Grosse Erwartungen und Vorfreude begleiten mich schon seit
einigen Tagen. Avenged Sevenfold und Disturbed auf einer Bühne! Das
darf man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Besonders freue ich
mich auf Avenged Sevenfold, denn die Kalifornier sind relativ selten
in der Schweiz zu Gast. Disturbed sind immer wieder gut, zuletzt habe
ich das Chicagoer Quartett im Juni 2016 live erlebt. Ein ziemlich
grosses Fragezeichen stellen Chevelle für mich dar, denn Alternative
Rock kann ja bekanntlich verschieden ausfallen. Wie sehr diese drei
Herren zu den anderen beiden Bands passen, wird sich ja noch
heraus stellen.
Chevelle Beginnen wir doch mal mit
der positiven Überraschung; der Sound ist härter, als ich ihn in
Erinnerung hatte. Vor ein paar Jahren befasste ich mich mal
oberflächlich mit der Band und hatte etwas Sanfteres in
Erinnerung. Trotz der Entwicklung der Band in die härtere Richtung
passt diese Musik stilistisch nicht ganz so gut zu den anderen zwei
Bands. Dies ist jedoch meine eigene, subjektive Meinung. Negativ
fällt die schlechte Tonabmischung auf; von Pete's interessanter
Stimme hört man fast nichts (zumindest vor der Bühne, hoffentlich
war es wenigstens hinten etwas besser). Meine Zweifel, dass die Band
da rein passt, werden auch durch die zurückhaltende Bühnenpräsenz bestätigt. Die
sympathischen Jungs bewegen sich verhältnismässig unsicher auf der
Bühne, und der Publikumskontakt hält sich in Grenzen. Leider schlägt all das
zusammen auf die Gesamtatmosphäre über und der Beifall des Publikums
passiert mehr aus Anstand, als aus echtem Interesse an der Band. Der
Fluch der Vorband, scheint es. Aus diesem Grund bin ich froh, dass
die drei Herren aus Chicago nur ein kurzes Set erhielten.
Disturbed
Auch wenn es noch
Verbesserungspotenzial gibt, so sind Disturbed doch um Welten besser
abgemischt als Chevelle und möglicherweise kommt auch durch die
Musikrichtung mehr Schwung in den Saal. Stilistisch näher am
Hauptact sind die vier Amis aber auf jeden Fall. Der gelungene Mix aus
neuen und alten Songs, ein gut gelaunter Frontmann und vor Energie
sprühende Musiker werden von Feuer auf der Bühne unterstützt, und das
Volk dreht durch. Das Killer-Cover des Simon & Garfunkel
Meisterwerkes «The Sound Of Silence» ist selbstverständlich das
absolute Highlight. Durch eine Violine und ein Cello auf der Bühne
sowie akustische Instrumente kriegen während dieser paar Minuten
bestimmt alle eine Gänsehaut. Nach beinahe endlosem „get your fists
in the air“ sind die Arme zwar etwas müde, aber spätestens nach
diesem Set sollten alle Anwesenden im Saal genügend für den
Headliner aufgewärmt sein. Die Truppe um David Draiman hat es, wie
es irgendwie zu erwarten war, geschafft, die etwas steife Stimmung
zu lockern und gute Laune zu verbreiten. Als Live-Act sind Disturbed
immer wieder eine Freude.
Avenged Sevenfold
Kreischalarm! Umgeben von mehrheitlich weiblichen und relativ jungen
Menschen bekomme ich die Attraktivität des Frontmannes M Shadows zu
spüren. Ohrstöpsel sei Dank, habe ich keinen Gehörschaden erlitten.
Ich muss gestehen, er hat etwas Anziehendes, wie er so locker und
vor guter Laune fast platzend das Publikum ansingt. Publikumsnähe
scheint ihm ganz wichtig zu sein, und da punktet er besonders bei
jungem, aber bestimmt auch bei älterem Publikum. Mich hat er auf
jeden Fall überzeugen können. Gute Stimme, gutes Aussehen und eine sehr
angenehme
Ausstrahlung. Er sucht die Nähe, verteilt ab und zu High
Fives von der Bühne aus und lächelt verführerisch. Seine vier
Bandkollegen wissen, was ihr Job ist und verzaubern das Publikum mit ihren
Instrumenten. Besonders Synyster Gates erfreut sich
einer grossen Beliebtheit, wobei ich beim Altersdurchschnitt des
Publikums glaube, dass es doch eher am Aussehen als am Talent liegt.
Alle bis auf den Drummer (logischerweise) nutzen die Bühnengrösse
ganz aus und wechseln ständig die Plätze. Die Setlist wurde auch
hier sorgfältig zusammengestellt; neue und alte Lieder regen zum
Mitsingen an und die ganze Show wird von Videos und Animationen auf
den Bildschirmen begleitet. Wie lange das Set insgesamt gedauert
hat, habe ich nicht beachtet, denn A7X schaffen es, den Zuschauer so
in den Bann zu ziehen, dass keine weiteren Gedanken ins Gehirn
vordringen. Auch beweisen sie eine grosse Professionalität,
denn sie lassen sich (den Fans zuliebe) nicht anmerken, was vor
wenigen Tagen in ihrem Team passiert ist. Bei einem Unfall ist einer
der Bühnenarbeiter ums Leben gekommen, ein zweiter liegt immer noch im
Krankenhaus. Leider war der Ton auch bei Avenged Sevenfold nicht sauber
abgemischt, sodass ich Mühe hatte zu verstehen, was Shadows über den
Vorfall erzählte. Die Kalifornier haben mich dennoch 100%-ig überzeugt. Auf
jeden Fall kann ich diese Band sowohl als "Einsteigerdroge" wie auch
als Liveact nur weiter empfehlen.
Setliste: «Stage» - «Afterlife» - «Hail To The King» - «Paradigm» -
«Rapture» - «Chapter Four» - «Buried Alive» - «Angels» - «Nightmare» -
«God Damn» - «Almost Easy» - «Sunny Disposition» - «Warmness On The Soul» -
«Plantes» - «Acid Rain» - «Bat Country» - «A Little Peace Of Heaven» -
«Unholy Confessions».
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