Wer auf Rainbow, Deep Purple, Whitesnake und Konsorten steht,
kennt mit Sicherheit auch den deutschen Gitarristen Axel Rudi Pell.
In den 80ern hatte er seine erste Band Steeler am Start. Nach dessen
Auflösung im Jahre 1989 kam mit «Wild Obsession» bereits das
Debüt-Album als Solo-Künstler (mit Band) auf den Markt. In den
folgenden Jahren gaben sich dann Axels Mitstreiter oft die Klinke in
die Hand. Unter anderem war auch ein gewisser Jeff Scott Soto
immerhin sechs Jahre mit dabei. Der typische, stark an Rainbow
angelehnte Sound kam dann eigentlich erst so richtig mit dem 98er
Album «Oceans Of Time» zum Tragen, wo mit dem damals ehemaligen
Hardline-Frontmann Johnny Gioeli der Glücksgriff schlechthin getan
wurde. Gleichzeitig stiessen Keyboarder Ferdy Doernberg (Rough Silk)
und Drum-Ikone Mike Terrana (Ex-Rage, Tarja) zum Lineup und zusammen
mit Ur-Bassist Volker Krawczak (der schon bei Steeler dabei war)
fand die Gruppe ihre optimale Besetzung, die bis heute anhält.
Powerworld als Support mussten auf Andy McDermott (Ex-Threshold)
verzichten, der privat bedingt abkömmlich war, durch Michael Bormann
jedoch vorzüglich ersetzt wurde.
Powerworld
Bei allem Respekt für den alten, respektive wieder zu Threshold
zurück gekehrten Damian Wilson kann ich dem Lineup mit Andrew "Mac"
McDermott einfach mehr abgewinnen. Seit dieser 2007 (mitten auf der
Tour!) ausgestiegen war, wurde es ziemlich ruhig um den
charismatischen Sänger. Zwei Jahre später werden Aktivitäten für die
Bands Yargos und Swampfreaks registriert. Irgendwann standen dann
mal in einem Metal Magazin ein paar Zeilen drin zum Einstieg bei
Powerworld, dessen Zweitwerk «Human Parasite» (mit Mac) 2010 das
Licht der Welt erblickt hatte. Das ist bekanntlich die Combo von
Ex-Freedom Call Bassist Ilker Ersin. Leider war der gute Andrew
heute Abend aber nicht zugegen und darum musste für ihn ein Eratz
verpflichtet werden. Das war dann freilich kein Unbekannter, sondern
vielmehr eine veritable Szene-Grösse: Michael Bormann! Nebst
diversen Solo-Aktivitäten und unzähligen anderen Engagements war er
ja unter anderem auch mal Sänger von Bonfire. Etwa um 20.10 Uhr kam
die Band für den allerersten CH-Auftritt auf die Bühne und
zelebrierte dann in erster Linie die Songs des neuen Albums und des
Debüts von 2008. Von den ersten Tönen an wurde knackiger Hardrock
mit etwas progressiver Ausrichtung gezockt. Trotz der Vakanz des Ex-Threshold Shouters erinnerte mich der Sound immer wieder mal an
die genialen Briten. Die Musiker
wirkten routiniert und spielten
ziemlich taff auf. Leider kamen alle Keyboard-Sounds, und davon gab
es zeitweilen eine ganze Menge, allesamt ab Band. Normalerweise
würde dieses Instrument von Nils Neumann bedient. Grandios vom Leder
zog hingegen Gitarrist Barish Kepic, der es als einzelner 6-Stringer
bestens verstand, stets einen fülligen Sound mit seinen Riffs und
Soli gleichermassen zu erzeugen. Die Rhythm-Section, bestehend aus
Achim Keller (d) und Ilker Ersin (b) stand dem Ganzen in Nichts nach
und bereits eine stattliche Anzahl von mehreren hundert Fans
spendete verdienten Szene-Applaus. Natürlich wäre es mit Herrn
McDermott noch geiler gewesen, aber mit diesem grundsätzlich
beindruckenden Auftritt war für mich klar, dass ich nachher zwingend
an den Merchstand gehen musste! Nach knappen vierzig Minuten war die
Schweiz-Premiere von Powerworld viel zu schnell vorbei und ich hoffe
schwer, dass ich das richtige Lineup (inkl. Keyboarder!) bald wieder
einmal zu Gesicht bekomme. Michael Bormann lieferte aber auf jeden
Fall ein gute Show ab und womöglich haben es viele Leute eh nicht
gecheckt, dass hier gleich zwei Dinge nicht so waren, wie sie hätten
sein sollen. Sei's drum..., in der Zwischenzeit hält die starke,
neue CD «Human Parasite» das Interesse an dieser überzeugenden
Truppe bestimmt nicht nur mich aufrecht.
Axel Rudi Pell
Im Grunde genommen lautet die Formel ganz einfach: Wo Pell drauf
steht, ist auch Pell drin und obwohl sich die letzten paar Alben
kaum voneinander unterscheiden, ist das Niveau immer
überdurchschnittlich hoch. Das ist in erster Linie, nebst dem
überzeugenden Songwriting des Chefs, vor allem der Verdienst von
Sänger Johnny Gioeli, der wie geschaffen ist für diese Art Musik.
Trotz der unüberhörbaren Affinität für Rainbow und Ritchie Blackmore
im Speziellen, hat sich Bandboss Axel Rudi Pell eine eigenständige
Nische geschaffen und wirkt deshalb sehr authentisch und kaum bis
gar nicht als Plagiat. Das erklärt im Wesentlichen den zwar nicht
riesengrossen, aber konstanten Erfolg und eine treue Fanbase, die
längst nicht nur aus dem Alters-Pool 40+ besteht. Dazu kommt
natürlich noch der Drum-Irokese Mike Terrana, der immer für mächtig
Dampf hinter seinen Kesseln sorgt und Keyboarder Ferdy Doernberg,
der seine eigentlich klobigen Instrumente zwischendurch unvermittelt
unter den Arm klemmt und weiter spielt, als wäre es das Normalste
der Welt. Zusammen mit Tieftöner Volker Krawczak ergibt das eine
supertighte Band, die heute Abend mit «Too Late» und «Fool Fool»
gleich ordentlich einheizte. Johnny hatte spürbar Hummeln im Arsch
und stiefelte ständig auf der Bühne herum, sodass ich ihn kaum recht
vor die Linse kriegte. Die gut 1'000 Fans antizipierten rasch und
schon bald war eine tolle Stimmung auszumachen. Axel setzte derweil
bereits zu den
ersten, ausufernden Soli an und war bald in seine
eigene Welt abgedriftet. In diesem Momenten lauschte das Publikum
den Klängen des Meisters jeweils fast andächtig. Dass dabei die
Stimmung gegen Null zurück ging, war nicht zu verhindern, aber Smasher wie «Mystica» und Neuware der Marke «Glory Night» (geile
Halbballade!) brachten den Motor wieder spielend zum Laufen. Zuvor
gelang das schon starken «Dreaming Dead» als zweitem Teil des ersten
Medleys, das mit «Tales Of The Crown» eröffnet wurde. Normalerweise
mag ich die Medley-Geschichten überhaupt nicht, aber wenn man die
richtigen, respektive zueinander passenden Songs verbindet,
entstehen regelrechte Epen, die dann gut und gerne eine
Viertelstunde dauern können. Nicht ganz so lange dauerte das
obligate Drum-Solo von Herrn Terrana, der einmal mehr zeigte, dass
er einfach zu den Besten seiner Zunft gehört und so für all seine
Wirkungsstätten unentbehrlich ist. Was aber niemand ahnen konnte,
aber es womöglich dennoch bemerkte, war, dass Mike offenbar
Schmerzen hatte und darum auf die Zähne beissen musste. Sein
humpelnder Gang von der Bühne runter sprach Bände, doch sein
Schlagzeugspiel war zum Glück kaum bis gar nicht betroffen davon. «Carousel»
mit einer angehängten Jam-Session beendete erstmal den regulären
Set. Vor dem grossen Banner mit dem klassischen ARP-Motiv bekamen
die sichtlich zufriedenen Fans mit «Masquerade Ball/Casbah» und dem
finalen «Rock The Nation» nochmals das volle Brett serviert. Kurz
nach 23.00 Uhr und somit knappen 100 Minuten verabschiedeten sich
Axel und seine Kumpels ein weiteres Mal im Z7 und hinterliessen
wiederum den erwarteten, guten Eindruck. Dabei gehörte die töfte
Cover-Version vom Rainbow-Classic «Temple Of The King» zu den
Highlights des Abends und entschädigte dafür, dass man das Original
wohl nie mehr sehen und hören wird.
Setliste: «Intro/Too Late» - «Medley: Tales Of The Crown/Dreaming
Dead» - «Drum Solo» - «Mystica» - «Piano Intro/Glory Night» - «Temple
Of The King» - «Strong As A Rock» - «Carousel/Jam» -- «Masquerade
Ball/Casbah» - «Rock The Nation».
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