Es ist wie verhext. Audrey Horne präsentieren sich perfekt:
Professioneller Internetauftritt, in den gängigen Magazinen hoch
gelobt, herausragende Live-Kritiken, ein Tourneeplakat übersät von
hochkarätigen Medienpartnern und Logos von
Musikinstrumentenherstellern, die Rückschlüsse auf beneidenswerte
Endorsment Verträge schliessen lassen. Nicht zu guter Letzt CD
Veröffentlichungen, die mal so richtig fetzen. Die Art, den
klassischen Hardrock mit Elementen aus der Ecke Faith No More zu
kombinieren sowie das gewisse Händchen für einprägsame Refrains
machen die 3 bisher veröffentlichten Alben zu absoluten Krachern.
Auch das hervorstechende Organ von Toschie trägt dazu bei, dass
Audrey Horne mittlerweile zu meinen Favoriten zählen. Jetzt fehlt
nur noch der grosse Durchbruch, denn den hätten die Norweger
wirklich verdient. Das Konzert in der Galery Music Bar in Pratteln
hat für mich das Ganze nur noch bestätigt, obwohl die Besucherzahl
nicht mal die Hundertergrenze erreicht hatte. Nicht nur der Hauptakt
war eine Granate und gab alles, auch die Supportband Malrun aus
Dänemark rockte die Hütte kurz und klein. Da war ganz klar nicht mal
eine Minute lang Langeweile angesagt.
Malrun
Das Presse-Foto, welches man auch auf dem Album Cover dieser Band
wieder findet, ist meiner Meinung nach recht unglücklich gewählt. Es
leitet den Betrachter auf eine absolut falsche Fährte. Es handelt
sich hier nicht um den Nachwuchs der Backstreet Boys oder gar um Wet
Wet Wet aus den 80ern, sondern um Musiker, die live die Rampensau raus
lassen. Sänger Jacob Løbner wirkte auf der Bühne jetzt schon im
zarten Alter von knapp über 20 Jahren wie der kleine Bruder von
Henry Rollins, und auch er liess es sich nicht nehmen, mal kurz ins
Publikum abzutauchen, um die Leute „off-stage“ zu animieren.
Bemerkenswert war auch, dass der Däne fast akzentfrei zwischen den
Songs Anekdoten in Deutscher Sprache erzählte und mit aller Kraft
versuchte, die Zuschauer somit etwas mehr in Richtung Bühne zu
locken. „Kommt doch wenigstens einen Schritt näher nach vorne, sonst
spielen wir nicht weiter“, scherzte der sympathische Frontmann.
Komisch, es gibt immer wieder Leute bei den Konzerten die aussehen,
als hätten sie dunkle Geheimnisse und Freude daran, kleine Kinder im
Kellerverlies auszubeinen. Aber dann sich in die Hose machen und
nicht mal einen Schritt nach vorne gehen, wenn sie darum gebeten
werden. Jacob Løbner gab jedoch alles und trotz bubihaftem Gesicht
fletschte er die Zähne und rotze in sein Mikro, dass es nur so
krachte. Was die Song-Auswahl betrifft, so spielte man hauptsächlich
Titel aus dem Debüt-Album «Beauty In Chaos». Am Ende schlossen die
Musiker das Set noch mit dem Rage Against The Machine Cover «Killing
In The Name». Malrun: Fetzig, gitarrenlasitg, melodisch und doch
stellenweise recht aggressiv, was live mehr und vor allem besser
rüber kommt als auf der CD. Live absolut empfehlenswert.
Setliste: «Intro» - «Ostracized» - «The Jovian Transit» - «Balkan» - «Testikel»
- «Wounded Pride» - «Rise From Sorrow» - «The Pledge» - «Strapped While You
Dance» - «Trim The Fat» - «Killing In The Name (Rage Against The Machine
Cover)».
Audrey Horne
Wer braucht schon eine Bühne, um die volle Aufmerksamkeit auf sich
zu lenken? Darauf stehen kann ja wohl jeder! Eben! Aber mal
frech den ganzen Club als Plattform nutzen, um das Publikum in den
Bann zu ziehen, das will gelernt sein. Ich korrigiere mich: So etwas
kann man nicht lernen, das kommt von Herzen und wurde hier mit Leib
und Seele ausgelebt. Da philosophiert man ununterbrochen darüber,
was es wohl braucht, um aus der Masse heraus zu stechen, wo es doch so
viele Veröffentlichungen gibt und neue Bands wie Pilze aus dem Boden
schiessen. Die Antwort gab es für mich bei diesem Konzert. Im
Interview sass Torkjell "Toschie" Rød noch zurückhaltend, schüchtern
und fast ein wenig introvertiert auf dem Ledersofa herum.
Nachdenklich und seriös – so habe ich es empfunden. Nie hätte ich
gedacht, dass dieser handzahme Mensch eine Performance hinlegen
würde, dass ich noch einige Tage, Wochen und ich befürchte noch
weitere Monate danach schlaflose Nächte haben würde. Auf der Bühne
mutierte er schlagartig zu einem wilden Tier, das scheinbar nicht
mehr zu bändigen war. Dieser Mensch ist für die Bühne geboren, keine
Frage. Toschie schaffte es in kürzester Zeit Band und Publikum zu
vermischen, in dem er von der Bühne sprang und mitten in der Menge
weitergesungen hatte. Er lief die Hälfte des Clubs ab, um auch
wirklich sicher zu gehen, dass er auch den hinterletzten Besucher
erreichen
würde. Immer wieder fixierte er einzelne Leute und stand
ihnen face zu face gegenüber, um sie zu hypnotisieren. Es machte ihm
sichtlich Spass meine Kamera zu fokussieren und sich und seine bis
zum Hals tätowierten Arme in Pose zu stellen. Auch die anderen
Bandmitglieder spielten mit der Linse und positionierten sich
kontinuierlich so, dass man einfach am liebsten nie mehr aufhören
möchte den Auslöser zu betätigen. Erst-klassige Performance und für
mich immer noch nicht begreiflich, warum sich nur circa 80 Besucher in
der Galery Music Bar einge-funden hatten. Das musikalisch
abwechs-lungsreiche Programm, die grossartige Bühnenpräsenz und ein
Frontmann, der es versteht Aggressivität und Sanftheit im Wechsel in
seine Stimme einzubringen - was soll ich sagen: Überzeugte auf jeder
Ebene, auch wenn der Sound nicht ganz so klar und sauber
wiedergegeben werden konnte. Besonders gefielen mir die Hammond
Orgel Einlagen, die beim letzten Album von Audrey Horne starke
Präsenz zeigen. Die Auswahl der Titel beschränkte sich hauptsächlich
auf den 2. Release «Le Fol» und die letzte Veröffentlichung «Audrey
Horne» - für mich perfekt gewählt. Auch nach dem Gig gab es keine
Pause für die Jungs aus Norwegen (!), denn es ging direkt zum
Merchandising Stand, wo die komplette Band dafür sorgte, dass
reichlich CDs und T-Shirts verkauft wurden. Zusätzlich gab es
Autogramme und Small-Talk mit den Fans. Beten wir mal, dass sich die
Jungs nicht unterkriegen lassen und bald wieder zu Besuch kommen!
Ich gebe zumindest die Hoffnung mal nicht auf.
Setliste:
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