Bands, die sich die Bühne teilen, sollten zueinander passen. Doch
auch ein wenig Abwechslung darf nicht fehlen. Das Zusammenstellen
eines sinnvollen Tourpackages ist also nicht frei von Tücken. Und
wenn dann auch noch Label-Interessen mitspielen, dann wirds erst
recht brenzlig in Sachen musikalischem Zusammenpassen. Riotgod und
Astral Doors, von ihrem Label Metalville auf gemeinsame Konzertreise
geschickt, können zwar beide als musikalische Traditionalisten
bezeichnet werden, doch wie die berühmte Faust aufs Auge passte
diese Konstellation nicht. Zu verschieden war das ohnehin schon
bescheidene Publikum (ca. 150 Leute), die vom Stoner und Space Rock
herkommenden Riotgod-Jünger auf der einen, die vom Heavy und Melodic
Metal herkommenden Astral-Doors-Anhänger auf der anderen Seite, an
diesem Abend im Winterthurer Gaswerk, sodass viele nur ihre
bevorzugte Band schauen gingen, um sich davor, bzw. danach wieder
der Bar, der Zigarette oder dem Nachhauseweg zu widmen. Stellte man
sich aber mit offenen Ohren und Augen bei beiden Bands (und den
eröffnenden Frischlingen No Mute) vor die Bühne, so erlebte man
Musiker mit Herzblut, die lieben was sie machen und sich auch an
kleineren Gigs und durchwachsenem Sound den Arsch abspielen. (kis)
No Mute
Interessanterweise hatte es bei der Support-Band aus Olten am
meisten Zuschauer, die sich um die relativ kleine Bühne des Gaswerks
versammelten. Klein in dem Sinne, als dass es in dieser Location
auch einen deutlich grösseren Bereich mit Auftrittsbereich gibt, der
heute Abend als Aufenthaltsraum mit Bar diente. Von No Mute hatte
ich bisher noch keinerlei Notiz genommen und war deshalb zuerst
etwas überrascht, eine junge Band aus der heimatlichen Region
vorzufinden. Barmann Kissi kannte die Jungs jedoch und so war es in
dieser Hinsicht ein Treffen unter Kumpels. Das lärmende Quartett
besteht aus Gisi (v), Schibo (g), Bume (b) und Flo (d) und hat sich
hartem Rock mit ordentlich Schmackes verschrieben. Gitarrist Schibo
ist zudem ein recht grosser Typ, der mit seinen Wuschelhaaren etwas
wie der junge Phil Lynott daher kam. Wobei man das ja eigentlich
schon Kissi nachsagt..., anyway. Sänger Gisi hingegen ist zwar
kleiner an Körpergrösse, dafür verfügt über eine ziemlich raue und
laute Stimme. Das wurde gleich mit dem Opener «Girl» eindrucksvoll
unter Beweis gestellt. Ein Teil der Songs stammte vom Erstling
«Blind», den, wen wundert's, unser werter Kissi im August 2010
rezensiert hatte. Dort war unter anderem die Rede von "Kick Ass
Rock'n'Roll" und genau das wurde den zu Beginn eher ruhigen (und
zumeist jungen) Zuhörerinnen und Zuhörern um die Lauschklappen
geknallt. Der Sound kam ver-gleichsweise noch heftig rüber, was vor
allem am energetischen und schweisstreibenden Schlagzeugspiel von
Flo lag, der zusammen mit Bume's Tiefton-Gepolter einen Mords-Wumms
ablieferte. Nachdem sich No Mute warm gespielt hatten, taute auch
das zuvor viel zu lethargisch rum stehende Publikum endlich
auf. Der Oltner Rock-Vierer nahm diese Reaktion anerkennend wie
erfreut an und antwortete darauf mit einem blitzsauberen Set, der
etwas über eine halbe Stunde dauerte. Obwohl handwerklich ziemlich
solide aufspielend, hätte ich zu den überaus fetten Guitar-Riffs
noch gerne das eine oder andere Solo mehr gehört. Doch unter dem
Strich konnte das Ganze, ergänzt um zwei brandneue Songs, auf jeden
Fall überzeugen! Wie argumentieren Grufties meiner Alterklasse
jeweils dazu?! Der Jugend gehört die Zukunft!! (rsl)
Setliste: «Girl» - «We Can't Hear Them» - «Waste My Time» - «With Me»
- «I Don't Care» - «Leave Now» - «War» - «My Roots».
Riotgod
Eigentlich hatte ich, wie so viele andere, erwartet, dass Riotgod
als Letzte auf die Bühne steigen würden. Als Co-Headliner tauschten
die Jungs aus New Jersey jedoch allabendlich mit Astral Doors den
Posten, was Riotgod in Winterthur nur zugute kam. Zwar hatte die
Truppe um Monster-Magnet-Schlagwerker Bob Pantella zu Beginn ihres
Sets sowohl mit Soundproblemen als auch mit einem ziemlich
verhaltenen Publikum zu kämpfen, doch passte der stonergetränkte
Classic Rock der Amis ganz klar besser auf die eröffnenden No Mute.
Die Oltner Jungs
standen dann auch in der ersten Reihe, als die
Chaosgötter mit «Breed», dem Opener ihres aktuellen, zweiten
Rundlings «Invisible Empire» loslegten. Monster Magnet trifft auf
Led Zeppelin, The Cult und Soundgarden, so könnte man den Sound des
Quartetts beschreiben und was auf Scheibe sogleich zündet, brauchte
an diesem Abend, wie schon geschrieben, etwas Anlaufzeit. Während die
Instrumentenfraktion, also Gitarrist Garret Sweeny (seit letztem
Jahr auch bei MM dabei), Bassist Erik Boe (sprang für den
MM-Bassisten Jim Baglino ein) und Herr Pantella mächtig dröhnend
aufspielte, sei es beim aktuellen «Fool» oder bei «The Time Is Now»
vom selbstbetitelten Debüt, war es vor allem Fronter Mark Sunshine,
der zu kämpfen hatte. Einerseits mit dem Sound, in welchem seine
Stimme unterzugehen drohte, und andererseits mit sich selbst, trug
sein Am-Mikro-vorbei-Singen doch auch nicht gerade zum Vernehmen
seiner Stimme bei. In der Mitte des rund 70-minütigen Sets kam er
dann endlich, der Wendepunkt und zwar in Form von «9th Life», dem
Mini-Hit des Erstlingswerks. Endlich hörte man Sunshines von Robert
Plant inspirierte Sangeskunst und endlich kam Bewegung ins Publikum.
Spontaner, gelöster wirkte nun auch der Rest der Band und so wurde
nicht nur aus dem in der Originalversion schon epischen «Hollow
Mirror» eine mit Jams und Improvisationen geschmückte
Psychedelic-Nummer, sondern auch in den eher getrageneren,
zeppelinesken «Rebirth» und «Collapsing Stars» wurde die bandintern
spürbar gedeihende Kreativität ohne Rücksicht auf Songstrukturen
ausgelebt. Dazu die krachenden «Saving It Up» und «Hightime» und der
Besucher war sich sicher: Wenn diese Jungs so weiter machen, dann
kommen die Leute auch. Ob Riotgod nun Headliner sind, hin oder her. (kis)
Astral Doors
Nach dem hammermässigen Auftritt von Riotgod passierte dann genau
das, was zu befürchten war! Deutlich mehr als die Hälfte der Leute
zog danach aus dem Gaswerk ab und bescherte so dem heutigen
Headliner aus dem hohen Norden, sprich Schweden, eine ziemlich
kümmerliche Kulisse von noch etwa knapp 50 Nasen. Das hatte sicher
auch etwas mit dem Stilbruch zu Riotgod hin zu tun. Hätte das
Konzert im Rahmen eines Festivals statt gefunden, wäre dies
allerdings kein Thema gewesen. Kurz nach 23.30 Uhr enterten Nils
Patrik Johansson und seine Kollegen trotzdem guten Mutes die
vergleichsweise wirklich kleine Bühne und legten gleich mit dem
Oberkracher «Evil Is Forever» los. An sich war das natürlich der
perfekte Opener, aber die verbliebenen paar Dutzend Fans reagierten
kaum darauf, was mich echt schaudern liess. Es folgte «Child Of
Rock'n'Roll» vom aktuellen Album «Jerusalem», das wieder mehr "back
to the roots" geht und die Anfänge der Band herauf beschwörte. Die
direkte Antwort darauf hiess folgerichtig «Of The Son And The Father»
vom genialen, gleichnamigen Debüt von 2003. Als ich das edle Teil
damals frisch in meinen Händen hielt, glaubte ich meinen Ohren
nicht! Da spielte eine Band in bester Black Sabbath Manier zu Tony
Martin's Zeiten und verneigte sich dabei gleichzeitig tief vor
Ronnie James Dio (R.I.P.) - Das war einfach nur pure Magie, die
seither und noch immer für
Ohrgasmen sorgt. Und nun taute das
verbliebene Häuflein zusehends auf und auch meine Wenigkeit legte
die Kamera beiseite. Astral Doors legten sich derweil voll ins Zeug und
vor allem Frontmann Nils Patrik war topfit. Was vielleicht nicht
alle wissen, ist, dass Herr Johannsson normalerweise nicht diese
Gesangs-stimme hat, sondern diesen Stil bewusst zur Musik von Astral
Doors quasi aufsetzt. Mittlerweile hat er das längst verinnerlicht
und ich denke nicht, dass ihn das speziell anstrengt. Von den sechs
Studio-Werken wurden für die Setliste bis auf «Astralism» (2006)
alle berücksichtigt. Das war etwas schade, aber wenn insgesamt vier
neue Songs vorgestellt wurden und nicht damit zu rechnen war, dass
das Konzert länger als bei Riotgod dauert, nicht zu verhindern. Mit
zunehmender Dauer gingen die ersten paar Reihen gut ab und auch
meine Wenigkeit gab sich dem gepflegten Abschädeln hin. Mann, das
war ja sowas von geil, dass ich gar nicht recht bemerkte, wie
schnell die Zeit verging. Eigentlich gerade erst gerade auf
Betriebstemperatur, markierte der Klassiker «Time To Rock» schon
fast das Ende des Konzertes. Als dann die letzten Zugaben-Klänge von
«Slay The Dragon» verhallten und die Rock- und Metal-Party in
Winterthur definitiv zu Ende war, waren gerade mal knapp 50 Minuten
vergangen. Das war selbstverständlich besser als gar nichts, doch
eigentlich wurden hier Perlen vor die Säue geworfen. Immerhin
antizipierten die verbliebenen paar Besucher angemessen und
entliessen Astral Doors mit einem fetten Schluss-Applaus. (rsl)
Setliste: «Evil Is Forever» - «Child Of Rock'n'Roll» - «Of The Son
And The Father» - «Seventh Crusade» - «New Revelation» - «Pearl
Harbor» - «Power And The Glory» - «Babylon Rise» - «The Battle Of
Jacob's Ford» - «Time To Rock» -- «Slay The Dragon».
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