Die Erwartungen werden enorm hoch gesetzt, wenn zwei energetische
Bands wie die Amerikaner Buckcherry und Hardcore Superstar aus
Schweden auf Co-Headliner Tour gehen. Bis zwei Tage vor dem Konzert
schien es jedoch nicht so, dass diese Kombination das Interesse des
Schweizer Publikums geweckt hätte, bis plötzlich die Meldung
publiziert wurde, dass das Plaza in Zürich ausverkauft ist.
Ursprünglich wären als Support-Act The Last Vegas geplant gewesen,
welche jedoch aus terminlichen Gründen eine eigene kleine Europatour
rockten und früher wieder in die Staaten zurück kehrten. Als Ersatz
holte man die kalifornischen Hardrocker Venrez. So oder so, für das
Plaza war dieser Abend ein Volltreffer. Die beiden Headliner haben
den Ruf, dem Publikum so richtig einzuheizen - vorallem wenn man
bedenkt, dass die Schweizer nun lange genug auf die Rückkehr von
Hardcore Superstar gewartet haben (man bedenke das Debakel im Dynamo
vor einigen Jahren.)
Venrez
In unseren Breitengraden sind die Kalifornier Venrez nicht wirklich
namhaft, was es für sie umso schwerer machte, einen erwartungsvollen
Abend wie diesen zu eröffnen. Vom Gesamtbild her sind Venrez ein
bunt gemischter Haufen von klassischen LA-Stereotypen, wobei der
Sänger schwer an einen Howard Stern für Arme erinnerte. Musikalisch
gesehen boten sie soliden Hardrock ohne Kompromisse, Störfaktor war
jedoch ganz klar die Backingvoice des Leadgitarristen, welche viel
zu laut war für die Tatsache, dass der Herr definitiv besser nur die
Seiten geschreddert hätte. Trotz jeglicher Motivationsversuche des
Sängers und Textvorgaben wurde das Publikum einfach nicht warm. Man
kann auch nicht erwarten, dass die Masse die Songtexte einer, bei
uns, beinahe unbekannten Band kennt. Wobei auch spürbar der
Sympathiefaktor fehlte, die Distanz zwischen Band und Publikum war
zu offensichtlich. Schade, denn wie gesagt, der typische freche Hard
Rock aus Los Angeles hätte wirklich Potenzial, jedenfalls wenn man
das Mikrophon des Leadsaitenzupfers ausstöpseln würde.
Hardcore Superstar
Die wilden Schweden waren ganz klar in Topform und die heimlichen
Sieger dieses spektakulären Abends, was sie dem Schweizer Publikum
nach Konzertabsagen in letzter Minute und jahrelangem Warten
definitiv 'schuldig' waren. Um der wartenden Masse im vollen Plaza
einen ersten Kick zu verpassen, eröffneten Hardcore Superstar mit dem
melodiösen Ohrwurm «Moonshine», bei welchem der ganze Saal auch
sofort miteinstimmte. Weiter prasselte es mit der ersten
Singleauskopplung des aktuellen Albums, begeistert stimmte das
Publikum auch bei «One More Minute» ein. Die Energie, welche von
Jocke allein schon ausging, elektrisierte den ganzen Saal und die
Tatsache, dass die Jungs ihre Instrumente zu beherrschen wissen,
machte Hunger auf mehr. Vic hatte an der Gitarre einen gewissen
Unterhaltungswert, abgesehen von mitreissenden, nicht übertriebenen
Soli, war seine Mimik Comedy pur - sehr wahrscheinlich eher
unfreiwillig, aber dennoch sehr unterhaltsam. Jocke beeindruckte
nicht nur durch Publikumsnähe un Wahnsinns-Charisma, sondern auch
mit einer starken Stimme, welche trotz hyperaktivem Rumgehopse auf
der engen Bühne keinen Einbruch erlitt. Hardcore Superstar schmissen
mit ihren bekanntesten Hymnen, wie «Guestlist», «Into Debauchery» oder
«My Good Reputation», nur so
um sich und gönnten bis auf «Long Time No
See» ihren Fans keine Pause bis zum Ende des Sets. Das Plaza
entwickelte sich mehr und mehr zu einer Sauna, welche der Partystimmumg
jedoch ganz und gar keinen Dämpfer versetzte. Um eine
Rockshow, welche das Publikum nicht nur metaphorisch zum Kochen
brachte, noch würdig zu beenden, gab es eine Zugabe, die es in sich
hatte. Die Hymne «Last Call For Alcohol» durfte ja schliesslich nicht
fehlen und um die Message des Songs zu verdeutlichen, wurden einige
glückliche Fans auf die Bühne geholt und mit Jägermeister versorgt,
während der Leadsänger frech auf der Bar weiter performte. Das
Warten auf die Göteborger hat sich somit auf jeden Fall gelohnt, das
Publikum war nun auch auf den zweiten Headliner eingestimmt, dessen
Aufgabe es nun war, diese Performance zu toppen. Einziger Mängel an
der ganzen Show war jedoch eindeutig die Schuld des Mischers: Es
fehlte einfach an Saft, die sonst schon leise 100 Dezibelgrenze
wurde nicht ausgenutzt. Lautstärke hin oder her, Hardcore Superstar
boten optisch wie auch musikalisch einen absoluten Leckerbissen.
Buckcherry
Optisch gesehen haben Buckcherry nur schon dank Josh Todd gewonnen,
aus weiblicher Sicht jedenfalls. Nur ist ein Konzert nicht nur durch
gutes Aussehen zu bestehen sondern auch, falls vorhanden, mit
musikalischem Talent. Unbestreitbar, die Amitruppe hat beides, was
sie auch nach ein wenig zögern bewiesen. Mehr oder weniger
jedenfalls. Die Setlist war an und für sich gut gemixt mit ihren
bekanntesten Songs. Grundlegender Fehler an der ganzen Sache war
jedoch, dass sich vom Tempo her ein zu starkes Auf und Ab
entwickelte und sich somit keine Dynamik zu bilden vermochte. Man
konnte sich nicht zwischen hüpfen, mitwippen oder einfach nur
lauschen entscheiden, zu stark war der Kontrast zwischen den Songs.
Okay, genug gewettert, denn Buckcherry lieferten rein musikalisch
gesehen ein sauberes Set ab und bewiesen ebenfalls aktive
Interaktion mit dem begeisterten Publikum. Der heimliche Held war
jedenfalls der jüngste Fan im Haus, welcher am Rand der Bühne die
Show geniessen durfte und von der Band reichlich beschenkt wurde und
mit Josh das Tamborin schütteln durfte. Diese Tatsache steigerte den
Sympathiefaktor enorm, denn mal ehrlich: Solche Kids sind die
Zukunft der Schweizer Rock- und Metalszene und werden durch solche
Aktionen motiviert uns nicht zu 'entwachsen'. Zurück zu einem
mittlerweile mehr oder weniger entblössten Leadsänger..., seltsam, die
Luftfeuchtigkeit nahm bei jedem entblätterten Kleidungsstück zu, was
wohl unbestreitbar am weiblichen Publikum liegen musste. Gegen Ende
des Sets drohte die Situation kurz zu eskalieren, da das Plaza mit
seinen Stufen effektiv nicht zum Pogen geeignet ist und dank einigen
Übermütigen ein Grossteil der ersten drei Reihen auf der Fresse
landete. Trotz einiger zerbrochener Gläser und kleineren Blessuren
liessen sich weder Buckcherry noch das Publikum die Laune verderben
und feierten zusammen feucht-fröhlich weiter, wobei man ehrlich zugeben
musste, dass richtig
Stimmung nur dank eines gewissen Promillewerts
aufkam. Dann eine bluesige Brücke, ein kurzes Linsen auf die Setlist
versprach nun «Crazy Bitch», der Song von Buckcherry, welcher die
Paarungswilligkeit der weiblichen Zuschauer, zum Glück für einige
männliche Begleiter, zum Maximum steigern würde. Die Vorfreude
juckte schon und das Tanzbein wollte geschwungen werden, doch die
Brücke schien sich ewig zu ziehen und Josh laberte und laberte,
wobei sich bei mir die Frage aufdrängte, ob er wohl den Text
vergessen hatte? Dann endlich, die erlösenden Worte, nicht gerade
wahnsinnig charmant, aber hey, der Song heisst «Crazy Bitch», so fuck
off: 'And I see some crazy bitches here and I bet they'll get fucked
tonight!'. Irgendwie passend, dass dieser Song am Ende des Sets
gespielt wurde, da es effektiv der Höhepunkt des Konzerts war. Die
Zugaben rockten, doch der Saal leerte sich für die Zigarette danach.
Leer war das alte Kino bei Weitem nicht, doch von der
Bewegungsfreiheit in der Masse her spürte man, dass Buckcherry
leider nicht ganz bis zur letzten Minute überzeugen konnten wie ihre
Co-Headliner aus Schweden - trotz besserer Soundabmischung.
Stimmungstechnisch war dieser Abend auf jeden Fall schlichtweg
einfach geil, die Erwartungen an die zwei Bands, deren Sänger man einfach
nur als Rampenschweine bezeichnen kann, wurden grösstenteils erfüllt
und teilweise sogar übertroffen. Einziger wirklicher Wermutstropfen
war jedoch, dass The Last Vegas als Support definitiv besser gepasst
hätten als Venrez.
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