Logbuch, 12. Januar 2014, die Segel sind gehievt und der stolze
Zweimaster schaut dem aufkommenden Sturm unerschrocken entgegen. Das
nasskalte Wetter und der grosse Ansturm der Besatzung (ausverkaufte
Hütte im Z7) lassen auf ein siegreiches Gefecht hindeuten. Die
Wellen peitschen an die Reling und mit einem breiten Grinsen steht
Kapitän Pell und seine Mannschaft auf der Brücke. Der neue
Galeerentaktgeber Bobby Rondinelli (ehemals Rainbow und Doro) und
der kampferprobte Steuermann Johnny Gioeli sind die Eckpfeiler neben
dem blonden Gitarrenvirtuosen. Speziell Johnny hat in unzähligen
Fahrten immer bewiesen, dass keine Meerenge zu schmal, kein Sturm zu
wild und keine Reise zu langweilig wird. Er ist der
Zeremonienmeister, der aus jedem noch so mittelmässigen Konzert
einen berauschenden Event macht. In wie weit sich der Fünfer locker
durch den Sturm («Into The Storm», der Titel des neuen Albums)
segelte und dabei keinen Mastbruch erleidet, wird sich später
zeigen. Denn bevor der Wind die Segel zerfetzen und die spitzigen
Wellen über die Planken des Piratenschiffes peitschen und ein
ruhiges Stehen unmöglich machen werden, standen die Schiffsjungen
von Rebellious Spirit auf dem Deck und sicherten Back- und
Steuerbord ab. (tin)
Rebellious Spirit
Die aus der Nähe von Balingen stammende Formation hatte die
Gelegenheit, sich einem grösseren Publikum vorzustellen. Und genau
dort in Balingen am «Bang Your Head» 2013 sah ich die jungen Kerle
zum ersten Mal auf einer Stage stehen. Morgens um 10 Uhr weckten sie
die Alkoholleichen auf und legten eine wilde, mitreissende und
tighte Show auf die Bretter. Die Erwartungen waren somit hoch. SEHR
HOCH! Und konnten nicht erfüllt werden. Jannik (Gesang, Gitarre),
Jens (Bass), Corvin (Gitarre) und Silvio (Schlagzeug) waren zwar
bemüht und dadurch sehr wahrscheinlich auch gehemmt und blockiert.
Die Spritzigkeit, wie sie in Balingen noch zu sehen war, fehlte
gänzlich. Die freche Art der Ansagen vom Sommer wich und liess
dagegen einen routinierten, schüchternen Jannik auf der Bühne blass
und alt aussehen. Damals in Balingen faszinierte mich die «leck mich
am Arsch»-Attitüde, in Pratteln langweilte mich die Performance nach
drei Songs und ich bevorzugte den Smalltalk mit einer Besucherin.
Schade, dabei
können Songs wie «Rock It», «You're Not The Only One»,
«Gone Wild» und der zum Mitsingen animierende «Let's Bring Back» die
Lücke zwischen Sleaze- und Metal-Rock problemlos schliessen. «Guten
Abend, wir sind Rebellious Spirit und wir werden jede Menge Spass
haben». Dies Ansage schien ein Versprechen zu sein, das sich aber
nicht bewahrheitete. Ob es daran lag, dass die Truppe zum ersten Mal
in der Schweiz spielte, oder am Z7? Wo blieb der Pfeffer, die
Bewegung, das packende Element? Selbst die Coverversion von Bon
Jovis «You Give Love A Bad Name» konnte die Besucher nur teilweise
aus der Reserve locken. In wie weit der Aufruf von Jannik, dass sich
die Fans doch ihre Shirts und die CD «Gamble Shot» am
Merchandisingstand besorgen sollen, auch Folge geleistet wurde, kann
ich nicht beurteilen. Bloss dass ich nach diesem Auftritt einmal
mehr schreiben muss, dass Erwartungen oftmals das Killerkriterium
von allem sind und der Jubel wie Applaus nach dem letzten Ton
durchaus zu hören waren, aber im ausverkauften Z7 dennoch schon fast
verblassten. (tin)
Setliste: «Lights Out» - «Rock It» - «Sweet Access Right» - «You're
Not The Only One» - «Gone Wild» - «Change The World» - «You Give
Love A Bad Name» - «Cry For You» - «Let's Bring Back».
Axel Rudi Pell
Die deutsche Antwort auf Ritchie Blackmore (Ex- Deep Purple) hat
sein eigenes Flaggschiff seit Ende der 80er gewassert und konnte
seither noch jedem (Trend-) Sturm trotzen. Ein Blick auf die frühere
Bandgeschiche bringt hervor, dass mit Charlie Huhn, Rob Rock und gar
Jeff Scott Soto schon einige Hochkaräter im Lineup des Chefs mittun
konnten. Ohne die Musik von damals abzukanzeln oder unwichtiger
erscheinen zu lassen, begann jedoch die Geschichte der Band Axel
Rudi Pell neu, respektive spätestens 1998 mit der Verpflichtung von
Johnny Gioeli (Hardline). Seither sind im Zweijahres-Rhythmus
Studio-Alben erschienen, die ohne diesen Hammer-Sänger bedeutend
weniger relevant wären. Als grosser Fan von Deep Purple, Rainbow,
Whitesnake, Dio, Black Sabbath und Konsorten rissen mich die
germanischen Rainbow allerdings nicht nachhaltig vom Hocker. Dass
dennoch einige Tonträger (der Gioeli-Ära) in der persönlichen
Tonträger-Sammlung stehen, spricht allerdings für sich selber. Live
war die Geschichte auch durch den langjährigen Drummer Mike Terrana
geprägt, der mit seinem extravaganten Spiel (inklusive seiner
gefürchteten Soli) zum
Markenzeichen wurde. In der Gegenwart und in
Zusammenhang mit dem brandneuen Album «Into The Storm» gibt es nun
am eben erwähnten Instrument einen Wechsel zu verzeichnen. Kein
Geringerer als Bobby Rondinelli, zu dessen Palmares, nebst den
eingangs erwähnten Bands, bekanntlich auch Black Sabbath, Blue
Öyster Cult, The Lizards und noch ein paar mehr gehören, hat nun
hinter den Kesseln Platz genommen, respektive ist schon auf dem
Album zu hören. Das weckte mitunter mein Interesse, mir dies nach
längerer ARP-Abstinenz wieder mal live anschauen und hören zu gehen,
zumal die neuen Songs mehr als nur einen guten Eindruck
hinterlassen. Schief gehen konnte heute Abend, nota bene vor
ausverkaufter Kulisse und mit mächtigem ARP-Backdrop (inklusive zwei
kleineren Stage-Flags mit dem Album-Cover) somit eigentlich nichts.
Zudem galt es, den überraschenderweise hüftlahmen Rebellen aus
Balingen aufzuzeigen, wie man es besser macht.
Den Auftakt machte dann gleich der an sich sackstarke Album-Opener
«Tower Of Lies»…, wenn ich hätte wählen können…, aber die Wahl fiel
auf das schwer Rainbow-lastige «Burning Chains». Zur allgemeinen
Überraschung passierte hierbei (noch?) nicht so viel. Wo war der
allgemein erwartete Drive, der bollernde Bass von Volker Krawczak
und vor allem die Gitarre des Meisters? Zuerst dachte ich, da zu
Beginn ja noch im Fotograben stehend, dass dies hinten eh besser
klingen würde, aber ein wenig später dort angekommen, hörte sich das
Ganze nach wie vor viel zu harmlos an. Anstatt ordentlich Druck
auszuüben (Ritchie Blackmore war da früher gefühlte zehnmal lauter),
kratzte es oben weg sogar und dies eigentlich durchgehend! Somit
musste es einmal mehr der grandiose Johnny Gioeli richten und der
gab, wie immer, auch diesmal alles. Das tat der Neue in der
Band grundsätzlich auch, aber im Vergleich zu Zappel-Philipp Mike
Terrana wirkte Bobby Rondinelli geradezu einschläfernd. Dass
Letzterer sein Drum-Solo deutlich kürzer ausrichtete, war dann
hingegen wieder ein Gewinn zu Gunsten eines Songs mehr.
Was die Setliste der aktuellen Tour angeht, so würde ich auf jeden
Fall nicht in der Haut von Axel stecken wollen, als dieser hierzu
abermals seinen Backkatalog abklappern musste. Nebst insgesamt vier
neuen Songs von «Into The Storm» wurde nur noch «Between The Walls»
(1994) mit zwei Vertretern («Warrior» und «Casbah») ins Rennen
geschickt. Ein guter Teil setzt sich derweil aus einigen Titeltracks
der jeweiligen Alben, wie «Nasty Reputation» (1991), Oceans Of Time»
(1998) oder «Mystica» (2006) zusammen, und «Call Her Princess»
(1989) setzte schliesslich den jahrmässigen Markstein hin zum Beginn
der Karriere unter dem ARP-Banner, die heuer am BYH!!!-Festival zum
25-jährigen Bandjubiläum mit einer Special-Show gewürdigt wird.
Dabei wird der epische über zehn Minuten lange Titeltrack «Into The
Storm» (Highlight des heutigen Abends!) sicher auch zur Aufführung
gelangen. Was mir weitaus weniger gefiel, war das von wegen sold out
viel zu teilnahmslose Publikum. Da hätte ich mir deutlich mehr
Emotionen gewünscht, aber das Ganze passte sich niveaumässig wohl
der für sonstige Z7-Verhältnisse erstaunlich ungenügenden
Soundqualität an. In Balingen wird das im Sommer hoffentlich
deutlich besser abgemischt! (rsl)
Setliste: «Intro/Burning Chains» - «Nasty Reputation/Strong As A
Rock (Medley)» - «Long Way To Go» - «Oceans Of Time» - «Hey Hey My
My» - «Warrior» - «Keyboard Solo Ferdy Doernberg» - «Into The Storm»
- «Drum Solo Bobby Rondinelli» - «Before I Die» - «Mystica» - «Too
Late/Call Her Princess/Jam/Eternal Prisoner/Too Late» -- «The
Masquerade Ball/Casbah» - «Rock The Nation».
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