Livereview: Blues Pills - Pristine

22. Februar 2016, Solothurn – Kofmehl
By Rockslave
Sind sind zwar in den letzten Jahren merklich weniger geworden…, die Momente…, wo einen eine neue Band zuerst mal tonträgermässig total aus den Socken haut und man sich darauf, wie ein Honigkuchenpferd, extrem auf die erste Live-Begegnung freut! So geschehen bei der aktuellen Tour der Blues Pills. Dabei galt das Augenmerk für einmal mehr der Support-Band als dem Headliner. Selten genug, aber im Falle von Pristine aus Norwegen war es so. Facebook sei Dank bin ich im Vorfeld rechtzeitig, das heisst rund drei Wochen vor dem Konzert, zufälligerweise über einen Video-Clip des neuen Albums «Reboot» gestolpert. Das war von «Bootie Call», also einem der flotteren Tracks. Das komplette Album war zu diesem Zeitpunkt auf Youtube drauf, blieb da aber nicht lange verfügbar. Diese Zeit reichte jedoch aus, um vom ganzen Album Kenntnis zu nehmen. Somit drangen mir natürlich auch die beiden Psychedelic Rock-Epen «All I Want Is You» sowie «The Middlemen» an die Lauschklappen. Von da an war ich sofort infiziert vom überaus variantenreichen Retro-Sound der Norweger mit ihrer tollen Sängerin Heidi Solheim. Die Blues Pills zeigten derweil auf, warum sie zurecht so angesagt sind.

Pristine

Auf der Hinfahrt nach Solothurn hatte ich das neue Hammer-Album «Reboot» am Ohr und war nun mächtig gespannt, was mich bald erwarten würde. Die im Voraus bekannte Info, dass die ganze Scheibe live im Studio eingespielt worden war, liess die Vorfreude auf die Performance markant ansteigen. Zudem war absehbar, dass Pristine als einzelner Support-Act nicht nur eine halbe Stunde, sondern um eine Dreiviertelstunde herum aufspielen würden. Damit verbunden war mein (letztlich unerfüllter) Wunsch, dass der geniale Space Rock-Song «The Middlemen» auch zur Aufführung gelangt. Leider spielten sie diesen Oberknaller nicht, was mitunter daran lag, dass Benjamin Mørk und seine Hammond Organ nicht mit dabei waren. Löblich in diesem Zusammenhang, dass die entsprechenden Parts nicht ab Band kamen, respektive einige Effekte direkt von Gitarrist Espen Elverum Jakobsen erzeugt wurden. Im Zentrum der Band stand jedoch Frontfrau Heidi Solheim und dies nicht nur wegen ihren rötlich gefärbten langen Haaren. Von der ersten Minute an riss sie das Zepter an sich und brillierte mit glasklarem Gesang und Agilität auf der Bühne. Aufgrund der fehlenden Hammond war der Sound heute Abend gitarrenlastiger als sonst. Als Opener wurde «Carry Your Own Weight» gewählt, also der erste Song des Vorgänger-Albums «No Regret» von 2013. Schon beim nachfolgenden «California», einem neuen aktuellen Track, konnte man der Band attestieren, dass sie den natürlichen Top-Sound der Studioaufnahme locker auf der Bühne umsetzen können. Den Weg zurück zu den bluesigen Wurzeln der ersten beiden Alben markierte das herrliche «Don't Save My Soul», wo Heidi ihre tolle Stimme nur mit Begleitung von Espen an der E-Guitar zur Schau trug. Deshalb dauerte es auch nicht lange, bis das (ohne den geöffneten Balkon) für einen Montagabend erstaunlich gut gefüllte Kofmehl rasch antizipierte und nach jedem gespielten Lied lauter applaudierte. Ich selber stand in der ersten Reihe und war ob dem Gezeigten hocherfreut und einfach nur geplättet. Die Erwartungen, die vor allem durch das vielseitige Neuwerk «Reboot» geweckt wurden, sah und hörte ich auch ohne «The Middlemen» als vollständig abgedeckt. Immerhin kam das bestens unterhaltene Publikum in den Genuss von «All I Want Is You», das den Doors alle Ehre machte und so zu sagen, respektive als Signature-Sound von Pristine bezeichnet werden darf. Hoffentlich geht diese grandiose Retro-Rockband bald als Headliner wieder auf Tour!

Setliste: «Carry Your Own Weight» - «California» - «Don't Save my Soul» - «Bootie Call» - «She Won» - «Tell Me» - «Derek» - «All I Want is You».


Blues Pills
Nach dieser sehr überzeugenden Steilvorlage mussten die Retro Rockstars aus dem Stall von Nuclear Blast nun noch ein paar Scheite Holz nachlegen. Dass die Blues Pills grundsätzlich dazu imstande sind, stand ausser Frage, und als nach dem Intro der Opener «Black Smoke» kraftvoll in die bereits jubelnde Menge geschleudert wurde, war allen klar, dass es jetzt im Solothurner „Köffu“ erst richtig los geht! Auch wenn der Hype um die international gemischte Truppe einiges zum jetzigen Erfolg beigetragen hat, so ist es in erster Linie das Paket der Gesamtperformance, das den Reiz dieser Band ausmacht. Dazu gehört natürlich auch das jugendliche Antlitz der Frontfrau Elin Larsson aus Schweden, deren Gesangsstil an die grosse Aretha Franklin mit Schlenkern hin zur 70er-Ikone Janis Joplin erinnert. Dazu kommt Bassist und Gründungsmitglied Zack Anderson, ein Amerikaner und der französische Ausnahmegitarrist Dorian Sorriaux. Relativ neu hinter den Kesseln sitzt der Schwede André Kvarnström (Ex-Truckfighters), der Zacks Halbbruder Cory Berry im Sommer 2014 abgelöst hat. Als ich die Gruppe zum ersten Mal gesehen hatte, kam sie mir unnahbarer vor als heute Abend. Das lag mitunter an der Location des Kofmehls, das einmal mehr die unmittelbare Nähe zur Bühne zuliess und dem auf dem Bühnenboden ausgelegten Teppich (!), den Elin in Strumpfhosen (inklusiv fetter Laufmasche) sowie ohne Schuhe betrat. Somit kriegte das Ganze den Vibe einer intimen Rock-Show in der quasi eigenen Stube. So kam die Show echt und authentisch rüber, obwohl Bassist Zack einen ziemlich dürftigen Aktionsradius hinlegte und generell ziemlich introvertiert rüber kam. Sein Partner und Gegenüber Dorian gebärdete sich aktiver, obwohl dieser oft und mit geschlossenen Augen in sich ging und einige coole Soli hinlegte. Wenn man sich achtete, respektive dem jungen Virtuosen etwas länger zusah, konnte man dann und wann sogar ein Lächeln über sein Gesicht huschen sehen. Die gespielten Songs des heutigen Konzertabends umfassten vor allem das selbstbetitelte Debüt-Album und die beiden schon fast legendären EPs «Devil Man» (2013) und «Bliss» (2012). Ebenso zum Zug kamen zwei Covers, die gut im Gewand der Blues Pills interpretiert wurden. Elin machte dabei dem genannten Vergleichs-Duo Franklin/Joplin alle Ehre, bewegte sich praktisch ohne Unterlass und riss das begeisterte Publikum mit Leichtigkeit mit. Darüber hinaus und eben wegen der Nähe zu den Leuten, wirkte Miss Larsson weitaus sympathischer als vorher. Etwas weniger prickelnd war allerdings der Umstand, dass der Headliner nach der schon fast obligaten Zugabe «Devil Man» nur gerade rund siebzig Minuten musiziert hatte. Viel zu wenig eigentlich, aber zusammen mit der sackstarken Vorgruppe Pristine fiel das Fazit unter dem Strich dennoch klar positiv aus. Das sahen die Zuschauer bezüglich den schon fast euphorischen Reaktionen offenbar auch so und hätten sicher gerne noch mehr von der schwedisch-amerikanisch-französischen Musikerqualition gehört und gesehen.

Setliste: «Intro / Black Smoke» - «Bliss» - «Astralplane» - «No Hope Left for Me» - «Gypsy (Cover from Chubby Checker & Fat Boys)» - «Dig In» - «Elements And Things (Cover from Tony Joe White)» - «High Class Woman» - «Ain't No Change» - «Little Sun» -- «Yet To Find» - «Devil Man».