Die Met-Bar in Lenzburg ist bekannt dafür, dass mitunter vor
allem einheimischen Bands Auftrittsmöglichkeiten in einem schon fast
familiären wie professionell ausgestatteten Ambiente geboten werden.
Somit der perfekte Ort für den ersten öffentlichen Konzertauftritt
der gegenwärtig heissesten und auf diesem Niveau zurzeit wohl
einzigen Schweizer Allgirl Heavy Metal Band Burning Witches! Für
das, was schon eine Weile im Kopf der Atlas & Axis Gitarristin
Romana Kalkuhl herum geisterte, brauchte es zusätzlich zu den
Protagonistinnen auch das richtige Umfeld. Für Letzteres konnte kein
Geringerer als Schmier, seines Zeichens Kopf der deutschen
Thrash-Icons Destruction, an Bord geholt werden! Dem voraus ging ein
nicht so einfaches Finden der geeigneten Mitstreiterinnen, die nebst
ihrem Können auch zwischenmenschlich zusammen passen mussten. Die
Ur-Version der brennenden Hexen las sich erstmals so: Seraina Telli
(v), Romana Kalkuhl (g), Jeanine Grob (b) und Lala Frischknecht (d).
Dieses Quartett machte sich ab Sommer 2015 an die Arbeit und im
Herbst wurden bei V.O. Pulver im Little Creek Studio die ersten drei
Songs aufgenommen. Mit dem Zuzug der zweiten Gitarristin Alea Wyss
lodert das Feuer nun erst recht: Burning Witches are ready to burn
on stage!
Shanghai Guns
Bevor die Hexen so zu sagen im Vorfeld von Helloween die Met-Bar
anfliegen konnten, durfte mit Shanghai Guns eine Schweizer Combo mit
deutscher und französischer Verstärkung das Vorprogamm bestreiten.
Da ich diesmal keine Zeit fand, mich im Voraus mit der Mucke der
vorerst mal „asiatisch anmutenden Sleazer“ auseinander zu setzen,
wurde ich und die zu der Zeit etwa halb gefüllte Met-Bar schon bald
eines Besseren belehrt, als Stefan Tudela (v), Yves Leyvraz (g/v),
Marc Bugnard (b/v) und Sébastien Chave (d) die Bühne betraten. Der
erste Eindruck der Optik war allerdings und gelinde ausgedrückt ein
Schlag ins Gesicht, weil eigentlich kaum was zusammenpasste. Vor
allem das Outfit von Gitarrist Yves liess bei mir gleich ein paar
Fragezeichen entstehen. Das sieht höchstens bei D-A-D cool aus, aber
hier nicht wirklich, zumal Frontmann Stefan in seiner
vergleichsweise eleganten Erschei-nungsweise ebenso wenig mit Bassist
Marc im Einklang stand, der zudem wie der Zwillingsbruder von Many
Maurer (Ex-Krokus, Ex-Ain’t Dead Yet) aussah. Dem nicht genug,
vermittelte der überaus brav wirkende Drummer keine echte
Rock’n’Roll Attitüde. Dass dieser vorher jedoch eine prächtige Mähne
zur Schau trug, hätte das Bild korrigieren können, aber danach ist
man(n) immer schlauer.
Wer
sind also Shanghai Guns, und was konnte man von ihnen erwarten?! Das
jahrmarktmässige Intro mit dem Flair eines Cabarets der guten alten
Zeit liess sicher nicht auf Sleaze Rock schliessen, aber rocken tat
es schliesslich doch, wenn auch mit etwas angezogener Handbremse.
Nach den ersten paar überaus rasanten Soli von Herrn Leyvraz hellte
sich meine Miene zusehends auf, ohne dass ich aber angefangen hätte
zu jubilieren. Mit im Gepäck waren Songs der ersten zwei Alben
«Seven Shots» (2012) und eben «Cabaret» (2016). Beim gleichnamigen
Opener zeichnete sich Frontmann Stefan bald als absoluter Könner
seines Fachs aus, und mit den raumfüllenden Studioversionen der
Songs am Ohr wird schnell deutlich, dass Shanghai Guns unbedingt
einen Rhythmus-Gitarristen bräuchten, um noch besser zur Geltung zu
kommen. Das Potenzial von «Long Way Hard Decision» konnte so zum
Beispiel nicht ausgeschöpft werden, da hier zum wieselflinken Solo
die begleitende Riffwand der Tonträgerversion fehlte. Erst beim
deutlich flotteren «Party Animal Dude» und dem catchy Rausschmeisser
«Little Chicks Big Dicks» trat dieses Manko etwas in den
Hintergrund. Schade, denn auf den CDs verfügt die echt gute Mucke
klar über mehr Power wie Substanz, und so haben sich Shanghai Guns
heute Abend während gut vierzig Minuten leider klar unter ihrem
eigentlichen Wert verkauft. Die fähige Truppe hätte also trotz
ordentlichem Applaus auf jeden Fall mehr Resonanz verdient gehabt.
Setliste: «Intro/Cabaret» - «Under The Burning Sun» - «Long Way
Hard Decision» - «Slaves Of Sumuru» - «Party Animal Dude» - «High On
Heels» - «Little Chicks Big Dicks».
Burning
Witches
Das, was sich Stunden vorher schon in der Facebook Event-Anzeige
ausdrückte, fand vor Ort in Lenzburg bald seine Bestätigung: Der
Laden war definitiv „sold out“! Nebst einigen bekannten Gesichtern
der Gilde der mehr oder weniger regelmässigen Konzert-besucher, liess
es sich auch Schirmherr Schmier nicht nehmen, der Met-Bar, zusammen
mit seiner Entourage, die Ehre zu erweisen. Selbst Foodporn-König
und „Musicnight“ TV-Legende Dani Beck war vor Ort und mit Mr.
Outsider-Shop Freiburghaus einer der spitzzüngigeren Musikkenner wie
Kritiker schlechthin! Die Mädels waren also gefordert, bald einmal
auf der Bühne entsprechend Gas zu geben und allen potenziellen
Skeptikern gehörig das Maul zu stopfen. Um 22.00 Uhr kam sie dann,
die sprichwörtliche Stunde der Wahrheit. Die fünf Girls wurden
erstmal lautstark begrüsst und nahmen ihre Standorte ohne Hektik
ein. Nach einer kurzen Phase der Konzentration ging es mit dem
Opener «Metal Demons» ohne doppelten Boden los, und man merkte
sogleich, dass hier kein Kindergeburtstag zelebriert wurde.
Frontfrau Seraina, die sich stimmlich sogleich voll ins Zeug legte,
überzeugte von Anfang an. Die glasklaren und variablen Vocals sind
unentbehrlich für die kraftvoll vorgetragene Mucke, die im
Wesentlichen Vibes von Iron Maiden, Warlock und vor allem Judas
Priest hervor bringt. Die Front der 6-Saiter mit Romana und Alea
liess nichts anbrennen und riffte wie solierte kongenial, während
die Rhythm-Section mit Jeanine und Lala das Ganze zu einer Einheit
formte. Obwohl die Bühne nicht so viel Platz bot, waren die Mädels
immer in Bewegung und posten, was das Zeug hielt. Dabei sah man vor
allem bei Romana und Jeanine immer wieder ein
Lächeln
über deren Gesichter huschen, und überhaupt war seit dem Beginn
eigentlich keinerlei Nervosität auszumachen. Das drückte sich
einerseits in einem weitgehend fehlerfreien Spiel aus, und
andererseits war der Spass am gemeinsamen Abrocken nicht zu
übersehen. Den aufrechten Hut der Anerkennung muss man dabei vor
Jeanine Grob ziehen, die zwar zum ersten festen Bandmitglied gekürt
wurde, aber ihre jetzigen Fähigkeiten am Bass innert
verhältnismässig kurzer Zeit drauf packte und sich live im Kreise
der anderen vier Hexen mehr als wacker schlug.
Der Höhepunkt
der Show folgte nach der töften Ballade «Save Me», als die
mördermässige Abrissbirne «Black Widow» alle Register zog und
Burning Witches im besten Licht zeigte. Da stimmte einfach alles und
besser gehts kaum. Dass man sich ausserdem mit einer schmissigen
Version von «Jawbreaker» würdig vor den inspirierenden Judas Priest
verneigte, bevor die Bühne das erste Mal verlassen wurde, zeugte
eher von Selbstsicherheit statt Ideenlosigkeit. Mit lauten
Zugaberufen wurde die Band nochmals auf die Bühne zurück beordert,
wo mit dem Dio-Cover «Holy Diver» die gute Stimmung von zuvor
umgehend wieder aufgebaut wurde. Krönender Abschluss war
schliesslich der namensgebende Rausschmeisser «Burning Witches», der
natürlich nichts mit dem fast gleichnamigen Classic von Warlock
(«Burning The Witches») am Hut hatte. Als die Lichter nach genau
einer
Stunde wieder angingen, brandete der Applaus der zufriedenen
Besucher, darunter auch einige Familienangehörige, ein letztes Mal
laut in der vollen Met-Bar auf. Für mich, wie für viele andere
Anwesende auch, ging diese Stunde viel zu schnell vorüber. Man hätte
den brennenden Hexen gerne noch länger zugehört und zugesehen. Die
anschliessend spontane Umfrage im Kreise der KollegenInnen, sowie
den im Bericht erwähnten Personen, erbrachte durchs Band weg nur
positive Rück-meldungen, denen ich ebenso zustimmen konnte. Das
heisst bezüglich der Pflicht wurden die Erwartungen für das erste
Konzert vollumfänglich erfüllt, aber für das Erreichen der Kür und
nach vorne blickend, gibt es noch Luft nach oben. Im Sinne der
Anregung und nicht Kritik sollte vor allem Alea mehr aus sich heraus
gehen. Sie muss mehr Hexe als Liebchen darstellen, vor allem als
„böser“ Gegenpart zur engelhaften Romana. Zudem bin ich mir sicher,
dass die Tightness mit jedem weiteren Konzert spürbar zunehmen wird,
und wenn die Energie der hammergeilen Studio-Version von «Black
Widow» mit 110% von der Bühne runter weht, wird kein Stein mehr auf
dem anderen sein und nur noch verbrannte Erde hinterlassen. Somit
bleibt zu hoffen, dass das im nächsten Jahr erscheinende Debüt-Album
voll einschlägt und die bis dahin weiter gefestigte Hexen-Band
bereit ist, die nun wartenden „Bühnen der Welt“ im Sturm zu nehmen!
Setliste: «Metal Demons» - «We Eat Your Children» - «The Deathlist» - «Dark Companion» -
«Bloody Rose» - «Creatures Of The Night» - «Save Me» - «Black Widow» - «Creator Of Hell» -
«Jawbreaker (Judas Priest Cover)» -- «Holy Diver (Dio Cover)» - «Burning Witches».
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