Wie sagt man doch so schön: Aller guten Dinge
sind drei! Und wenn da noch der Name Candlemass mit drin hängt, umso
mehr! Das gedrängte Programm der letzten Zeit führt zunehmend dazu,
dass man sich bald echt vierteilen muss, damit noch mehr laufende
Konzerte besucht werden können. Metal Factory besteht aber zum Glück
aus mittlerweile einer stattlichen Anzahl an Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen, sodass dieser inzwischen teils prekäre Zustand
mehr oder weniger abgefedert werden kann. Am heutigen Abend
begleitete mich noch Master Kissi, der vorher, also am späten
Nachmittag, Bassist Leif Edling als Interview Partner mit seinen
Fragen löchern durfte. Vor zwei Jahren sah die Welt der schwedischen
Doom-Könige freilich noch etwas anders aus, denn da war Messiah
Marcolin, der grossmähnige Mönch vom Dienst, noch oder wieder
Sänger. Aufgrund unüberbrückbarer, 'persönlicher Differenzen' wurde
dieser nun kurzerhand an die frische Luft gesetzt und als Ersatz
Solitude Aeturnus Frontrecke Robert Lowe verpflichtet. Das schmeckt
natürlich längst nicht allen Fans, weil..., Candlemass ohne Messiah?!!
Geht das überhaupt? Ja! Und dass es wirklich geht, zeigt das
bärenstarke, neue Album "King of The Grey Islands" eindrücklich.
Trotzdem wird es weiterhin Fans der ersten Stunde geben, die dem
alten Line-Up nachtrauern, doch das ist scheinbar ein für alle Mal
Geschichte! Seien wir an dieser Stelle froh, dass Candlemass
überhaupt noch existieren, respektive Bock haben, weiter zu machen.
Als Anheizer waren die transsylvanischen Power Wölfe mit von der
Partie, die ich noch vom zweiten Tag des BYH!!!-Festivals von 2006
(Powerwolf mussten damals als erste Band des Tages ran!) bestens in
Erinnerung hatte. Doch es kam gar noch besser, auch was Candlemass
betrifft! (Rsl)
Powerwolf
Das Eine fiel mir sofort auf, als die deutsch-rumänische Power Metal
Truppe die Bühne enterte, das Andere wiederum erst viel später.
Erstens trugen sie keine weisse Farbe (wie noch in Balingen) im
Gesicht und zweitens..., irgendwann..., beim Betrachten der
gemachten Fotos, machte sich die Vakanz eines Bassisten bemerkbar!
Wie das denn? Stand da etwa ein Ghost-Bassplayer hinter der Bühne?
Wohl eher nicht und die benötigten, tiefen Frequenzen wurden
sehrwahrscheinlich von Keyboarder Falk Maria Schlegel erzeugt. So
wirbelten also die beiden Gitarristen Charles Greywolf (spielt auf
den Alben sonst den Tieftöner) und Matthew Greywolf (coole
Pseudonyme!) unentwegt von einer Seite zur anderen, während Sänger
Attila Dorn sich sehr gestenreich (im Gegensatz zum Keyboarder)
zeigte und mit seinen Jungs einen Hammer-Gig hinlegte! Die Keys von
Herrn Schlegel verströmten dazu wohltuendes Hammond-Feeling, das
zeitweilen etwas an Deep Purple erinnerte. Die Songs stammten von
ihren zwei Alben "Return In Bloodred" (2005) und dem aktuellen
Release "Lupus Dei". Nebst dem markigen Gesang von Herrn Dorn
bestachen auch die Chöre der anderen Bandmitglieder, die etwas
HammerFall Flair verströmten und wie die Faust auf's Auge passten.
Zudem eigneten sich diese vorzüglich, um das Publikum zum Mitmachen
zu bewegen, was ganz gut gelang. Auch der Wechsel der
Bühnen-Garderobe von Attila Dorn (er trug am Schluss einen wallenden
Mönchs-Mantel - aha! MF) setzte entsprechende, optische Akzente.
Eine Double-Billing Tour zusammen mit Lordi wäre jetzt wohl die
definitive Power Rock Keule! Wer zum Beispiel Astral Doors ebenso
gut findet, sollte sich nächstens ernsthaft mal mit der Musik und
den 'schaurigen' Texten von Powerwolf befassen! Nicht nur meine
Wenigkeit musste nach einer Stunde (für einen Special-Guest als
einzigen Support ist das angemessen - MF) beeindruckt zugeben, dass
diese Mucke jetzt echt heftig abgegangen war! Lasst die Wölfe
künftig nicht mehr aus den Augen, besucht eines ihrer nächsten
Konzerte und Ihr werdet es nicht bereuen! Müssig noch zu erwähnen,
dass zu diesem klasse Auftritt auch ein fetter Sound gemischt wurde
und das Ganze dadurch noch mehr Pluspunkte verbuchen konnte! So und
nicht anders muss eine Support-Band ihre Aufgabe als Anheizer des
jeweiligen Abends wahrnehmen. (Rsl)
Setlist: "We Take It From The Living" - "Lucifer In Starlight" - "Prayer
In The Dark" - "Saturday Satan" - "In Blood We Trust" - "Mr.
Sinister" - "We Came To Take Your Souls" - "Lupus Dei".
Candlemass
Wenn man sich als Fan vor einem Konzert schon mulmig und aufgeregt
fühlt, wie muss sich dann wohl erst die Band fühlen? Wie schwierig
Messiah Marcolin als Mensch und Mitmusiker auch
gewesen sein mag,
als Frontmann war er wortwörtlich Weltmeister in der
Schwergewichtsklasse. Dass Candlemass mit Robert Lowe (ansonsten bei
den Texanern Solitude Aeternus zu Gange) zumindest in gesanglicher
Hinsicht die optimale Wahl getroffen hatten, das zeigten die
Schweden mit ihrem aktuellen Streich "King Of The Grey Island", dem
wohl besten Candlemass-Album seit "Ancient Dreams". Doch wie würde
die Truppe ohne den korpulenten und durchgeknallten Mönch Messiah
auf der Bühne wirken? Die Antwort: überwältigend! Anders, aber
überwältigend! Mit einem Glas Wein erscheint der Kopf des Fünfers,
Leif Edling, vor dem riesigen Backdrop, das vom schlichten
Cover-Totenschädel der neuen Scheibe geziert wird. Dazu ist die
Bühne, wie schon auf der letzten Klubreise, wieder mit atmosphärisch
leuchtenden Kreuzen ausgestattet. "Well Of Souls" eröffnet die
diesjährige Doom-Messe mit einem druckvollen Glocken- bzw.
Gitarrenschlag und auf einmal ist die ganze Band aufgetaucht und
rockt agil drauflos. Während die Instrumentalisten voller Tatendrang
und mit sichtlich Spass im Gesicht den neu erhaltenen Stage-Freiraum
ausnützen, schwebte dann Rob Lowe sphärish hervor, natürlich mit wie
immer schwarz bepinselten Fingernägeln. Noch furioser fällt "At The
Gallows End" aus: Dieser Klassiker bläst gleich alles um und
offenbart ein weiteres Mal die gesanglichen Tugenden des neuen
Messdieners, der natürlich nie die Präsenz des Vorgängers ausfüllen
kann. Dennoch vermisst man den Kuttenträger nicht im Geringsten,
denn was nun die Bühne regiert, ist nicht die Drama-Queen Marcolin,
sondern eine Band. So ist es vor allem Leif Edling, der jetzt
vermehrt an den Bühnenrand tritt, sich in etliche Posen wirft und
für Bewegung auf der Bühne sorgt. Von der erstmals komplett durch
die Candlemass-Crew gesteuerten Light-Show untermalt, malmt so auch
der Übersong "Solitude" alles nieder. Gleiches gilt auch für "Emperor
Of The Void" und "Devil Seed", brandneue Songs, die zeigen, wie
stark die aktuelle Scheibe "King Of The Grey Island" wirklich ist.
Denn dieses Material kann es sogar mit dem Nackenbrecher "Mirror
Mirror" aufnehmen. Dass Mr. Lowe nicht wirklich der kommunikative
Typ ist, gibt er sogleich selbst auf der Bühne zu und lässt
Zeitlupen-Granaten wie "Under The Oak", "Of Stars And Smoke" und "Sorceres
Pledge" danach für sich selber sprechen, was bei solchen
Kompositions-Perlen ja auch nicht ohne ist. Die Sprechchöre und
Klatsch-Attacken der Kerzenjünger, nachdem ihre Lieblings-Priester
die Bühne verlassen haben, sprechen Bände und so wird mit "Black
Dwarf" (Bye bye Nackenwirbel) und "Samarithian" (Hallelujah!) das
Ende einer Metal-Messe der besten Doom-Band überhaupt eingeläutet.
Candlemass ohne Messiah, das heisst weniger Theatralik, weniger
Schauspielerei, mehr Musik, mehr Homogenität, mehr Doom! Da kann man
auch über die schmerzlich ausgelassenen Nummern, welche, um die
Stimme Lowe's zu schonen, temporär aus dem Set gestrichen wurden,
hinwegsehen. Amen! (Kis)
Setlist: "Well Of Souls" - "At The Gallows End" - "Solitude" - "Emperor
Of The Void" - "Devil Seed" - "Mirror Mirror" - "Under The Oak" - "Clearsight/Of
Stars And Smoke" - "Sorcerers Pledge" - - "Black Dwarf" - "Samarithian"
- - - Gestrichen: "Bells Of Acheron" - "Embracing The Styx" - "Edgar
Grey".
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