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 Black Veil Brides - Fearless Vampire Killers - Like A Storm

22. März 2015, Solothurn – Kofmehl
By Tinu
 
Ich hatte die Jungs von Black Veil Brides als coole Söhne von Mötley Crüe in Erinnerung. Überraschten und überzeugten mich die Musiker doch mit ihrem 2011-Werk «Set The World On Fire» als den legitimen Nachfolger eines Meisterwerks wie «Shout At The Devil». Songs wie «Fallen Angels», «Rebel Love Song» und «The Legacy» besassen diese Unbekümmertheit, diese rohe Frische und diese «kick ass» Attitüde, wie damals der wilde Crüe-Haufen. Black Veil Brides hätten in meinen Augen etwas ganz Grosses werden können, hätte sie diesen musikalischen Weg konsequent weiter verfolgt. Sie wurden zu etwas Grossem, auch wenn der Fünfer um Sänger Andy Biersack sich immer mehr einer moderneren Richtung zuwandte. Speziell, und dies wurde an diesem Sonntagabend in Solothurn deutlich, die jungen Mädchen fallen reihenweise in Ohnmacht und schmachten willenlos den nackten Oberkörpern der Bandmitgliedern zu. Du meine Güte, wo bin ich da nur gelandet?!

Als ich auf den Parkplatz des Kofmehls einbog, erwartete mich am Eingang eine lange Warteschlange. Das Schöne daran war, dass ich locker über alle Köpfe sah, das etwas Speziellere, dass ich den Altersdurchschnitt (von 16 Jahren) mal kurz in die Höhe rückte. Dadurch, dass gefühlte 95 % der Besucher weiblich waren und sich die restlichen männlichen 5 % aus «ich-bin-der-Freund-dieses-Girl-und-muss-verdammt-nochmals-aufpassen-dass-die-mir-nicht-mit-dem-Sänger-durchbrennt»-Besucher (4 %) und «ich-fand-früher-Mötley-Crüe-verdammt-gut»-Fans (1 %) bestand, erinnerte Vieles an die gute alte Beatles-Manie oder an den ersten Auftritt von Mötley Crüe 1984 in der St. Jakobs Arena als Support von Iron Maiden. Thema: «Was würdest du alles tun, um The Crüe treffen zu können?». Anyway, der Kreischpegel der Pubertierenden und teils auch älteren Frauen knallte jeder Dezibel-Messanlage den Pegel raus. Unglaublich, die letzte dieser Kreischattacken erlebte ich bei The 69 Eyes, aber im Vergleich zu dem hier war dies ein kleiner Pups. Das fast ausverkaufte Kofmehl tat gut daran die Amis nach Solothurn zu holen, denn eins kann ich jetzt schon vorweg nehmen. Hätte Andy auch nur während dem etwas mehr als 60 Minuten dauernden Vorstellen einen Furz abgelassen, Schlagzeuger Christian Coma einmal sein Propeller-Headbanging gezeigt, Bassist Ashley Purdy mit seinem Arsch gewackelt und die beiden Gitarristen Jake Pitts und Jeremy «Jinxx» Ferguson sich die Haare zurecht gerückt, die spitzen Schreie wären nie verstummt, es hätte genau so viele Teenies gegeben, die man aus der Masse heben musste zwecks Kollaboration, und die Feuchtigkeit der schwarzen Unterwäsche wäre für den tropischen Regenwald eine grosse Konkurrenz gewesen.

Like A Storm
Doch bevor die Amerikaner die Bühne bestiegen stand der Vierer von Like A Storm auf der Bühne. Die Neuseeländer um das Gebrüder-Trio Chris, Matt und Kent Brooks rockten die Bühne, auch wenn die Songs auswechselbar sind. Aber die Tracks wurden mit einem unglaublichen Charme und einer packenden Performance vorgestellt. Das Fan-Geschrei wurde schon mal auf Betriebstemperatur gebracht und die ersten wilden Fan-Attacken der holden Weiblichkeit – man sah NUR Girls in den ersten Reihen! – unterstützten das Quartett bei ihren 25 Minuten Spielzeit. Der Sound war modern, erinnert an eine rockigere Version von Alter Bridge und musste mit minimalen Platzverhältnissen auf der Bühne dargeboten werden. Der Weg von links nach rechts, bei dem man vor dem Schlagzeug durchlaufen musste, wurde zum Spiessrutenlauf und es war ein kleines Wunder, dass Sänger Chris nicht in den Fotograben flog. Bewaffnet mit Didgeridoo und Slide-Gitarre wurde für Abwechslung gesorgt und durch die spitzbübische Art von Chris erinnerte mich der Shouter immer wieder an Andy B. Franck von Brainstorm. Nicht musikalisch, sondern von der «guten Laune» her, welche der Neuseeländer verbreitete. Nach der Show standen die Jungs noch bis spät am Abend den Fans am Merchandisingstand für Fotos und Smalltalk zur Verfügung!


Fearless Vampire Killers
Nach Like A Storm betraten die Engländer von Fearless Vampire Killers die Stage. Die Alternative-Truppe, mit einem Hauch aus dem Punk und einer fetten Seite Melancholie, wurden ebenso abgefeiert wie Like A Storm. Wieso, weiss wohl niemand so recht, aber wenn man schon in der Stimmung ist und die Hormone dermassen verrückt spielen, dann kann man auch eine Combo wie Fearless Vampire Killers abfeiern. Die Herren hätten tatsächlich aus einem Vampir-Filme entsprungen sein können. Und wie es sich für loyale Vampir-Fans gehört, hingen die verzückten Weibchen, den Musikern mit blutunterlaufenen Augen an den Lippen. Konnten mich Like A Storm noch mit ihrer Musik zufrieden stellen, entpuppte sich der Sound der Briten als zu austauschbar. Ein bisschen Rock hier, ein bisschen Punk da und ganz viel Melancholie von H.I.M. reichen in der heutigen Zeit nur noch für die Leser der Bravo. Bangt man sich auf der Bühne bei einem Lied wie «Unbreakable Hearts» die Rübe von den Schultern, stellt sich die Frage, wo die tiefgehenden, herzerschütternden Gefühle geblieben sind. Trotzdem, die Teenies hatten ihre Freude und kreischten den Londonern zu.


Black Veil Brides
Mit einer fantastischen Lichtshow, einem erhöhten Drumpodest, ja es wurde plötzlich geräumiger auf der Bühne (!), und einem aus Gitterstäben bestehenden Laufsteg an vorderster Bühnenfront, durch welchen immer wieder viel Rauch geblasen wurde, betraten die Verantwortlichen für nasse Tangas, Nerven-zusammenbrüche und wildes Geschrei die Stage, um für die nächste, etwas mehr als 60 Minuten dauernde Spielzeit das Kofmehl zum Beben zu bringen. Die beiden Gitarristen stellten sich rasch als bewegungsfreudige Bühnencracks heraus, die das musikalische Rückgrat der Truppe sind. Was Jake und Jeremy an ihren Werkzeugen ablieferten, war schlicht und ergreifend der Brüller! Die Doppel-Soli packten die Besucher an den Eiern (okay nur den männlichen!) und sorgten für gute Laune. Selbst als "Jinxx" mit einer Violine die Bühne betrat («Shadows Die»), sah dies einfach nur fantastisch und nicht banal aus! Bassist Ashley war derweilen der Aktivposten neben Andy. Wackelte er mit seinem Arsch, riss er seine weiblichen Fans in einem erotischen Abgrund voll wilder Fantasien. Streckten ihm seine devoten Ladies ihre Finger entgegen, leckte er genüsslich an denen mit dem Bewusstsein, dass diese Stellen in den nächsten Jahren kaum mehr Wasser und Seife sehen würden. Trommler Christian drosch auf sein Instrument ein, wie Tommy Lee von Mötley Crüe. Die Propeller drehenden Drumsticks wurden sicherlich weniger exzessiv eingesetzt, aber es machte Spass CC zuzusehen. Einzig nervend war der getriggerte Drumsound, bei dem die Bassdrum alles andere wegdrückte. Tja und in der Mitte stand die Diva in Person: Andy Biersack. Entpuppte sich der 25-jährige Shouter zuerst als unzufriedene, missmutige und viel zu überhebliche Diva, änderte sich dies mit zunehmender Spieldauer. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht und viel Freude in den Backen erstrahlte der Shouter viel freundlicher und nahbarer. Mister Biersack ist grundsätzlich mit einer verdammt geilen Stimme gesegnet. Wieso der Gute dann immer wieder mit kreischenden Screams und Growls den Liedern das Flair rauben musste, bleibt wohl ein trendig, gut behütetes Geheimnis!

Werft ihr ein paar hungrigen Löwen, die in den letzten vier Wochen nichts gegessen haben, ein Stück Fleisch zu, wisst ihr was passiert. Das Gleiche trifft auch zu, wenn Andy sein Gesicht und seinen Achselschweiss mit einem Badetuch abwischt und dieses darauf den weiblichen Fans zuwirft. Zudem beherrscht der Ohioaner den «ich-greif-mir-in-die-Eier-Michael-Jackson-Gedächtnis-Klemmer». Er ist ein Showman. Einer der weiss, wie er seine Anhängerinnen in Ekstase versetzen kann. Einer, der mit einem Lächeln die Hoffnung auf eine sextriefende Nacht erweckte und einer der mit versteinerter Miene alle Weiblein zu seinen Sklavinnen macht. Dabei jonglierte er mit seinem Mikrofon und bestach durch eine sehr professionelle Darbietung. Frei nach dem Motto: «Black is beautiful!», und dies von den hochtoupierten Haaren, über die knappe Reizwäsche bis hin zu den Schuhsohlen. Musikalisch baute sich die Show von Song zu Song auf. Allerdings ist die Mötley Crüe-Coverversion von «Kickstart My Heart» ein kleiner Stimmungsbrecher, die aber gekonnt von «Rebel Love Song» überbrückt wurde. Zum Glück wechselten die Herren vor den Soloparts den Song, denn von der Coolness des Gespanns Sixx/Neil/Mars/Lee sind Black Veil Brides noch weit entfernt. Mit dem letzten Track der offiziellen Setliste «Fallen Angels» räumten die Jungs jedoch gewaltig ab und die hohen Chorgesänge der weiblichen Anhänger erreichten einen Gläser zerbrechenden Stand. Mit lauten «Black Veil Brides»-Rufen und dem Beifall aller Anwesenden, die einen, weil sie mehr wollten (Weib) und die anderen in der Hoffnung, dass alles fertig sei (Buben), wurden die Fünf auf die Bühne zurück geholt, damit beim abschliessenden «In The End» nochmals sämtliche Reserven hervor gerufen und alle Dämme zum Brechen gebracht wurden. Tja BVB rockten ohne Ende, bringen eigentlich nichts Neues, aber das, was die Amis bieten, wird mit Hingabe und viel Rock zelebriert!

Einer Frage muss sich der Fünfer aber stellen. Was, WAS, wenn ihre Teenie-Girls erwachsen werden und sich anderer Musik zuwenden, was im heutigen Zeitalter von YouTube sehr wahrscheinlich ist?! Rücken andere Fans nach oder verschwindet der Hype um diese Jungs wieder? Was grundsätzlich schade wäre, denn die Songs können sich hören lassen. Musikalisch ist das klasse und gibt auf der Bühne Einiges her. Das nächste Mal aber bitte mit einer Headliner-Show würdigen Spielzeit! An das Tinnitus verursachende Gekreisch gewöhnt man sich mit der Zeit…

Setliste: «Heart Of Fire» - «I Am Bulletproof» - «Coffin» - «Faithless» - «Let You Down» - «Wretched And Divine» - «Knives And Pens» - «Overture» - «Shadows Die» - «Kickstart My Heart (Cover Mötley Crüe)/Last Rites» - «Drum Solo Christian CC Coma» - «The Legacy» - «Sweet Blasphemy» - «Fallen Angels» - «In The End».