Eine gewaltige Ladung Heavy Metal droht unser Metal Mekka
zu erschüttern. Dieses Erlebnis möchte ich mir nicht entgehen lassen
und in der Hoffnung, vor dem Konzert noch mit den Musikern plaudern
zu können, bin ich ziemlich früh vor Ort. Aus welchem Grund man die
heutige Show im Mini-Z7 spielen will, ist mir zunächst nicht klar.
Bloodbound ist eine ernst zu nehmende Band. Thobbe Englund wird
aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei den Powermetallern Sabaton
eine Menge Fans der Band anlocken. Crystal Viper konnten auch schon
einen gewissen Bekanntheitsgrad in Deutschland oder Griechenland
erreichen. Wie ich im Gespräch mit anderen Konzertbesuchern
herausfinden kann, wurden bewusst kleinere Bühnen gewählt.
Einerseits schade, anderseits aber kann man so die Nähe zu den Fans
herstellen. Nachdem ich schon lange vor Türöffnung noch nette
Gespräche mit den sympathischen Musikern von Crystal Viper und
Thobbe Englund, welcher ”cool as always” ist, führen durfte, ist
meine Vorfreude auf einen gelungenen Abend noch grösser und ich
geniesse das schöne Wetter, bis man rein darf.
Rexoria
Das verkleinerte Z7 ist bei Türöffnung nicht einmal halb gefüllt, es
sind wieder einmal nur Leute schon drin, die gerne weit vorne sind.
Die Melodic Metal Band aus Jönköping wirkt auf mich sympathisch und
ihre Musik empfinde ich als sehr angenehm, die Stimme der Frontfrau
sehr stark und schön. Leider muss ich aber auch sagen, dass ich
diese Band nicht sehr innovativ finde. Wie ich immer wieder gerne
erwähne, ist es sehr schwierig, ein geniales Debütalbum
herauszubringen. Das erste Album der Band ist auf jeden Fall nett,
nur, dass ich das Gefühl habe, dasselbe schon hundert Mal gehört zu
haben. Es sticht nichts heraus, bis auf die sympathische Ausstrahlung
der blonden Sängerin Frida und das relativ gute Aussehen ihrer
Bandkollegen. Doch für das Aussehen der Musiker gehe ich nicht an
Konzerte. Nicht, dass es mich stören würde, wenn gute Musiker auch
noch gut aussehen, es ist aber nicht der primäre Grund. Sowohl
showtechnisch wie auch musikalisch ist Rexoria leider nicht
überzeugend. Pluspunkte aber, dass sie sich sehr wohl auf der Bühne
fühlen und das Publikum mit guter Laune anstecken können. Ich hoffe,
dass es noch zu positiven Entwicklungen kommen wird, denn sowohl die
Instrumentenkenntnisse wie auch die Stimme könnten viel Grosses in
der Szene tun.
Thobbe Englund
Jetzt bin ich aber gespannt! Thobbe’s Soloprojekte, welche schon
während seiner Zeit bei Sabaton komplett anders klangen, haben mir
immer extrem gut gefallen. Auf den ersten Alben spielte er nur,
Gesang kam erst später. Die Einflüsse und Stilrichtungen variierten
von Stück zu Stück. Mit seinem letzten Album, «Sold My Soul», ist er
aber konstant im Heavy Metal geblieben. Zusammen mit seiner neu
aufgestellten Band welche, wenn wir das Thema schon hatten, auch
ganz gut aussieht, tritt er nun als Support für Bloodbound auf. Dies
ist für mich irgendwie komisch, denn 2016 war Bloodbound Opener für
Sabaton (da war Thobbe noch in der Band). Viele Besucher sind heute
wegen ihm gekommen. Zumindest interpretiere ich das anhand der
vielen Sabaton T-Shirts im Publikum so. Bei Thobbe’s Band merkt man,
dass nicht alle so viel Bühnenerfahrung haben. Dies mindert das
Erlebnis jedoch nicht. Das sympathische Quartett spielt solide und
überzeugend, das erste und letzte Wort gehört aber immer Thobbe’s
”2nd wife”, also seiner Gitarre. Der Sound ist von dem Thobbe’s
”alten” Band nun wirklich weit entfernt und er dürfte auch
leidenschaftlichen Sabatonhassern gefallen (was ich auch schon in
meiner CD-Review explizit erwähnen musste). Der pure
Heavy
Metal macht gute Laune und Lust auf mehr. Fast zum Wegschweben! In
der heimeligen Atmosphäre scheinen sich Publikum wie auch Band ganz
gut zu fühlen, und die Zeit vergeht wie im Fluge. Das Set ist meiner
Meinung nach, wie fast immer, viel zu kurz. Jetzt, nach dieser
Darbietung, muss ich die Meinung ändern. Das Mini-Z7 war vielleicht
doch eine gute Idee. Es hat etwas Sympathisches, so nah an der Bühne
zu sein, keine Barriere, die zwischen dir und den Musikern steht. Ich
freue mich schon, Thobbe am Sabaton Open-Air wieder zu sehen.
Setliste: Sold My Soul – Annihilation – Steel & Thunder – The
Glow – It Burns! – Thobbe Guitar Solo – Wildborn – End Of Oil –
Break The Chains – I Am – Trägen Vinner
Crystal Viper
Neue Vorfreude kommt auf. Die polnischen Heavy Metaller aus Katowice
betreten selbstsicher die Bühne und geben alles, was sie können.
Hierzulande sind sie leider noch nicht wirklich bekannt.
Möglicherweise können sich aber gewisse die-hard Sabaton-Fans
erinnern: Sängerin Marta Gabriel ist auf der polnischen Version von
40-1 zu hören und ihr Mann, welcher Manager von Crystal Viper ist,
hatte die Übersetzung geschrieben. Alles scheint sich heute in einem
gewissen, entfernteren Sinn um die Powermetaller aus Falun zu
drehen, fällt mir auf, und ich muss deshalb ziemlich schmunzeln. Es
stört mich aber bei Weitem nicht, ja, gefällt mir sogar. Die noch
unterschätzte Band dürfte dank dieser Tour (hoffentlich) neue Fans
gewonnen haben. Besonders süss zu hören ist Martas Akzent, welchen
die schöne Frontfrau gar nicht erst zu verstecken versucht. Die
schlanke Polin mit sexy Outfit und langen, schwarz-roten Haaren
stellt ganz klar den Mittelpunkt des Geschehens dar, obschon sie
sich nicht extrem viel bewegt, während sie singt und die
Rhythmusgitarre spielt. Das neuste Mitglied der Band, Bassist
Błażej, stiehlt immer wieder als sympathische Rampensau die Show,
mit seiner breiten Zunge provozierend und sich sichtlich von der
Musik mitgerissen in Posen werfend. Ich kann nicht umhin, breit zu
grinsen, wenn ich ihn auf "meiner" Seite der Bühne stampfen sehe, wo
er breit grinsend das Publikum erfreut. Etwas ruhiger gibt sich
Gitarrist Andy Wave, welcher aufgrund der starken Konzentration nur
wenig Show macht. Der sympathische Drummer Golem fällt leider nicht
sehr auf, er macht aber alles korrekt und das Zusammenspiel ist
schön
mitzuerleben.
Leider muss ich bei Crystal Viper eine Verringerung der
Soundqualität feststellen. Schon zuvor bei Rexoria gab es kurze
Probleme, welche allerdings zwischen den Songs bemerkt und schnell
behoben wurden. Hier höre ich, dass Martas Mikrofon zu leise ist.
Sehr schade, denn diese Band verdient aufgrund der starken Stimme
der Frontfrau besonders guten Mix. Sie erwähnte aber auch kurz, dass
sie erkältet sei und entschuldigte sich im Voraus, für den Fall,
dass dies die Qualität der Show beeinträchtigen sollte. Vielleicht
hat man sie bewusst leiser eingestellt, damit sie ihre Stimme ein
klein wenig schonen kann und man dies nicht gross mitbekommt.
Jedenfalls bekam sie vollstes Verständnis vom Publikum, welches die
Band zumindest neutral empfing. Einige begeisterte Fans stehen
zusammen mit mir weit vorne und gehen ab, andere scheinen (für mich
unverständlich) etwas gelangweilt. Ich persönlich fand den Auftritt
toll und auch die kleinen Witzchen sehr sympathisch. Beim nächsten
Konzert dieser netten Truppe werde ich wieder ganz weit vorne dabei
sein.
Setliste: rozpierdol (zu Deutsch: so etwas wie verf*tes
Chaos/Massaker) – The Witch Is Back – Night Prowler – Night Of The
Sin – Witch’s Mark – When The Sun Goes Down – Flames And Blood –
Greed Is Blind – I Fear No Evil – Gladiator (Die By The Blade) – The
Last Axeman – Metal Nation
Bloodbound
Zeit für die Headliner! Mit neuem Drummer (nebenbei: ja, er sieht
gut aus) und Thobbe an der Gitarre machen sich die Schweden an die
Arbeit. Dies ist mein fünftes Konzert der Band. Letztes Mal durfte
ich sie als Opener für Sabaton erleben, als sie mit dem 2014
erschienenen Album «Stormborn» durch Europa reisten. Als Liveband
waren sie schon damals ganz nett, die Musik aber konnte mich nicht
dazu bewegen, sie auch privat zu Hause zu spielen. Mit dem neusten
Baby, «War Of Dragons», welches dieses Jahr erschienen ist, kann ich
mich definitiv eher anfreunden, und die Show gefällt mir diesmal um
Welten besser als die letzten vier Shows zusammen. Damals gab es aus
persönlichen Gründen Ersatzmusiker aus der befreundeten Band
Twilight Force an Gitarre und Drums. Möglicherweise liegt es an der
”intimeren” Atmosphäre, am Fehlen der Barriere, dass mir die Show
diesmal besser gefällt. Es kann aber auch an der Setliste liegen,
welche dieses Jahr interessanter ist. Der gehörnte Sänger Patrik mit
den beinahe angsteinflössenden, modifizierten Augen (ich tippe auf
genial gemachte Linsen oder spezielle Mittelchen, um die Pupillen zu
erweitern) verzaubert das Publikum mit seinem Charme und dem leicht
teuflischen Lächeln. Aufmerksamkeit zieht auch der schrille
Keyboarder Fredrik auf sich, welcher mit seinem Bühnenstyling glatt
bei der Addams Family mitspielen könnte. Das Publikum ist sehr zum
Mitsingen und Feiern animiert, es wird auch viel gelacht. Die sonst
schon gute Atmosphäre wird von Minute zu Minute besser. Der Charme
eines Clubkonzertes mit grosshallenwürdigen Bands. Es besteht auf
jeden Fall Wiederholungsbedarf. Bloodbound hat mit dieser Tour einen
Volltreffer gelandet und ich hoffe auf weitere, ähnliche Konzerte.
Setliste: Iron Throne – War Of Dragons – Stand And Fight – In The
Name Of Metal – Satanic Panic – Stormborn – When All Lights Fail –
Moria – Battle In The Sky – Fallen Heroes – Nightmares From The
Grave – Silver Wings – Metalheads Unite – Dragons Are Forever –
Nosferatu
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