Die Musigburg in Aarburg entwickelt sich so langsam vom
Geheimtipp zum grossen Gewinner der Konzertlocations in der Schweiz.
Das liegt einerseits am Angebot der Bands und andererseits am Charme
des kleinen Ladens. Waren vor nicht allzu langer Zeit Death Angel
oder RAM zu Gast, beehrten Bonfire Aarburg nun schon zum zweiten Mal. Eine
Band, welche in den achtziger Jahren mit ihrem amerikanisch
geprägten Hardrock für viel Aufsehen sorgte. Balladen wie «You Make
Me Feel» oder «Give It A Try» waren Dauergäste in den Medien. Aber
auch mit genügend Dreck unter den Fingernägeln konnte sich der Fünfer
behaupten und hatte mit Songs wie «Ready For Reaction», «Under Blue
Skies», «Day 911», «Daytona Nights», «Strike Back», oder «Don't
Touch The Light» Juwelen im Angebot. Nach dem erneuten Zwist zwischen
den beiden Bandleadern Claus Lessmann (Gesang) und Hans Ziller
(Gitarre) scharte sich Hans eine Truppe um sich, die bedeutend
härter ans Werk geht. Nach dem Rauswurf von Shouter David Reece
steht nun Alexx Stahl bei Bonfire am Mikrofon.
Grey Attack
"Dich kenne ich, zumindest deine Frisur. Es ist schön, wenn uns Fans
nachreisen, auch wenn es wegen Bonfire ist", grinste Sänger Grey
Charlez und legte mit seinen Ansagen zumindest einen
guten Draht ins Publikum. Ansonsten hatten es Grey Attack schwer, die
Anwesenden zu überzeugen. Ihr Sound, ein Gemisch aus
Alternative- und Classic Rock, war irgendwie auch das falsche
Puzzle-teilchen, um an diesem Abend punkten zu können, auch wenn mit
zunehmendem Bierkonsum und Spielzeit sich zumindest eine gewisse
Lockerheit beim Publikum breit machte. Ob sich nach dem Gig noch
jemand an den Bandnamen erinnern konnte, ist jedoch fraglich. Es ist auch
nicht gerade das Klügste, wenn man auf der eh schon kleinen Bühne noch
das eigene Schlagzeug aufstellt und sich so noch mehr der
vorhandenen Fläche beraubt. So blieb es eine eher saftlose
Vorstellung, bei der sich die Herren bemühten, aber bei den
Zahlenden am Ende des Abends wohl kaum was haften blieb. Eigentlich
schade, denn wenn das Quartett richtig los rockt, dann macht die
Mucke durchaus Spass.
Bonfire «Es war
einmal…», so fangen viele Märchen an und auch bei mir schlich sich
nach einigen Minuten diese weltbekannte Einleitung in meine
Gedächtnisstube. Nicht dass Bonfire etwa zu einer schlechten Band
verkommen sind. NEIN! Aber von der rockigen Attitüde haben sich die
Herren, nach Aussage von Hans Ziller, bewusst entfernt. Sänger
Alexx, Hans, Gitarrist Frank Pané, Bassist Ronnie Parkes und
Schlagzeuger Tim Breideband sind sehr gute Musiker. Es macht Freude
Frank zuzusehen, wie er die Solos spielt und mit welcher
Leichtigkeit, aber auch Virtuosität er den bekannten Hits ein neues
Leben einhaucht. Tim alleine ist schlicht ein Hingucker. Was der Junge an
seinem Arbeitsgerät verrichtet, mit welchen
Showelementen
er das Ganze würzt und mit welchem Elan wie Power er
spielt, sucht Seinesgleichen. Ronnie ist indes der typische Bassist, der
eher ein bisschen bescheiden auf der linken Bühnenseite steht, aber
einen sehr wichtigen und druckvollen Job erledigt. Tja, und Hans ist
Hans, der mit einer unglaublichen Lässigkeit und Lockerheit auf der
Bühne steht und versucht, den neuen Bonfire ein frischeres Leben
einzuflössen. Alexx ist schliesslich ein verdammt geiler Shouter, der mit seinen
Screams beim Opener «Temple Of Lies» viele an Rob Halford von Judas
Priest erinnern liess. Auch wenn es schien, dass ihm zuweilen ein
bisschen der Atem fehlte, muss man sagen, dass es verdammt heiss war
in der Musigburg und man die Luft in Scheiben schneiden konnte. "Das
habe ich echt noch bei keinem Konzert gefragt, aber hat jemand
Haarspray dabei? Bei der Hitze fallen mir meine Locken immer ins
Gesicht." Ob dies nun die beste Ansage war, die man bis anhin von
einem Sänger zu hören bekam? Man kann durchaus darüber diskutieren.
Auch als Mister Stahl die kommenden Konzerte von «Bonfire And
Friends» mit vielen namhaften Künstlern ansagte und dabei nicht
mehr wusste, wer denn jetzt alles dabei sein wird, war das Schlusszitat:
«…das gibt heute Abend wieder Schelte vom Chef…», sicherlich lustig
gemeint, aber die Art, wie diese Aussage getätigt wurde, war eher
ein trockener, denn ein humorvoller Akt. Und hier kommt schon der
erste Kritikpunkt zum Tragen. Konnte früher Claus mit seiner
sympathischen Art das Publikum locker aus der Reserve holen, war man
sich nicht sicher, was hinter gewissen Aussagen steckte. Die Band
rockte sehr gut los, aber nicht als Einheit, sondern eher als
Einzelkämpfer. Die Kehrtwende vom Hardrock hin zur eher
metallischeren Version ist zudem eine gewichtige Geschmacksfrage. Wer
mit den Songs aufgewachsen ist, hat sie im Ohr und musste deshalb durchaus
bis zu Refrain warten, bis sie erkannt wurden. Dieser Soundwechsel mag
für einige durchaus seine Berechtigung haben, liess für andere aber
auch ein schlechtes Gefühl aufkommen. Der aktuelle Erfolg, der
Einstieg in die Schweizer Charts war noch nie so hoch seit «Fire
Works», mag Hans und seiner Truppe recht geben. Aber Lieder wie
«Under Blues Skies» muss man nicht "modernifizieren", denn die
Originalversion besitzt schon ein unglaubliches Flair und sorry, kann
nur von einem gesungen werden. Hier ist die Stimme von Alexx
unpassend. Nochmals, Bonfire haben sich einer musikalischen
Kurskorrektur unterzogen und beschreiten bedeutend härtere Wege.
Dieser Weg wurde an diesem Abend von den Fans durchaus lautstark
unterstützt und mitgegangen. Trotzdem darf man sich die Frage
stellen, ob man sich als Truppe mit einem doch nicht unerheblichen Erfolg
aus der Vergangenheit aktuell auf neue Pfade begeben muss?
"Schuster bleib bei deinen Leisten", ist nicht nur ein altes,
sondern auch ein bewährtes Sprichwort. Judas Priest mussten dies,
als Beispiel genannt, ebenso am eigenen Körper erfahren.
Bonfire
sind nach wie vor eine verdammt geile Band und musikalisch über vieles
erhaben. Die Gitarristen spielen nach wie vor tolle Doppel-Leads und
mit Nummern wie «Sword And Stone» (geschrieben von Desmond Child und
Paul Stanley), «American Nights», «Never Mind», aber auch mit
neueren Nummern wie «Crazy Over You», «Praying 4 A Miracle» oder
«Temple Of Lies» können sie locker für Laune sorgen. Es würde aber
durchaus Sinn machen, wenn man den alten Klassikern dessen vorhandenes
Flair nicht raubt und zusammen mit den härter ausgerichteten
Tracks als gute Ergänzung spielt. Ja, ich war nicht überzeugt von
diesem Konzert, und ich denke, man darf durchaus auch seine
persönliche Meinung dazu abgeben, solange man der Truppe attestiert, dass
sie nach wie vor sehr gute Eigenschaften besitzt, aber mit dieser
Neuausrichtung folglich auch auf geteilte Meinungen stösst!
Setliste: «In The Beginning (Intro)», «Temple Of Lies»,
«Never Mind», «Don’t Touch The Light», «Stand Or Fall», «Under Blue
Skies», «Praying 4 A Miracle», «Lonely Nights», «Sword And Stone»,
«American Nights», «Can’t Break Away», «Tony’s Roulette», «Crazy
Over You», «S.D.I.», «Sweet Obsession», «Ready For Reaction» - «You
Make Me Feel», «Champion»
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