Der heutige Abend stand zur Hälfte im Zeichen von Amerika,
denn Buckcherry wie Skid Row kommen beide aus den Staaten und
Letztere hatte ich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Wie
hinlänglich bekannt, geht deren ehemaliger Sänger Sebastian Bach
schon seit 1999 eigene Wege und wurde durch Johnny Solinger ersetzt.
Das bedeutet, dass dieses Lineup (ohne Ur-Drummer Rob Affuso) schon
seit fünfzehn Jahren besteht! In dieser ganzen Zeit sind bloss zwei
neue Alben erschienen, nämlich «thicksin» (2003) und «Revolutions
Per Minute» (2006). Dass diese nicht annähernd so gut ankamen wie
die ersten zwei Platinalben, liegt auf der Hand. Nichtsdestotrotz
gibt es die Band Skid Row immer noch und wenn (ausser einer EP)
nichts Neues von Tragweite aus dem Studio erscheint, wird halt
live gespielt. Das tut man folglich schon längere Zeit und das
ist ja besser als nichts. Derweil war Mr. Bach natürlich nicht
untätig in der Vergangenheit und hat ja erst kürzlich seine
fünfte Soloscheibe veröffentlicht sowie war Gast beim
diesjährigen BYH!!!-Festival in Balingen (D). Buckcherry waren
dagegen ein bisher unbeschriebenes Blatt für mich und dass diese nun
quasi den Double-Billing Headliner markierten, fand ich etwas doof.
Stilistisch eher unpassend kamen die Briten Buffalo Summer daher.
Erfreulicher agierten dafür die Landsleute von The Treatment als
Opener, dessen Sänger Matt Jones ich wegen seinem neuen
Kurzhaar-Outfit kaum mehr erkannt habe!
The Treatment Es ist schon erstaunlich, wie
schnell sich eine Band optisch und je nachdem natürlich auch
musikalisch ändern kann. Da sah ich die Jungs noch im letzten
Frühling im Londoner Apollo Hammersmith (!) als Support der
grandiosen „Frantic“-Tour der Altmeister Status Quo durchs Band
hindurch langhaarig
abrocken und nun das! Frontmann Matt Jones macht neu einen auf
kurzhaarig, geschniegelt und mit dunkler Piloten-Sonnenbrille.
Vorher trug er ein Jeans-Outfit und gab sich mehr als Outlaw. Doch
nicht nur er wandelte sich, zumindest optisch, denn auch seine
Kumpels liessen inzwischen ordentlich Haare liegen und mit
Neu-Gitarrist Jake Pattinson gab es eh noch einen Lineup-Wechsel. Er
ersetzte letztes Jahr Ben Brookland. Somit stand für mich eigentlich
eine „neue“ Band auf der Bühne, doch als The Treatment anfingen zu
rocken, waren meine Bedenken ziemlich schnell verflogen. Nach wie
vor gaben sie ordentlich Gas und Matt markierte auch mit neuem
Haarschnitt den souveränen Leadsänger am Bühnenrand. Er fand den
Draht zum Publikum ziemlich rasch und verfehlte seine Wirkung nicht.
Heuer kam mit «Running With The Dogs» das zweite Langeisen heraus,
das die guten Vibes des Erstlings «This Might Hurt» fort führt. So
gab sich die erste Band des Abends keine Blösse und weil der frühe
Beginn um 19.15 Uhr einmal mehr nicht eindeutig oder zu spät
kommuniziert wurde, nahmen nicht wenige Fans erstaunt bis mitunter
verärgert zur Kenntnis, dass sie soeben was verpasst hatten und zwar
dreissig Minuten überaus unterhaltende Rockmusik von eines
aufstrebenden jungen Fünfers aus Cambridge.
Buffalo Summer Üblicherweise erfreut sich jede
Band daran, wenn mehr Leute als bei der Vorgruppe anwesend sind. Das
war zwangsläufig so, weil eben einige dachten, es gehe erst um 20.00
Uhr los. Wie dem auch sei, Buffalo Summer aus Neath/Swansea (UK)
konnte und war das ziemlich schnuppe. Obwohl das Äussere nicht immer
und vor allem nicht zwingend für den zelebrierten Musikstil stehen
muss, konnte man bei Sänger Andrew Hunt und seinen Kumpels dennoch
etwa
abschätzen,
in welche Richtung es gehen wird. In der Tat gab es einen Wechsel
mehr in die Richtung Classic Rock mit Anleihen bei Led Zeppelin,
Lynyrd Skynyrd oder auf Free. Das hiess, dass diese Chose spürbar
relaxter also zuvor rüber kam und das schien, trotz sichtlich
erhöhter Besucheranzahl, eher weniger Leute zu beeindrucken. Davon
liess sich das Quartett aber nicht beeindrucken und zockte ihren
Sound, der dann und wann auch mal ein paar funkige Elemente
offenbarte, mit Esprit und Spiellaune durch. Mir fiel hierbei, also
vom Gesang her, Jeff Scott Soto ein. Überhaupt spielte die Band als
Ganzes ziemlich tight auf und mit Gareth Hunt sass womöglich der
Bruder von Frontmann Andrew hinter den Kesseln. Ebenso im Einzelnen
erwähnenswert ist Gitarrist Jonny Williams, der sehr raumfüllend
spielte und sich damit ein zusätzlicher Rhythmusgitarrist erübrigte.
Weniger auffällig agierte hingegen Bassist Darren King, der seinem
Instrument jedoch die richtigen Tunes, beziehungsweise coole
Basslines entlockte, die es für den genremässigen Sound zwingend
braucht. Das alles reichte jedoch nicht aus, um den gleichen
Zuspruch wie bei The Treatment zu erzeugen. Witziges gab es zum
Schluss, als die Roadies mitten im Spiel mit dem Abräumen begannen,
was bei einem Tourabschluss-Konzert halt gang und gäbe ist.
Setliste: «A Horse Called Freedom» - «Ain't No Other» - «Money» -
«Bird On A Wire» - «Rolls On Through» - «Something For Nothing» -
«Down To The River» - «Into Your Head».
Skid Row
Nun war ich zugegebenermassen schon recht gespannt darauf, wie sich
Skid Row schlagen werden, aber Wunder erwartete ich keine. Die
konnte es auch nicht (mehr) geben, weil die einstige Platinband
längst nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Wenn man bedenkt,
dass die Amerikaner einst auf Augenhöhe mit Guns n‘ Roses waren und
anfangs der 90er eigentlich alle Zeichen auf Sturm standen, muteten
die circa 350 Leutchen im Z7 halt schon extrem schäbig an! Obwohl
Johnny Solinger bald einmal doppelt so lange wie Sebastian Bach an
Bord ist, konnte Ersterer die entstandene Lücke nie mehr schliessen!
Allerdings ist der (musikalische) Niedergang nach dem zwiespältigen
dritten Werk «Subhuman Race» (1995), Grunge „sei Dank“ wohl nicht
aufzuhalten gewesen. Immerhin schwand das Interesse an den
ehemaligen Shooting Stars in der Heimat nicht vollends und die
verbliebenen Ur-Mitglieder Dave „Snake“ Szabo (g), Scotty Hill (g)
sowie Rachel Bolan (b) konnten nach wie vor von ihren Hits zehren,
die zu deren Glück so bedeutend sind, dass sie nie in Vergessenheit
geraten werden. Ein
Blick
auf die Setliste zeigte dann auch, dass am heutigen Abend kaum einer
der grossen Kracher fehlen wird. Als Opener spielten sie «Let’s Go»
von der letztjährigen EP «United World Rebellion» (Chapter One).
Diese Trilogie wird dann im August mit «Rise Of The Damnation» das
zweite Chapter erhalten. Der zweite Songs war dann bereits ein
ehemaliger Kracher: «Big Guns», gefolgt von «Makin‘ Mess»! Beide
wurden zwar nicht als Singles ausgekoppelt, entfalteten jedoch
Livequalitäten, wovon andere Truppen nur träumen können. Doch schon
zu Beginn zeigte sich einmal mehr, dass Herr Solinger sich zwar
stets redlich bemüht, aber letztlich gegen den für diese Band
unersetzlichen Seb Bach nicht den Hauch einer Chance hat. Das mögen
jüngere Fans womöglich anders sehen, aber ich habe das alte
Original-Lineup erleben dürfen und darum ist meine Wahrnehmung hier
eine andere. Sonst war aber eigentlich alles im grünen Bereich, denn
der harte Kern liess, zusammen mit Drummer Rob Hammersmith (welch
geiler Nachname!), nichts anbrennen und brachte dann natürlich auch
die Chartbreaker der Marke «18 And Life» und «I Remember You» sowie
als zweite Zugabe das Live-Monster «You’ve Gone Wild» voll rüber.
Nach etwas mehr als 70 Minuten war die Zeitreise in erfolgreichere
Zeiten vorbei und wenigstens gingen die anwesenden Fans ordentlich
dazu ab.
Setliste: «Let's Go» - «Big Guns» - «Makin' A Mess»
- «Piece Of Me» - «18 And Life» - «Thick Is the Skin» - «Riot Act» -
«In A Darkened Room» - «Kings Of Demolition» - «Psycho Therapy
(Ramones Cover)» - «Remember You» - «Monkey Business» -- «Slave To
The Grind» - «Youth Gone Wild».
Buckcherry
Eigentlich hatte ich überhaupt keinen Bock mehr auf den
vermeintlichen Headliner und obwohl bei mir zu Hause keinerlei
Tonträger der Amerikaner auszumachen sind (was ja bezüglich meines
Interesses an der Band alles sagt!), wollte ich mir dennoch ein Bild
machen und unseren Lesern was Handfestes zum Lesen bieten. Der
Stellenwert einer Band lässt sich heutzutage mitunter auch über
Social Media ablesen. Gemessen an diesem Umstand hätten eigentlich
Skid Row als Hauptgruppe aufspielen müssen, aber immerhin bringen es
Buckcherry mittlerweile auf fast eine Million Fans. Diese können ja
somit nicht alle falsch liegen, aber mich kann sowas grundsätzlich
nicht umstimmen. An sich war ich der Meinung, dass die Amis einen
auf Gluecifer oder Hellacopters machen, aber das stimmt nur
teilweise. Rocken tut es dennoch und das nicht zu knapp. Der Opener
«Lit Up» versprühte auf jeden Fall eine zünftige Portion Hardrock,
der mich vor allem an The Cult erinnerte. Dies nicht zuletzt auch
wegen der schneidenden Stimme von Josh Todd, die den nachfolgenden
Rock’n’Roller «Fall» ebenso gnadenlos nach vorne trieb. Das gleiche
Bild bot sich dann auch bei «All Night Long» und als ich mich gerade
dabei ertappte, die an sich überaus groovige Musik eigentlich zu
mögen, ging mir das divenhafte Gehabe des über und über tätowierten
Sängers je länger je mehr auf den
Senkel.
Dazu kam, dass Leadstimme in den oberen Regionen mehr als einmal
deutlich am Anschlag war und deshalb das Gesamtbild etwas darunter
litt. Zum Glück gab es auch balladeskere Momente wie bei
«Everything» oder «Sorry». Hierbei schälte sich deutlich heraus,
dass Buckcherry das Handwerk des Songschreibens zweifellos
beherrschen und sich bei letzterem Stück locker auf dem Niveau von
Aerosmith bewegten. In der audiomässigen Setlistennachlese über die
Website setlist.fm offenbaren sich mir laufend neue Höhepunkte wie
zum Beispiel beim genialen Hardrocker «Tired Of You» und etwas
Rotzrock lässt sich bei «Gluttony» ausmachen. Als nicht minder
headbangtauglich empfiehlt sich «Wrath», aber von all dem geilen
Zeug war am heutigen Konzert irgendwie nicht alles zu spüren.
Andernfalls muss ich wohl neben mir gestanden haben. Meine kurz nach
dem Konzert gemachten Notizen bestätigen jedoch diesen Eindruck,
dass zwar eine unbestritten gute Band als Kollektiv auf den Bühne
stand, aber nicht den Killer-Gig ablieferte, der aufgrund der töften
Songs hätte erwartet werden dürfen. Was meine persönliche Wertung
dieses sonst in der Tat nicht schlechten Konzertes halt runter
zieht, ging am Schluss klar auf die Kappe von Josh Todd, der sich
mit seiner permanenten „leckt mich mal alle Arsch“ Attitüde keine
zusätzlichen Freunde, sprich Fans schuf. Mag ja sein, dass ich
daneben liege, aber Buckcherry hätten aus ihren 75 Minuten mehr
heraus holen können. Ein volles Haus hätte dabei ziemlich sicher ein
besseres Resultat ergeben. Darum gehen für mich als Fazit des ganzen
Anlasses nur für The Treatment beide Daumen nach oben.
Setliste: «Lit Up» - «Fall» - «All Night Long» - «Onset» -
«Everything» - «Sorry» - «Dirty Mind» - «Next 2 You» - «Tired Of
You» - «Gluttony» - «Wrath» - «For The Movies» - «Crazy Bitch» --
«Say Fuck It (Icona Pop Cover)» - «2 Drunk».
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