Livereview: Bonfire - Silence Lost - Fire Rose

14. Mai 2016, Wetzikon - Hall Of Fame
By Tinu
Seit 30 Jahren sind die deutschen Bonfire nun unterwegs und haben ihren Weg mit vielen Juwelen im hardrock'schen Imperium gepflastert. Was in den 80er-Jahren mit den Schmusehits «You Make Me Feel» und «Give It A Try» grandios begann, war nur die eine Seite der Medaille, denn die Truppe um Hans Ziller und Claus Lessmann war grundsätzlich eines: Eine verdammt geile Hardrock-Truppe. Eine, die aber Ende der 80er bis Mitte der 90er arg gebeutelt wurde, als sich der Sänger und der Gitarrist zerstritten. Claus und Hans fanden aber wieder zusammen und rockten weiter, bis vor zwei Jahren bekannt wurde, dass die Beiden erneut getrennte Wege gehen werden. Hans hielt die Fahne von Bonfire weiter hoch und holte seinen Bandkumpel von EZ Livin', Sänger David Reece, in die Band. David, auch bekannt als ehemaliger Accept-Shouter, verlieh den Songs einen metalleren Touch und zusammen mit Bassist Ronnie Parkes und Gitarrist Frank Pane sowie seit einem Jahr mit Neutrommler Tim Breideband, sind Bonfire wieder sehr ausgiebig auf Tour. Das dritte Jahrzehnt sollte gefeiert werden und dazu luden Bonfire in die Hall Of Fame ein. Zur Feier des Tages zeigte sich der Fünfer sehr spendabel und loste aus allen Tickets zwei glückliche Gewinnerinnen aus, welche die Band in Barcelona auf dem dort stattfindenden Konzert besuchen durften. Flug und Hotel inbegriffen!

Fire Rose
Als Erste stiegen Fire Rose auf die Bühne. Der Fünfer baut auf kernigen Hardrock und hat mit Sänger Pascal Dahinden einen nicht nur stimmlich sehr ähnlichen Shouter wie damals Shakra mit John Prakesh in den eigenen Reihen. Was die Jungs boten, trug viel Reiz in sich. Waren es die Doppel-Leads, die packenden Riffs oder der Groove, die Songs gefielen. So verbuchten Fire Rose schon nach dem zweiten Song eine gute Stimmung in Wetzikon und dies lag nicht nur daran, dass die eigenen Fans für viel Lärm sorgten. Was den Schweizern allerdings gut tun würde, wäre, wenn Pascal sich mehr aufs Singen und weniger auf das oftmals hohe Geschrei konzentrieren würde. Hier hat der Junge noch Potenzial und sollte sich getreu dem Motto «weniger ist oftmals mehr» ab und zu zurück halten. Auch an den Ansagen darf noch gearbeitet werden, aber das scheint eh ein Problem von Schweizer Sängern zu sein. Bis auf Bassist Adrian Thomman erschien die ganze Performance ein wenig hüftsteif, was aber auch auf die eher knappen Platzverhältnisse zurück zu führen ist. Fazit: Eine interessante Truppe, die mit einem im Kopf hängenden Hit einiges erreichen kann.

Silence Lost
Als zweite CH-Truppe stiegen Silence Lost auf die Bühne, die musikalisch gesehen vielleicht eine Spur rockiger zu Werke gingen als Fire Rose. Herausragend bei Silence Lost ist Marcel Hablützel, dem man eine solche Stimme gar nicht zutraut. Schon beim Soundcheck überzeugte der Sänger mit einer stimmlich einwandfreien Präsentation des Gotthard Hits «Said And Done». Aber auch hier fällt das Konzert mit den «bescheidenen» Ansagen ein bisschen auseinander. Keine Ahnung wie gross Marcels Ärger mit der holden Weiblichkeit ist: «Der nächste Song handelt übers Heiraten und davon, was jeder normale Mann tut, abhauen», oder «…der nächste Song handelt vom Ende einer Beziehung…». Trotzdem, Marcel versuchte viel mehr das Publikum aus der Reserve zu locken, als noch Pascal bei Fire Rose, und was macht dieses? Genau, es steht fest verwurzelt auf seinem Platz und filmt mit dem Handy das Konzert. Es ist eben nicht mehr so wie früher!!! Auch wenn Silence Lost gut rocken, rein optisch gesehen hat der Fünfer sehr wenig mit einer hart rockenden Truppe zu tun, und darum gingen Fire Rose als knappe Punktesieger der beiden Opener hervor.

Bonfire
Dann war es an der Zeit von Bonfire, Wetzikon zu begeistern. Das tat die deutschamerikanische Freundschaft von der ersten Sekunde an, bis zum Schluss. Dies lag auch an David, der mit seiner ausgeprägten Sonnyboy-Art sofort den Zugang zum Publikum fand und immer wieder den sehr direkten Körperkontakt, auch direkt am Gitter des Fotograbens, suchte. Mister Reece ist ein erfahrener und erprobter Entertainer, der es auf eine völlig andere Art als sein Vorgänger versteht, das Publikum auf seine Seite der Band zu ziehen. Seine Stimme ist zwar weniger rockig, dafür um diverse Nuancen metallener und verleiht so Bonfire einen neuen Groove. Dies liegt auch an Frank Pané, dem neuen Sologitarristen, der mit seiner filigranen Art den Liedern einen neuen Stempel aufdrückt, dabei immer wieder bei den Solos zusammen mit Hans am Bühnenrand steht und so Bonfire ein anderes Gesicht verleiht. - Das Instrumental, welches David eine kleine Verschnaufpause gönnte, hinterliess einen bleibenden Eindruck zu dem, was Frank und Hans da kurz aus ihren Saiten erklingen liessen. - Wie auch Tim, der jüngste Zugang am Schlagzeug, der mit einer unglaublichen Wucht auf seine Felle einschlägt und dabei an eine junge Version von Tommy Lee (Möley Crüe) erinnert. Der fette Bassgroove kommt derweil von Ronnie, der bescheiden seine Arbeit verrichtet und mit seinem Chorgesang glänzt. Wie auch Frank und Hans. «Nice to be back for the 30th anniversary», begrüsste David die Anwesenden, welche Bonfire mit einem tosenden Applaus empfingen. Die Setliste bestand logischerweise aus den Liedern der letzten Best Of «Pearls», somit aus den alten Hits von Bonfire, eingepackt in ein neues Gewand und ergänzt um ein paar alte Gassenhauer. Dass es fast unmöglich ist, nach 30 Jahren eine Setliste zusammenzustellen, welche alle Besucher zufrieden stellt, ist logisch. Interessanterweise beachteten Hans und seine Jungs dann vornehmlich die Zeit mit den beiden Erfolgsalben «Don't Touch The Light» und «Fireworks», aus welchen gleich neun Tracks stammten, die abgerundet wurden durch drei Lieder des letzten Studio-Albums «Glörious» und zwei von «Strike X». Somit stand die Setliste eigentlich schon und der eingefleischte Bonfire-Fan vermisste sicherlich Songs aus den Alben «Point Blank», «Fuel To The Flames» (abgesehen von der Coverversion «Sweet Home Alabama») oder «Double X».

Den Anwesenden schien das aber völlig egal zu sein, denn mit welcher Inbrunst «Give It A Try», «Nothin' At All» oder «You Make Me Feel» mitgesungen wurde, besass schon einen grossen Gänsehautfaktor. So bedankte sich David gefühlte Tausend Mal beim Publikum und verteilte Küsse. Es war ein richtig geiles Konzert. Eines, in das ich aber auch zuerst eintauchen musste. Dies aus zwei Gründen. Der Sound war in der Hall Of Fame erneut nicht das Gelbe vom Ei. Dieser Meinung waren auch einige Zuschauer, welche hitzig nach dem Gig hitzig darüber diskutierten, dass man David kaum hören konnte und somit eine gewisse Zeit brauchte, bis man die Lieder erkannte. Zudem muss ich ehrlich gestehen, dass ich Bonfire in den letzten Jahren unzählige Male sah. Dies lag auch an den immer brillanten Entertainereinlagen von Mister Lessmann. Claus hat diesen deutschen Schmäh, den man von Tobi (Edguy) und Bernhard (Axxis) her kennt und liebt. Eine Art, die auf humorvolle Weise jedes Konzert rettet und zu einem unvergesslichen Moment macht. In den letzten Jahren gehörten Bonfire für mich so zu den besten Rockbands der Welt. Ganz ehrlich, ich konnte mir nicht vorstellen, bei allen Qualitäten der Musiker, dass mich Bonfire nochmals auf diese Art packen würden. ABER! Was können David, Ronnie, Frank und Tim dafür, dass sich Bonfire in der alten Besetzung trennten? Eben! Die Jungs geben auf der Bühne Gas ohne Ende, und das muss man ihnen neidlos zugestehen. Logisch klingt alles eine Spur härter, sind die Lieder anders arrangiert, so dass man die alten Hits nach den ersten 0.2 Sekunden nicht gleich erkennt. Aber ein guter Song bleibt ein guter Song und Hans wie seine neue Begleitmannschaft spielen die Lieder mit viel Herzblut. Die Herren kämpfen um jeden Fan, spielen sich den Arsch ab und lassen sich nicht unterkriegen! Haben Spass auf der Bühne und wollen nochmals angreifen! Darum, gebt dieser Truppe, die Hits am Fliessband abliefert und bei denen die Performance ohne Ende killt, eine faire Chance. Ja, es schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Das eine liebt die alten Bonfire, und das andere hat die neue Band an diesem Abend in Wetzikon lieben gelernt!

Setliste: «Strike Back» - «Never Mind» - «Don't Touch The Light» - «Champion» - «Under Blue Skies» - «Remember» - «Sword And Stone» - «Give It A Tray» - «Can't Break Away» - «American Nights» - «Instrumental» - «Nothin' At All» - «S.D.I.» - «Sweet Obsession» - «Ready 4 Reaction» - «You Make Me Feel» - «Sweet Home Alabama».