Cinderella back in Switzerland? Es wäre zu schön um wahr zu sein,
nachdem meine letzte Begegnung mit Tom Keifer & Co. bis ans Ende des
Jahres 1988 zurück reicht, als die Amis als Support der Scorpions
auf deren «Savage Amusement»-Tour im Zürcher Hallenstadion
auftraten. Die nächste Chance bot sich bekanntlich anfangs 1991 mit
der Headliner-Tour zum Album «Heartbreak Station» (1990), doch der
Golfkrieg verhinderte dies leider. Da es nachher wegen
Stimmband-Problemen des Frontmannes für das Nachfolge-Album «Still
Climbing» bis 1994 dauerte, war der Zapfen vorerst mal ab, da das an
sich gar nicht mal so schlechte Teil total floppte und bis heute das
letzte offizielle Studio-Album geblieben ist. Erst 2010 und zur
Promotion des Live-Albums «Live At The Mohegan Sun» (2009) wurde
erstmals wieder europäischer Boden betreten. Letztes Jahr brachte
Tom Keifer sein erstes Solo-Album «The Way Life Goes» an den Start,
während Sänger Brandon Gibbs und Bassist Eric Brittingham mit Cheap
Thrill eine neue Band anschoben. Die Debüt-Scheibe steht zwar noch
aus, aber der Besuch im Starclub war natürlich ein Muss! Begleitet
wurden sie von den Support-Bands Shameless und Shock ! Hazard.
Shock ! Hazard
Die erste Band des Abends stammte aus Norfolk (UK) und ist ein Trio,
bestehend aus Jake (v/g), Dexx (b) und Dom (d). Es war zudem nicht
zu übersehen, dass die Jungs recht jung aussahen. Ihre Musik
bezeichnen sie simpel als Dirty Rock und definieren den Sound als
Mischung zwischen den bluesy Riffs von AC/DC und der
Stage-Performance von Mötley Crüe! Dass dem wirklich so ist,
zumindest was die Performance anging, sah und hörte man schon von
den ersten Klängen an. Obwohl das Platzangebot im Starclub begrenzt
ist, war Mainman Jake nicht zu bremsen! Der legte ziemlich ungestüm
los und ging ab wie die Feuerwehr. Das Ganze kam allerdings ziemlich
rumpelig daher und da von der Lautstärke her halt begrenzt, kam der
typische Klampfen-sound von Angus Young nicht so durch, obwohl eine
originale Gibson SG Gitarre im Einsatz stand. Nichtsdestotrotz
rockte der agile Dreier weiter heftig drauf los und insgesamt waren
die Ausflüge des blonden Wuschelkopfs Jake ins Publikum rein und auf
den Bartresen drauf dann aber doch zu viel des Guten. Wenn man
dereinst mal das Format von zum Beispiel Airbourne hat, ist es ja ok,
doch liesse man das Gezapple des Frontmannes bei Shock ! Hazard weg,
bliebe einfach eine solide junge Rock’n’Roll Band übrig. Die Briten
durften gar eine Dreiviertelstunde lang lärmen und wenn sie die
Chose künftig noch etwas mehr auf den Punkt bringen, dann dürfte dem
tourfreudigen und initiativen Haufen womöglich weitere Erfolge
beschieden sein. Bisher wurden eine Studio- und ein Live-EP
veröffentlicht, aber noch ohne Deal. Das könnte sich jedoch bald
ändern.
Shameless
Ein anderes Kaliber wurde danach mit Shameless aufgefahren. Ich
wunderte mich zuerst noch, warum am Merchstand unübersehbar viel
Ware von Tuff rum lag. Des Rätsels Lösung war ganz einfach: Der
Leadsänger von Shameless heisst Stevie Rachelle! Allerdings sieht
dieser aktuell nicht mehr so aus, wie noch zu den Glanzzeiten des Glam Rocks. Wie auch immer, es geht ja um die Gesangsstimme und die
passte bestens. Die Geschichte dieser
Band nimmt ihren Anfang
allerdings in Deutschland und geht auf Bassist und Gründungsmitglied Alexx Michael zurück. Durch entsprechende Connections über Eric
Singer (Ex-Badlands, Kiss und einige mehr) konnte bereits für das
Debütalbum «Backstreet Anthems» eine ganze Garde von bekannten Namen
ins Studio gelockt werden, darunter Tracii Guns (L.A. Guns), Robert
Sweet (Stryper) und eben Stevie Rachelle (Tuff). Letzterer sang dann
noch sieben weitere Alben für Shameless ein, auf denen wiederum
zahlreiche Guests ihre Beiträge ablieferten. Wie dem auch sei, heute
Abend waren aber nicht alle da, denn es fehlte unter anderem Keri
Kelli als zweiter Gitarrist an der Seite von B.C. Sleaze und am Drum
sass für diese Tour Tommy Wagner, wo sonst Tod T Bur die Stöcke
schwingt oder zumindest zuletzt geschwungen hat. Somit waren da also
drei Deutsche und ein Amerikaner am Start. Man hörte darauf sofort,
dass diese Musiker allesamt Profis sind und so wurde den Besuchern
des Starclub eine ganz feine Lektion in Glam Rock erteilt, die sich
echt gewaschen hatte. Mir gefiel besonders der bollernde Bass von
Alexx, der mich zwischendurch an Billy Sheehan erinnerte. Frontgaul
Stevie war voll gut drauf und es war klar, dass nebst eigenem
Material auch Songs von Tuff gespielt wurden. Augenfällig war auch
das exzellente Drum-Spiel von Tommy, der nebenbei auch über sehr
gute Leadvocals verfügt und dies auch mal zum Besten geben konnte.
Die Stimmung war top und wurde bei den Zugaben unter anderem mit
bekannten Klassikern von Mötley Crüe wie «Dr. Feelgood» und ein paar
Fetzen von «Red Hot» hoch gehalten. Auch die zweiten 45 Minuten des
Abends boten somit beste Unterhaltung.
Cheap Thrill
Tja…, und nun war die Reihe am Headliner! Bei der Hälfte von
Cinderella konnte man eigentlich schon davon ausgehen, dass sicher
der eine oder andere Song der glorreichen, aber letztlich viel zu
kurzen Zeit der Kultband aus der Umgebung von Philadelphia gespielt
wird. Die Vorfreude bei der Ankündigung war auf alle Fälle schon mal
ziemlich gross, weil ich Gitarrist Jeff LaBar und Bassist Eric
Brittingham bisher jeweils nur von Postern, LPs oder CD-Booklets
kannte. Dass die Band Cheap Thrill schliesslich aus der Taufe
gehoben wurde, geht neben Eric auf die Kappe von Sänger und
Schönling Brandon Gibbs. Jeff kam danach noch dazu und
vervollständigte das aktuelle Lineup, das drumtechnisch wie
lokalbedingt entweder von Cheney Brannon (Ex-Collective Soul) oder
Troy Patrick Farrell (White Lion, Gilby Clarke) abgedeckt wird. Das
heisst, heute Abend sass Mr. Farrell hinter den Kesseln. Somit
konnte nichts mehr schief gehen und musikalisch bekam man einen Mix
der Solo-Songs von Brandon und dem noch kommenden Material von Jeff,
plus eben ein paar Cinderella-Classics der Marke «Heart Break
Station», «Gypsy Road», «Save Me» oder «Nobody’s Fool» geboten.
Hierbei
wurden dann aber die Grenzen des sympathischen Sängers im
Vergleich zum früheren Tom Keifer schnell hörbar. Das wirkte halt
nicht gleich, obwohl die Band dazu absolut sautight aufspielte.
Besonders Jeff LaBar hatte sichtlich Freude am Auftritt und schwang
unter anderem seine Gitarre mehrmals in Yngwie Malmsteen’scher
Manier um seinen Oberkörper. Mit einiger Verwunderung stellte ich
zudem fest, wie klein der schmächtige Gitarrist eigentlich ist und
wie einen da die Covers, vor allem von Schallplatten, diesbezüglich
hinters Licht führen können. Die Grösse hat aber bekanntlich nichts
mit den Fähigkeiten eines Musikers zu tun und es war halt schon
megageil, in diesem Rahmen immerhin ein paar Songs von Cinderella
lauschen zu können. Die Stimmung war gar noch etwas besser als zuvor
bei Shamless und die schmissige Version des Golden Earring Hits
«Radar Love» (mit Guest Stevie) rundete die ohnehin gute Show von
Cheap Thrill überzeugend ab. Einmal mehr bewies Lokalmatador Hägar
dabei sein gutes Näschen, denn so kamen die am heutigen Abend nach
Uster gepilgerten Besucher wieder alle auf ihre Kosten. Nach dem
Konzert waren dann, wie es sich gehört für den Starclub, alle
Musiker geduldig zugegen und nebst den obligaten und begehrten Fotos
mussten vor allem Jeff und Eric einige von den Fans mitgebrachte
Tonträger von Cinderella signieren.
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