Seit 30 Jahren sind die
deutschen Bonfire nun unterwegs und haben ihren Weg mit vielen Juwelen
im hardrock'schen Imperium gepflastert. Was in den 80er-Jahren
mit den Schmusehits «You Make Me Feel» und «Give It A Try» grandios
begann, war nur die eine Seite der Medaille, denn die Truppe um Hans
Ziller und Claus Lessmann war grundsätzlich eines: Eine verdammt geile
Hardrock-Truppe. Eine, die aber Ende der 80er bis Mitte der
90er arg gebeutelt wurde, als sich der Sänger und der Gitarrist
zerstritten. Claus und Hans fanden aber wieder zusammen und rockten
weiter, bis vor zwei Jahren bekannt wurde, dass die Beiden erneut
getrennte Wege gehen werden. Hans hielt die Fahne von Bonfire weiter
hoch und holte seinen Bandkumpel von EZ Livin', Sänger David Reece, in
die Band. David, auch bekannt als ehemaliger Accept-Shouter, verlieh
den Songs einen metalleren Touch und zusammen mit Bassist Ronnie Parkes
und Gitarrist Frank Pane sowie seit einem Jahr mit Neutrommler Tim
Breideband, sind Bonfire wieder sehr ausgiebig auf Tour. Das dritte
Jahrzehnt sollte gefeiert werden und dazu luden Bonfire in die Hall Of
Fame ein. Zur Feier des Tages zeigte sich der Fünfer sehr spendabel und
loste aus allen Tickets zwei glückliche Gewinnerinnen aus, welche die
Band in Barcelona auf dem dort stattfindenden Konzert besuchen durften.
Flug und Hotel inbegriffen!
Fire Rose
Als Erste stiegen Fire Rose auf die Bühne. Der Fünfer baut auf kernigen
Hardrock und hat mit Sänger Pascal Dahinden einen nicht nur stimmlich
sehr ähnlichen Shouter wie damals Shakra mit John Prakesh in den
eigenen Reihen. Was die Jungs boten, trug viel Reiz in sich. Waren es die
Doppel-Leads, die packenden Riffs oder der Groove, die Songs gefielen.
So verbuchten Fire Rose schon nach dem zweiten Song eine gute Stimmung
in Wetzikon und dies lag nicht nur daran, dass die eigenen Fans für viel
Lärm sorgten. Was den Schweizern allerdings gut tun würde, wäre, wenn Pascal sich
mehr aufs Singen und weniger auf das oftmals hohe Geschrei konzentrieren
würde. Hier hat der Junge noch Potenzial und sollte sich
getreu dem Motto «weniger ist oftmals mehr» ab und zu zurück halten.
Auch an den Ansagen darf noch gearbeitet werden, aber das scheint eh
ein Problem von Schweizer Sängern zu sein. Bis auf Bassist Adrian Thomman
erschien die ganze Performance ein wenig hüftsteif, was aber
auch auf die eher knappen Platzverhältnisse zurück zu führen ist.
Fazit: Eine interessante Truppe, die mit einem im Kopf hängenden Hit
einiges erreichen kann.
Silence Lost
Als zweite CH-Truppe stiegen Silence Lost auf die Bühne, die musikalisch
gesehen vielleicht eine Spur rockiger zu Werke gingen als Fire Rose.
Herausragend bei Silence Lost ist Marcel Hablützel, dem man eine solche
Stimme gar nicht zutraut. Schon beim Soundcheck überzeugte der Sänger
mit einer stimmlich einwandfreien Präsentation des Gotthard Hits «Said
And Done». Aber auch hier fällt das Konzert mit den «bescheidenen»
Ansagen ein bisschen auseinander. Keine Ahnung wie gross Marcels Ärger
mit der holden Weiblichkeit ist: «Der nächste Song handelt übers
Heiraten und davon, was jeder normale Mann tut, abhauen», oder «…der
nächste Song handelt vom Ende einer Beziehung…». Trotzdem, Marcel
versuchte viel mehr das Publikum aus der Reserve zu locken, als noch
Pascal bei Fire Rose, und was macht dieses? Genau, es steht fest
verwurzelt auf seinem Platz und filmt mit dem Handy das Konzert. Es ist
eben nicht mehr so wie früher!!! Auch wenn Silence Lost gut rocken,
rein optisch gesehen hat der Fünfer sehr wenig mit einer hart rockenden
Truppe zu tun, und darum gingen Fire Rose als knappe Punktesieger der
beiden Opener hervor.
Bonfire
Dann war es an der Zeit von Bonfire, Wetzikon zu begeistern. Das tat die
deutschamerikanische Freundschaft von der ersten Sekunde an, bis zum Schluss.
Dies lag auch an David, der mit seiner ausgeprägten Sonnyboy-Art sofort den Zugang zum
Publikum fand und immer wieder den sehr direkten Körperkontakt, auch
direkt am Gitter des Fotograbens, suchte. Mister Reece ist ein
erfahrener und erprobter Entertainer, der es auf eine völlig andere
Art als sein Vorgänger versteht, das Publikum auf seine Seite der Band zu
ziehen. Seine Stimme ist zwar weniger rockig, dafür um diverse
Nuancen metallener und verleiht so Bonfire einen neuen Groove. Dies
liegt auch an Frank Pané, dem neuen Sologitarristen, der mit seiner
filigranen Art den Liedern einen neuen Stempel aufdrückt, dabei immer
wieder bei den Solos zusammen mit Hans am Bühnenrand steht und so
Bonfire ein anderes Gesicht verleiht. - Das Instrumental, welches David
eine kleine Verschnaufpause gönnte, hinterliess einen bleibenden
Eindruck zu dem, was Frank und Hans da kurz aus ihren Saiten erklingen
liessen. - Wie auch Tim, der jüngste Zugang am Schlagzeug, der mit einer
unglaublichen Wucht auf seine Felle einschlägt und dabei an eine junge
Version von Tommy Lee (Möley Crüe) erinnert. Der fette Bassgroove kommt
derweil von Ronnie, der bescheiden seine Arbeit verrichtet und mit seinem
Chorgesang glänzt. Wie auch Frank und Hans. «Nice to be back for the
30th anniversary», begrüsste David die Anwesenden, welche Bonfire mit
einem tosenden Applaus empfingen. Die Setliste bestand logischerweise
aus den Liedern der letzten Best Of «Pearls», somit aus den alten Hits
von Bonfire, eingepackt in ein neues Gewand und ergänzt um ein paar alte
Gassenhauer. Dass es fast unmöglich ist, nach 30 Jahren eine Setliste
zusammenzustellen, welche alle Besucher zufrieden stellt, ist logisch.
Interessanterweise beachteten Hans und seine Jungs dann vornehmlich die
Zeit mit den beiden Erfolgsalben «Don't Touch The Light»
und «Fireworks», aus welchen gleich neun Tracks stammten, die abgerundet
wurden durch drei Lieder des letzten Studio-Albums «Glörious» und zwei
von «Strike X». Somit stand die Setliste eigentlich schon und der
eingefleischte Bonfire-Fan vermisste sicherlich Songs aus den Alben
«Point Blank», «Fuel To The Flames» (abgesehen von der Coverversion
«Sweet Home Alabama») oder «Double X».
Den Anwesenden schien das aber völlig egal zu sein, denn mit welcher
Inbrunst «Give It A Try», «Nothin' At All» oder «You Make Me Feel»
mitgesungen wurde, besass schon einen grossen Gänsehautfaktor. So
bedankte sich David gefühlte Tausend Mal beim Publikum und verteilte
Küsse. Es war ein richtig geiles Konzert. Eines, in das ich aber auch
zuerst eintauchen musste. Dies aus zwei Gründen. Der Sound war in der Hall
Of Fame erneut nicht das Gelbe vom Ei. Dieser Meinung waren auch einige
Zuschauer, welche hitzig nach dem Gig hitzig darüber diskutierten, dass man
David kaum hören konnte und somit eine gewisse Zeit brauchte, bis man
die Lieder erkannte. Zudem muss ich ehrlich gestehen, dass ich Bonfire
in den letzten Jahren unzählige Male sah. Dies lag auch an den immer
brillanten Entertainereinlagen von Mister Lessmann. Claus hat diesen
deutschen Schmäh, den man von Tobi (Edguy) und Bernhard (Axxis) her kennt
und liebt. Eine Art, die auf humorvolle Weise jedes Konzert
rettet und zu einem unvergesslichen Moment macht. In den letzten Jahren
gehörten Bonfire für mich so zu den besten Rockbands der Welt. Ganz
ehrlich, ich konnte mir nicht vorstellen, bei allen Qualitäten der
Musiker, dass mich Bonfire nochmals auf diese Art packen würden. ABER!
Was können David, Ronnie, Frank und Tim dafür, dass sich Bonfire in der
alten Besetzung trennten? Eben! Die Jungs geben auf der Bühne Gas ohne
Ende, und das muss man ihnen neidlos zugestehen. Logisch klingt alles
eine Spur härter, sind die Lieder anders arrangiert, so dass man die
alten Hits nach den ersten 0.2 Sekunden nicht gleich erkennt. Aber ein
guter Song bleibt ein guter Song und Hans wie seine neue
Begleitmannschaft spielen die Lieder mit viel Herzblut. Die Herren
kämpfen um jeden Fan, spielen sich den Arsch ab und lassen sich nicht
unterkriegen! Haben Spass auf der Bühne und wollen nochmals angreifen!
Darum, gebt dieser Truppe, die Hits am Fliessband abliefert und
bei denen die Performance ohne Ende killt, eine faire Chance. Ja, es
schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Das eine liebt die alten Bonfire,
und das andere hat die neue Band an diesem Abend in Wetzikon lieben gelernt!
Setliste: «Strike Back» - «Never Mind» - «Don't Touch The Light» -
«Champion» - «Under Blue Skies» - «Remember» - «Sword And Stone» -
«Give It A Tray» - «Can't Break Away» - «American Nights» - «Instrumental» -
«Nothin' At All» - «S.D.I.» - «Sweet Obsession» - «Ready 4 Reaction» -
«You Make Me Feel» - «Sweet Home Alabama».
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