Die diesjährige Brienzersee Rockfestival-Ausgabe war eine besondere.
Bereits seit drei Jahrzehnten steht das Festival am oberen Ende des
Brienzersees für „heissen Rock, am kühlen See“. In diesem Jahr
durfte man mit Bands wie Pretty Maids oder The Sweet feiern.
The Sweet Den Donnerstagabend rockten die alten Herren
von The Sweet. Bereits um 21:00 anstatt um 23:00 Uhr legte das
Quartett aus England auf der Brienzer Seebühne los. Ein zwei
schnellere Nummern zu Beginn, um das vorwiegend ältere Publikum in
Stimmung zu bringen. Nach 50 Jahren im Business und unzähligen
produzierten Alben, konnte die Band aus den Vollen schöpfen. Gerade
die älteren Semester schienen die Songs bestens zu kennen und sangen
lautstark mit. Was sie sich natürlich auch nicht nehmen liessen, war
das altbekannte Schlagzeugsolo. Gut zwei Minuten knüppelte Bruce
Bisland auf seinen Fellen herum und demonstrierte eindrucksvoll,
dass auch faltige Männer noch lange keinen Krückstock brauchen. Das
jüngere Publikum hatte zumeist nur Fragezeichen ins Gesicht
geschrieben. Die Herren lieferten auf der Bühne eine tadellose Show
ab und sie wirkten auch gegen Ende des Gigs nicht wirklich müde. Mit
zunehmendem Showverlauf kamen dann schliesslich auch noch
die
hierzulande radiotauglichen Hits wie „Teenage Rampage“, „Fox On The
Run“ oder „Blockbuster“ zum Zug. Da erhellten sich sogar die
Gesichter der jüngeren Generation, da sie feststellten, dass sie den
einen oder anderen Song von The Sweet ja doch noch kennen. Beim
ultimativen Schlusssong „Ballroom Blitz“ wurde das Zelt nochmals
heftig durchgeschüttelt und alle Anwesenden schwangen richtig das
Tanzbein. Unter frenetischem Jubel, liess sich der Vierer
schliesslich noch eine Runde feiern, da es wohl der letzte Auftritt
ihrer Karriere in der Schweiz gewesen ist. The Sweet sind momentan
auf Abschiedstournee und machten dafür auch noch einmal in Brienz
Halt. Falls dieser Abend nun definitiv einen Schritt in ihren
Ruhestand bedeutet, so haben ihn die Musiker absolut verdient.
Chapeau, vor so einer langen Karriere und dennoch so viel
Spielfreude!
Setliste: «Action» «New York Groove»
«Hellraiser» «Six Teens» «Peppermint Twist» «ACDC» «Lost Angels»
«Coco/Funny/Joe» «Teenage Rampage» «Wig Wam» «Little Willy» «Love Is
Like Oxygen» «Fox On The Run» «Blockbuster» «Ballroom Blitz»
Hells Belles Gleich im Anschluss folgte
die wohl bekannteste weibliche AC/DC-Coverband Hells Belles. Auf
ihren Auftritt habe ich mich besonders gefreut, da AC/DC, ob Cover
oder Original, auf einer solchen Fete doch immer passt. Leider
folgte der Freude schnell Ernüchterung, denn nachdem die Band eine
gute Viertelstunde zu spät auf die Bühne kam, klang es
nicht wirklich einladend. Die fünf Girls wirkten alles andere als
sicher auf der Bühne. Nach fast jedem Song wurde im Ordner am
Bühnenrand geblättert, um die richtigen Noten oder der passende Text
zum Stück zu finden. Die Ansagen der Sängerin wirkten peinlich und
wenig überzeugend. Die Stimmung beim Publikum war ganz von deren
Alkoholpegel abhängig. Je mehr intus desto besser war die Show, je
nüchterner, desto enttäuschender war der ganze Auftritt. Diverse
AC/DC Fans regten sich lautstark über die Performance der fünf Girls
auf und waren der Meinung, dass diese eher hätten zahlen müssen, als
für diese Scheisse noch Gage zu beziehen. Mehr schlecht als recht
zogen die Mädels ihr Programm durch, wobei sie auch noch den ZZ
Top-Klassiker „Gimme All Your Loving“ mit verheerendem Texthänger
total verhunzten. Ein Gemisch aus Jubel- und Buh-Rufen begleitete
schliesslich die Hells Belles, als sie eine knappe halbe Stunde vor
dem offiziellen Schluss verkündeten, dass sie nun ihren letzten Song
spielen werden. Musik kam dann auch keine mehr, nur noch ein
langweiliges Geplänkel mit einem Fan auf der Bühne, der sich noch
als der „falsche“ Fan herausstellte und währenddessen lief das
Publikum in Scharen davon. Da hätte man doch eher auf die
einheimische Coverband von „Whole Lotta DC“ setzen sollen. Da wären
alle, ob betrunken oder nicht, auf ihre Kosten gekommen. Habe
fertig!
Quireboys Freitag um 19:00
Uhr hiess es wieder einmal mehr: „Please welcome, the Quireboys!“
Spike und seine Truppe sind Wiederholungstäter und bereits zum
zweiten Mal am Rockfest in Brienz vertreten. Der typische
Quireboys-Sound, bestehend aus Rhythm’n’Blues beeinflusstem Hard
Rock zog erneut Scharen ins Festzelt und liess die Menge innert
kurzer Zeit tanzen. Zu tanzen wusste auch der Frontmann, der wie
immer
Mikroständer
hoch in die Luft schwingt und ihn dann wieder an sich zieht.
Zwischendurch ein Spässchen mit dem Publikum aber dann sofort wieder
zurück zum Sound. Trotz gut gelaunter Band und vielen Zuschauern,
hatte ich dennoch das Gefühl, dass die Jungs auch schon einen
besseren Tag gehabt hatten. Die Show der Londoner war zweifellos gut
aber vermochte an diesem Tag nicht richtig zu zünden. Obwohl sie
viele Klassiker wie „7’o clock“ oder „Sex Party“ zum Besten gaben,
waren im Set doch zu viele neue Titel vertreten, die etliche im Zelt
nicht kannten. Die Zuschauer blieben zwar vor der Bühne stehen und
hörten zu aber bis zum totalen Durchdrehen fehlte noch eine Menge.
Vielleicht lag es auch noch ein wenig am strahlend schönen Wetter,
das das Publikum vom Zelt weg nach draussen an den See lockte. Die
Musik war am „Beach“ noch perfekt zu hören. Was wollte man mehr. Die
Reise in die 90er Jahre endete schliesslich nach gut eineinhalb
Stunden und Spike und seine Quireboys schienen mit ihrem Auftritt
ganz zufrieden. Die Zuschauer nutzten die Gelegenheit um
Biernachschub zu beschaffen und warteten schon ziemlich gespannt auf
die Show von Hardline, die gleich im Anschluss folgte.
Hardline
Als das Licht anging und ein erster Schrei ertönte war vielen
Zuschauern klar: „Wow… was für eine Wahnsinnsstimme.“ Und diese
gehörte niemand geringerem als Sänger Johnny Gioeli. Er ist noch
einziges verbliebenes Gründungsmitglied der US-amerikanischen
Hardrockband Hardline. Ihr Opener „Where Will We Go From Home“ vom
neuen Album „Human Nature“ war ein waschechter Gassenhauer, der die
Zuschauer von Beginn weg mitriss. Schlag auf Schlag ging es so
weiter und Hits wie „Taking Me Down“ oder „Doctor Love“ vom
Erfolgsalbum „Double Eclipse“ von 1992 brachten die vorderen Reihen
beinahe zum Durchdrehen. Die Fans feierten in bester Manier und die
Band wurde so richtig gefeiert. Ob es an der Hitze, zu viel Alkohol
oder der Songauswahl lag liess sich nicht feststellen, doch
irgendwann zur Mitte des Konzerts hin, machten sich
Ermüdungserscheinungen beim Publikum bemerkbar. Auch Hardline
wirkten nicht mehr ganz so frisch und es schien, als hätten die Amis
ihr bestes Pulver gleich zu Beginn verschossen und müssten jetzt auf
zweitklassige Songs zurückgreifen. Fakt ist, die Truppe blieb bis
zum Schluss spielfreudig und versuchte die Menge bei Laune zu
halten. Wahre Fans klebten von der ersten Minute an am Absperrgitter
vor der Bühne und dort waren sie auch noch, als der Gig sich langsam
aber sicher dem Ende hin zuneigte. Beim letzten Track zogen Gioeli &
Co. nochmals alle Register und bliesen ein sagenhaftes „Rhythm From
A Red Car“ in den lauen Nachthimmel hinaus. Damit entliessen sie die
Menge zufrieden in die Pause bevor deren Ohren nochmals von Pretty
Maids massiert wurden.
Setliste: «Where Will We Go From
Home» «Taking Me Down» «Doctor Love» «Human Nature» «Love Is Gonna
Take You Home» «Trapped In Muddy Waters» «Drum Solo» «Life’s A
Bitch» «Fever Dreams» «Hands Of Time» «Everythings» «Hot Cherie»
«I’ll Be There» «Rhythm From A Red Car»
Pretty Maids Als letzte Gruppe dieses Tages
stand die 1981 gegründete Formation Pretty Maids auf der Bühne des
Brienzersee Rockfestivals. Ronnie Atkins und Ken Hammer zeigten sich
in Bestform und zogen nochmals die Leute vom See ins Festzelt.
Allerdings war es auch hier vorwiegend die ältere Generation, die
sich um 23:00 Uhr erneut aufrappelte. Die Dänen, deren Hardrock sich
hauptsächlich im Midtempo-Bereich aufhält, fanden bei den jüngeren
Zuschauern nicht die gewünschte Resonanz. Da das Publikum vor Ort
aber zuhauf aus Ü-30ern besteht, bekamen dies die „Hübschen Mädels“
kaum mit und zogen ihren Gig überzeugend durch. Eher mit sanften
Tönen beginnend, fanden die „Maids“ immer mehr zu ihrer Form und mit
„Red, Hot And Heavy“ oder der darauffolgenden Nummer „Yellow Rain“
liessen sie rockige Kracher vom Stapel, sodass jene die noch über
lange Haare verfügten, diese auch kreisen lassen konnten. Danach
wurde es über die verbleibende Zeit ruhiger und die Menge hatte nur
noch selten Gelegenheit richtig abzugehen. Mitwippen und dazwischen
immer einen gepflegten Schluck Bier zu sich zu nehmen wurde zur
Tagesordnung, während Atkins sich mehrheitlich an den älteren Songs
ihrer
Karriere zu schaffen machte. Ehrlich gesagt hatte ich mich auf die
Pretty Maids gefreut, denn als ich Ronnie zusammen mit Avantasia
sah, war dies bombastisch. Hier in Brienz vermochte er und eine
Truppe mich nicht vollends zu überzeugen. Allerdings war dies auch
nicht die Aufgabe der Band, denn am Schlussapplaus zu entnehmen,
waren die meisten Zuschauer mit der Leistung der Dänen zufrieden.
Mehr noch… sie forderten sogar noch eine Zugabe, die ihnen aber
verwehrt blieb. Die Zeit war um und hinter der Bühne wartete die
Kiss Forever Band, die den Tagesabschluss machen durfte… jedoch ohne
mich.
Setliste: «Mother Of All Lies» «Kingmaker» «Heavens
Little Devil» «Red Hot And Heavy» «Yellow Rain» «Rodeo» «Walk Away»
«Pandemonium» «I.N.V.U» «Bulls Eye» «Little Drops Of Heaven» «Back
To Back» «Future World» «Love Games»
Dies waren die
rockigen Zutaten des 30. Brienzersee Rockfestivals. Die weiteren
beiden Tage standen ganz im Zeichen des Mundart Rock und für ein
Jubiläum aus meiner Sicht etwas dürftig. Um das Ganze aber noch ein
wenig abzurunden und zu einem guten Abschluss zu bringen, feierten
einige noch ordentlich am Stand unserer Kollegen von „Souls Of Rock“
mit aufblasbarer E-Gitarre zu geballter Ladung Hair-Metal.
|
|