. Das bedeutete zumindest
für heute Abend im Z7 und möglicherweise für die ganze Tour, dass
auf eine Support-Band verzichtet wird. Für Puristen natürlich eine
freudige Nachricht, und obwohl der Anlass resonanzmässig unter dem
Banner „Mini-Z7“ lief, wurde die grosse Bühne hergerichtet. Das
sollte sich schon bald als weise Entscheidung herausstellen, denn
der Prog-Sound, wie ihn Arena zelebrieren, braucht zwingend den
nötigen Raum, um sich richtig entfalten zu können. Dafür wurde der
Set in drei Parts unterteilt, heisst zuerst wurde die
Jubiläumsscheibe gewürdigt, gefolgt von neuen wie alten Tunes und
durch zwei Zugaben abgerundet. So erklang kurz nach 20.00 Uhr das
Intro, ehe es mit «A Crack In The Ice» gleich losging. Gitarrist
John Mitchell
musste
dabei solistisch umgehend in die Hosen steigen. Auf dem Original von
1998 ist Paul Wrightson als Sänger zu hören, der eine leichte
Schlagseite hin zu Peter Gabriel (Ex-Genesis) und Fish
(Ex-Marillion) aufwies. Paul Manzi als aktueller Frontmann, immerhin
auch schon acht Jahre bei Arena dabei, lieferte jedoch einen Top-Job
ab. Spätestens beim zweiten Song «Pins And Needles» war das Publikum
(etwa 300 Leute, vielleicht 350) voll auf Empfang und klatschte
jeden Songbeginn anerkennend kurz ab.
Derweil musste ich
total beschämt feststellen, dass ich dieses Hammeralbum («The
Visitor»), das sich über weite Strecken wohlig nach den Kollegen von
Threshold (und massig alten Marillion) anhört, in all den Jahren
kaum bis gar nie am Ohr hatte. Ein magistraler Fehler, denn so
fühlte ich mich inmitten all der Nerds und Kenner ziemlich verloren,
da ich echt keinen einzigen der Songs kannte, respektive
wiedererkannte. Nichtsdestotrotz liess ich mich in diesem
wunderbaren Klangkosmos völlig losgelöst treiben und genoss jeden
Moment. Zentral war dabei Clive Nolans unerlässlicher Beitrag an
Keyboards wie Synthesizern, ohne den die Magie dieser Band gar nicht
erst entstehen würde. Songs wie «In The Blink Of An Eye», «Serenity»
als Instrumental oder der Titeltrack unterliegen keinem
Verfalldatum, und ich werde mehr als gut daran tun, mir dieses erst
kürzlich (*sic*) über Discogs noch eingeschweisst (!) erworbene
originale Klassealbum eingehend anzuhören! Der zweite Teil des
Konzertes wurde nach einer kurzen Pause mit «Poisoned», einem der
zwei neuen Songs im Set, fortgesetzt, der
erfreulicherweise genau da ansetzte, wo vorher unterbrochen wurde.
Mit «Jericho» und «Solomon» ging es dann vor den Zugaben mitunter
zurück zum genialen Debüt «Songs From The Lions Cage» (1995), wovon
mir persönlich wie letztlich nur der überragende Opener «Out Of The
Wilderness» fehlte. Als der geniale Auftritt nach etwas mehr als
zwei Stunden, sprich halt bereits um 22.00 Uhr herum zu Ende war,
entstand trotzdem keinerlei Missmut, im Gegenteil. Die Band mischte
sich kurz nach den letzten verhallten Klängen unter die Fans und
gewährte private Gespräche, Unterschriften und Fotos ohne jegliche
Allüren. Ein somit perfekter Konzertabend, der in dieser
Zusammenstellung live wohl kaum bis nie mehr wiederholt werden wird.
Wohl also all den die-hard Fans, die heute Abend im Z7 zugegen
waren.
Setliste: [Part I: The Visitor]: «A Crack In The Ice»
- «Pins And Needles» - «Double Vision» - «Elea» - «The Hanging Tree»
- «A State Of Grace» - «Blood Red Room» - «In The Blink Of An Eye» -
«(Don't Forget To) Breathe» - «Serenity» - «Tears In The Rain» -
«Enemy Without» - «Running From Damascus» - «The Visitor» - [Part
II]: «Poisoned» - «Jericho» - «The Mirror Lies» - «The Tinder Box» -
«Solomon» -- «Ascension» - «Crying For Help VII».
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