Wenn es um traditionellen Metal geht, dann sind die glorreichen
80er immer noch das Mass aller Dinge. Auch die junge Generation hat
das nach Verirrungen und Wirrungen in den 90ern und Anfang des neuen
Milleniums wieder begriffen. Was daraus resultierte ist eine ganze
Reihe neuer, junger Bands, die Lederhosen, weisse Turnschuhe und
Doppelleadgitarren für alles andere als veraltet halten und sich auf
die New Wave of British Heavy Metal ebenso berufen wie auf den
amerikanischen Power Metal der 80er.
Nun mag man diese neuen Bands als Kopien verschreien, als
uninspirierten Abklatsch legendärer Originale, doch Fakt ist, dass
eben diese Originale ihre letzten Runden drehen. Die angekündigten
Abschiede der Scorpions und von Judas Priest sind schmerzhafte
Beispiele dafür. Ebenso Fakt ist, dass im Gegensatz zu den langsam
in die Jahren gekommenen Veteranen die „Jungen Wilden“ noch
reichlich Saft in den Knochen haben. Bestes Beispiel dafür: Bullet,
Enforcer und Skull Fist, die im Zürcher Dynamo das Publikum zum
Schwitzen und Feiern brachten und zwar „the old school way“.
Battalion
Zu diesen „jungen Wilden“ gehören auch unsere Landsleute Battalion,
wobei bei ihnen das Interesse weniger bei der NWoBHM, sondern in der
Bay Area liegt. Thrash Metal stand also als erster Gang des Abends
auf der Speisekarte. Leider schien das schöne Wetter den Appetit der
meisten Besucher noch etwas hinauszuzögern, denn erst eine handvoll
Fans fand sich vor der Bühne ein, als die Mannen um Sänger/Gitarrist
Silvan Etzensperger mit Songs wie „Thrash Maniacs“ oder „Bullets &
Death“ loslegten. Tight und mit reichlich Schmackes dank gutem
Sound, gleichzeitig aber bewegungstechnisch wegen der engen Bühne
etwas eingeschränkt, konnten sie zumindest die 30, 40 Anwesenden
begeistern und zum Mitmachen animieren. Thrash-Nummern wie „Running
Alone“ mit Slayer-Anleihen oder das stampfende „Wings of a Demon“
überzeugten auch traditionellere Metaller, wo hingegen sich die
Jungs das epische „Stalingrad“ mit seinem kitschigen Erzählpart ab
Band hätten sparen können. Ansonsten aber zeigten sich Battalion von
der besten Seite, als wahre „Headbangers“, die es ohne Weiteres mit
ihren internationalen Mitmetallern aufnehmen können.
Skull Fist
Kanada hat zwar nicht allzu viele, wenn, dann aber virtuose
Gitarrenbands vorzuweisen. Voivod, Annihilator, Devin Townsend zum
Beispiel. Auch in dieses Raster passen die Youngsters Skull Fist.
Durch und durch der NWoBHM verschrieben und somit Doppellead-Licks
und Soli im Akkord zockend, boten die Nordamerikaner während ihrer
ersten Show sowohl was fürs Ohr als auch was für die Augen.
Letzteres lag nicht nur an Trommelfrau Alison Thunderland, sondern
auch an Outfit (Lederhosen, Jeans-Chilets, bunte Gitarren) und
Performance. Die frenetischen Reaktionen des nun immer vielzähliger
werdenden Publikums waren somit alles andere als verwunderlich,
auch, da durch und durch klassische Nummern wie „Sign of the Warrior“,
„Blackout“ oder „Heavier Than Metal“, eine Nummer, die in den 80ern
auf jeden Fall als Hymne abgefeiert worden wäre. Insbesondere
Leadgitarrist Sir Shred (besser kann ein Übername nicht passen!)
befand sich dabei ständig in Bewegung und nahm zu „Ride the Beast“
gar Sänger und Klampfenkumpel Jackie Slaughter auf die Schultern.
Der einen oder anderen Rückkoppelung zum Trotz: „No False Metal“, so
ein weiterer Songtitel der Band, das konnte man laut sagen und so
werden Skull Fist ihren ersten Auftritt in der Schweiz als vollen
Erfolg verbucht haben.
Enforcer
Schon das eine oder andere Mal die Schweiz beehrt haben hingegen
Enforcer, zuletzt als Support von Airbourne in Basel's St.
Jakobshalle. Dass die Jungs um
Sänger/Gitarrist Olof Wikstrand
mächtig Zunder im Hintern haben ist unbestritten und wurde auch im
Dynamo wieder deutlich. Wie Springbälle bewegte sich der Vierer bei
druckvollem und gleichzeitig etwas grellem Sound (wohl gewollt, hört
man sich „Diamonds“, ihr letztes Jahr erschienene Zweitling an) über
die Bühne, die mit martialisch wirkenden Bannern in
schwarz/weiss/rot drapiert war. Vom Stage Acting her top, zeigte
sich musikalisch schon bald der einzige Minuspunkt Enforcers: die
Gleichtönigkeit. Nicht, dass es Nummern wie „Midnight Vice“; „Roll
the Dice“ oder „Take Me to Hell“ an Power und Hooklines fehlen würde
und auch spielerisch ist dem Quartett nichts vorzuwerfen. Live
jedoch wird man dem ohne Unterbrüche hohen Tempo und dem durchwegs
im selben Kreisch- und Schreitimbre eingesetzte Organ Wikstrands
schnell überdrüssig. Jedoch schien das Publikum diese meine Meinung
eher nicht zu teilen, denn egal ob „Running in Menace“, „Mistress
from Hell“ oder „Katana“, Enforcer durften sich über durchwegs
enthusiastischen Zuspruch freuen. Trotzdem bleibe ich dabei: Hin und
wieder runter vom Gas zu steigen würde den Schweden durchaus gut
tun.
Bullet
Weniger Heavy Metal, mehr Rock'n'Roll einfliessen lassen Bullet.
Dass man vom Headliner des heutigen Abends nichts anderes als eine
waschechte Riff-Party erwarten konnte, stand fest und nichts anderes
lieferten uns die Schweden. Vom einleitenden, schnellen „Highway
Pirates“, dem Opener des aktuellen Albums gleichen Namens, bis zum
traditionell eine jede Bullet-Show beendende „Bite the Bullet“,
angeführt vom gewichtigen Krauskopf und Kreissägenstimme Hofer
zockten die Jungs nach allen Regeln der Kunst. Dabei stellte Hofer
den ruhigen Pol auf der mit einem Bullet-Schriftzug in Glühbirnen
dekorierten Bühne dar, während der Rest der Truppe ihrem
Bewegungsdrang ungehemmt nachgab. Ob nun Neues oder Altes, mal mehr
an AC/DC, mal mehr an Accept Erinnerndes, jeder Song wurde vom
Publikum, nun um die 250 Leute, bejubelt, sodass es nicht einfach
ist, zu sagen, wer mehr Spass an der Show hatte: das Publikum oder
die Band. Gut, auch das Material von Bullet ist nicht das
abwechslungsreichste der Welt, doch will man das einer jungen Band
vorhalten, während die schon genannten AC/DC oder auch Motörhead
dies seit bald einmal 40 Jahren tun? So klatschte und bangte man
also zu kreischenden Gitarrensoli und eingängigen Shout-Refrains,
wie in „Stay Wild“, „Knuckleduster“ und dem zugegeben zu stark
abgekupferten Citylights. Kopie also hin oder her: Wenn Bands es
schaffen, mit ihren Gigs und Scheiben ordentlich auf den Putz zu
hauen, dann haben sie auf jeden Fall eine Existenzberechtigung, denn
um nichts anderes geht es ja in guter Rockmusik.
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