Warmer Herbsttag, sonniges Wetter und sonniges Gemüt bei
Axxis. Wie immer war Sänger Bernhard Weiss bestens gelaunt und in
absoluter Plauderstimmung. Wer einen solchen Entertainer in den
eigenen Reihen hat, kann nicht verlieren. Es sind nicht nur die
oftmals leicht (selbst-) ironischen Kommentare über das Business
oder die alte Plattenfirma EMI, die Axxis nicht überlebte, sondern
auch die weltkritischen Äusserungen, die schon zum Nachdenken
anregen können. Daneben boten Axxis, zur Feier ihres 30-jährigen
Bühnenjubiläums, viel Material aus der frühen Schaffensphase, die im
November mit der kommenden «Best Of The EMI Years» gewürdigt werden
wird. Doch zum Konzert der Deutschen später mehr…
Vice
…zuerst betraten die Teils-Münchner Vice die Bühne. Die Jungs um den
ehemaligen Bonfire-Gitarristen Chris "Yps" Limburg legten für die
Anwesenden einen "mitreissenden" Gig hin. In meinen Ohren
"kuschelten" sich Melodien, die mir grundsätzlich gefallen sollten,
aber irgendwie doch nicht ein Freudenfeuer entzündeten. Lag es an einer
fehlenden zweiten Gitarre, an der eher monotonen Stimme von Mario,
den teils fast Rap bezogenen Einflüssen oder den in der richtigen
Bierstimmung wunderbar funktionierenden Animationssprüchen der Truppe,
"Prost ihr Säcke..." (Sabaton-Fans hätten ihre Freude daran), die bei mir
aber einen faden Beigeschmack hinterliessen? Am Ende des Gigs
spielte meine Empfindung aber keine wichtige Rolle, denn Vice wurden
vom Publikum mit viel Applaus verabschiedet. Somit Mission gelungen.
Eine, die mit dem Joan Jett Cover «I Hate Myself For Loving You»
startete. Na ja..., das Original ist ein Klassiker, der nur sehr schwer
zu covern ist, da speziell die kratzige Stimme von Joan kaum zu
übertreffen ist. Im weiteren Verlauf wurde immer wieder auf das am
Freitag, den 13. September neu veröffentlichte Werk «3 Fingers Up»
hingewiesen. Mit den Songs «Made For Pleasure» und «Hot Summer Night
Party» kamen auch Tracks des Debütalbums zu ehren. Ein Gig, der in
einem kleinen Club sicher viel Spass machen könnte, aber an diesem
Abend zumindest (nur bei mir?) eher vorbei rauschte.
Axxis
Im direkten Vergleich zu Axxis fielen Vice klar ab. Das lag einerseits an
den Songs, die von Axxis um einiges mehr zündeten und ganz einfach
Ohrwürmer sind, zum anderen an der Bühnenpräsentation der kompletten
Band und natürlich an den schon erwähnten Qualitäten von Bernhard.
Klar musste nochmals die Geschichte von Jakob erzählt werden, dem
Jungen, der in Balingen auf die Bühne kam. Axxis wollten vermeiden,
dass besoffene Ladys den Weg auf die Stage finden, und so holten sie
sich einen kleinen Bub auf die Stage, da hier die Gefahr, dass er zu
alkoholisiert war, eher gering schien. Dass Jakob aber aus lauter
Aufregung eine Pulle Wasser auf Ex trank und dann die ganze Bühne
vollkotzte, konnten die Musiker nicht ahnen. Was damals als gut
gemeinter Zusatzgag und für den Kleinen etwas ganz Grosses sein
sollte, entwickelte sich zu einem Lauffeuer, über das die Truppe noch
heute immer berichten muss (nachzusehen auch auf der neuen Blu-ray).
So starteten Axxis mit «Rolling Like Thunder» und «A Little War» und
zündeten von Beginn weg ein Feuerwerk, das seine Spuren geradewegs
ins Publikum zog. Die Melodien, die Refrains und die sympathische
Art, wie die Tracks vorgeführt wurden, waren der direkte Weg der Band
zu den Fans. Man spürte förmlich, dass diese Musik für die Musiker
mehr als nur ein "Job" ist, sondern alles mit viel Hingabe
zelebriert wurde. Ehrliche Handarbeit hätte man früher gesagt. Heute
ist es eine nicht immer an der Tagesordnung erscheinende
Herangehensweise.
Dirk Brand baute ein beachtliches Drumkit auf, auf dem er sich bei
seinem Solo nach Herzenslust austoben konnte. Sofort schnellten die
Handys in die Höhe und der solistische Ausflug des Trommlers wurde
für alle nicht Anwesenden in Bild und Ton festgehalten. Ja meine
Lieben! Eigentlich war es eine Schande, dass nur so wenige Leute im
Z7 waren. Solche Bands wie Axxis gibt es nur noch sehr selten zu
sehen. Wer sich diese Möglichkeiten nehmen lässt, den kann man
wirklich nur bedauern. Wo bekommt man noch dermassen in
konzentrierter Form tolle Musik und beste Unterhaltung geboten?
Eben! Also, das nächste Mal hoch den Arsch und ab zu Axxis!
Diejenigen, welche den Weg nach Pratteln auf sich nahmen, wurden
fürstlich belohnt. Lieder wie das Instrumental «Trash In Tibet» mit
toller Arbeit des neuen Gitarristen Matthias Degener, das vom Bass
getragene «Brother Moon» (Rob bleibt einer der druckvollsten,
agilsten und sympathischsten Four-Stringer), die Mitsinghymne
«Little Look Back», die nach wie vor unter die Haut gehende und von
MTV (Zitat Bernhard: "Kennt von euch noch jemand MTV?") gespielte
Halbballade «Stay Don't Leave Me», das lange vergessene und wieder
ausgegrabene «C'est La Vie» vom völlig untergegangenen «Matters Of
Survival»-Album und das fetzige «Save Me» haben auch heute nichts
von ihrem Charme verloren. Hier liegt aber auch das einzige Problem
begraben. Der Fünfer hat in den vergangenen dreissig Jahren dermassen
viele Hits
geschrieben,
dass einige davon auf der Strecke blieben. Die hier alle aufzuschreiben,
würde den Rahmen sprengen. In sich stimmig war das Set, weil sich
die Herren auf ihre Frühphase konzentrierten und rund 90% der Songs
von den ersten drei Alben stammten (Zitat Bernhard: "Beim zweiten
Album hat sich die Plattenfirma in riesige Unkosten gestürzt, die
Kreativität kannte keine Grenzen und wir bekamen ein rein graues
Cover!").
Von Song zu Song stieg die Stimmung und zu guter
Letzt hatten die Jungs alle Leute in den Axxis-Bann gezogen. Grundsätzlich
hatte ich keine andere Erwartung an diesen Abend, denn die Herren
enttäuschten mich noch NIE! So verliessen die Anwesenden glücklich
und mit einem breiten Grinsen die Konzerthalle, und manchem summte
noch der eine oder andere Track in den Ohren oder die Refrains
geisterten noch in den Gedankenstuben herum. Wer mit einem solchen Elan, einem
solchen Feuer und Power sowie mit dermassen Hummeln im Arsch noch
immer auf die Bühne geht und ohne Ende begeistert, hat noch lange
seine Daseinsberechtigung. Danke für einen mehr als nur
unterhaltsamen Abend, und hoffen wir, dass Bernhard, Matthias, Rob,
Dirk und Harry (ohne sein Beisein wären Axxis undenkbar!) uns noch lange
mit ihren Songs erfreuen und das Leben eine Spur leichter
machen.
Setliste: «Rolling Like Thunder», «A Little
War», «Brother Moon», «Love Is Like An Ocean», «Stay Don't Leave
Me», «C'est La Vie», «Save Me», «Drum Solo Dirk Brand», «Trash In
Tibet», «Ships Are Sailing (Acoustic)», «Touch The Rainbow
(Acoustic)», «Face To Face», «Young Souls», «Kings Made Of Steel»,
«Little Look Back» - «Fire And Ice», «Living In A World» - «Kingdom
Of The Night»
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