«The Man Who Would Not Die», so lautet der Titel der im letzten
Sommer erschienenen, aktuellen Solo-Scheibe Blaze Bayleys, den
meisten wohl nur noch schemenhaft in Erinnerung als nie
befriedigender Ersatz von Bruce Dickinson bei Iron Maiden. Während
die Eisernen Jungfrauen Ende des letzten Jahrtausends in altem
Line-up wieder zu alter Hochform zurückfanden und seither jede noch
so abgelegene und noch so grosse Halle der Welt füllen, meinte es
das Schicksal mit Blaze Bayley nicht so rosig. Zwar bewies der
hyperaktive Brite sowohl mit seinem Solo-Debüt «Silicon Messiah» als
auch mit dem grossartigen «Tenth Dimension», welche kreativen Kräfte
er für Iron Maiden hatte brachliegen lassen müssen, doch bis auf
einigen Achtungserfolg und reichlich Business-Scherereien sprang für
Blaze dabei nicht allzu viel heraus. Als dann im September auch noch
seine grosse Liebe Debbie Hartland starb, dann benied wohl keiner
mehr den ehemaligen Sänger einer der grössten Metalbands überhaupt.
Blaze stand zu seinem aktuellen Albumtitel und organisierte im Zuge
dessen den ersten und neun Gigs umfassenden Teil der «Tour That
Would Not Die». Untertitel dieser Konzertreise: «Road To Z7». Auf
diesen Namen hört auch die schon im Frühling erscheinen sollende
Live-DVD, die beim finalen Gig letztes Jahr, demjenigen im Z7
Pratteln, aufgezeichnet wurde. Die beiden Support-Acts Mainpain und
Soulline blieben dabei zwar eher unspektakulär, dafür sorgten die
aus ganz Europa angereisten Blaze-Fans für gute Stimmung, auch wenn
hie und da der verständlicherweise eher düstere Gemütszustand
Bayleys durchbrach.
Soulline
Geht es in der Schweiz um Rockmusik, so vergisst man schnell mal,
dass wir auch noch einen italienischsprachigen Landesteil besitzen,
auch wenn die gitarrenlastigen Verkaufsschlager Gotthard an sich aus
dem Tessin stammen. Von hausfrauenverträglichem Rock will der
Eröffner des Abends, das Sextett Soulline, aber nichts wissen.
Schwermütiger Metal, vertrackt und abwechslungsreich in Erinnerung
an Truppen wie Sentenced wird hier zelebriert. Das stösst beim eher
traditionell ausgerichteten Publikum nicht wirklich auf Interesse
und so können auch die 20 Minuten Verspätung nicht verhindern, dass
die erst wenigen Anwesenden lieber miteinander quatschen und trinken
oder lediglich dastehen und sich die Sache etwas verwirrt anschauen.
Zu sperrig, zu unzugänglich präsentieren sich die Stücke des
Sechsers um Fronter Klod. Diesen scheint das jedoch nicht wirklich
zu stören und so watschelt der wohl etwas berauschte Hippie-Metaller
wie in Ekstase über die Bühne, überzeugt aber gleichzeitig mit
seinen abgedrehten, aber passenden Vocals. Während Keyboarder Ivan
und Klampfer Lore mit den Gedanken nicht ganz bei der Sache zu sein
schienen und wenig Präsenz markierten, unterstützten Tieftöner Dino
und Gitarrero Marco ihren Frontmann und machten die etwas
deplazierte Band wenigstens optisch auch für Puristen ein Stück
sehenswerter. Es bleibt fraglich, ob sich für die sechs
Alternative-Metaller der Weg quer durch die Schweiz nach Pratteln
wirklich gelohnt hat, denn trotz merklichem Potential und
Kreativität machten Soulline sich an diesem Abend wohl eher wenig
neue Sympathisanten.
Mainpain
Die gleichsprachiger, aber etwas südlicher ansässigen Mainpain aus
dem italienischen Novara, passten da schon eher zum Geschmack der
Blaze-Anhänger und hatten den Support-Posten schon beim Blaze-Stelldichein vor einem Jahr eingenommen. Entsprechend grösser
fiel bei den Old-School Metallern
dann auch die Zustimmung aus. Vor
einem langsam in die richtige Stimmung getrunkenen Publikum (erst
ca. 100 Leute) und mit richtig knackigem/klaren Sound feuerte das
Quintett seine straighten Power-Metal-Kracher mit starker
80er-Schlagseite ab und wirkte dabei beinahe entspannter und
fröhlicher als die später noch folgende Haupttruppe. Zwar scheint
man noch nicht die grossen Nummern im Repetoire zu haben, der
stampfende Einstieg «D.I.E.» oder der Biker-Track «Running Blood»
sorgten aber dennoch für Laune, nicht zuletzt durch die suoerbe
Saitenarbeit des Äxteduos Dave Valli und Paolo Raffaello, die auch
keine Gelegenheit zum Posen ausliessen und damit zumindest zeitweise
die etwas unspektakulären Refrains wettmachen konnten. Ganz anders
verhielt es sich da bei Fronter Ronnie Borgese. Dieser bot zwar in
Sachen Gesang eine tadellose, wenn auch nicht hängenbleibende
Leistung, kam mit der Rolle des Leaders jedoch nicht wirklich klar.
Immer wieder verzog sich der massig behaarte Shouter nämlich hinter
das Drumkit und kriegte seinen Mund zwischen den Songs einzig für
genuschelte Danksagungen auf. Zumindest in den vordersten beiden
Reihen schien dies aber niemand zu stören und man feierte
ausgelassen und bemerkte scheinbar nicht einmal, dass Trommler
GianMarco Bonenti beim abschliessenden, hymnischen «Deep Down Inside
NBTT» zeitweise ins Holpern geriet. Auch wenn Mainpain bedeutend
besser ankamen als Soulline: Professionalität ist etwas ganz
anderes, von internationalem Niveau ganz zu Schweigen.
Setlist Mainpain:
D.I.E. – Kiss – Reflex – Mainpain – Running Blood – Cleopatra – Deep
Down Inside NBTT
Blaze Bayley
Mit dem Doppeldecker «As Live As It Gets» hatte Blaze Bayley schon
2003 seine Livequalitäten akustisch für die Nachwelt festgehalten
und auch damals hatte sich der etwas klein gewachsene Brite das Z7
als Aufnahmeort ausgewählt. Mit «The Road To Z7» sollte an diesem
Abend also der um die Bildkomponente erweiterte Nachfolger in den
Kasten gebracht werden. Zwar hatte man im Voraus mit etwas mehr als
den letztlich erscheinenden gut 300 Fans gerechnet, doch was dieses
multinationale Publikum an diesem Abend in Sachen Stimmung
fertigbrachte schlug jeden Hallenstadion-Gig. Die Euphorie war
gross, als Blaze zu den ersten Takten des aktuellen Titeltracks «The
Man That Would Not Die» auf die Bühne gerannt kam. In bester
stimmlicher Verfassung kontrollierte dieser sichtlich erfreut über
die ungestüme Ausgelassenheit vor der Bühne jeden Gast, liess die
Leute zu «Blackmailer» gleich das erste Singalong zelebrieren und
mit «Smile Back At Death» erkennen, dass Mr. Bayley anno 2008 noch
genauso gute Songs schreiben kann wie zu Beginn der
Post-Maiden-Phase. Und auch in Sachen körperlicher Fitness konnte Bayley trotz sich abzeichnendem Bierbauch auftrumpfen: Wie von ihm
gewohnt raste er tropfend vor Schweiss über die Bühne, fuchtelte mit
Armen und Fäusten in der Luft herum und liess keine noch so ulkige
Grimasse aus. Seine Begleitband gab dem Chef dabei schon fast zu
viel Platz, denn bis auf den von einer Wespe gestochenen Basser
David Bermudez, machten die Instrumentalisten des Öfteren einen
Statisten-Eindruck. Allen voran Dave's Bruder Nico konnte sich nicht
von seinem Platz am linken Bühnenrand wegreissen, nicht einmal, wenn
er seine Finger zu beachtenswerten Sologängen losschickte.
Songs wie
Stimmung tat dies keinen Abbruch und so wurden die beiden «Blood &
Belief»-Stücke «Alive» und «Ten Seconds» genauso abgefeiert wie der
Smasher «Kill & Destroy» oder das zum Bandklassiker mutierte «Ghost
In The Machine». Wohl jeder hatte erwartet, dass Blaze seine
Iron-Maiden-Jahre bei einem solchen Event nicht spurlos unter den
Teppich kehren würde, doch als die ersten Licks von «Futureal»
erklangen, brach doch ein spontaner Jubel aus und die nicht mehr
steigerbar gehaltene Headbang-Drehzahlen wurden noch einmal erhöht
(inklusive derer des Dozenten, der noch bis ins Neue Jahr hinein die
Folgen eines solchen Nackenexzesses ertragen musste). Nach «The
Launch» vom Debüt «Silicon Messiah» gings darauf gleich weiter mit
Maiden-Futter, namentlich mit «Lord Of Flies» von «The X-Factor»,
welches zwar lieber durch auf früheren Tourneen zum Besten gebrachte
«Sign Of The Cross» ersetzt worden wäre, dennoch aber mächtig Spass
machte, genauso wie das unerwartet ins Set eingezimmerte «The Edge
Of Darkness» von der selben Platte. Dabei zeigte das Klampfenduo
Bermudez/Welsh gerade bei den Jungfrauen-Songs, dass auch unbekannte
Saiten-Strapazierer klingenden Namen wie Murray, Smith oder Gers in
Nichts nachstehen – ohne
Weiteres wurden Soli, Licks und alles
andere mal lupenrein nachgespielt, dann wieder mit einer eigenen
Note versetzt. Während soundtechnisch nichts besser gemacht werden
konnte, soll heissen, das Ganze ordentlich laut und immer klar aus
den Boxen donnerte, hätte man sich in Sachen Ästhetik schon noch
etwas von Blaze früheren Arbeitgebern abschneiden können, denn weder
Lightshow noch Dekor (bestehend aus dem üblichen Backdrop und den
mittlerweile auch gebräuchlichen Seiten-Flaggen) wurden einer
DVD-Aufzeichnung wirklich gerecht.
Wie schon einige Male erwähnt
interessierte dies an jenem Abend aber scheinbar keine Menschenseele
und so wurden auch die neuen Nummern «Crack In The System» und «Voices
From The Past», mit welchem das reguläre Set endete, frenetisch
bejubelt. Dutzendemal bedankte sich Blaze darauf zunächst beim
Publikum, bevor das «Silicon»-Doppel «Stare At The Sun» und «Born As
A Stranger» die zweite Runde einläutete, die mit dem Maiden-Smasher
«Man On The Edge» auch schon wieder ihren Abschluss fand. Da auch
danach noch keiner der Anwesenden ans Heimgehen dachte, brandeten
natürlich sogleich wieder Blaze-Rufe auf, die übrigens schon nach
den ersten Songs des Sets zum Standard-Geräusch zwischen jeder
einzelnen Nummer geworden waren. Mit den Worten, welche Bayley
darauf, nachdem er wieder auf die Bühne zurückgespurtet war, an sein
treu ergebenes Publikum richtete, rührte er wohl jeden einzelnen
Knochen beinahe zu Tränen: ''Vor einigen Monaten habe ich den
schwersten Schicksalsschlag meines Lebens erleben müssen: Der
wichtigste Mensch in meinem Leben, Debbie Hartland, war von mir
gegangen. Im Sommer hatte sie noch eine schwere Krankheit scheinbar
besiegt, während derer ich folgenden Song für sie geschrieben habe.
Ich widme ihn meiner besten Freundin und dem besten Menschen, den
ich je kennenlernen durfte!'' – «While You Were Gone», die düstere
Ballade, sorgt für den wohl ernstesten wie auch emotionalsten Moment
des Abends, der für Gänsehaut sondergleichen sorgte.
Da das Leben
aber weitergehen muss, lässt es Blaze mit seinen Mannen noch einmal
so richtig knallen, und zwar mit den beiden eingängigsten Nummern
von «The Man Who Would Not Die», dem straighten «Samurai» und dem
hektischen «Robot». Jetzt wird nochmal gebangt, mitgesungen,
schlicht alles gegeben, was der geschundene Körper nach fast 2
Stunden purem Metal noch hergibt und so ist wohl keiner böse, wenn
man bedenkt, dass Songs wie «Silicon Messiah», «Blood And Belief»
oder «Stranger To The Light» keinen Platz mehr auf der Songliste
gefunden hatten. Unterm Strich hätte Blaze mit seinen Mitstreitern
noch mehr geben können, gabs doch wirklich wenig Abwechslung für die
Augen. 20 bärenstarke Nummern und ein Fronter, der inbrünstiger,
ehrlicher und direkter nicht sein könnte entschädigten aber mehr als
genug, genauso wie das eigens für diesen Auftritt angefertigte
T-Shirt (inklusive Z7-Logo), welches für läppische 22 Kröten zu
erschwingen war. Rest In Peace Debbie – lang lebe Blaze Bayley!
Setlist Blaze Bayley:
The Man That Would Not Die – Blackmailer – Smile Back At Death –
Alive – Identity – Kill & Destroy – Ghost In The Machine – Ten
Seconds – Futureal – The Launch – Lord Of Flies – Leap Of Faith –
The Edge Of Darkness – Crack In The System – Voices From The Past
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Stare At The Sun – Born As A Stranger – Man On The Edge
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While You Were Gone – Samurai – Robot
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