Sieben mehr oder weniger fette Bands zu einem sensationell
niedrigen Eintrittspreis, da könnten sich eine Menge Veranstalter
von eine Scheibe abschneiden - Für so ein Package nimmt unsereins
die 1.75 Stunden-Anfahrt gerne hinter sich. Dass das Transilvania
sich letzthin vermehrt um Acts dieser Sparte Extrem-Mucke bemüht,
offenbart dabei weit mehr als nur den soliden Zuwachs an Besuchern -
Scheinbar scheinen die Konditionen zu stimmen, immerhin sind The
Black Dahlia Murder nun bereits zum zweiten Mal in dieser Location
zu Gast. Bei unserem Eintreffen mussten wir dann zuerst mal
feststellen, dass Ingested schon über die Bühne gebrettert waren -
Ein Umstand, den solch rappelvolle Tour-Packages halt einfach mit
sich bringen.
Carnifex
Als nächstes im Billing waren dann auch schon die amerikanischen
Überflieger von Carnifex vorgesehen, die rotierenden Band-Slots
wirkten hier dem Publikumsinteresse klar entgegen. Aufgrund der
ziemlich knappen Spielzeit von 20 (!) Minuten liess die Band die
langen Ansprachen auch gleich stecken, und machte statt dessen Nägel
mit Köpfen - Ein Umstand, dem aber beinahe sämtliche Acts dieses
Abends Rechnung trugen. Trotz der optimalen Ausnützung der Spielzeit
kamen Carnifex so lediglich auf total vier Songs, wobei nebst dem
Titeltrack der kommenden Studioscheibe «Hell Chose Me» klar auf
Klassiker gebaut wurde - Allen voran natürlich «Lie To My Face»,
wieder mit dem wunderbaren «What The Fuck?»-Breakdown. Die Band
versuchte dabei das beste aus der Situation zu machen, und die Wucht
rettete die arg kurze Show dann auch klar ins positive Lager.
Überraschend gross dabei auch der mitsingende Teil des Publikums,
hätte ich jetzt so nicht erwartet - Dass sich die Leute dabei gleich
als Downloader der neuen noch unveröffentlichten Platte outeten,
schien niemanden gestört zu haben.
The Faceless
Nach einer rasanten Umbaupause lag es dann an The Faceless, das
Publikum für sich zu gewinnen. Dass die bis jetzt anwesende Meute im
Durchschnitt wohl um die 18 Jahre jung war, liess dabei die
Voraussetzungen für den Frickel-Death des Quintetts nicht all zu
rosig aussehen - Aber den Umständen zum Trotz kam die Band wirklich
gut an, was man vor allem der Tightness der jungen Musiker anrechnen
kann: The Faceless konnten trotz des technisch wohl am
anspruchsvollsten Sets des ganzen Abends in Sachen Präzision auch in
den oberen Rängen mitspielen, was dem Publikum klar die Frisuren
nach hinten bürstete - Fetter Stoff, muss man schon sagen. Dass ob
all der musikalischen Brillianz, die in ruhigen Momenten übrigens
sehr an Cynic erinnert, der Mitmach-Faktor etwas zu kurz kommt,
versteht sich selbstredend, alleine Fronter Derek 'Demon Carcass'
Rydquist und Gitarrist Steve Jones brachten etwas Bewegung in die
Sache. Dabei ist das allerdings wirklich der einzige negative Punkt,
der bei der Bewertung dieser Formation ins Gewicht fällt, mir hatte
die Band klar die Socken ausgezogen – Und das mittlerweile auf wohl
gut 250 Nasen angewachsene Publikum schien einer ähnlichen Meinung
zu sein.
Obscura
Dass Obscura somit einen schwierigen Start hätten, liess sich mehr
als nur vermuten - Zumal die Band wohl den wenigsten Besuchern ein
Begriff war. Was kurz darauf folgte, war aber eine erneute
Überraschung: Die deutsch-stämmige Formation um Frontmann/Gitarrist
Steffen Kummerer konnte nicht nur das technische Niveau von The
Faceless halten, sondern versetzten der Mucke eine ordentliche Prise
Dunkelheit – Was das anspruchsvolle Gebräu leicht in Richtung
Behemoth und Konsorten wandern liess, wären da nicht die
offensichtliche progressiven Anstriche gewesen… Allen voran
Leihbasser Jeroen Paul Thesseling gab mit seinem Fretless-Instrument
die Richtlinie an, und verpasste der Musik einige gekonnt aus dem
Ärmel geschüttelte Fusion-Momente. Progressiver Death Metal für
Feinschmecker, würde ich mal meinen. Auch schön waren die in deutsch
gehaltenen Ansagen - Erst hier wurde mir bewusst, wie selten eine
wirklich solide europäische Band normalerweise bei solchen
Tourpackages dabei ist… Und ja, das schliesst Caliban aus. Die
Reaktionen sprachen auch hier klar für die agierende Band, aber das
Publikum zeigte sich ob der Musik-Flut leicht zurückhaltend – Was
der Performance aber nichts vom Glanz nahm. Der Name ist auf jeden
Fall gemerkt, so viel steht fest.
Necrophobic
Mit Necrophobic zog kurz darauf die Düsterfraktion ins Transilvania
ein – Danach hatte es zumindest den Anschein. Das schwedische
Quintett war die einzige Formation, die die Bühne auch optisch etwas
herrichten liess: Beidseitig vor den Amps zierten
Skelett-Konstruktionen fest installierte Flaggen, Slayer schienen
hierbei Pate
gestanden zu haben. Obwohl sich die Band keine Blösse
gab, und ihre Show hübsch aufgepeppt in Corpsepaint zelebrierten, so
war dann nach der anfänglichen Befanglichkeit nicht mehr viel von
den szenetypischen Kälte am start, die Band hatte offensichtlich
eine fette Ladung Rock'n'Roll-Schrot in den Hintern gekriegt, und
zelebrierte ihre Riffs mit der nötigen Mischung aus aus Rotz und
Arschtritt-Faktor. Zwar konnte ein grosser Teil des Publikums nicht
viel mit der dargebotenen Musik anfangen, aber das war der Band
herzlich egal: Die mittlerweile auf vierzig Minuten angewachsene
Spielzeit wurde komplett mit kultigen Songs zugepappt, dass sich die
schwarzen Balken bogen. Irgendwo im letzten Drittel stampfte Fronter
Tobias noch schnell mit einer riesigen Flagge über das Parkett,
während kurz darauf der Drummer von 3 Inches Of Blood samt
Einkaufswagen über die Bühne bretterte… Der Gig erhielt trotz der
ziemlich überraschenden Direktheit nur durchschnittlichen Zuspruch,
was meiner Meinung nach definitiv nicht an der Band liegt – Zwar
kann man sich Fragen, was so eine Formation auf der Bonecrusher-Tour
verloren hat, aber im Endeffekt spielt es nun wirklich keine Rolle.
3 Inches Of Blood
Auch die folgenden 3 Inches Of Blood wollten nicht so einfach ins
ansonsten klar Death Metal–lastige Line–Up passen – Die bis anhin
einzige mehr oder weniger erfolgreiche Viking–Band aus England hatte
wohl eher von der Label-Seite her das eine oder andere Wort zu
melden. Nichtsdestotrotz nahm das Quintett die Bühne im Sturm, und
nach den ersten vier Songs stieg das Fieber auch langsam auf das
Publikum über. Auf den Punkt gespielter Thrash–Metal mit
Groove-Anleihen hat live klar potential, auch wenn's auf Platte
schnell mal uninteressant werden kann. Dabei passten auch hier die
Musiker visuell perfekt zu ihrem dargebotenen Sound, während dem 3
Inches Of Blood-Gig regierten klar Jeans und Nieten das Geschehen.
Fronter Cam Pipes richtete zwar einige Male das Wort an das
mittlerweile gemütlich geniessende Publikum, ansonsten wurde aber
geballert, was die Instrumente hergaben. Während irgendwo nach dem
ersten Drittel des Sets die Bass-Drum beinahe komplett im Mix
unterging, ballerten uns dafür die beiden Klampfer ihre heissen
Riffs und Licks in die Gehörgänge – Und das publikum reagierte
zunehmend positiv auf die Band. Ich müsste an dieser Stelle noch
kurz anfügen, dass die Band klar über den schlechtesten Sound des
ansonsten überraschenderweise von Anfang an solide klingenden Abends
verfügte - Dass zudem Cam's kabelloses Mik zwischendurch den Geist
aufgab, war da nur noch das Tüpfchelchen auf dem I. In so einer
Situation hätte jede technische Band extremst abgestunken, aber 3
Inches Of Blood hatten trotz den soundtechnischen Widrigkeiten klar
die alte Schule auf ihrer Seite: 'Kopf voran in die Schlacht und
keine Gefangenen machen' funktionierte glücklicherweise auch 2010
noch äusserst gut.
The Black Dahlia Murder
The Black Dahlia Murder schliesslich feierten mit diesem Gig auch
gleich wie eingangs erwähnt ihre Rückkehr ins Transilvania - War die
letzte Show aber noch von geringem Publikumsaufmarsch beglückt
worden, so hat sich dies dank dem fetten Line-Up der
Bonecrusher-Tour klar gebessert: So um die 400 Nasen werden dem
knapp 60-Minütigen Konzert gelauscht haben. Was die Performance
anging, so sind TBDM mittlerweile ein zu eingespieltes Team, als
dass da noch grosse Überraschungen auf die Konzertgänger zukommen
könnten: Während Drummer Shannon Lucas äusserst Tight durch's
Programm hämmerte, und sich alle drei Saitenmalträtierer auf ihre
Instrumente und die Backingvocals konzentrierten, war es erneut
Frontmann Trevor Strnad, der
die Zügel der Show in den Händen hielt.
Bereits beim vierten Song war sein Shirt klatschnass geschwitzt und
landete auf dem Drumriser, während er pausenlos an vorderster Front
wild gestikulierte, das Publikum motivierte, breit grinste, und
natürlich nicht zu letzt seine Texte ins Mikro bellte (Randnotiz:
Ich kann mir einfach nicht erklären, wie's der Gute bei all der
Bewegung und Hingabe nach wie vor nicht geschafft hat, seinen
durchaus üppigen Bauch abzuschwitzen – sowas müsste physikalisch
betrachtet eigentlich wie von selbst passieren). Aus dem
songtechnischen Blinckwickel betrachtet, hatten TBDM mit «Deflorate»
mittlerweile eine neue Platte am Start, und konnte so gleich mit
Songs wie «Black Valor», «Necropolis», und «Christ Deformed» punkten
- Natürlich mit Zitaten aus sätmlichen vorhergehenden Schieben, wie
etwa «A Vulgar Picture» von «Miasma», «Closed Casket Requiem» von «Unhallowed»,
und «What A Horrible Night To Have A Curse Upon Us» von «Nocturnal»
punkten. Richtig fett kam dabei das Doppelpaket «Miasma» und «Deathmask
Divine» daher, wuchtiger habe ich TBDM selten erlebt. Das Publikum
schien indes am Dargebotenen zwar äusserst interessiert, aber leider
auch bereits an den letzten Reserven zehrend zu sein, was den
'Physikalisch Mitmach'-Faktor anging. So wurden zwar vereinzelt die
Haare geschwungen und etwas rumgeschubst, aber der Pit kochte
ansonsten im Schnitt auf Sparflamme. Spätestens hier hatte ich ein
starkes Déjà-Vu: Fronter Trevor lobte die Publikums-Reaktionen,
hatte aber gleichzeitig die Brille schon längst auf dem Drum-Riser
abgelegt… Ich behaupte nach wie vor, dass der gute ohne Sehhilfe
mindestens so blind wie ein Maulwurf durchs Leben stapft – Was aber
in keinster Weise als zur Konzertkritik relevant verstanden werden
sollte! Knapp sechzig Minuten nach dem Showstart verabschiedeten
sich The Black Dahlia Murder zu guter letzt mit einem fetten «I Will
Return», und unterstrichen dabei ein letzes Mal erneut ihren Status
innerhalb der Szene: Obwohl die Band rein Songwriterisch gesehen in
letzter Zeit etwas abgegeben hat, verpasst sie live nach wie vor
gerne und regelmässig dem Publikum die volle Breitseite – Und das so
intensiv, dass ich ihnen auch den etwas repetitiven Gesamteindruck
verzeihe.
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