Aus Thin Lizzy wurden die Black Star Riders in der Besetzung
Ricky Warwick (Gesang, Gitarre), Scott Gorham (Gitarre), Damon
Johnson (Gitarre), Robbie Crane (Bass) und Jimmy DeGrasso
(Schlagzeug). Und trotzdem lebt das musikalische Erbe von Thin Lizzy
in BSR weiter, vielleicht sogar einen Tick traditioneller als am
Schluss von Thin Lizzy, als John Sykes die Band in eine
metallischere Richtung zu treiben versuchte. Die «neue» Band um Scott überzeugt
aber nicht nur auf den beiden bisherigen Alben «All Hell Breaks
Loose» und «The Killer Instinct», sondern auch mit ihrer
Bühnendarbietung. Die fünf Musiker sind gestandene Meister ihres
Fachs und mit Ricky haben BSR einen Shouter in ihren Reihen, der
die Seele der Songs in sich vereinigt hat. Hört man die Lieder von
BSR und Thin Lizzy wird schnell klar, woher all die neuen,
erfolgreichen Folk-Bands ihre Einflüsse haben. Wie so oft im Leben,
können nicht die Bands die Lorbeeren einsammeln, welche sie säten,
sondern oft die, welche sich durch Musikklau bereicherten. Anders kann ich es
mir nicht erklären, warum an diesem Donnerstagabend so wenig Leute
das Z7 besuchten. Diejenigen, welche jedoch gekommen waren, erlebten auf jeden Fall ein
Hammer-Konzert!
The Weyers Bevor der Fünfer auf die Bühne stieg,
stand das Zürcher Duo The Weyers auf der Stage. Ein Trommler, der auf
einem transparenten Drum spielt und ein singender Gitarrist mit Hut
waren zu sehen. Das Brüderpaar Luke und Adrian Weyermann liess das
Publikum schnell wissen, dass sie schon lange mit den Black Star Riders
unterwegs und «…geschockt sind, was am 13. November in Paris
passierte. Die Musik darf nicht verstummen, darum habe man sich dazu
entschieden, nicht wie andere Truppen an diesem Abend, trotzdem
aufzutreten, denn Rock' n Roll is still alive!». Die Musik, die uns
die Beiden servierten, war eine Mischung aus Rock, Blues, Pop und
abgespacten Sounds, die alle ihre Roots in den 70er-Jahren
hatten. Irgendwie schien dies auch das Publikum zu teilen. Die einen
waren sofort Feuer und Flamme für das Duo, während die anderen
sich nicht so richtig erwärmen konnten. Es war skurril wie schräg
und irgendwie interessant, was das Duo ablieferte. Was den Beiden
aber sicherlich fehlt, war die Bühnenaction, denn der Trommler sass
fest hinter seinen Schlagzeug und der Gitarrist
mehr
oder weniger hinter seinem Mikrofon. Die Stimmung, welche The Weyers
vermittelten, war ein Gemisch aus Hoffnung, Wut, Schmerz, Trauer und
Liebe. Die Jungs in einem kleinen rauchigen Club zu erleben, kann
durchaus ein Erlebnis sein. Auf der grossen Bühne im Z7 ging diese
Möglichkeit allerdings unter. Ganz ehrlich, auch wenn die Songs ihre
Reize hatten, eine richtig rockige Band wie Thunder, The Treatment
oder Million Dollar Reload im Vorprogramm von Black Star Riders
hätten die Meute besser auf den Headliner eingestellt…
Black Star Riders
So blieb es dann BSR vorbehalten, den Abend zu etwas ganz Besonderem
zu machen. Von Beginn weg zog Ricky die Besucher in seinen Bann. Der
ehemalige The Almighty-Sänger hat nichts von seiner ansteckenden
Bühnenpräsentation, mal wild-aggressiv, dann verspielt-kollegial,
verloren. Der an beiden Armen tätowierte Nordire erinnerte mit
seiner tiefen, markanten Stimme immer wieder an den Thin
Lizzy-Gründer Phil Lynott. Tja, Thin Lizzy waren die Erfinder des
Doppelgitarrensolos. Wo sich früher Scott (Godfather of double
leads) und Gary Moore, John Sykes oder Brian Robertson duellierten,
gaben sich heute bei BSR Damon und Scott die Ehre. Dies auf eine
wundervolle, perfekt abgestimmte Art und Weise, wie sie kaum zu
toppen ist. Die Beiden spornen sich zu immer noch besseren
Höchstleistungen an. Dabei überlässt Scott gerne das Feld seinem
Sidekick, der sich allerdings nicht hinter Mister Gorham zu verstecken braucht.
Robbie, der schon bei Ratt, Vince Neil und Lynch Mob in die dicken
vier Saiten griff, ist der typische L.A.-Posergott. Mit einem
verschmitzten Lächeln verkörpert er, zusammen mit Jimmy, die treibende
Rhythmusmaschine. Auch wenn Robbie etwas im Hintergrund steht und
nur zu seinen Backingvocals ans Mikrofon kommt, ist er eine ganz
wichtige Person im Gefüge der Black Star Riders. Mister DeGrasso
hämmerte einen Grundbeat in die Halle, wie man dies von seinen
seligen Y&T- und Megadeth-Zeiten her kennt. Alleine er ist schon ein
Ohrenschmaus mit seiner filigranen Technik.
Die Setliste bestand zu je 1/3 aus Songs der beiden BSR-Alben und
Lizzy-Tracks. Dass «Are You Ready?», «Waiting For An Alibi»,
«Rosalie», «The Boys Are Back In Town» oder «Jailbreak» gewaltig Arsch
traten, war klar. Aber auch die Black Star Riders-Tracks integrierten
sich problemlos in das Set. Ob dies «Hey Judas» war mit Ricky an der
Akustik-Gitarre, das verspielte «Kingdom Of The Lost» oder das
fetzige «The Killer Instinct». Bei allen Tracks schwang eine
gediegene Portion irische Folk-Music mit. Genau dies macht die
Truppe zu den wahren Erben von Thin Lizzy, denn mit dieser
Schwermütigkeit und Hoffnung in den Songs sind Black Star Riders
etwas ganz Einzigartiges. Dass dabei der Spassfaktor nicht zu kurz
kommt, ist klar, und dies nicht nur weil Ricky seine Mitmusiker
vorstellte: «Brothers and sisters, from Hollywood California, the
one and only Robbie Crane!» Es war dieser rauchige, irische
Pub-Charme, welcher speziell von Mister Warwick versprüht wurde und der
dann gerne mal in einem Dreier-Gitarren-Solo («Waiting For An
Alibi») endete, oder bei «Hoodoo Voodoo» mit einem fetten Bassgroove
und traumhaften Doppelsolos sowei in einer wahrlich fantastischen
Hymne wie «All Hell Breaks Loose» gipfelte. Wenn man einen
Schwachpunkt sucht, dann höchstens diesen, dass «Cold Sweat» und «Don't
Believe A Word» nicht gespielt wurden. Das sind dann aber auch die
einzigen Minuspunkte der sonst wahrlich fantastischen Vorführung.
Zumindest gingen diese Punkte spätestens dann vergessen, wenn alle
Vier am Schluss von «The Boys Are Back In Town» am Bühnenrand posten.
Hymnen wie «Bound For Glory» und «Finest Hour», die locker
zum Mitsingen einladen, werden nur von Göttern geschrieben, die auch
die ruhigen Momente mit «Blindsided» völlig gekonnt ins Z7 brachten.
Hier ragten speziell der Gesang von Ricky und das unter die Haut
gehenden Solo von Damon heraus, die allen eine warme Gänsehaut
besorgten. «Are you feeling all right?» Was für eine Frage! Die
meisten Zuschauer waren schon jetzt völlig verschwitzt vom Tanzen,
Schreien oder Bangen. Den Schlusspunkt setzten die beiden Thin
Lizzy-Songs «Rosalie» und «Whiskey In The Jar». Tja ihr Lieben da
draussen, hier wurde allen Metallicas der Welt gezeigt, wie man
diesen Song spielt, mit vielen Emotionen nämlich! Nach neunzig Minuten und ohne
Zugaben verabschiedete sich der Fünfer von einem völlig begeisterten
Publikum. Wenn selbst Fotografen, die in der Regel nach drei Songs
das Weite suchen, sich das komplette Konzert ansehen, dann muss an
diesem Abend etwas Spezielles vollbracht worden sein. Die Black Star
Riders zockten einen unter die Haut gehenden Gig, spielten
songdienlich, trumpften als Band gross auf und schrieben an diesem
Abend Rock-Geschichte im Z7!
Setliste: «Bloodshot» - «Jailbreak» -
«Soldierstown» - «Charlie I Gotta Go» - «Are You Ready?» - «Hey Judas» -
«Through The Motions» - «Waiting For An Alibi» - «Hoodoo Voodoo» -
«All Hell Breaks Loose» - «The Boys Are Back In Town» - «Bound For Glory» -
«Blindsided» - «Kingdom Of The Lost» - «Finest Hour» - «Emerald» -
«The Killer Instinct» - «Rosalie» - «Whiskey In The Jar».
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