Seit der legendären ersten Begegnung mit Audrey Horne im
Frühling 2011 in der Galery (R.I.P.) in Pratteln, inklusive dem
Interview mit Leadsänger Toschie, sind schon fast sieben Jahre
vergangen. Zu der Zeit waren die Songs des überragenden dritten und
selbstbetitelten Albums «Audrey Horne» Trumpf. Darauf enthalten der
mitunter wohl geilste Song, den Toschie und seine Jungs je
geschrieben haben: «Blaze Of Ashes»! Ein überaus harter
Hardrock-Song, der sich bis heute als unabdingbarer Klassiker in der
Setliste gehalten hat. Darüber hinaus haben sich die Norweger als
exzellente Live-Band etabliert und das kongeniale Kompositions- wie
Gitarren-Duo Arve Isdal (von Enslaved) und Thomas Tofthagen (von
Sagh) ist längst bekannt als Poser-Könige ihrer Zunft. Darüber
hinaus präsentiert sich der Frontmann als äusserst agiler wie
fannaher Musiker und verzückt seine Fans jedes Jahr mit weiteren
Tattoos. Da selber Tätowierer, lässt Torkjell Rød natürlich keine
Amateure ans Werk und besitzt inzwischen einige bemerkenswerte
Kunstwerke auf seiner Haut. Noch interessanter sind jedoch die Songs
vom brandneuen Album «Blackout», das deutlich besser als «Pure
Heavy» (2014) abschneidet.
Magick Touch Man kann
es mittlerweile aus der journalistischen Perspektive schon fast als
Unsitte bezeichnen, dass auf beinahe jeder normalen Tour der Neuzeit
fast immer drei bis mitunter vier Bands an einem Konzertabend
aufspielen! Dazu kommt dann noch, dass sich die erste Combo mit
jeweils einer halben Stunde zufrieden geben muss. Das galt am
heutigen Abend für Magick Touch aus Bergen, nota bene Landsleute des
Headliners. In der Szene-Presse mit einigen Vorschusslorbeeren für
das neue Album «Blades, Chain, Whips & Fire» ausgestattet, galt es
nun dies auf der Bühne bestätigt zu erhalten. Wie so oft an solchen
Konzerten, sind zu Beginn noch nicht so viele Leute zugegen, und so
wurde gleich mit den ersten Klängen
versucht, die aktuell etwa knapp drei Dutzend anwesenden Fans vor
die Bühne zu locken. Das gelang, auch wenn mit dem berühmten wie
berüchtigten Abstandshalbkreis soweit. Was gleich auffiel, war der
leicht ruppigraue Sound, der typisch für ein Trio ist. Besonders der
Basssound von Christer Ottesen war genial, aber die Gitarre von HK
Rein hätte schon noch etwas mehr Dampf vertragen können. Der stark
in den 70ern verwurzelte sowie die frühen 80er streifende Sound ging
mehrheitlich in Ordnung, aber mir missfiel bald einmal die insgesamt
zu ausdruckslose Gesangsstimme von HK und sein teils etwas
fehlerbehaftetes Gitarrenspiel. Mitunter das raubte den sonst
ordentlichen, aber nicht zwingend umwerfenden Songs die Möglichkeit,
sich so wie auf den Tonträgern zu entfalten. Der langen Rede kurzer
Sinn ist, dass mich Magick Touch nicht so „getoucht“ haben wie
offenbar einige andere Besucher des Böröm. Wie bereits an anderer
Stelle in den Sozialen Medien geschrieben, finde ich das Cover der
neuen Scheibe weitaus prickelnder als die Live-Mucke des heutigen
Abends, und letztlich endet diese Diskussion jedoch immer gleich,
nämlich dahin gehend, dass die Geschmäcker eben unterschiedlich
sind. Der wohlwollende Schlussapplaus für die drei rockenden
Nordländer bewies allerdings, dass mein persönliches Befinden zur
Performance des Openers keine Mehrheit fand.
Dead
City Ruins Mit der zweiten Combo des Abends konnte ich
indes einiges mehr anfangen, zumal ich die Australier zuvor ab ihrem
zweiten selbstbetitelten 2013er-Album her kannte und mir der
schmissige Sound von Anfang an gefallen hat. Wesentlichen Anteil an
diesem Bild trägt Frontmann Jake Wiffen, der genau weiss, wie man
die Bühne zu seinem bevorzugten Revier macht. Mit seinem an Ozzy
Osbourne erinnernden Black Sabbath Outfit der 70er (Jacke mit langen
an den Ärmeln herunterhängenden Stoffstreifen) war ihm die
Aufmerksamkeit schon rein optisch gewiss. Jake ging dabei als
Mischung zwischen Dave Wyndorf (Monster Magnet) und Zak Stevens
(Circle II Circle) durch, und im Gegensatz zu vorhin, befanden sich
noch vier Kollegen, also zwei mehr, mit auf der Bühne. Trotz
eingeschränkter Entfaltungsmöglichkeit setzte sich der Aussie-Fünfer
schon bald in Szene und blies einen kernigen Sound ins Böröm rein.
Erfreulicherweise hatten sich inzwischen spürbar mehr Fans in der
kultigen Location eingefunden, was die Stimmung zumindest etwas mehr
ankurbelte. Mit einer EP von 2007, dem Debüt «Midnight Killer»
(2012), der „aktuellen“ Langrille und auch neuem unveröffentlichtem
Material in der Hinterhand liess ich sich ein formidabler
Support-Set zusammenstellen. Nach dem Intro ging es mit «Till'
Death» bereits groovig los und irgendwie sah ich gesanglich schon
bald den zuvor erwähnten „Prince Of Darkness“ oder auch Zakk Wylde
vor mir performen. Die Sechssaiterfront mit Tommy Tbone und Sean
Blanchard liess dann diesbezüglich auch nicht lange auf sich warten
und legte sich showmässig ordentlich ins Zeug. Mit «Broken Bones»
folgte der zweite Song von «Dead City Ruins» (2013), der mit
ebenso fettem Gitarren-Sound aufwartete. Tommy und Sean wurden wohl
vom stilprägenden Posing der Headliner-Kollegen Arve und Thomas
inspiriert und zeigten, was ein geiles Gitarrenspiel nebst der
filigranen Technik sonst noch alles hergeben kann. Ob wohl das Ganze
letztlich noch etwas mehr Power hätten vertragen können, wurden
meine Erwartungen dennoch locker erfüllt. Mit «Dirty Water» und
«Destroyer» figurierten ausserdem zwei brandneue Songs im Set, die
dem bisherigen Material in Nichts nachstanden. Drummer Nick
Trajanovski durfte zudem ein kurzes aber feines Drum-Solo zum Besten
geben, und als nach fünfzig Minuten angenehm lauter Applaus
aufbrandete, war klar: Alles richtig gemacht Jungs!
Setliste:
«Intro» - «Til' Death» - «Broken Bones» - «Blue Bastard» - «Dirty
Water» - «Apple Tree» - «Riff Riff» - «Destroyer» - «We Are One» -
«Happenzella».
Audrey Horne Obwohl die
Australier aus Melbourne zuvor ordentlich Krach gemacht hatten, war
nun sonnenklar, dass bei Audrey Horne noch etliche Schippen
draufgelegt werden. Die Norweger um den charismatischen Sympathikus
Torkjell Rød alias Toschie haben sich längst als einen der
heissesten Rock-Acts der Szene hervor getan. Vor allem mit dem „make
it or break it!“ Werk von 2010 wurde ein grandioses Fundament der
Rockmusik geschaffen, das nach wie vor total zu überzeugen vermag.
Mit der vorletzten Langrille «Pure Heavy» (2014) traf man den
generellen Geschmack der Fans allerdings nicht mehr ungeteilt. Das
dürfte mitunter auch der Grund gewesen sein, warum es nun vier ganze
Jahre gedauert hat, bis der wieder deutlich griffigere Nachfolger
«Blackout» in trockenen Tüchern war. Als Opener des Konzertes wurde
mit «This Is War» gleich der ungemein nach vorne treibende erste
Song des neuen
Albums
gewählt, und schon ab diesem Moment war der Klassenunterschied
offensichtlich. Die Chose drückte wie eine übermächtige Walze alles
platt, was sich ihr in den Weg stellte, und was die Herren Isdal und
Tofthagen abermals ihren Klampfen entlockten, war die pure
Spielfreude auf Erden. Zum Beispiel «Midnight Man» hinterliess echt
nur noch verbrannte Erde! Waren die entsprechenden Posen und
Twin-Licks bei Dead City Ruins schon nicht von schlechten Eltern,
fiel einem allerspätestens beim Titeltrack «Blackout» die Kinnlade
in Fallgeschwindigkeit nach unten, zumindest bei den Leuten, und
davon soll es ja immer wieder mal welche geben, die die Jungs bisher
noch nie live gesehen haben!
Ich als überzeugter
Wiederholungstäter wusste natürlich was kommt, aber Audrey Horne
„live on stage“ ist immer ein Besuch wert, da die Truppe aus dem
hohen Norden Energien frei zu setzen vermag, die andere nicht mal im
Ansatz hinbekommen. Dazu gehören schon fast traditionell, allerdings
eher in kleineren Locations wie dem Böröm, Ausflüge mitten ins
Publikum hinein! Zuerst mischten sich Arve und Thomas unter die Fans
vor der Bühne und rockten sich die Seele aus dem Leib. Etwas später
packte auch Toschie die Reiselust, und so verlagerte dieser kurzum
seine Gesangsperformance, zusammen mit Arve, auf den Bartresen
hinauf, ein Bild für die Götter! Wo solche Einlagen bei anderen
Bands beinahe schon lächerlich wirken würden, wäre man als Fan der
Norweger richtiggehend enttäuscht, wenn sich das ganze Geschehen nur
auf der Bühne abspielen würde.
Auch diesmal setzte es natürlich eine weitere schweisstreibende Show
der Extraklasse ab, die einmal mehr einfach nur obergeil war. Über
zwei Drittel des Sets, also zehn Songs, verteilten sich nur auf die
Alben «Youngblood» (2013) und «Blackout». Bevor jedoch knappe 110
Minuten feinste Rockkost leider schon wieder viel zu schnell vorüber
waren, musste als letzte Zugabe der Band-Smasher «Blaze Of Ashes»
zwingend noch zelebriert werden, und so kam es denn auch. Dabei
wurden vor und auf der Bühne die restlichen Energien mobilisiert und
das Böröm in ein wahres Tollhaus verwandelt. Am Schluss blieb die
neuerlich erlebte Erkenntnis, dass grosse Festivals zwar ebenso ihre
Reize haben, aber intime Konzerte wie dieses hier am heutigen Abend
weitaus länger in der Erinnerung der Fans verbleiben werden. Wer
Audrey Horne mindestens einmal live gesehen wie gehört hat, weiss um
die Qualitäten der Band und will dies immer wieder erleben.
Setliste: «This Is War» - «Audrevolution» - «Out Of The City» -
«This Ends Here» - «Volcano Girl» - «Midnight Man» - «Blackout» -
«The King Is Dead» - «Naysayer» - «Pretty Little Sunshine» -
«Straight Into Your Grave» -- «Redemption Blues» - «Waiting For The
Night» - «Blaze Of Ashes».
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