Am Tag vor dem Schweizer Nationalfeiertag befand ich mich
bereits in Feierlaune, denn nach 28 Jahren, als Blue Öyster Cult am
05. März 1988 nämlich im Zürcher Volkshaus das letzte Mal bei uns zu
Gast waren, musste ich jetzt also tatsächlich zuerst 52 Jahre alt
werden, um dieser kultigen Premiere beiwohnen zu können! Aber wie
der Volksmund so schön sagt: “Besser spät als gar nie mehr!“ Dass
dies wirklich so ist, wurde einem eigentlich schon 2007 bewusst, als
Gitarrist und Sänger Allen Lanier, der nebenbei auch Bass und
Keyboard spielte, sich nach vier Dekaden Bandzugehörigkeit zurück
zog und sechs Jahre später mit 67 Jahren leider verstarb. Obwohl BÖC
in den 80ern auch mal mit Black Sabbath auf Tour waren, nahm ich die
Truppe nie wirklich wahr und wenn, dann eigentlich nur wegen dem
stilistisch eher untypisch anmutenden Monster-Hit «Don’t Fear The
Reaper». In den Jugenddiscos dürfte «Godzilla» mit Sicherheit auch
gespielt worden sein, aber die Blütezeit von AC/DC mit Bon Scott
überstrahlte damals alles. Immerhin standen heute Abend aber Eric
Bloom (v, g, keyb) und Donald „Buck Dharma“ Roeser (g, v) auf der
Bühne, toll supportet von den Schweizer Rockern Backwater.
Backwater
Während es beim Headliner zum allerersten Mal gereichte, ist das bei
der Vorband aus Lausanne schon geschehen, wenn auch noch gar nicht
so lange her. Genauer war dies in der „Hall Of Fame“ in Wetzikon und
zwar heuer im Frühling als Anheizer für SOTO. Diese Affiche war
unter dem Strich ganz in Ordnung, aber beim heutigen Konzert konnte
man schon fast beispielhaft miterleben, was es ausmacht, wenn eine
Band grundsätzlich vor dem richtigen Publikum aufspielen kann. Das
hatte vor allem damit zu tun, dass sich die anwesende Klientel vom
Altersrange her mehrheitlich zwischen vierzig und sechzig Jahren
bewegte. Immerhin sah man erfreulicherweise auch ein paar jüngere
Gesichter unter den Besuchern des Z7. Backwater wussten zu Beginn
wohl noch selbst nicht genau, was sie erwartete und legten deshalb
einfach mal beherzt los. Ihren Sound bezeichnen sie als „ Roaring
Southern-Rock vocals, high voltage guitars and hard driving rythm
section”, was im Wesentlichen sicher zutrifft. Allzu heftig kam die
Chose dann allerdings nicht daher, aber vor allem Frontmann Marc
Vermot traf mit seiner passenden und leicht rauchigkratzigen Stimme
den Nerv des Publikums, das mit jedem Lied spürbar lauter
antizipierte und für eine tolle Stimmung sorgte. Die Band zeigte
sich sichtlich überrascht wie gleichzeitig erfreut über die
Reaktionen vor der Bühne und legte sich deshalb mit spürbarem Elan
mächtig ins Zeug. Die Gitarristen-Front mit Fred Gudit (Ex-Sideburn)
und Stéphane Monbaron überzeugte mit Spielfreude, fettem Rhythmus
und filigranen Soli. Obwohl man sich bezüglich des Sounds durchaus
noch etwas mehr Punch gewünscht hätte, lieferten Backwater im Z7
weitaus besser als in der „Hall Of Fame „ ab, und es bleibt zu
hoffen, dass es in Zukunft weiterhin so läuft, was jedoch unter
Umständen leichter gesagt als getan ist.
Setliste: «Lie To
Me» - «Rock’n’Roll Devil» - «Freedom Ride» - «Backwater» - «The
Duel» - «Looking For The Thrill» - «Born For The Rhythm» - «Hey Man»
- «Never Be Down».
Blue Öyster Cult
Dass ich 1988 nicht bereit für BÖC war, ist aus heutiger Sicht
natürlich unverzeihlich, zumal ich damals eben auch noch in den
Genuss des Spiels von Allen Lanier (R.I.P.) gekommen wäre. Dazu
kommt, dass sich die Amerikaner nicht so oft in Europa haben blicken
lassen, und darum war der Besuch dieses Konzertes so zu sagen auf
fast der letzten Rille angesiedelt. Das letzte
Studioalbum
«Curse Of The Hidden Mirror» ist von 2001 (!) und somit war klar,
dass dieser Event eine Art „Best-Of“-Konzert absetzen würde. Obwohl
ich mir vor einer Weile mit «The Essential Blue Öyster Cult
wenigstens eine gute DCD von ihnen ins Regal gestellt habe, konnte
keine Rede davon sein, dass ich ausser den zwei bisher genannten
Songs noch irgendwas anderes kenne. Dafür hatte ich nachher zu Hause
ein cooles Déja-vu, denn bisher war ich der Meinung, dass die
hammergeile Version von «Veteran Of The Psychic Wars» von Tarot sei!
Tja, so kann man sich täuschen, wenn man nicht aller Songcredits
mächtig ist. Somit liess ich die musikalische Reise ins
BÖC-Universum einfach auf mich einwirken und war, wie die meisten
Fans auch, von Anfang an wie elektrisiert! Neben Eric und Donald
besteht das aktuelle Line-Up noch aus Richie Castellano (g, v,
keyb), Kasim Sulton (b) und Jules Radino (d). Während Letzterer
früher mit Popa Chubby unterwegs war, stand Kasim einige Zeit für
Todd Rundgren auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Allen-Ersatz
Richie gebärdete sich vom Körpereinsatz her als aktivster Musiker
auf der Bühne und
zeigte mehrmals, welch brillanter Musiker er ist. Zu wunderbaren
Lichtprojektionen auf dem raumfüllenden Backdrop wurde man fast in
die 70er zurück katapultiert. Während der Opener «This Ain't The
Summer Of Love» und «Golden Age Of Leather» zwei flotter Rocker
waren, hätte «Burnin' For You» wahlweise auch von Asia oder Barclay
James Harvest sein können. Auch «True Confessions» hatte eher was
Liebliches an sich und «The Vigil» klang etwas nach den frühen
Eagles mit einem Schuss alte BJH. Die Liveversionen kamen dann
allerdings schon eine ganze Ecke schmissiger als auf Konserve daher.
Wie schon bei The Sweet sind die abwechselnden Lead- und
Backing-Vocals das untrügliche Markenzeichen der Amerikaner.
Spätestens bei «Lips In The Hills» ging es dann aber doch noch etwas
heftiger ab. Der rock’n’rollige Song, der Vibes von Lynyrd Skynyrd
und Cheap Trick verströmte, lieferte mir zunehmend die Erklärung,
warum ich nie wirklich auf die Band abfuhr. Obwohl handwerklich
völlig in Ordnung, klingt das Songmaterial einfach zu fest nach
dieser oder der anderen Band, die in dieser Rezi genannt wurden.
Selbst «Godzilla» könnte gut und gerne auf einer Scheibe von
Bachmann Turner Overdrive stehen. So bleibt dann am Schluss fast nur
noch der einstige Hit «Don’t Fear The Reaper» übrig, der letztlich
wiederum Barclay James Harvest zugeschrieben werden könnte. Das
sehen eingefleischte BÖC-Fans sicher ganz anders, zumal die Band zu
Beginn ihrer Karriere als Erste mit fetten Laser-Shows auftrumpfte,
und ohne die beiden
berühmten
„Ö“-Pünktchen hätte es weder Motörhead, Mötley Crüe noch Queensrÿche
in dieser Schreibweise gegeben. Immerhin wurden in Pratteln aufgrund
der wirklich geilen Stimmung gleich drei Zugaben gespielt, die tags
zuvor beim «Rock Of Ages» ebenso nicht auf der offiziellen Setliste
standen. Und da offenbarte sich schliesslich wie erfreulich
zugleich, was die Amis auf dem Kasten haben, inklusive der
Ehrerbietung an Black Sabbath bei «Cities On Flame With Rock And
Roll». Der mit Sicherheit interessanteste Europa-Auftritt dieser
Tour war jedoch der in London im „O2 Forum Kentish Town“ zwei Tage
zuvor. Dort wurden nämlich nicht weniger als 25 Songs (!) gespielt,
und der mehrfache Gastauftritt von Alt-Drummer Albert Bouchard
bejubelt, der bei vier Songs die Lead-Vocals, wie wohl schon früher
schon, übernahm. Nichtsdestotrotz war der rund 100-minütige Z7-Gig
eine mehr als lohnenswerte Erfahrung, und ich bereute mein Kommen zu
keiner Sekunde. Sollten die beiden Ur-Members Bloom und Roeser mit
ihren Kollegen nochmals in unseren Breitengraden auftauchen, werde
ich auf jeden Fall wieder mit dabei sein.
Setliste: «This
Ain't The Summer Of Love» - «Golden Age Of Leather» - «Burnin' For
You» - «OD'd On Life Itself» - «True Confessions» - «ME 262» -
«Harvest Moon» - «The Vigil» - «Lips In The Hills» - «Then Came The
Last Days Of May» - «Godzilla» - «Buck's Boogie» - «(Don't Fear) The
Reaper» -- «Hot Rails To Hell (with Richie on lead vocals)» - «See
You in Black» - «Cities On Flame With Rock And Roll».“
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