Sind sind zwar in den letzten Jahren merklich weniger
geworden…, die Momente…, wo einen eine neue Band zuerst mal
tonträgermässig total aus den Socken haut und man sich darauf, wie
ein Honigkuchenpferd, extrem auf die erste Live-Begegnung freut! So
geschehen bei der aktuellen Tour der Blues Pills. Dabei galt das
Augenmerk für einmal mehr der Support-Band als dem Headliner. Selten
genug, aber im Falle von Pristine aus Norwegen war es so. Facebook
sei Dank bin ich im Vorfeld rechtzeitig, das heisst rund drei Wochen
vor dem Konzert, zufälligerweise über einen Video-Clip des neuen
Albums «Reboot» gestolpert. Das war von «Bootie Call», also einem der
flotteren Tracks. Das komplette Album war zu diesem Zeitpunkt auf
Youtube drauf, blieb da aber nicht lange verfügbar. Diese Zeit
reichte jedoch aus, um vom ganzen Album Kenntnis zu nehmen. Somit
drangen mir natürlich auch die beiden Psychedelic Rock-Epen «All I
Want Is You» sowie «The Middlemen» an die Lauschklappen. Von da an
war ich sofort infiziert vom überaus variantenreichen Retro-Sound
der Norweger mit ihrer tollen Sängerin Heidi Solheim. Die Blues
Pills zeigten derweil auf, warum sie zurecht so angesagt sind.
Pristine
Auf der Hinfahrt nach Solothurn hatte ich das neue Hammer-Album
«Reboot» am Ohr und war nun mächtig gespannt, was mich bald erwarten
würde. Die im Voraus bekannte Info, dass die ganze Scheibe live im
Studio eingespielt worden war, liess die Vorfreude auf die
Performance markant ansteigen. Zudem war absehbar, dass Pristine als
einzelner Support-Act nicht nur eine halbe Stunde, sondern um eine
Dreiviertelstunde herum aufspielen würden. Damit verbunden war mein
(letztlich unerfüllter) Wunsch, dass der geniale Space Rock-Song
«The Middlemen» auch zur Aufführung gelangt. Leider spielten sie
diesen Oberknaller nicht, was mitunter daran lag, dass Benjamin Mørk
und seine Hammond Organ nicht mit dabei waren. Löblich in diesem
Zusammenhang, dass die entsprechenden Parts nicht ab Band kamen,
respektive einige Effekte direkt von Gitarrist Espen Elverum
Jakobsen erzeugt wurden. Im Zentrum der Band stand jedoch Frontfrau
Heidi Solheim und dies nicht nur wegen ihren rötlich gefärbten
langen Haaren. Von der ersten Minute an riss sie das Zepter an sich
und brillierte mit glasklarem Gesang und Agilität auf der Bühne.
Aufgrund der fehlenden Hammond war der
Sound
heute Abend gitarrenlastiger als sonst. Als Opener wurde «Carry Your
Own Weight» gewählt, also der erste Song des Vorgänger-Albums «No
Regret» von 2013. Schon beim nachfolgenden «California», einem neuen
aktuellen Track, konnte man der Band attestieren, dass sie den
natürlichen Top-Sound der Studioaufnahme locker auf der Bühne
umsetzen können. Den Weg zurück zu den bluesigen Wurzeln der ersten
beiden Alben markierte das herrliche «Don't Save My Soul», wo Heidi
ihre tolle Stimme nur mit Begleitung von Espen an der E-Guitar zur
Schau trug. Deshalb dauerte es auch nicht lange, bis das (ohne den
geöffneten Balkon) für einen Montagabend erstaunlich gut gefüllte
Kofmehl rasch antizipierte und nach jedem gespielten Lied lauter
applaudierte. Ich selber stand in der ersten Reihe und war ob dem
Gezeigten hocherfreut und einfach nur geplättet. Die Erwartungen,
die vor allem durch das vielseitige Neuwerk «Reboot» geweckt wurden,
sah und hörte ich auch ohne «The Middlemen» als vollständig
abgedeckt. Immerhin kam das bestens unterhaltene Publikum in den
Genuss von «All I Want Is You», das den Doors alle Ehre machte und
so zu sagen, respektive als Signature-Sound von Pristine bezeichnet
werden darf. Hoffentlich geht diese grandiose Retro-Rockband bald
als Headliner wieder auf Tour!
Setliste: «Carry Your Own
Weight» - «California» - «Don't Save my Soul» - «Bootie Call» - «She
Won» - «Tell Me» - «Derek» - «All I Want is You».
Blues Pills Nach dieser sehr überzeugenden
Steilvorlage mussten die Retro Rockstars aus dem Stall von Nuclear
Blast nun noch ein paar Scheite Holz nachlegen. Dass die Blues Pills
grundsätzlich dazu imstande sind, stand ausser Frage, und als nach
dem Intro der Opener «Black Smoke» kraftvoll in die bereits jubelnde
Menge geschleudert wurde, war allen klar, dass es jetzt im
Solothurner „Köffu“ erst richtig los geht! Auch wenn der Hype um die
international gemischte Truppe einiges zum jetzigen Erfolg
beigetragen hat, so ist es in erster Linie das Paket der
Gesamtperformance, das den Reiz dieser Band ausmacht. Dazu gehört
natürlich auch das jugendliche Antlitz der Frontfrau Elin Larsson
aus Schweden, deren Gesangsstil an die grosse Aretha Franklin mit
Schlenkern
hin zur 70er-Ikone Janis Joplin erinnert. Dazu kommt Bassist und
Gründungsmitglied Zack Anderson, ein Amerikaner und der französische
Ausnahmegitarrist Dorian Sorriaux. Relativ neu hinter den Kesseln
sitzt der Schwede André Kvarnström (Ex-Truckfighters), der Zacks
Halbbruder Cory Berry im Sommer 2014 abgelöst hat. Als ich die
Gruppe zum ersten Mal gesehen hatte, kam sie mir unnahbarer vor als
heute Abend. Das lag mitunter an der Location des Kofmehls, das
einmal mehr die unmittelbare Nähe zur Bühne zuliess und
dem auf dem Bühnenboden ausgelegten Teppich (!), den Elin in
Strumpfhosen (inklusiv fetter Laufmasche) sowie ohne Schuhe betrat.
Somit kriegte das Ganze den Vibe einer intimen Rock-Show in der
quasi eigenen Stube. So kam die Show echt und authentisch rüber,
obwohl Bassist Zack einen ziemlich dürftigen Aktionsradius hinlegte
und generell ziemlich introvertiert rüber kam. Sein Partner und
Gegenüber Dorian gebärdete sich aktiver, obwohl dieser oft und mit
geschlossenen Augen in sich ging und einige coole Soli hinlegte.
Wenn man sich achtete, respektive dem jungen Virtuosen etwas länger
zusah, konnte man dann und wann sogar ein Lächeln über sein Gesicht
huschen sehen. Die gespielten Songs des heutigen Konzertabends umfassten
vor allem das selbstbetitelte Debüt-Album und die beiden schon fast
legendären EPs «Devil Man» (2013) und «Bliss» (2012). Ebenso zum Zug
kamen zwei Covers, die gut im Gewand der Blues Pills interpretiert
wurden. Elin machte dabei dem genannten Vergleichs-Duo
Franklin/Joplin alle Ehre, bewegte sich praktisch ohne Unterlass und
riss das begeisterte Publikum mit Leichtigkeit mit. Darüber hinaus
und eben wegen der Nähe zu den Leuten, wirkte Miss Larsson weitaus
sympathischer als vorher. Etwas weniger prickelnd war allerdings der
Umstand, dass der Headliner nach der schon fast obligaten Zugabe
«Devil Man» nur gerade rund siebzig Minuten musiziert hatte. Viel zu
wenig eigentlich, aber zusammen mit der sackstarken Vorgruppe
Pristine fiel das Fazit unter dem Strich dennoch klar positiv aus. Das sahen
die Zuschauer bezüglich den schon fast euphorischen Reaktionen
offenbar auch so und hätten sicher gerne noch mehr von der
schwedisch-amerikanisch-französischen Musikerqualition gehört und
gesehen.
Setliste: «Intro / Black Smoke» - «Bliss» -
«Astralplane» - «No Hope Left for Me» - «Gypsy (Cover from Chubby
Checker & Fat Boys)» - «Dig In» - «Elements And Things (Cover from
Tony Joe White)» - «High Class Woman» - «Ain't No Change» - «Little
Sun» -- «Yet To Find» - «Devil Man».
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