Zugegeben, das Package verwunderte auf den ersten Blick
schon etwas. Andererseits war es aber auch in der Vergangenheit
cool, wenn sich Bands, die zusammen auf Tour waren, stilistisch
unterschieden haben. So bestand zumindest die Möglichkeit, dass sich
die jeweilige Gruppe neue Fans aus dem Gegenlager erspielen konnte.
Heute Abend war es sicher so, dass das gemässigtere Publikum aus der
Ecke von Blue Öyster Cult durch Queensrÿche mehr vor den Kopf
gestossen werden konnte als umgekehrt. Nichtsdestotrotz war es
natürlich toll, dass sich BÖC knapp ein Jahr nach dem Hammer-Gig vom
31. Juli 2016 schon wieder im Z7 einfanden. So konnte ich meine
Bilanz der Konzertbesuche der Amerikanischen Kultrocker auf einen
Schlag gleich verdoppeln! Das ist auch bitter nötig, nebst dem
Umstand, dass man die Amis ja nicht oft in Europa sehen konnte. Das
sieht bei Queensrÿche freilich anders aus, und ob man es glaubt oder
nicht, aber Todd La Torre als Nachfolger von Ur-Sänger Geoff Tate
ist schon seit fünf Jahren (!) an Bord. In dieser Zeit sind zwei
neue Studioalben entstanden, die bewiesen haben, dass die
kompositorischen Fähigkeiten noch vorhanden sind.
Queensrÿche
Was zu Beginn nicht so eindeutig klar war, entpuppte sich danach als
erfreuliche Tatsache, nämlich dass die Support-Band des heutigen
Abends als „Special Guest“ fungierte und somit nicht schon nach
einer Dreiviertelstunde wieder von der Bühne runter musste. Konkret
hiess das eine gute Stunde QR-Sound. Als Opener wurde «Guardian»,
ein Song vom aktuellen Album «Condition Hüman» (2015), ausgewählt,
gefolgt von «Operation: Mindcrime», einem der besten Tracks ever vom
gleichnamigen Kultkonzeptalbum. Wer das nicht kennt, hat definitiv
was verpasst. Ebenso essentiell ist natürlich der bärenstarke
Longplay-Klassiker «Empire» (1990), der ebenso mit drei Hits bedacht
wurde. Diese gehörten nicht zu den wirklich harten Tracks und kamen
deshalb beim ganzen Publikum entsprechend gut an. Eher überraschend
fand sich mit «Damaged» ein Vertreter vom 94er- Werk «Promised Land»
ein, das damals ja den bedauernswerten Stilwechsel der 90er
einläutete. Back to the roots gings ebenso, und die geniale
Doublette mit «Take Hold Of The Flame» und «Queen Of The Reich»
liess natürlich keine Wünsche offen. Bei letzterem Song schlackerten
dann die Ohren von einigen älteren und vornehmlich BÖC-Fans, während
die andere Gruppe in eigenen Sphären schwebte. Obwohl ich persönlich
das Gefühl
hatte,
dass Todd heute Abend „nur“ etwa zu 98 – 99% fit war, gingen seine
spitzen Schreie durch Mark und Bein. Obwohl Stammdrummer Scott
Rockenfield aus privaten Gründen auf dieser Tour für einmal nicht
zusammen mit seinen Kollegen unterwegs war, verrichtete Aushilfe
Casey Grillo von Kamelot einen Top-Job. Die zugestandene Stunde
verstrich gefühlsmässig viel zu schnell, und darum war nach «Eyes Of
A Stranger» leider schon Schicht im Schacht. Da es aber bis zum
dritten Studioalbum der Ära La Torre nicht mehr lange dauern sollte,
werden wir Queensrÿche wohl schon 2018 mit neuem Material wieder zu
Gesicht und Gehör bekommen.
Setliste: «Guardian» -
«Operation: Mindcrime» - «I Don't Believe in Love» - «Best I Can» -
«Damaged» - «The Mission» - «Empire» - «Jet City Woman» - «Take Hold
Of The Flame» - «Queen Of The Reich» - «Screaming In Digital» -
«Eyes Of A Stranger».
Blue Öyster Cult
Auch wenn mit Eric Bloom (v/g/keyb) und Donald Roeser (g/v) nur noch
zwei Ur-Mitglieder aus den 70ern übrig geblieben sind, so sind es
aber genau die zwei prägenden Musiker, die den Rocksaurier mit den
entsprechenden Trademarks weiter am Laufen halten. Letztes Jahr
erschien mit «Harvester Of Lives» zwar eine neue Compilation, aber
das letzte reguläre Studiowerk «Curse Of the Hidden Mirror trägt das
Jahr 2001! Somit kann die Band unbekümmert im eigenen Backkatalog
herum wühlen und das subjektiv passende heraus suchen. Dass dies
offenbar mit Genuss gemacht wurde, zeigt die sich ständig ändernde
Setliste der laufenden Tour. Dabei kann ein spätberufener Fan wie
ich einmal mehr feststellen, dass Blue Öyster Cult weit mehr als nur
«Godzilla» und «(Don't Fear) The Reaper» zu bieten haben. Das fing
schon beim flotten Opener «The Red & The Black» vom Zweitling
«Tyranny And Mutuation» (1973) an, der selbst 44 Jahre nach dem
Release nichts an Frische vermissen liess! «Golden Age Of Leather»
vom Album «Spectres» (1977), also dem wo der erste Song wie heisst?!
Eben…, «Godzilla»…, klingt der Anfang so, als wäre es ein KISS-Song
aus der Zeit.
Danach
lassen BÖC ihrer Kreativität jedoch freien Lauf und lassen sich
genau deswegen nicht wirklich in eine Schublade stecken. So ist
jeder weitere Song eine richtige Wundertüte, und zusammen bildet
sich so das BÖC-Universum, das sich halt den Vorwurf gefallen lassen
muss, hüben wie drüben nach zahlreichen anderen bekannten Combos zu
klingen.
Diese Abkupferei auf hohem Niveau führte aber
zumindest in der Heimat zu gewissem Erfolg. In der Retrospektive,
sprich über vier Dekaden später, entwickeln diese Songs jedoch nach
wie vor ihren Reiz und vermochten das heutige Publikum im Z7 erneut
in ihren Bann zu ziehen. War es das letzte Mal von den visuellen
Effekten, respektive den Projektionen am schwarzen Backdrop her
deutlich opulenter, stand nun die Musik noch mehr im Vordergrund.
Das taktangebende Duo Bloom/Roeser gab sich auch diesmal keine
Blösse und vor allem der vergleichsweise junge Gitarrist Richie
Castellano füllt die Lücke von Allen Lanier (R.I.P.) seit je her
optimal auf. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil er nebst dem
Keyboard/Piano über eine tolle Gesangsstimme verfügt. Am Bass
spielte diesmal nicht Kasim Sulton wie sonst aktuell, sondern Danny
Miranda, der bekanntlich zwischen 1995 und 2004 zum Lineup gehörte.
Nach dem obligat lautstark abgefeierten Hit «Don’t Fear The
Reaper» stand eigentlich nichts mehr auf der Setliste des heutigen
Abends, aber da das Publikum offensichtlich mehr wollte, tat es
entsprechend was dafür und wurde mit insgesamt vier zusätzlichen
Songs (!) belohnt. Nach «Cities On Flame With Rock And Roll» (mit
untrüglichen Vibes von Led Zeppelin) überzeugte der zweite Auftritt
im Z7 genauso wie der erste, und beim hoffentlich kommenden dritten
Besuch sollten BÖC unbedingt mal «Veterans Of The Psychic War»
spielen, obwohl die Hammer-Version von Tarot (mit Marco Hietala von
Nightwish) für immer und ewig unerreicht bleiben wird.
Setliste: «Intro (Game Of Thrones Theme)» - «The Red & The Black» -
«Golden Age Of Leather» - «Before The Kiss, A Redcap» - «Burnin' For
You» - «Harvest Moon» - «The Vigil» - «ME 262» - «Buck's Boogie» -
«Then Came The Last Days Of May (extended version)» - «True
Confessions» - «Tattoo Vampire» - «Godzilla» - «(Don't Fear) The
Reaper» -- «Transmaniacon MC» - «Workshop Of The Telescopes» - «Hot
Rails To Hell (Richie Castellano on lead vocals)» - «Cities On Flame
With Rock And Roll».
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