Es sollten erneut zwei Abende sein, an denen der bekennende
Ritchie Blackmore-Fan das Z7 aus seinen Grundmauern reissen sollte.
Axel Rudi Pell und seine Mannschaft erreichten das Optimale allerdings nicht
ganz. So war "nur" der Samstagabend völlig ausverkauft, während sich
am Sonntag gerade mal eine halbgefüllte Halle den Songs von ARP
hingab. Im Gepäck waren Mob Rules und die nur für diese beiden
Konzerte auftretenden Human Zoo. Frei nach dem Motto des vorletzten
Pell-Werkes «Into The Storm» schüttete es draussen am Samstag wie aus
Kübeln, was innerhalb des Z7 aber den Nichtrauchern völlig egal war.
Sie alle warteten auf das «Game Of Sins», mussten sich dazu etwas
gedulden und sich durch zwei Vorbands hören…
Human Zoo
Den Einstieg machten Human Zoo, die Jungs aus Balingen. Angeblich
gab es einige Besucher, welche dieses Konzert nur wegen dieser
Truppe besuchten. Seit 2004 versuchen die Schwaben ihren Hardrock an
den Mann und die Frau zu bringen. Was bei einigen bestens
funktioniert, löst bei den anderen eine lethargische Reaktion aus.
Aber sagen wir es mal so. Sänger Thomas Seeburger gehört sicher zu
den engagiertesten Shoutern auf der Bühne. Allerdings wirkt dies oft
ein bisschen zu übertrieben und zu wild, so dass eine gewisse
Coolness dem Ganzen sehr gut tun würde. Was die Jungs machen, tun
sie mit Herzblut, hatten dazu viele Accessoires auf der Bühne, aber
leider blieb von den Songs zu wenig hängen. Ein richtiger Hit fehlt,
allerdings auch der grosse Loser-Track. Was das Ganze schon wieder
erträglich macht. Speziell, aber irgendwie auch passend, ist die
Hinzunahme des Saxophons. An diesem 16. April 2016 sah ich sicher
den bisher besten Human Zoo-Gig und trotzdem machte sich bei mir mit
zunehmender Spieldauer eine gewisse Langeweile breit. Es ist ja nicht
schlecht, aber im Vergleich zu den internationalen Bands eben auch
nicht herausragend. Das werden die Fans von Human Zoo sicher anders
sehen, aber der Beifall nach dem letzten Ton liess erahnen, dass
nicht nur ich dieser Meinung war.
Mob Rules
Mit Mob Rules ging es nach einer kurzen Umbaupause weiter. Die Band
aus Wilhelmshaven präsentierte sich um einiges professioneller und
hatte auch die besseren Songs im Repertoire. Speziell Sänger Klaus
Dirks wusste genau, wie man die Pell-Fangemeinde anfeuern musste, und
der sehr laute Schlussapplaus liess das Resümee ziehen, dass Mob
Rules
vieles
besser und richtig machten. Lieder wie «Hollowed Be Thy Name»
versprühen ein intensiveres und packenderes Flair und lassen Mob
Rules nachhaltiger im Gedächtnis verweilen. Der eigentliche
Tour-Support schien auch eingespielter zu sein und liess seine
musikalischen Fähigkeiten immer wieder aufblitzen. Dass dabei das
Keyboard eine untergeordnete wie ab und zu auch einen
melodieführenden Part übernahm, stand der Truppe sehr gut zu Gesicht
und liess schon mal auf den Hauptakt einstimmen. Nach etwas mehr als
zwnazig Jahren im Business gehören die Deutschen sicher nicht zu den
Top-Acts, bewiesen aber an diesem Abend, dass sie sich von Platte zu
Platte steigern konnten und verführen mit diesem Auftritt dazu, dass
man sich gerne intensiver mit Mob Rules beschäftigt. Denn mit dieser
Präsentation kam Freude auf, die vom Publikum honoriert wurde und
den Musikern, wie auch den Anwesenden viel Spass bereitete.
Axel Rudi Pell Dann war es an der Zeit mit
Axel Rudi Pell und seiner Mannschaft, das ausverkaufte Z7 in Ekstase
zu versetzen. Erstaunlicherweise zieht der doch recht verspielte Sound
im Publikum viele Frauen an. Dies muss auch an Sänger und
Sympathikus Johnny Gioeli liegen. Der Ami bot einmal mehr eine sehr
wilde Performance, rannte über die Bühne, schwang seinen
Mikrofonständer gefährlich für seine Bandkollegen um sich, hüpfte,
stampfte, spuckte und schmachtete auf und über die Bühne. Viele
Emotionen begleiteten die Show von Johnny. Da waren die wilden,
gefährlichen und mit bösen Blicken servierten Momente bei «Fire»,
«Burning Chains», sowie «Call Her Princess», oder die verträumten,
ruhigen, entspannten und unter die Haut gehenden Parts bei «Oceans
Of Time», «The Clown Is Dead», und «The Line». Johnny war der
Zeremonienmeister, der auch mit seinen Spässen den Lacher auf seiner
Seite
hatte. «Wer sich heute Abend an der Bar meldet, sein Ticket zeigt
kann uns morgen zum halben Preis nochmals sehen, den Rest bezahlt Axel
(worauf Axel meinte, dass sich Johnny nackig machen würde)», oder
«wir suchen heute Abend eine wunderschöne Dame und für Volker einen
Typen… Das war ein Scherz!» Der damit gemeinte Bassist vollbrachte
einmal mehr einen soliden Part in der Band. Mister Krawczak wird zwar nie
der grosse Entertainer sein, das muss er aber auch nicht. Er ist
einer, der mit seinem Spiel einen fetten Teppich vorgibt. Ebenso
wichtig für die ARP-Truppe ist Ferdy Doernberg an den Keyboards, der
mit seinem Spiel und seinem sehr 70er-Jahre liken Solo die
ideale Ergänzung zu Axel ist. Durch Ferdy sind die
Keyboard-Gitarren-Duelle möglich und machen einen ARP-Gig zu einer
Rainbow- und Deep Purple Hommage. Der Namesgeber der Truppe spielt
in meinen Augen seit der letzten Tour mehr wie ein Uli Jon Roth
oder ein Michael Schenker. Somit mehr auf sein Gitarrenspiel
konzentriert und fokussiert. Dabei überlässt Axel das
Entertainment
Johnny und soliert mit einer unglaublichen Locker- und Sicherheit.
Das jüngste Bandmitglied im Sinne der Dazugehörigkeit zur Truppe,
ist Bobby Rondinelli. Der Trommler, der unter anderem schon bei
Rainbow, Black Sabbath, Quiet Riot und Doro spielte, ist ein völlig
anderer Schlagzeuger als sein Vorgänger Mike Terrana. War Mike das
wilde Tier, welches sein Werkzeug zu Kleinholz "verarbeitete", mit
seinem «aggressiven» Potenzial fast furchteinflössend war (obschon
er ein absolut netter Typ ist), jeder Schlag einen unglaublichen
Drive und eine pumpende Energie hatte, ist Bobby eher der stille,
unauffällige und trotzdem filigrane Arbeiter. Sein Solo ist mit der
rohen, ungehobelten und durchgeknallten Art eines Terranas nicht zu
vergleichen. Mister Rondinelli hat die 70er- und 80er-Jahre
Solo-Darbietung verinnerlicht, die mit einem Gong-Schlag beendet
wird. Das Ganze vielleicht eine Spur ruhiger gespielt als noch vor
zehn Jahren. Trotzdem ist Bobby eine wichtige Stütze. Sein Spiel macht
den Sound von ARP viel erdiger und rockiger, als dies noch mit Mike
Terrana der Fall war und verleiht Axel und seinem Spiel den
perfekten Nährboden um seine Rainbow-Roots ausleben zu können.
«Yeah baby! Are you having some fun?», wollte Mister Gioeli wissen,
was die Anwesenden mit einem lauten «Yes» beantworteten. Mit den
fetzigen «Fire», dem verspielten «Fool Fool» und dem dreckigen
«Nasty Reputation» startete der Fünfer in den Gig. Dass die Setliste
fast hervorsehbar war, ist und bleibt leider der grosse Kritikpunkt
bei einer Pell-Show. Grosse Überraschungen blieben aus. Auch wenn
Johnny meinte, dass sie immer wieder versuchen, lang nicht mehr
oder noch nie gespielte Lieder in den Set zu integrieren,
blieb «The Clown Is Dead», mit der Schlusssequenz von Led Zeppelins
«Stairway To Heaven» (welche von Johnny «Stairway To Switzerland»
gesungen wurde), die einzige Überraschung. «The Clown Is Dead» ist
eine Ballade, die brutal auf die Tränendrüsen drückt und direkt nach
der anderen Gänsehaut-Kuschelnummer «Oceans Of Time» gespielt wurde.
Spätestens hier bemerkte man schnell, dass das Set um einiges
gemässigter strukturiert war, als noch auf der «Into The
Storm»-Tour. Klar gehören die balladesken und monumentalen Momente
zu einer ARP-Show. Aber nicht nur ich lechzte förmlich nach einer
Nummer wie «Burning Chains», die von Johnny mit «…it's time to bring
up the heat…» angesagt wurde. Es wären genau diese Arsch tretenden Songs
wie «Tear Down The Walls», «Warrior», «Ghost In Black» oder «Fly To
The Moon», welchem dem Set einen anderen Drive gegeben hätten, zumal
ich immer noch der
Meinung
bin, dass man mit «Strong As A Rock» und «Rock The Nation»
auswechselbares Material hat, welches durch andere Tracks bestens
ersetzt werden könnte. Vielleicht sollte Axel einfach auch mal den
Mut haben, Standards über Bord zu werden und in der musikalischen
Vergangenheit zu wühlen, um ehemals Bewährtes oder Neues zu
präsentieren. Genügend Alternativen beinhaltet der ARP-Backkatalog ja.
Trotzdem, mit dem Titeltrack des neuen Albums erschuf Mister Axel
Rudi ein weiteres kleines Meisterwerk, das sich problemlos neben
Rainbows «Stargazer» hinstellen darf. Speziell hier kommt das
Drumming von Bobby bestens zur Geltung.
Fazit: Es war eine zu
erwartende, fast vorprogrammierte Show der Axel Rudi Pell-Band.
Überraschungen im Set blieben fast aus. Die Solos und Duelle sind
und bleiben bekannt und dürfen auch nicht fehlen. Dazu ein Sänger,
der mit seiner agilen Art die Show reisst und ein am Schluss völlig
aus dem Häuschen geratenes Z7 zurück lässt. Ob es nun die beste Show
war, besser als auf der «Into The Storm»-Konzertreise oder schlicht
und ergreifend einfach eine weitere Pell-Show, muss jeder für sich
selber entscheiden. Eins ist aber sicher. Schlecht war dieser Auftritt
nicht! Dazu sind die musikalischen Fähigkeiten der Truppe zu
herausragend und die Lieder zu packend!
Setliste: «Lenta Fortuna (Intro)» -
«Fire» - «Fool» - «Nasty Reputation/Strong As A Rock» - «Oceans Of Time» -
«The Clown Is Dead» - «Burning Chains» - «Keyboard-Solo Ferdy Doernberg» -
«Game Of Sins» - «Drum-Solo Bobby Rondinelli» - «Mystica» - «Falling Star» -
«The Line» - «Edge Of The World/Keyboard (Ferdy) & Guitar (Axel) Duell/Call Her
Princess» -- «The Masquerade Ball/Casbah» - «Rock The Nation».
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