Livereview: Blackburn
31. Oktober 2000, Mehrzweckhalle Horheim (D)
By Chris C.
 

Ein weiterer Blackburn Gig war angesagt. Da niemand mitkommen wollte, machte ich mich, ausgerüstet mit der Wegbeschreibung des Veranstalters, alleine auf den Weg, Richtung Germany. In Horheim angekommen, fand ich schnell eine Mehrzweckhalle, davor ein Schild „Halloweenparty" und Duzende Teenies. Na, das kann’s ja nicht sein, dachte ich, schliesslich geht’s zu einem Rockkonzert. Weit gefehlt, ich war richtig. Es blieb mir nichts anderes übrig, als mich vor der Kasse anzustellen. Zum Glück traf ich Chrigi, den Gitarristen, der mir gleich einen V.I.P.-Pass zusteckte und ich konnte das mühsame Warten zwischen den Teenies umgehen. In der Halle war eine Party im gang, in deren Verlauf sich all die 16-jährigen vollaufen liessen und die nichts mit Halloween und schon gar nicht mit Rock’N’Roll zu tun hatte...! Chrigi nahm mich gleich mit Backstage, wo ich die anderen Bandmitglieder begrüsste und mit Cola und Jack Daniels versorgt wurde.

Da der Bassist der ersten Band von der Bühne stürzte und der Gig unterbrochen werden musste, wusste zunächst niemand, wann nun Blackburn loslegen konnten. Trotzdem begannen sich die Musiker vorzubereiten und ich wurde Zeuge ganz interessanter Szenen, die dem normalen „nicht Musiker" üblicherweise verborgen bleiben. Da wurde ein Stimmgerät herumgereicht, ein zweites liess sich nicht finden, Alltagsklamotten wurden gegen Bühnenklamotten getauscht, Haare wurden mit Spray in Form gebracht und Make Up wurde ausgebessert (natürlich die beiden weiblichen Bandmitglieder), es wurden Stretchübungen gemacht (Andy) und Hände gelockert (Lesi), eingespielt (Gitarren und Bass) und zwischendurch mal wieder gesungen (Gaby, Corinne und Andy), ab und zu gescherzt und letzte Absprachen getroffen. Langsam machte sich eine leichte Nervosität bemerkbar, was nur sympathisch wirkte, denn schliesslich ist jedes Konzert wieder etwas neues und einmaliges!

Endlich wurde das O.K. gegeben und Blackburn konnten loslegen. Es ertönt das Intro zu „Fire", gleich ein eigener Song. Ein toller Opener, der es in sich hat. Ein Song mit Hymnen-Charakter, ein Refrain den man nach dem ersten Mal hören einfach mitsingen muss. Dieser Song hat Hit-Potential und der Vergleich zu den älteren Hits von Doro drängt sich fast auf. Nicht nur weil Blackburn mit „All we are" einen Doro-Song covern (dazu aber später), sondern auch weil Gaby mit ihrer sensationellen Stimme und ihrer tollen Ausstrahlung locker mit Doro konkurrieren kann. Weiter ging es gleich mit dem zweiten eigenem Song, „Just one night", ebenfalls sehr eingängig und zum mitsingen animierend.

Dann folgten die ersten beiden Cover-Songs, die Metal-Klassiker „Solid ball of rock" von Saxon und „Breaking the law" von Judas Priest. Spätestens jetzt sollte die Stimmung einen ersten Höhepunkt erreicht haben, aber dem war nicht so. Ein Blick hinter mich ins Publikum bestätigte, was ich von Anfang an erwartet hatte. Die Leute standen nur uninteressiert herum oder quatschten miteinander. Ausser zwei Besoffenen, die vor der Bühne herum torkelten (oder sollte das tanzen sein?), zwei Mädchen, die später aber auch zum Drum-Solo tanzten?? und mir schien die Band niemand wirklich zu interessieren. Es fehlte einfach jegliches Verständnis für Rock’N’Roll! Tragisch, denn Blackburn spielten hervorragend und absolut professionell, und da die Sound-Qualität stimmte, hätte es eigentlich ein toller Gig sein sollen.

Trotzdem spielte die Band unbeirrt weiter. Es folge ein weitere eigener Song „Angels call", der das hohe Niveau der ersten beiden problemlos halten kann. Jetzt kam wieder ein Block cover Songs: „Fight for your right" von den Beastie Boys, „Proud Mary" von CCR und „Cat scratch fever" von Ted Nugent. Als letzter eigener Song folgte „Wake me", eine Ballade, bei der Andy von der elektrischen zur akustischen Gitarre wechselt. Auch bei diesem Song ist der herausragende Gesang von Gaby unbedingt zu erwähnen! „TNT" von AC/DC war der nächste Song. Gaby versuchte nochmals das Publikum anzuheizen und zum mitsingen zu bewegen. Aber selbst diesen Song schienen die Teenies nicht zu kennen und auch dieser Versuch die Stimmung anzuheben war zum scheitern verurteilt. Nahtlos der Übergang zu Lesi’s Drum-Solo. Oft werden Drum-Solos so in die Länge gezogen, dass sie für „nicht Drumer" schlicht langweilig sind, nicht so Lesi, er spielte nur ein kurzes, dafür heftiges Solo. Weiter ging es mit „All we are", wie schon erwähnt das Doro Cover, und der letzte Song des regulären Sets. Wenn jemand prädestiniert ist, diesen Song zu covern, dann Gaby, ein Highlight jedes Blackburn Konzerts! Die Band verliess unter vereinzeltem Applaus die Bühne. Verständlich, dass unter diesen Umständen auf die Zugaben verzichtet wurde.

Zurück im Backstage-Raum wurde mir erzählt, dass sie noch nie vor einem mieseren Publikum gespielt hätten und alle waren Chrigi’s Meinung, dass es mehr Spass macht vor 20 tollen Leuten zu spielen, als vor 500 Langweiligen! Ich jedenfalls gratulierte zu einem einwandfreien Gig und erklärte, dass ich noch nie das Gefühl hatte, dass eine Band nur für mich gespielt hätte! Nach soviel Lob, bedarf es schon noch einer genaueren Erklärung, was denn nun so toll ist, an dieser Band. Blackburn haben den Rock’N’Roll definitiv nicht neu erfunden. Das ist aber auch gar nicht nötig, weil sie auf so eine erfrischende und solide Art spielen, dass es falsch währe, den Sound durch, zum Beispiel, Keyboards oder progressivere Gitarren zu modernisieren. Ein weiterer Punkt ist das hervorragende Songwritting. Ihre eigenen Songs stehen in nichts den gecoverten nach, im Gegenteil, für mich sind diese vier Songs die Besten des ganzen Sets.

Zuletzt muss ich nochmals den grossartigen Lead-Gesang erwähnen, diese tolle Stimme, die der Band ihre eigene Identität verleiht., ist ein offensichtlicher Unterschied zu anderen Bands. Dazu kommt die aussergewöhnliche Kombination zwischen weiblichen Leadvocals und weiblichen und männlichen Backgroundvocals, einfach grossartig. Aber überzeugt euch doch selbst, an einem der nächsten Blackburn Gigs. Die Daten findet ihr unter „Concerts" oder schaut euch die Blackburn Homepage an, der Link ist selbstverständlich auf unserer „CH Bands" Seite zu finden.