Für mein persönlich letztes Konzert des Jahres 2010 hatte ich mir
was Feines in den Kalender eintragen können, denn Brainstorm sind
live eine Macht und es ist schon wieder eine Weile her, seit ich
Andy B. Franck und seine Truppe das letzte Mal habe spielen sehen.
Da unsere Liane ja noch einen Interview-Termin wahr zu nehmen hatte
und ich sie dabei begleiten konnte, gab es schon vor dem Auftritt
ein herzliches Wiedersehen mit dem sympathischen wie redseligen
Schwaben. Während von der Zweitband Symphorce mit «Unrestricted»
erst gerade ein neues Werk das Licht der Welt erblickt hat, kam die
aktuelle Brainstorm Langrille «Memorial Roots» 2009 auf den Markt,
gefolgt von der «Best Of»-Scheibe «Just Highs No Lows», die den
letzten 12 Jahren Bandgeschichte Rechnung trägt. Somit war der
heutige Besuch in Pratteln in erster Linie eine Sache für die treue
Fanbase, die sich Brainstorm kontinuierlich aufgebaut haben. Daran
arbeiten Dawnless, der Schweizer Support, noch. Die Walliser haben
es technisch jedoch absolut im Griff und waren überraschend gut in
Form.
Dawnless
Ehrlich gesagt hatte ich keinen Schimmer davon, dass Dawnless
als Support von Brainstorm gebucht worden waren, wobei diese
eigentlich am Tag darauf mit Freedom Call hätten spielen sollen. Da
die Deutschen aber ihr Konzert für eine DVD filmen liessen, musste
die Sache verschoben werden. Unglücklich dürfte man darob aber kaum
gewesen sein. Den Namen der Schweizer Band aus dem Kanton Wallis
hatte ich freilich schon noch irgendwie präsent, aber länger nichts
mehr von ihnen gehört. Die Recherchen zu Hause beförderten dann
tatsächlich die blitzsaubere Demo-CD von 2007 wieder ans Tageslicht
zurück. Die Promo von «A Way Of Escape», die gleich im DVD-Box
Format daherkam, hinterliess damals einen mehr als guten Eindruck.
Danach verabschiedeten sich die Walliser aber bald wieder aus meiner
Wahrnehmung. Darum bekam ich in der Folge nicht mit, dass diese
Langrille (eigentlich schon 2006 offiziell erschienen) erstens nicht
mehr aktuell war, im Jahr 2008 der Nachfolger «While Hope Remains»
raus kam und zweitens 2009 mit einem neuen Mix nochmals
veröffentlicht wurde. Des Weiteren stellte ich erfreut fest, dass
das Lineup bis
heute unverändert geblieben ist. Sänger und Gitarrist
Bertrand Ecoffey trägt allerdings entgegen älteren Bildern neu eine
Kurzhaarfrisur. Das hatte allerdings keinerlei Einfluss auf die
Qualität des Auftrittes und erinnerte dann und wann, vor allem wegem
dem dominanten Keyboard-Sound, an die Innerschweizer von Crown Of
Glory. Betrand teilte sich die Vocals mit Kollege Hervé (g) und
zusammen wechselten sich so Growls und cleaner Gesang in einer guten
Mixtur ab. Überhaupt waren die beiden Gitarristen die zentralen
Figuren auf der Bühne. Bassist Samuel Michaud liess musikalisch zwar
nichts anbrennen, war aber viel zu statisch im Gegensatz zu den
anderen beiden Saiten-Derwischen. Tastenmann Lionel May, dessen
Instrument ungewohnt nahe dem Bühnenrand stand, sorgte ebenfalls für
optische wie handwerkliche Action! Die Cover-Version von «Love
Machine», einem alten W.A.S.P.-Klassiker, wurde unerwartet gut
interpretiert und entlockte dem Publikum dafür den verdienten
Applaus und überhaupt gute Resonanz für insgesamt überzeugende 40
Support-Minuten.
Setliste: «The Planet's Dream» - «Trying To Get Away» - «Freedom's
Gone» - «Winds Of Hate» - «Shadow And Pain» - «Love Machine» - «The
World We See» - «We're All The Same».
Brainstorm
Die Flut an neuen Alben wie die Menge an guter Musik allgemein
bringt es mit sich, dass man einfach nicht immer alles zur gleichen
Zeit am Ohr haben kann. Nur so kann ich es mir erklären, dass ich
zum heutigen Konzert das aktuelle Album «Memorial Roots» überhaupt
nicht präsent hatte. Die Kontrolle des heimischen
Tonträger-Bestandes erbrachte sogar, dass bislang immer noch nur das
digitale Promo-Material vorliegt! Punkt 21.45 Uhr stiegen Brainstorm
auf die Bühne und wählten als Opener «World's Are Comin' Through» vom
Hammer-Album «Liquid Monster» (2005), gefolgt von «Blind Suffering»,
das «Metus Mortis» (2001) ziert. Das top eingespielte Lineup fährt
stets innert kürzester Zeit hoch und es ist einfach nur Genuss pur,
dieser geilen Mucke zu lauschen. Sänger Andy B. Franck, den ich
eigentlich noch nie auch nur ansatzweise mürrisch oder schlecht
gelaunt gesehen wie erlebt habe, suchte sofort den Kontakt zu den
Fans verbreitete sogleich eine gute Laune. Und dies, obwohl mit rund
200 bis vielleicht knapp 250 Leuten eine für das Z7 recht spärliche
Kulisse aufmarschiert war. Mag sein, dass viele über Weihnachten und
Neujahr ferienhalber weg waren oder sich an diesem Abend halt
anderweitig beschäftigten und leider keinen Bock auf eine der besten
(deutschen) Power Metal Bands hatten. Mit «Shiver» und «Forsake What
I Believed» fanden zwei neue Songs den Weg in die Setliste und
fügten sich bestens ins bestehende Repertoire ein. Dabei zog Master
Franck wieder alle Register und untermauerte abermals seinen
ausgezeichneten Ruf als Ausnahmeshouter. Obwohl Brainstorm natürlich
als Kollektiv voll punkten, würde ohne den charismatischen Frontmann
einiges fehlen. Dieser trieb das gut antizipierende Publikum immer
wieder von Neuem an und sorgte permanent für Bewegung.
Eigentlich
spielte es gar keine Rolle, welcher der Songs gerade zelebriert
wurde, denn die Schwaben powerten ohne Ende und liessen die Wände
erzittern. «Falling Spiral Down» zum Beispiel kam mega brachial aus
der PA geschossen und brachte zahlreiche Matten zum Schwingen.
Darüber hinaus bewies der gute Andy sein komödiantisches
Talent, als
er unter anderem mit Gitarrist Todde das Thema des
"Feiertage-Specks" ansprach und dieser dann weiter zum Gelächter
beitrug, als er dazu meinte, dass er schon seit August dran sei.
Aktives Mitsingen war mehr als einmal erforderlich, doch bei «All Those Words» ist es immer speziell und klang auch bei zahlenmässig
geringerem Zuspruch einfach nur geil! Dass sich Andy zwar vorne
hinstellt, was er ja als Sänger zwangsläufig muss, heisst aber
nicht, dass er sich in den Vordergrund stellt. Bei der Vorstellung
der Bandmembers wurde er nämlich ausgelassen, warum auch immer. Ein
gigantisches «Shiva's Tears» kündigte dann langsam aber sicher das
Ende des regulären Sets an, der mit optimalem Z7-Licht und
Trockeneis veredelt wurde. Die lautstark geforderten Zugaberufe
wurden schliesslich mit «Painside» und «Under Lights» belohnt. Nach
100 schweisstreibenden Minuten ging somit für meine Wenigkeit ein
unglaubliches Konzertjahr 2010 zu Ende, das eigentlich nur durch den
beklagenswerten Tod einiger sehr geschätzter Musiker wie Ronnie
James DiO (R.I.P.) und Steve Lee (R.I.P.) getrübt wurde. Damit
einher ging aber gleichzeitig die Freude darüber, dass es 2011 nicht
minder laut zu und her gehen wird!
Setliste: «World's Are Comin' Through» - «Blind Suffering» - «Highs
Without Lows» - «Shiver» - «Hollow Hideaway» - «Forsake What I
Believed» - «The Leading» - «End In Sorrow» - «Falling Spiral Down»
- «Doorway To Survive» - «All Those Words» - «Fire Walk With Me» - «Shiva's
Tears» - «How Do You Feel» -- «Painside» - «Under Lights».
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