Livereview: Axel Rudi Pell - Mob Rules - Human Zoo

16. April 2016, Pratteln – Z7
By Tinu
Es sollten erneut zwei Abende sein, an denen der bekennende Ritchie Blackmore-Fan das Z7 aus seinen Grundmauern reissen sollte. Axel Rudi Pell und seine Mannschaft erreichten das Optimale allerdings nicht ganz. So war "nur" der Samstagabend völlig ausverkauft, während sich am Sonntag gerade mal eine halbgefüllte Halle den Songs von ARP hingab. Im Gepäck waren Mob Rules und die nur für diese beiden Konzerte auftretenden Human Zoo. Frei nach dem Motto des vorletzten Pell-Werkes «Into The Storm» schüttete es draussen am Samstag wie aus Kübeln, was innerhalb des Z7 aber den Nichtrauchern völlig egal war. Sie alle warteten auf das «Game Of Sins», mussten sich dazu etwas gedulden und sich durch zwei Vorbands hören…

Human Zoo

Den Einstieg machten Human Zoo, die Jungs aus Balingen. Angeblich gab es einige Besucher, welche dieses Konzert nur wegen dieser Truppe besuchten. Seit 2004 versuchen die Schwaben ihren Hardrock an den Mann und die Frau zu bringen. Was bei einigen bestens funktioniert, löst bei den anderen eine lethargische Reaktion aus. Aber sagen wir es mal so. Sänger Thomas Seeburger gehört sicher zu den engagiertesten Shoutern auf der Bühne. Allerdings wirkt dies oft ein bisschen zu übertrieben und zu wild, so dass eine gewisse Coolness dem Ganzen sehr gut tun würde. Was die Jungs machen, tun sie mit Herzblut, hatten dazu viele Accessoires auf der Bühne, aber leider blieb von den Songs zu wenig hängen. Ein richtiger Hit fehlt, allerdings auch der grosse Loser-Track. Was das Ganze schon wieder erträglich macht. Speziell, aber irgendwie auch passend, ist die Hinzunahme des Saxophons. An diesem 16. April 2016 sah ich sicher den bisher besten Human Zoo-Gig und trotzdem machte sich bei mir mit zunehmender Spieldauer eine gewisse Langeweile breit. Es ist ja nicht schlecht, aber im Vergleich zu den internationalen Bands eben auch nicht herausragend. Das werden die Fans von Human Zoo sicher anders sehen, aber der Beifall nach dem letzten Ton liess erahnen, dass nicht nur ich dieser Meinung war.


Mob Rules
Mit Mob Rules ging es nach einer kurzen Umbaupause weiter. Die Band aus Wilhelmshaven präsentierte sich um einiges professioneller und hatte auch die besseren Songs im Repertoire. Speziell Sänger Klaus Dirks wusste genau, wie man die Pell-Fangemeinde anfeuern musste, und der sehr laute Schlussapplaus liess das Resümee ziehen, dass Mob Rules vieles besser und richtig machten. Lieder wie «Hollowed Be Thy Name» versprühen ein intensiveres und packenderes Flair und lassen Mob Rules nachhaltiger im Gedächtnis verweilen. Der eigentliche Tour-Support schien auch eingespielter zu sein und liess seine musikalischen Fähigkeiten immer wieder aufblitzen. Dass dabei das Keyboard eine untergeordnete wie ab und zu auch einen melodieführenden Part übernahm, stand der Truppe sehr gut zu Gesicht und liess schon mal auf den Hauptakt einstimmen. Nach etwas mehr als zwnazig Jahren im Business gehören die Deutschen sicher nicht zu den Top-Acts, bewiesen aber an diesem Abend, dass sie sich von Platte zu Platte steigern konnten und verführen mit diesem Auftritt dazu, dass man sich gerne intensiver mit Mob Rules beschäftigt. Denn mit dieser Präsentation kam Freude auf, die vom Publikum honoriert wurde und den Musikern, wie auch den Anwesenden viel Spass bereitete.




Axel Rudi Pell

Dann war es an der Zeit mit Axel Rudi Pell und seiner Mannschaft, das ausverkaufte Z7 in Ekstase zu versetzen. Erstaunlicherweise zieht der doch recht verspielte Sound im Publikum viele Frauen an. Dies muss auch an Sänger und Sympathikus Johnny Gioeli liegen. Der Ami bot einmal mehr eine sehr wilde Performance, rannte über die Bühne, schwang seinen Mikrofonständer gefährlich für seine Bandkollegen um sich, hüpfte, stampfte, spuckte und schmachtete auf und über die Bühne. Viele Emotionen begleiteten die Show von Johnny. Da waren die wilden, gefährlichen und mit bösen Blicken servierten Momente bei «Fire», «Burning Chains», sowie «Call Her Princess», oder die verträumten, ruhigen, entspannten und unter die Haut gehenden Parts bei «Oceans Of Time», «The Clown Is Dead», und «The Line». Johnny war der Zeremonienmeister, der auch mit seinen Spässen den Lacher auf seiner Seite hatte. «Wer sich heute Abend an der Bar meldet, sein Ticket zeigt kann uns morgen zum halben Preis nochmals sehen, den Rest bezahlt Axel (worauf Axel meinte, dass sich Johnny nackig machen würde)», oder «wir suchen heute Abend eine wunderschöne Dame und für Volker einen Typen… Das war ein Scherz!» Der damit gemeinte Bassist vollbrachte einmal mehr einen soliden Part in der Band. Mister Krawczak wird zwar nie der grosse Entertainer sein, das muss er aber auch nicht. Er ist einer, der mit seinem Spiel einen fetten Teppich vorgibt. Ebenso wichtig für die ARP-Truppe ist Ferdy Doernberg an den Keyboards, der mit seinem Spiel und seinem sehr 70er-Jahre liken Solo die ideale Ergänzung zu Axel ist. Durch Ferdy sind die Keyboard-Gitarren-Duelle möglich und machen einen ARP-Gig zu einer Rainbow- und Deep Purple Hommage. Der Namesgeber der Truppe spielt in meinen Augen seit der letzten Tour mehr wie ein Uli Jon Roth oder ein Michael Schenker. Somit mehr auf sein Gitarrenspiel konzentriert und fokussiert. Dabei überlässt Axel das Entertainment Johnny und soliert mit einer unglaublichen Locker- und Sicherheit. Das jüngste Bandmitglied im Sinne der Dazugehörigkeit zur Truppe, ist Bobby Rondinelli. Der Trommler, der unter anderem schon bei Rainbow, Black Sabbath, Quiet Riot und Doro spielte, ist ein völlig anderer Schlagzeuger als sein Vorgänger Mike Terrana. War Mike das wilde Tier, welches sein Werkzeug zu Kleinholz "verarbeitete", mit seinem «aggressiven» Potenzial fast furchteinflössend war (obschon er ein absolut netter Typ ist), jeder Schlag einen unglaublichen Drive und eine pumpende Energie hatte, ist Bobby eher der stille, unauffällige und trotzdem filigrane Arbeiter. Sein Solo ist mit der rohen, ungehobelten und durchgeknallten Art eines Terranas nicht zu vergleichen. Mister Rondinelli hat die 70er- und 80er-Jahre Solo-Darbietung verinnerlicht, die mit einem Gong-Schlag beendet wird. Das Ganze vielleicht eine Spur ruhiger gespielt als noch vor zehn Jahren. Trotzdem ist Bobby eine wichtige Stütze. Sein Spiel macht den Sound von ARP viel erdiger und rockiger, als dies noch mit Mike Terrana der Fall war und verleiht Axel und seinem Spiel den perfekten Nährboden um seine Rainbow-Roots ausleben zu können.

«Yeah baby! Are you having some fun?», wollte Mister Gioeli wissen, was die Anwesenden mit einem lauten «Yes» beantworteten. Mit den fetzigen «Fire», dem verspielten «Fool Fool» und dem dreckigen «Nasty Reputation» startete der Fünfer in den Gig. Dass die Setliste fast hervorsehbar war, ist und bleibt leider der grosse Kritikpunkt bei einer Pell-Show. Grosse Überraschungen blieben aus. Auch wenn Johnny meinte, dass sie immer wieder versuchen, lang nicht mehr oder noch nie gespielte Lieder in den Set zu integrieren, blieb «The Clown Is Dead», mit der Schlusssequenz von Led Zeppelins «Stairway To Heaven» (welche von Johnny «Stairway To Switzerland» gesungen wurde), die einzige Überraschung. «The Clown Is Dead» ist eine Ballade, die brutal auf die Tränendrüsen drückt und direkt nach der anderen Gänsehaut-Kuschelnummer «Oceans Of Time» gespielt wurde. Spätestens hier bemerkte man schnell, dass das Set um einiges gemässigter strukturiert war, als noch auf der «Into The Storm»-Tour. Klar gehören die balladesken und monumentalen Momente zu einer ARP-Show. Aber nicht nur ich lechzte förmlich nach einer Nummer wie «Burning Chains», die von Johnny mit «…it's time to bring up the heat…» angesagt wurde. Es wären genau diese Arsch tretenden Songs wie «Tear Down The Walls», «Warrior», «Ghost In Black» oder «Fly To The Moon», welchem dem Set einen anderen Drive gegeben hätten, zumal ich immer noch der Meinung bin, dass man mit «Strong As A Rock» und «Rock The Nation» auswechselbares Material hat, welches durch andere Tracks bestens ersetzt werden könnte. Vielleicht sollte Axel einfach auch mal den Mut haben, Standards über Bord zu werden und in der musikalischen Vergangenheit zu wühlen, um ehemals Bewährtes oder Neues zu präsentieren. Genügend Alternativen beinhaltet der ARP-Backkatalog ja. Trotzdem, mit dem Titeltrack des neuen Albums erschuf Mister Axel Rudi ein weiteres kleines Meisterwerk, das sich problemlos neben Rainbows «Stargazer» hinstellen darf. Speziell hier kommt das Drumming von Bobby bestens zur Geltung.

Fazit: Es war eine zu erwartende, fast vorprogrammierte Show der Axel Rudi Pell-Band. Überraschungen im Set blieben fast aus. Die Solos und Duelle sind und bleiben bekannt und dürfen auch nicht fehlen. Dazu ein Sänger, der mit seiner agilen Art die Show reisst und ein am Schluss völlig aus dem Häuschen geratenes Z7 zurück lässt. Ob es nun die beste Show war, besser als auf der «Into The Storm»-Konzertreise oder schlicht und ergreifend einfach eine weitere Pell-Show, muss jeder für sich selber entscheiden. Eins ist aber sicher. Schlecht war dieser Auftritt nicht! Dazu sind die musikalischen Fähigkeiten der Truppe zu herausragend und die Lieder zu packend!

Setliste: «Lenta Fortuna (Intro)» - «Fire» - «Fool» - «Nasty Reputation/Strong As A Rock» - «Oceans Of Time» - «The Clown Is Dead» - «Burning Chains» - «Keyboard-Solo Ferdy Doernberg» - «Game Of Sins» - «Drum-Solo Bobby Rondinelli» - «Mystica» - «Falling Star» - «The Line» - «Edge Of The World/Keyboard (Ferdy) & Guitar (Axel) Duell/Call Her Princess» -- «The Masquerade Ball/Casbah» - «Rock The Nation».