Livereview: Arena

10. Mai 2018, Pratteln – Mini-Z7
By Rockslave
Ich gehöre zwar nicht gerade zur Garde der vergifteten Prog-Nerds, aber mir gefallen mittlerweile schon eine ganze Reihe Bands aus dieser Ecke. Dabei geht das weit über Dream Theater hinaus, und so zieren diverse andere Bands, teils seit Jahrzehnten schon, meine Tonträgersammlung. Dazu gehören zum Beispiel Genesis, Marillion, Threshold, Redemption, Pagan's Mind, Ivanhoe, Pallas, Pendragon, Riverside, Leprous, Everon, The Flower Kings oder Presto Ballet, um einfach mal ein paar zu nennen. Oder doch noch ein paar mehr? Na klar: Jadis, Mystery, Steven Wilson, Spock’s Beard, The Reasoning und so weiter. Eine gewichtige Genre-Band fehlt hier aber noch, und die war in den vergangenen Jahren ein paar Mal im Z7 zu Gast. Die Rede ist natürlich von Arena! Mitte der 90er gegründet vom Ex-Marillion Drummer Mick Pointer und Keyboarder Clive Nolan (Pendragon, Shadowland) entstanden seither einige wegweisende Alben, die ihren Reiz bis heute nicht verloren haben. Klang das Debüt noch schwer nach Marillion und Genesis der 80er, legte beispielsweise das 2011er Album «The Seventh Degree Of Separation» härtemässig schon einen Zacken zu, ohne die Wurzeln zu verleugnen.

Arena

Drei Jahre nach «The Unquiet Sky» haben die Briten mit «Double Vision» einerseits ein brandneues Album im Gepäck, und andererseits steht das 20-jährige Jubiläum des Kult-Albums «The Visitor» an. Was liegt also näher, als gleich beide Ereignisse als Aufhänger für die anstehende Tour zu nutzen?! Gesagt getan, und damit nicht genug, denn Arena beschlossen, «The Visitor» aus gegebenem Anlass gleich am Stück durchzuspielen, neues Material erstmals live vorzustellen und mit dem einen oder anderen Klassiker des üppigen Backkataloges zu verzieren! Somit konnte man im Vorfeld in Erfahrung bringen, dass das Konzert gut zwei Stunden dauern wird. Das bedeutete zumindest für heute Abend im Z7 und möglicherweise für die ganze Tour, dass auf eine Support-Band verzichtet wird. Für Puristen natürlich eine freudige Nachricht, und obwohl der Anlass resonanzmässig unter dem Banner „Mini-Z7“ lief, wurde die grosse Bühne hergerichtet. Das sollte sich schon bald als weise Entscheidung herausstellen, denn der Prog-Sound, wie ihn Arena zelebrieren, braucht zwingend den nötigen Raum, um sich richtig entfalten zu können. Dafür wurde der Set in drei Parts unterteilt, heisst zuerst wurde die Jubiläumsscheibe gewürdigt, gefolgt von neuen wie alten Tunes und durch zwei Zugaben abgerundet. So erklang kurz nach 20.00 Uhr das Intro, ehe es mit «A Crack In The Ice» gleich losging. Gitarrist John Mitchell musste dabei solistisch umgehend in die Hosen steigen. Auf dem Original von 1998 ist Paul Wrightson als Sänger zu hören, der eine leichte Schlagseite hin zu Peter Gabriel (Ex-Genesis) und Fish (Ex-Marillion) aufwies. Paul Manzi als aktueller Frontmann, immerhin auch schon acht Jahre bei Arena dabei, lieferte jedoch einen Top-Job ab. Spätestens beim zweiten Song «Pins And Needles» war das Publikum (etwa 300 Leute, vielleicht 350) voll auf Empfang und klatschte jeden Songbeginn anerkennend kurz ab.

Derweil musste ich total beschämt feststellen, dass ich dieses Hammeralbum («The Visitor»), das sich über weite Strecken wohlig nach den Kollegen von Threshold (und massig alten Marillion) anhört, in all den Jahren kaum bis gar nie am Ohr hatte. Ein magistraler Fehler, denn so fühlte ich mich inmitten all der Nerds und Kenner ziemlich verloren, da ich echt keinen einzigen der Songs kannte, respektive wiedererkannte. Nichtsdestotrotz liess ich mich in diesem wunderbaren Klangkosmos völlig losgelöst treiben und genoss jeden Moment. Zentral war dabei Clive Nolans unerlässlicher Beitrag an Keyboards wie Synthesizern, ohne den die Magie dieser Band gar nicht erst entstehen würde. Songs wie «In The Blink Of An Eye», «Serenity» als Instrumental oder der Titeltrack unterliegen keinem Verfalldatum, und ich werde mehr als gut daran tun, mir dieses erst kürzlich (*sic*) über Discogs noch eingeschweisst (!) erworbene originale Klassealbum eingehend anzuhören! Der zweite Teil des Konzertes wurde nach einer kurzen Pause mit «Poisoned», einem der zwei neuen Songs im Set, fortgesetzt, der erfreulicherweise genau da ansetzte, wo vorher unterbrochen wurde. Mit «Jericho» und «Solomon» ging es dann vor den Zugaben mitunter zurück zum genialen Debüt «Songs From The Lions Cage» (1995), wovon mir persönlich wie letztlich nur der überragende Opener «Out Of The Wilderness» fehlte. Als der geniale Auftritt nach etwas mehr als zwei Stunden, sprich halt bereits um 22.00 Uhr herum zu Ende war, entstand trotzdem keinerlei Missmut, im Gegenteil. Die Band mischte sich kurz nach den letzten verhallten Klängen unter die Fans und gewährte private Gespräche, Unterschriften und Fotos ohne jegliche Allüren. Ein somit perfekter Konzertabend, der in dieser Zusammenstellung live wohl kaum bis nie mehr wiederholt werden wird. Wohl also all den die-hard Fans, die heute Abend im Z7 zugegen waren.

Setliste: [Part I: The Visitor]: «A Crack In The Ice» - «Pins And Needles» - «Double Vision» - «Elea» - «The Hanging Tree» - «A State Of Grace» - «Blood Red Room» - «In The Blink Of An Eye» - «(Don't Forget To) Breathe» - «Serenity» - «Tears In The Rain» - «Enemy Without» - «Running From Damascus» - «The Visitor» - [Part II]: «Poisoned» - «Jericho» - «The Mirror Lies» - «The Tinder Box» - «Solomon» -- «Ascension» - «Crying For Help VII».