Livereview: Brainstorm - Pagan's Mind- Powerwolf
11. März 2008, Pratteln Z7
By Rockslave
Die beste Power Metal Band aus dem Schwabenländle hat erst vor Kurzem ihr neues Hammer-Album "Downburst" auf den Markt gebracht. Wer gedacht hatte, dass nach dem bärenstarken Vorgänger "Liquid Monster" (2005) das Ende der Fahnenstange erreicht sei, musste sich eines Besseren belehren lassen. Seit einigen Jahren haben sich Brainstorm kontinuierlich weiter entwickelt und sind inzwischen eine der grossen Stützen unseres nördlichen Nachbarn, wenn es um glaubwürdigen Metal geht. Dazu kommt das stets freundliche Wesen von Sänger Andy B. Franck, der sich gegenüber den Fans schon immer äusserst loyal und dankbar gezeigt hat. Man durfte also gespannt sein, wie sich die aktuelle Tour präsentierten würde. Mit dabei waren noch zwei weitere Bands, von denen Powerwolf ja bereits im Schlepptau der letzten Konzertreise von Candlemass waren. Ihr Vampir Metal (trotz Bass-Sound ab Band/Keyboard) ist stets eine sichere Nummer in Sachen Stimmung aufbauen. Noch eine Ecke interessanter gestaltete sich derweil das Schweizer Live-Debüt (!) der norwegischen Prog Metaller von Pagan's Mind! In dieser Stil-Ecke kommt man definitiv nicht um diese Hammer-Combo herum! Mein Hauptaugenmerk lag dabei bei der livehaftigen Umsetzung der zum Teil ziemlich komplexen und oft ausladenden Arrangements. Meine hoch gesteckten Erwartungen wurden erfreulicherweise nicht nur erfüllt, sondern gar übertroffen!

Powerwolf
Als erste Band des Abends durften Graf Dracula's Jünger ran an den Speck (oder das Blut hä hä) und das taten sie dann auch gleich von Anfang an. In Sachen Posing und Action, also Bewegung auf der Bühne, sind Powerwolf einfach unwiderstehlich. Die Gebrüder Charles und Matthew Greywolf stehen dabei im Zentrum und sind dankbare Objekte für alle der fotographierenden Zunft. Sänger Attila Dorn ergänzt seine Saiten-Hexer dabei bestens. Wie schon bei Candlemass konnten Powerwolf ihr Publikum auch diesmal rasch aus der Reserve locken. Der griffige Heavy Metal mit Elementen aus der Dio/Rainbow/ Purple/Savatage/Ozzy Ecke setzt sich rasch im Ohr fest. Entscheidendes Element ist dabei das Orgelspiel der Ausprägung Hammond (das allerdings von einem Keyboard stammt). Der Mitsingfaktor wie bei "Mr. Sinister" oder "We Came To Take Your Souls" (mit der geilen Strophe "we fight for Metal...") war genau das richtige Mittel, um die Leute aus ihrer Lethargie heraus zu lösen. Da Herr Dorn ausserdem gut Deutsch spricht, konnte damit ein weiterer Pluspunkt bei der Kommunikation mit dem Publikum verbucht werden. Das theatralische Element (mit dem Mönchsgewand und dem Kelch) wurde zeitweilen zwar etwas übertrieben, aber nichtsdestotrotz gab die Band (die live übrigens keinen Bassisten im Lineup hat!) während 40 Minuten mehr oder weniger alles, was sie ausmacht und hinterliess zumindest weder Pfiffe noch enttäuschte Gesichter. Für's Auge standen zudem zwei Fahnenbanner auf der Bühne, die in ziemlich fettes Z7-Licht getaucht wurden. Somit war durfte der Auftakt des heutigen Abends mit Songs aus ihren zwei Alben "Return in Bloodred" (2005) und "Lupus Dei" (2007) als durchaus positiv bezeichnet werden.

Pagan's Mind
Knapp eine halbe Stunde später war es dann soweit: Pagan's Mind aus dem hohen Norden (Norwegen) schickten sich an, ihr allererstes Konzert auf Schweizer Boden zu spielen! Das hatte natürlich schon etwas Symbolcharakter und dem entsprechend ging die Band voll motiviert ans Werk. Just zur Jahrtausendwende kam ihr Hammer-Debüt "Infinity Divine" (2004 re-released) auf den Markt. Es folgten "Celestial Entrance" (2002), "Enigmatic Calling (2005) und letztes Jahr schliesslich "God's Equation". Die massgebenden Musiker sind Sänger Nils K. Rue und Gitarrist Jørn Viggo Loftstad. Ersterer ist mit einer sehr einprägsamen wie kraftvollen Stimme gesegnet, während sein Kollege die 6-saitige Axt als alleiniger Gitarrist überaus virtuos einsetzt. Das kam auf der Bühne ziemlich deutlich zum Ausdruck und das zu Beginn von dieser Soundwalze förmlich überfahrene Publikum musste sich zuerst auf diese geile Mucke einstellen. Das geschah zu meiner Freude ziemlich rasch und bald wurden der Applaus und die Zustimmung immer lauter. Wer sich die Musik auf CD anhört, ist oft von üppigem Bombast und ausgefeilten Arrangements umgeben, was in der Regel eher schwer auf der Bühne umsetzbar ist. Pagan's Mind gelang dies aber erstaunlich gut und selbst wenn ein Teil davon wohl vom Band kam, klang das Package als Ganzes absolut echt und keinesfalls gekünstelt. Vor allem der Gesang von Nils K. Rue kam voll geil rüber (gilt auch für die Backing Vocals der Kollegen) und manch einer dachte sich wohl, warum man diese Top-Band in der Schweiz erst jetzt zu Gesicht bekommt. Da leider keine Setlist auf der Bühne lag und ich die Stücke wenigstens von der Musik her soweit kannte, musste ich mich deshalb auf die Ansagen konzentrieren. Dazu gehörten demnach die neuen Songs "Hallo Spaceboy" und "Alien Kamikaze", "Atomic Firelight" sowie "Through Osiris Eyes" (von "Celestial Entrance") und der Titeltrack von "Enigmatic Calling", die sich, will man sie umschreiben, wie ein Bastard aus Dream Theater, Threshold, Ivanhoe und Saga anhör(t)en. Mitunter bretthart wie frickelig intoniert und gleichzeitig aber melodiös ohne Ende. Unterstützt durch einen Top-Sound und stimmiges Licht, lieferten Pagan's Mind eine total überzeugende CH-Premiere ab. Wer auf Progressives mit Schmackes steht, darf, wie schon zu Beginn erwähnt, diese Norweger nicht mehr ausser Acht lassen. Dass sie sich überdies weiter entwickeln und absolute Top-Musiker sind, beweisen die beiden Bonus-Tracks auf dem Re-Release von "Infinity Divine", wo die Neu-Version von "Embracing Fear" ebenso überzeugen kann, wie die hypergeniale Cover-Version von "At The Graves", die King Diamond Fans (inkl. den King!) mit offenen Mündern und Kinnladen auf Tauchstation dastehen lassen! Es bleibt zu hoffen, dass wir Pagan's Mind baldmöglichst wieder on Tour geniessen können. In der Zwischenzeit lege ich der Zielgruppe alle (!) vier bisherigen CDs wärmstens ans Herz, denn da wird erst offenkundig, was diese Combo sonst noch alles auf dem Kasten hat, respektive während den heutigen 40 Minuten zwangsläufig nicht hat spielen können!

Brainstorm
Dass der Headliner da noch einen drauf setzen kann, stand ausser Frage, aber viele Fans waren vom glänzenden Auftritt von Pagan's Mind echt überrascht gewesen. Das dürften Andy B. Franck und seine Mitstreiter sicher auch bemerkt haben, weshalb sie ihre Show mit dem wuchtigen Opener "Falling Spiral Down" (vom neuen Album "Downburst") sogleich nicht minder kraftvoll in Gang setzten. Mit dabei zum ersten Mal im Z7 war der neue Bassist Antonio Iewa (ersetzte Andy Mailänder), der eigentlich nur wegen seiner (zu) kurzen Haarpracht (optisch) aus der Reihe tanzte und ansonsten seinen Job souverän meisterte. Wer die schwäbischen Power Metaller in den letzten Jahren schon mal irgendwo gesehen hat, wusste auch heute Abend, was ihn erwarten würde, nämlich nichts anderes als eine geile Metal-Show, die nur eines zum Ziel hatte: Bang your fuckin' head! Flankiert von zwei Bühnenbannern mit Motiven von "Downburst" und dem grossen Logo auf dem Backdrop machten Brainstorm dann auch mächtig Dampf, wobei das Publikum enthusiastischer hätte sein können. Doch der redselige Sänger befand sich in guter Form wie Laune und trieb die Meute immer wieder unentwegt an, was mit solchen Hammer-Songs wie "Blind Suffering", "Shiva's Tears" oder "Hollow Hideaway" ein Kinderspiel war. Mein Eindruck war allerdings, dass beim letzten Gastspiel anlässlich der "Liquid Monster" Tour im Gegensatz zum heutigen Abend mehr Leute zugegen waren, was mindestens teilweise auf den gleichzeitig in Zürich stattfindenden Gig von Overkill zurück zu führen war. Wie dem auch sei, rockte das Z7 je länger das Konzert dauerte dennoch ganz ordentlich und kriegte dabei einen fetten, transparenten Sound um die Lauschklappen geblasen. Sympathische Speeches des Frontmanns hielten die Meute zudem konstant bei Laune. Einer der zahlreichen Höhepunkte war "Inside The Monster" und auch das "ruhige" "How Do You Feel" verströmte gar etwas Gänsehaut-Feeling. Mit zunehmender Anzahl von Alben wird es für jede Band immer ein Stückchen schwieriger, die entsprechende Setlist so zusammen zu stellen, dass mehr oder weniger alle Fans auf ihre Kosten kommen. Nimmt man sich die heutige Setlist zur Brust, dann waren von insgesamt sechzehn vorgesehenen Songs deren vier, also ein Viertel vom neuen Album. Das dürfte wohl ein ungefährer Massstab sein, wenn es darum geht, dem Publikum als Headliner jeweils neues Material vorzustellen und im gleichen Atemzug schmackhaft zu machen. Allerdings kam bei mir am sonst tadellosen Gig auf den eher überraschenden Verzicht der ersten Zugabe mit dem Titel "Redemption In Your Eyes" (einem der besten neuen Tracks!) wirklich etwas Wehmut auf. Das geschah aber erst nach dem Konzert, respektive nachdem ich mir eine Setliste von einem Helfer krallen konnte und den schwarzen Strich an der entsprechenden Stelle sah. Zu Beginn noch im Fotograben drin fotographiert, waren alle Stücke vorgesehen. So war dann mit dem abschliessenden "All Those Words" nach intensiven und abwechslungsreichen 90 Minuten definitiv Schicht im Schacht, aber ich kann mir abschliessend den Kommentar nicht verkneifen, dass die meisten Metal-Konzerte vor zwanzig Jahren unter dem Strich vielfach einfach bedeutend wilder abgingen!

Setlist: "Intro" - "Falling Spiral Down" - "Worlds Are Coming Through" - "Shiva's Tears" - "Fire Walk With Me" - "End In Sorrow" - "Highs Without Lows" - "Shadowland" - "Hollow Hideaway" - "Doorway To Survive" - "Painside" - "Inside A Monster" - "How Do You Feel" - "Redemption In Your Eyes" (Canceled!) -- "Under Lights" --- "All Those Words".