Mein Fokus an diesem Abend lag ganz klar bei Triptykon! Die
Nachfolge-Band von Celtic Frost nämlich an so einem Ort wie dem KiFF
spielen zu sehen, hatte schon was Spezielles, zumal Frontmann Tom G.
Warrior (g/v) während des Konzertes mitteilte, dass er schon
ziemlich lange nicht mehr hier gewesen sei. Doch leider waren die
Schweizer Death Metaller nicht der Headliner, sondern At The Gates.
Ich konnte bis dahin mit den Schweden eigentlich noch nie gross was
anfangen, aber meine Meinung sollte sich bald ändern. Zudem machte
ich etwas später überrascht die Feststellung, wie viele der Fans
anscheinend nur wegen Hauptgruppe gekommen und wie sattelfest diese
bezüglich der Texte waren. Den Anfang machten allerdings Morbus
Chron, die bisher noch nicht gross in Erscheinung getreten sind. Das
Quintett zockte eine ziemlich eigene Variante des Todesbleis, als
man sonst aus diesen Gefilden kennt. Acht Tage vor Heiligabend gab
es somit kräftig Gegenwind zur sonst feierlich gestimmten
Jahreszeit. In Sachen Triptykon war das Gefühl vor Ort dann wirklich
beinahe so, dass das kommende Weihnachtsfest dieses Jahr wohl nicht
mehr statt zu finden braucht, doch lest selbst!
Morbus Chron Die Landsleute von At The Gates dürften
vermutlich den ersten Gig überhaupt auf Schweizer Boden absolviert
haben! Obwohl der Bandname ziemlich gut zur Musik passt, lehnt sich
dieser ja an die heimtückische wie chronische Darmer-krankung Morbus
Crohn an. Mit der leichten Umbenennung des zweiten Teils auf „Chron“
wurde nun so zu sagen das Maximum raus geholt, ohne dabei die
Krankheit direkt anzusprechen. Reichlich ungewohnt gestaltete sich
in der Folge die Mucke des Quartetts mit Robert Andersson (v/g),
Edvin Aftonfalk (g/v), Dag Landin (b), Adam Lindmark (d), ergänzt um
den Tourgitarrist Joakim Scott Andersson. Wer nun dachte, dass es
von Beginn
weg
ziemlich rüde zu und her gehen würde, sah sich getäuscht. Vielmehr
dominierten ruhige Passagen, die dann immer wieder fliessend ins
genretypische Gebretter übergingen. Im Zentrum der ersten halben
Stunde des Konzertabends im KiFF standen die Songs des neuen Albums
„Sweven“. Durch den permanenten Anteil der Slow-Parts kam zwar kaum
irgendwie eine richtige Stimmung auf, doch so wie das Gesamtpaket am
Start war, passte es dennoch ganz gut. Die Musik von Morbus Chron
ist durchaus als anspruchsvoll zu bezeichnen und wies oft längere
instrumentale Parts auf. Der „Gesang“ von Robert Andersson
gestaltete sich gestenreich, manchmal an der Grenze zum Keifen und
oft hörte ich aber auch Venom’s Cronos röcheln. Stilistisch ist das
Etikett grundsätzlich schon Death Metal, aber man hört gleichzeitig
Einflüsse aus den 70ern, die dann mit neuzeitlicheren Sounds
verwoben werden. Definitiv keine Alltagsmucke und für meine Begriffe
nicht wirklich bühnentauglich, was das zumeist statisch dastehende
Publikum, bis auf ein paar bangende Metalheads in der ersten Reihe,
bestätigte. Meins war die Darbietung nicht wirklich und ich denke,
dass sich Morbus Chron vor der eigenen Stereo-Anlage eher besser
machen. Ich kann mich aber auch täuschen.
Triptykon
Darauf hatte ich jetzt eine ganze Weile warten müssen, respektive
mit dem nahen Aarau als Auftrittsort bot sich Ganze schlicht
zwingend an. Meine letzte Bühnenbegegnung mit Mastermind Tom G.
Warrior geht weit zurück, genauer bis zum 29. Mai 2006, als Celtic
Frost reunionmässig in der Remise in Wil (SG) aufgetreten sind. Ein
Konzert der Superlative, aber bald darauf ging das kreative Ur-Duo
Warrior/Ain leider wieder getrennte Wege. 2008 wechselte Triptykon
nach dem offiziellen Ende von Celtic Frost vom Projekt- in den
Band-Status über. Zwei Jahre später erschien mit «Eparistera
Daimones» der eigentliche Nachfolger des letzten Celtic Frost Albums
«Monotheist» (2006). Der einst von Tom und CF erschaffene
„Signature-Sound“ wurde hierbei konse-quent fortgeführt, respektive
entpuppte sich eigentlich noch eine Spur schwärzer wie zäher als
vorher. Nach der 2010er EP «Shatter» war es dann heuer wieder
soweit: «Melana Chasmata» schlüpfte im Frühling, sinnbildlich
gesprochen, aus einem Alien-Ei in der vom leider zu früh
verstorbenen Freund H.R. Giger (R.I.P.) kreierten Fantasiewelt. Und
auch dieser pechschwarze Brocken hatte es in sich, verkörperte das
absolut Böse und klang auch genauso. Wie stark jedoch die
musikalische Vergangenheit noch Einfluss nimmt,
zeigt
ein Blick auf die Setliste, wo nicht weniger als vier CF-Songs
interpretiert wurden. Auch der Opener und Klassiker « Procreation
(Of The Wicked)» gehört da dazu und wurde tempomässig gegenüber dem
Original spürbar runter geschraubt. Das Ding kam sowas von ultrafett
daher, das man davon fast weggefegt wurde. Der Druck, der von V.
Santura (g), Vanja Slajh (b), Norman Lonhard (d) und Herrn Fischer
ausging, war enorm und real zugleich. Die Umsetzung, ausgehend vom
düsteren Bühnenaufbau und dem schummrigen Licht, hätte nicht besser
sein können. Das Fotographieren der Band am Bühnenrand geriet dabei
zwar zur Geduldsaufgabe. Nichtsdestotrotz wurden meine Erwartungen
vollständig erfüllt und die diesbezügliche persönliche „Live-Lücke“
ausgemerzt. Die Reaktion der Fans im KiFF nahm gegenüber Morbus
Chron ebenfalls erfreulich zu. Master Fischer enervierte sich dann
nach einer Weile allerdings daran, dass er unter anderem „laufend
fotographiert“ werde…, na ja. Diese gemütsmässige Verstimmung
begünstigte womöglich die Wirkung des Auftritts, also besser konnte
es gar nicht kommen. Auch wenn ich Celtic Frost im Reunion Line-Up
immer noch nachtrauere, haben Triptykon das musikalische Erbe längst
angetreten.
Setliste: «Crucifixus (Intro) - Procreation (Of
The Wicked), (Celtic Frost Cover)» - «Goetia» - «Altar Of Deceit» -
«Circle Of The Tyrants (Celtic Frost Cover)» - «The Usurper (Celtic
Frost Cover)» - «The Prolonging» - «Winter» (Celtic Frost Song).
At The Gates
Nun erlebte ich den Zustand eines am Fusse des Bergs anstehenden,
grauen alten Esels, denn es stand eine Headliner-Show einer
renommierten Szene-Band bevor, von der ich keinen einzigen Song (mit
Titel und überhaupt) kannte! Die Schweden interessierten mich bisher
einfach nicht und in der Death Metal Ecke bin ich anzahlmässig
ziemlich limitiert und kenne, respektive schätze davon (die alten)
Six Feet Under, Bolt Trower und Grave, um gerade mal die zu nennen,
von denen ich zumindest einen Tonträger in meiner Sammlung stehen
habe. Den gleichsam tangierten Melodic Death Metal Bereich klammere
ich jetzt mal aus. Dennoch bietet sich interessante Ausgangslage mit
einem völlig offenen Ausgang an. At The Gates waren in den 90ern
stilistisch prägend und legten 1995, also in einer metalmässig
ziemlich trostlosen und ziellosen Zeit, mit «Slaughter Of The Soul»
ihr eigentliches Masterpiece hin. Meine musikalischen Sensoren waren
damals für diesen Sound jedoch nicht auf Empfang eingestellt und als
sich die Band 1996 auflöste, war das Thema eh gegessen. Elf Jahre
später ging der Motor jedoch wieder an und gipfelte 2008 in „letzten
Konzerten“ zum definitiven Abschied, unter anderem im Wacken. Die
Tonträger- und Bildnachlese dieser Zeit erschien dann 2010 und im
letzten Herbst, um einen kleinen Zeitsprung zu machen, kam nach dem
Januar- Deal mit Century Media das brandneue Werk «At War With
Reality heraus. Was sich also die Die-Hard Fans seit dem Relaunch
der Band 2007 immer gewünscht hatten, wurde Tatsache: At The Gates
sind wieder mit voller Stärke zurück im Geschäft! Die
ziemlich
laute Begrüssung liess keine Zweifel offen, dass die Combo immer
noch über eine treue Fanbase verfügt und sich die meisten Leute echt
darüber freuen.
Man konnte also davon ausgehen, einen
gediegenen Querschnitt durch (fast) die ganze bisherige Diskographie
dargeboten zu kriegen. Zu Beginn setzten die Nordländer nach dem
spanisch gesprochenen Intro jedoch mit dem Opener «Death And The
Labyrinth» erstmal neue Klänge vor, die dem alten Stoff in Nichts
nachstanden! Vor allem Sänger Tomas Lindberg, mittlerweile auch ein
paar Jahre älter, performte, getragen von seinen motivierten
Kollegen, in alter Frische! Vor dem Titeltrack folgten darauf zuerst
«Slaughter Of The Soul» und «Cold» als erste Vertreter des 95er
Glanzwerkes und der eben erwähnten Wacken-Show. Spätestens jetzt war
das sehr gut gefüllte KiFF bereit und feierte seine Helden nach
allen Regeln der Kunst ab! Je länger das Konzert dauerte, desto mehr
wurde mir bewusst, welches Juwel ich da jahrelang nicht beachtet
habe. Es war eine wirklich total perplexe Situation, wie die Fans
viele der Songtexte lauthals mitsangen und ich, ausser moderatem
Headbanging, rein gar nichts dazu beitragen konnte. Die aktuellen At
The Gates spielen spürbar melodischer als früher und ein Song wie
«Heroes And Tombs» lässt mich unweigerlich an Dan Swanö und Edge Of
Sanity denken. Die ganze Band zeigte sich ob der Reaktionen an
diesem Abend sehr erfreut und liess bis zum Schluss keinen keinen
Millimeter nach. Das zog natürlich auch einige Moshpits nach sich,
die leider nicht immer so ausfielen, wie sie eigentlich hätten
sollen. Es gibt halt immer noch oder an sich laufend ein paar wenige
unterbelichtete Dummbeutel, die an solchen Konzerten nur ihre
Aggressionen (auf was oder wen auch immer) abbauen wollen. Insgesamt
blieb jedoch alles im grünen Bereich und mir war meine Lust an
Weihnachten mindestens heute Abend tüchtig vergangen!
Setliste: «El Altar Del Dios Desconocido (Intro)» - «Death And The
Labyrinth» - «Slaughter Of The Soul» - «Cold» - «At War With
Reality» - «Terminal Spirit Disease» - «Raped By The Light Of
Christ» - «The Circular Ruins» - «Under A Serpent Sun» - «Windows» -
«City Of Mirrors» - «Suicide Nation» - «Heroes And Tombs» - «Nausea»
- «World Of Lies» - «The Burning Darkness» - «The Book Of Sand (The
Abomination)» -- «Blinded By Fear» - «Kingdom Gone» - «The Night
Eternal» - «Outro».
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