Ihr wollt geile Rockmucke? Ihr wollt beste Unterhaltung mit
einem der besten Rock-Entertainer? Ihr wollt den Alltag vergessen
und knapp zwei Stunden einfach nur Spass haben? Und wieso seid ihr
dann nicht im Z7 erschienen und habt Axxis abgefeiert? Mein lieber
Herr Gesangsverein! Ich verstehe das nicht. Da geht eine Band seit
mehr als 25 Jahren ihren Weg, hat auf ihrer ersten Support-Tour
Black Sabbath förmlich an die Wand gespielt, hat Hits «en masse» im
Ärmel, überzeugt mit einer unbändigen Spielfreude und geizt nicht um
jeden Fan zu kämpfen. Und wo bleibt die grosse Masse? Zuhause vor
dem Fernseher! Axxis ist eine verdammte Macht auf der Bühne und
haben zudem zu jeder Sekunde die Lacher auf ihrer Seite! Was wollt ihr
denn noch mehr? Schade, sehr schade! Auch wenn es an diesem Abend
geschätzt mehr Besucher waren, als noch vor knapp eineinhalb Jahren, Axxis
müssen endlich wieder auf der grossen Bühne im Z7 spielen, damit die
Herren ihr volles Bühnenprogramm auffahren können!
Crown Of Glory Aber gehen wir der Reihe nach. Da
Axxis-Trommler Dirk Brand ein sehr grosses Schlagzeug aufbaute,
mussten die beiden Vorband ihres jeweils seitlich auf der rechten
Bühnenseite platzieren. Die Innerschweizer Crown Of Glory hatten
somit mit ihren sechs Musikern kaum Platz auf der Mini-Stage. Aber,
die Jungs schöpften aus dem kleinen «Heimspiel» Energie und hatten
schnell ihren «Fanclub» auf ihrer Seite. Rockig, metallisch und
leicht verspielt trumpfte das Sextett auf und speziell Sänger Hene
Muther versuchte immer wieder, die Fans näher an den Bühnenrand zu
bekommen. Gitarrist Hungi Berglas grinste derweil wie ein Honigkuchenpferd
und suchte immer den Blickkontakt zu den (weiblichen) Fans, während
sich sein solierender Partner Kusi Muther eher in sein Spiel
vertiefte und dabei seine Lockenpracht schüttelte. COG lieferten
einen soliden Job ab und so schnell wie alles begann, kündete Hene
auch schon den letzten Song an. 30 Minuten können schnell vorbei
sein, zumindest wenn die Lieder so locker rein gehen und Spass
machen. Wie schon am «Rock The Ring»-Festival konnten Crown Of
Glory auch hier beste Werbung in eigener Sache machen. Well done!
Six Magics Das konnte man bei den darauf folgenden
Chilenen Six Magics nicht unbedingt sagen. Sängerin Elizabeth Vásquez war
zwar stetig bemüht, die Anwesenden aus der Reserve zu locken, aber der
sehr breitgefächerte Metal verwirrte die Anwesenden mehr, als dass er
sie erfreuen konnte. Nicht dass die Songs schlecht gewesen wären,
aber der packende Moment, oder der einprägsame Refrain fehlte. Der
Fünfer bewegte sich viel auf der Bühne, die langen, schwarzen Haare
flogen im Takt und die handwerkliche Leistung war gut. Aber! Mit
Elizabeth steht eben keine Liv (Sister Sin) oder Doro auf der
Bühne,
sondern eine hart arbeitende und zu sehr auf die Songs fokussierte
Shouterin. Da nützte auch der Dank an die Fans nichts («Away from
Chile, we're absolute happy to be here!»). Ebenso wenig, dass man
einen Flamenco-Tango spielte, der sicherlich die musikalischen
Fähigkeiten wiedergab, aber leider das Flair eines solchen Momentes
nicht einfangen konnte. Im Vergleich zu Crown Of Glory wirkte das
Ganze zu aufgesetzt und zu übermotiviert, um eine gute Show
abzuliefern. Hier wäre es sicherlich ratsam, wenn Six Magics sich
lockerer präsentieren. Auch wenn das Publikum sich mitziehen liess
und mitklatschte, der Applaus war nach dem letzten Ton sehr schnell
verstummt und in Erinnerung blieben von den beiden Supportbands
eher Crown Of Glory. Einfach, weil sie musikalisch besser zu Axxis
passten. Vor eineinhalb Jahren lieferten Tri State Corner eine viel
professionellere Leistung ab, hinter der sich Six Magics nur
verstecken können.
Axxis Was dann aber
folgte, war ein Siegeszug, der Seinesgleichen sucht, oder wie es
Quassel-Onkel Bernhard Weiss so schön auf den Punkt brachte: «Eine
Zeitreise, als wir noch gut aussahen! Wir spielen heute zwei bis
drei Stunden und verschwinden dann ins Reha-Zelt!» Es waren erneut
die Kommentare von Bernhard, welche die Show zu etwas ganz
Speziellem verwandelten. «Du kommst doch aus Ungarn, warst das letzte
Mal bei uns auf der Bühne und schon damals besoffen», oder «Ihr seid
aber textsicher, das «Hey» singt ihr fehlerfrei mit». Berny ist
einer, der die Situationskomik geniesst und auslebt. Einer, der
während des Singens das Publikum studiert und sich dann daraus den
nächsten Schalk kreiert. So, wie Mister Weiss nach den lauten
Axxis-Rufen bemerkte: «Es ist immer wieder schön zu sehen, dass das
Publikum weiss, welche Band auf der Bühne steht!»
«Wir gehen nun zurück in die Anfangstage von Axxis, als wir noch bei
der EMI Electrola, «The Master Voice» waren. Ich hätte nie gedacht,
dass wir diese Firma überleben. Damals verschleuderten wir noch Geld
für eine Videoproduktion und ganz ehrlich, ich weiss bis heute
nicht, was dieser Koffer im Film von «Stay Don't Leave Me» zu suchen
hat!». «Wir haben eine kleine Tradition, dass wir jemanden aus dem
Publikum auf die Bühne holen. Das Problem ist, dass alle die älter
als 18 Jahre sind, entweder zu besoffen sind oder mir immer an den
Arsch greifen!» So holte sich der Sänger den kleinen Yannick auf
die Bühne, beziehungsweise der Kleine stieg sehr selbstsicher auf
die Stage. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als er das Mikrofon in
der Hand hielt und Bernhard zu ihm sagte. «Sag einfach mal «Hey»!»
Als das Publikum ein lautes «Hey» zurück schrie, erschrak den Kleine
doch ein bisschen. Zumindest für einen Moment, dann fand er schnell
Gefallen an dem Mitsingspiel. «Yannick hör auf, sonst können die
nicht mehr!», verkündete Berny mit einem breiten und zufriedenen
Grinsen und gab dem soeben geborenen Bühnenstar ein typisches
Metal-Instrument in die Hände, das Tamburin. Zusammen zockten
Yannick und die Truppe «Kings Made Of Steel». Als grandioser
Abschluss wurden fünf grosse Standtoms auf die Bühne gestellt. «Bist
du mit deiner Mutter oder deinem Papa da? Also, dann stell dir vor,
diese Trommel ist der Hintern deiner Mama und du kannst jetzt mal so
richtig drauf treten!». Wann hat man schon die Möglichkeit, sowas
auszuleben? Mit grossen Augen und einem unheimlichen Wumms schlug
dann Klein-Yannick auf die Trommel ein. Solche Momente heben eine
Show von anderen Konzerten ab und lassen Herrn Weiss den Auftritt
mit den Worten «…lieber einen kleinen Jungen auf der Bühne, als eine
besoffene Frau» ausklingen.
«Das «Hey» ist doch langweilig, wollen wir nicht was
Progressiveres machen? Wie wärs mit («Oh»» brüllt eine Zuschauer)…
Genau. «Oh»! Ich kann dir den Text auch aufschreiben, wenn du
willst?» Der Shouter brillierte mit einem unglaublichen Charme und
Schalk. Nahm er nun Einzelne aus dem Publikum auf den Arm oder sich
selber, der Lacher war garantiert. Neben all den spassigen Momenten
war es aber auch die Mannschaft um Bernhard, die gross auftrumpfte.
Zum einen Trommler Dirk Brand, der nicht nur mit seinem Solo glänzte
(am Schluss mit neonleuchtenden Drumstickspitzen), sondern auch
durch eine unglaubliche Power und Spielfreude. Zum anderen Bassist
Rob Schomaker, der durch seine agile und packende Bühnenshow mit
einem breiten Grinsen den Obersympathikus stellte. Harry Oellers, der
Keyboarder, verschwindet etwas im Hintergrund, ist aber musikalisch
für die Truppe unentbehrlich. Neuzugang Stefan Weber, der von Lion
Twins den Weg zu Axxis fand, ist eine musikalische Bereicherung für
die Truppe, spielt bedeutend
banddienlicher
als sein Vorgänger Marco Wriedt, kann aber schon mal solistisch aus
sich heraus gehen, so dass Bernhard mit einem frechen Grinsen den
Stecker zum Amp ziehen möchte. Musikalisch boten die Herren erneut
einen farbenfrohen, breiten Fächer. Waren es die Akustik-Beiträge,
von der Saitenfront auf Barhockern gespielt, der Partykracher in Form
von «Heavy Rain», das zum Hüpfen animierende «My Little Princess»,
das gesanglich unter die Haut gehende «Waterdrop» oder das von
Bassist Rob aus Wuppertal mit einem typischen Metallica Instrument
(Mandoline) dargebotene «We Are The World», der Fünfer schöpfte aus
dem Vollen. Der Mitsingfaktor war enorm, hoch. Wie bei «Hall Of
Fame», «Touch The Rainbow», «Little Look Back», oder den beiden
Rauschschmeissern «Living In A World» und «Kingdom Of The Night». Im
Vergleich zur letzten Show, wurde die Setlist um ein paar Songs
erneuert. So integrierte der Fünfer «Rolling Like Thunder», «Love Is
Like An Ocean», «The War», «We Are The World», «Waterdrop» und
«Kings Made Of Steel» in den Set, während «Kingdom Of The Night II»,
«Soulfire», «21 Crosses», «Heaven In Paradise», «Fire And Ice» und
«Blood Angel» raus geschmissen wurden. Mit etwas mehr als 110 Minuten
Spielzeit, einer völlig entfesselten Fangemeinde und dem
Bewusstsein, dass die wenigen Fans mehr Lärm machten als 1'000,
beendeten Axxis diesen Siegeszug. Dies mit Stolz, einer ansteckenden
Zufriedenheit, einer völligen Begeisterung bei der Band und den
Fans, einem stolzen Yannick, dem versohlten Hintern seiner Mutter,
der schon wieder sturzbesoffenen Ungarin und dem Bewusstsein, dass
«ihr es nicht anders gewollt habt»! Was ist Axxis bloss für eine
unglaubliche Macht auf der Stage!!! Eine, die das nächste Mal auf
die grosse Z7-Bühne gehört, damit auch die ganze Bühnendekoration
aufgebaut werden kann, somit mehr Bühnenfreiheit entsteht und die gerne
in einem Jahr wieder in Pratteln erscheinen darf.
Setliste:
«Intro/Living In A Dream», «Rolling Like Thunder», «Love Is
Like An Ocean», «Tales Of Glory Island», «Stay Don't Leave Me»,
«Hall Of Fame», «The War», «Trash In Tibet», «We Are The World»,
«Waterdrop (Acoustic)», «Touch The Rainbow (Acoustic)», «Kings Made
Of Steel (Acoustic)/Drum battle», «Heavy Rain», «Heaven In Black»,
«My Little Princess», «Little Look Back» - «Little War», «Living In
A World», «Kingdom Of The Night»
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