Den englischen
Stahlbolzen entdeckte ich eigentlich (erst spät) mit dem Album "Mercenary" von
1998 und deshalb wuchs auch mein Interesse an dieser Death Metal Institution (für den
Begriff Legende braucht es noch ein paar Jährchen, aber das kommt schon noch Freunde!),
da sie früher noch vermehrt auf das Gaspedal traten und nicht so zugänglich waren.
Mittlerweile dominieren die heissgeliebten und verhältnismässig meist tempogedrosselten
Riffwalzen, die für gewisse Fans vielleicht etwas gleichförmig daher kommen, aber wer
sich Bolt Thrower mal an einem solchen Ort wie der Remise angehört hat, kann nicht mehr
genug davon bekommen. Das ist der ultimative Death Overkill! Nur Candlemass im Keller des
Zürcher Dynamo (13.04.03) können das von der Intensität her noch toppen! Als bekannt
wurde, dass dieses hammerharte 4er-Package nebst hier in Wil etwas später, genauer am 1.
Februar, auch in Pratteln im Z7 gastieren würde, fiel die Entscheidung nicht schwer und
so machten sich Kissi und ich händeringend natürlich auf in die Ostschweiz und wir
sollten unseren notabene ersten (!) Besuch in Wil trotz des langen Heimwegs nicht bereuen.
Einige hier nicht näher benannte Personen aus dem Freundeskreis werden sich zudem noch
eine ganze Weile in den Allerwertesten kneifen müssen, weil sie diesen Mega-Event
verpasst haben! Vor dem Headliner traten also nicht weniger als drei Bands auf und jede
vermochte Akzente zu setzen. Was sich später in Pratteln als unzureichend herausstellen
sollte, war gerade die Stärke der viel kleineren Remise, doch genug lobgehudelt! Lest
hierzu unsere Eindrücke dieser unvergesslichen Death Metal Night im Einzelnen! (rsl)
Necrophagist
Bei schon fast proppenvoller Remise enterten um circa 20.00 Uhr die Jungs von Necrophagist
die eher kleine Bühne, um ein hoch anspruchsvolles Death Metal Gewitter zu entfesseln,
das so manchen Kopfschüttler in Staunen versetzte. Die äusserst kurze Spielzeit von 30
Minuten nutzten die Deutschen voll aus und verloren so gut wie keine Zeit mit irgendwelchen
Ansagen, verzichteten (fraglicher Weise) sogar darauf, ihren eigenen Namen zu erwähnen.
Zwar feierte das Publikum das Quartett schon ziemlich euphorisch ab, dennoch verhinderte
der verschachtelte und rhythmisch wechselhafte Todesblei der Dream Theater des Death Metal
die ganz grossen (später noch folgenden) Reaktionen des Publikums, das aus dem Staunen
manchmal gar nicht mehr heraus kam. Bedingt durch diese Instrumental-Höchstleistungen
wirkten die Necrophagisten leider des Öfteren ziemlich statisch, was man ihnen beim
Anblick des mit allen (!!!) Fingern spielenden Bassisten oder den Flitzefingern der beiden
Saitenhexer jedoch sofort wieder verzeihte. Letzterer (Andreas Münzner) sah sich
inzwischen leider gezwungen, die Band aus persönlichen Gründen zu verlassen und so
suchen die talentierten Deutschen momentan einen ebenbürdigen Ersatz, vielleicht ja einen
Schweizer. (kis)
Nightrage
Endlich war der Zeitpunkt da!!! Seit dem Debüt ("Sweet vengeance") der
schwedisch/griechischen Combo Nightrage im Jahre 2003 wartete ich sehnsüchtig darauf, die
Band endlich mal live erleben zu dürfen. Wegen terminlichen und finanziellen Gründen
dauerte es dann geschlagene drei Jahre, bis sich die Melodic Death Metal Jungstars auf den
europäischen Bühnen präsentieren konnten. Und bei ihrem ersten Auftritt in der Schweiz
präsentierten sich die Jungs äusserst spielfreudig, allen voran der neue Mann hinter dem
Mikro, der seinem Vorgänger Thomas Lindberg (Ex-At The Gates, Disfear) ohne Probleme das
Wasser reichen konnte und sich bestens in die Band eingelebt zu haben scheint. Die Freude,
welche die Mannen um Bandchef und Gitarristen Marios Illiopulos ausstrahlten, sprang denn
auch auf die Meute vor der Bühne über und so verschmolzen alle Zuschauer zu einem
einzigen Moshpit, was die Musiker wiederum weiter anspornte. Dabei wurden hauptsächlich
Nummern des 2005 erschienenen Zweitlings "Descent into chaos", wie der Opener
"Being nothing", "Poem" oder "Frozen", aber auch ältere
Songs wie "Ellusive emotion" oder der Schlusshappen "The tremor". Ein
gelungener erster Gig in der Schweiz, der Lust auf mehr machte und mit dem sich die
Nachtwütenden sicherlich einen ganzen Haufen neuer Fans erspielt haben dürften. (kis)
Malevolent Creation
Was schreibt man über eine Band, die man soweit nur vom Namen her kennt und keine einzige
CD von ihnen im Regal stehen hat? Nun..., man kann sich ganz unbefangen dem widmen, was
einen akustisch wie optisch präsentiert wird. Nachdem der Grossteil der Fans sich bereits
zu Nightrage vor der Bühne eingefunden hatten, brauchte es eigentlich wenig, um die
kollektive Raserei wieder ausbrechen zu lassen. Und in der Tat: Kaum bretterten Malevolent
Creation los, verwandelte sich die Remise abermals in ein Tollhaus. Die Amis aus Florida
haben eine bewegte Geschichte und viele Besetzungswechsel hinter sich. Das zeigte auch der
heutige Abend, denn der sonst kurz geschorene Sänger Kyle Simmons hatte plötzlich eine
wehende Matte auf der Rübe und der deutlich jünger erscheinende Bassist passte auch
nicht zu den Bildern auf der Homepage von MC. Nun ja..., ist ja eigentlich egal, denn als Sprache einer Band gelten in erster Linie
deren Songs und die repräsentierten alles, was man sich aus diesem Genre gewohnt ist. Der
Sound klang roh und ungehobelt und wurde meist mit thrashiger Note runter geholzt. Dann
und wann besann man sich auch auf fette Slow-Mo-Riffs, die noch mehr zum Headbangen
animierten. Überhaupt hatten die Aktivitäten vor der Bühne beängstigende Formen
angenommen. Da wurde schon fast übelst gepogt und rumgeschubst, dass die Leiber nur so
hin und her zuckten. Unglaublich, dass sich dabei niemand ernsthaft verletzt hatte, aber
MetallerInnen sind in solchen Situationen (wie auch sonst!) solidarisch untereinander und
jeder gestrauchelte Fan wurde binnen Sekunden wieder auf die Beine geholt, was angesichts
der kollektiven Raserei auch nötig war! Derweil bretterten Malevolent Creation ihren Set
gnadenlos runter und auch wenn der Sänger (wenn es denn Kyle Simmons war) öfters den
Eindruck eines angestochenen Schlachtschweins vermittelte, war die Resonanz der Publikums
schlicht umwerfend. Aber das war ja noch nicht alles, denn jetzt war die Zeit reif für
Bolt Thrower, den freudig erwarteten Headliner. (rsl)
Bolt Thrower
Auch auf die Gefahr hin, jetzt ein paar KollegenInnen abermals zu nerven: Es war sowas von
göttlich, dass ich jetzt noch ins Schwärmen gerate, wenn ich an diesen geilen Abend
zurück denke. Und wieder kam ich zum ersten Mal an einen Konzert-Ort, von dem ich nur vom
Hörensagen her was wusste und hinterher nicht unerwartet einen total anderen Eindruck
gewann. Die Remise thront unscheinbar vor einem riesigen Industrie-Turm auf sowas wie
einem Hügel, wenn man auf dem unteren Parkplatz steht und nach oben schaut. Drinnen
herrschte eine bedrohliche Enge, die durch zusätzliche, grosse Tücher (mit dem alten
Skull-Motiv von Bolt Thrower), links und rechts an der Wand befestigt, ausgelöst wurde.
Vorne dann die kleine Bühne, die mit dem wohl soweit "normalen" Stage-Equipment
komplett zugepfercht war. Die Fotos zeigen das eindrücklich. Und dann war es soweit: Die
sympathischen Deather aus dem vereinigten Königreich enterten die Bühne und kurz darauf
brach in der Remise ein höllisches Inferno aus. Von Anfang an wehte ein fetter und alles
zermalmender Sound daher, der die kultige Location in ihren Grundfesten erschütterte.
Nach dem Intro folgten mit "At first light" und "Entrenched" gleich
die ersten zwei Tracks vom neuen Hammer-Album "Those once loyal". Rückkehrer
Karl Willetts und seine Hintermannschaft wurden von den Fans frenetisch empfangen und dieser freute sich darüber wie ein Honigkuchenpferd. Obwohl sein
Vorgänger Dave Ingram beileibe keinen schlechten Job, zum Beispiel auf dem Album
"Honour-Valour-Pride" und auch sonst abgeliefert hat, ist Karl für viele
eingefleischte Verehrer von Bolt Thrower einfach der einzig wahre Shouter und das kam voll
rüber. So nahm das Konzert seinen Fortgang und jeder Song war schlicht ein Volltreffer.
Mit "Anti-tank (dead armour)" und "The killchain" wurden zwei weitere
neue Tracks gespielt, die sich optimal neben den alten Klassikern wie
"Mercenary" oder "Powder burns" bewährten. Während von uns aus
gesehen, also unten im Foyer, unmittelbar vor der Bühne, der Moshpit völlig am
Durchdrehen war, machten Kissi und ich derweil den Balkon mit heftigstem Abschädeln
unsicher! Man konnte gar nicht anders, als sich der mörderischen Soundkulisse willenlos
auszuliefern. Welch ein Genuss für Unsereins, der den Metal-Virus in sich und in die Welt
hinaus trägt. Gleiches kann man auf Bolt Thrower ummünzen, die unter anderem auch noch
den Titeltrack "Those once loyal" zum Besten gaben. Die engen Platzverhältnisse
verunmöglichten allerdings den Einsatz von opulentem Licht mit dem obligaten Schwall an
massig Trockeis, aber die agile Performance der ganzen Band machte das locker wieder wett.
Die Stimmung befand sich durchgehend auf dem Siedepunkt und die Helden des Abends wurden
laustark abgefeiert. Als das Konzert nach etwas weniger als 70 Minuten zu Ende war, kam
dies einer Erlösung gleich, denn zahlreiche Leiber (und mein seither dahin modernder
Nacken sowieso!) brauchten dringend Erholung! Es kann mit ziemlicher Sicherheit
vorausgesagt werden, dass Bolt Thrower nach Wil zurück kehren werden und wer sich das
dann (allenfalls wieder) entgehen lässt, ist schlicht selber schuld! Ürrrrgggghhhhh... (rsl)
Set-Liste: "At first light", "Entrenched", "Mercenary",
"Anti-tank", "World eater", "Cenotaph", "The
killchain", "Powder burns", "Those once loyal", "No guts, no
glory", "IVth crusade", "When cannons fade" und dann kam meiner
Meinung nach zusätzlich noch "Contact - wait out", das nicht auf der Set-Liste
stand.
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