Livereview: Chelsea Grin - Veil Of Maya - Oceans Ate Alaska - Conjonctive

22. Februar 2015, Aarau - KiFF
By Natalia N.
 
An diesem winterlichen Sonntag Abend trafen sich die Liebhaber der „jüngsten“ Genres der harten Musik, und zwar des Deathcore und Progressive Metalcore, drinnen im Aarauer Konzertlokal KiFF. Man konnte sich dabei ziemlich bekannte, aber sehr unterschiedliche Bands wie Chelsea Grin und Veil Of Maya – schillernde und eigenartige Vertreter der neuen Generation der schweren Musik - rein ziehen. Die Auswahl der Vorgruppen erfreute mich nicht weniger als die amerikanischen Headliner. Zum einem die superprogressive britische Band Oceans Ate Alaska und zum anderen die sehr extremen Schweizer Conjonctive gerieten zum echten Schmuckstück der Veranstaltung.

Conjonctive

Um 19.00 Uhr erschienen die Musiker von Conjonctive auf der Bühne und von Anfang an verschafften sie sich Respekt! Der massive Sound durchhallte den Zuschauerraum. Natürlich weckte das Duo, bestehend aus zwei Sängern– dem Mädchen Sonia und dem Burschen Randy - gleich das Interesse des Publikums. Aber es war klar, dass sich Randy als Frontmann positionierte und Sonia nur bei ihm mitsang. Aber man stellte bald fest, dass die beiden ein ziemlich harmonisches Duo bildeten. Sonia besitzt eine tolle Growl-Stimme, aber an ihr spürte man tiefe Verzweiflung und Kränklichkeit. Was aber Randy angeht, wechselte er sehr leicht vom gewöhnlichen Growl auf guttural und sogar Pig Squeals. Zweifellos ist seine Stimme dominierend. Aber die Stimme des Mädchens nuancierte fein das Gebrüll des Leadsängers, und somit wurde dieses Duo zur Trumpfkarte der Band. Das Songmaterial der Gruppe machte allen Fans von langen Breakdowns und sehr tiefen Sounds Freude. Deswegen bezeichnen sie selbst ihre Spielmanier als Blackened Deathcore. Sehr düster und gleichzeitig sehr originell. Zum Schluss sagte Randy, dass er hoffentlich bald alle auf den nächsten Konzerten wiedersehen werde. Von mir selber füge ich hinzu, dass die Band ein Debüt-Album mit dem Titel «Until The Whole World Dies...» heraus gab, und diese Songs spielten die Musiker während des halbstündigen Konzertes.

Oceans Ate Alaska
Um 19.45 Uhr begann der Auftritt der britischen Band Oceans Ate Alaska. Es ist bemerkenswert, dass der Leadsänger James Harrison sehr redselig und aufgeschlossen ist, deswegen begrüsste er gleich alle Anwesende und bedankte sich bei ihnen, denn ohne sie wäre die Veranstaltung nicht möglich gewesen. Diese schwungvolle Rede war richtig anregend! Übrigens stellte sich heraus, dass die Musiker auf dieser Tournee das Geld für die Herausgabe ihres Debüt-Albums sammelten, und am Konzert spielten sie Songs der zukünftigen Veröffentlichung. Die Vorbe-stellung konnte man gleich am Tisch des Merchandise-Shops vornehmen. Ich stimme hierbei zu, dass es für das kommende Album, das man dann ja erst später mal kaufen kann, keinesfalls verwerflich ist, vorher Geld zu verlangen. Sie spielten richtig interessantes Material von hoher Qualität. Alle Musiker sind sehr geschickt und besitzen eine hohe Fingerfertigkeit, was die Umsetzung jedwelcher Ideen in der Musik erleichtert! Ausserdem muss ich gestehen, dass ich mit eigenen Ohren eine der besten Gesangesleistungen hörte. James beherrscht verschiedene Arten der Growl-Stimme und kann nebenbei ganz leicht auf eine reine und sogar schöne Stimme wechseln. Ab und zu schien es mir, dass er unter einer Persönlichkeitsspaltung litt, denn James wechselte die Stimme beim Singen so oft. In der Mitte des Auftrittes teile der Sänger mit, dass die Band zum ersten Mal in der Schweiz sei, worüber sie sich sehr freute. Zweifellos wird das Schaffen von Oceans Ate Alaska viele Liebhaber unter den Fans der progressiven Musik finden. Leider dauerte der Auftritt der Band nur kurze Zeit. Meiner Meinung nach waren es gefühlte zwanzig Minuten, aber das reichte für die Erweckung des Interesses.



Veil Of Maya
Gegen 21.30 Uhr begann der Auftritt der geheimnisvollen Band Veil Of Maya. Am Anfang herrschte fast völlige Dunkelheit; die Bühne war nur durch einige ultramarine Lampen beleuchtet. Neben den vier Musikern nahm rechts ein Laptop seinen Ehrenplatz ein, denn der Auftritt dieser Band ist ohne den berühmten elektronischen „Bildschirmschoner“ kaum vorstellbar, doch der wichtigste Umstand des Auftrittes bestand darin, dass die Anwesenden den neuen Sänger Lukas Magyar begrüssen konnten, der den früheren Brandon Butler ersetzte. Im vorigen Herbst verliess Brandon unerwartet die Band und es war eine ziemlich schwere Belastungsprobe, die die Band jedoch bestand. Schon am 1. Januar 2015 veröffentlichten Veil Of Maya mit dem neuen Sänger ihre neue Single mit dem ansprechenden Titel «Phoenix?. Der neue Mann am Frontmikro stammt von der Progressive/Death Metal-Band Arms Of Empire und ist immer noch Teil dieser Band. Wir werden sehen, wie es ihm gelingt, für zwei Bands zu arbeiten. Aber der Sänger machte einen guten Eindruck auf mich. Zweifellos hat er einen persönlichen Stil der Haltung auf der Bühne, die ich eher als statisch bezeichnen würde. Lukas ähnelt mit seinem Auftreten einem Beschwörer, der mitten im magischen Kreis steht und zaubert. Doch dieser Stil passt eigentlich ziemlich gut zur Musik von Veil Of Maya – zu der die Musiker versuchen, die Atmosphäre der alten Indianerstämme zu erschaffen. Aber es war auch sehr interessant, den Bandgründer und Gitarristen Marc Okubo beim Spielen zu beobachten; er ist der Hauptkonkurrent für Tosin Abasi von Animals As Leader. Ich füge hinzu, dass Lukas seine Rolle des Sängers 100-prozentig und ausgezeichnet erfüllte: er sang sehr gut, organisierte eine Circle Pit und am Ende kündigte er den Auftritt von Chelsea Grin an. Ich kann die Tatsache, dass die meisten Leute ausgerechnet wegen Veil Of Maya zum Konzert gekommen waren, nicht ausser Acht lassen. Während ihres Auftrittes war der Raum sogar voller als anschliessend bei Chelsea Grin, denn nach dem Auftritt fingen viele Fans von Veil Of Maya an, die Veranstaltung zu verlassen.



Chelsea Grin
Der am extremsten gesinnte Teil des Publikums blieb jedoch bis zum Auftritt von Chelsea Grin. Das Schaffen der Amerikaner aus Salt Lake City unterscheidet sich stark von der Musik von Veil Of Maya mit ihren intellektuellen Ausschweifungen. Deswegen fiel es selbst mir schwer, so schnell umzuschalten. Alex Koehler versuchte von Anfang an, das Publikum anzulocken, indem er die Zuhörer bat, näher an die Bühne zu treten. In Wirklichkeit entstand in der Mitte des Raums viel Platz, was den Sänger verwunderte. Aber er wusste nicht, dass dies typisch für das schweizerische Publikum ist, “alles aus der Ferne zu betrachten”. Noch nirgendwo habe ich so einen starken Wunsch des Zuhörers verspürt, im Halbkreis zu stehen und nicht an die Bühne ran zu gehen. Aber Schweizer Fans verhalten sich immer auf solche Weise, und es hängt nicht vom Alter und der Musikszene ab. Aber nach dem ersten Lied kamen dann doch fünf bis sechs gewillte Leute und fingen mit Capoeira an, was den Sänger endlich beruhigte. Tatsächlich war der Sound ziemlich extrem – auf der Bühne stand ein Drum-Set mit zwei Basstrommeln und zwei Gitarristen spielten neben dem Bassisten. Dieses Konzert fand im Rahmen der Europa-Tour zur Promotion des letzten Albums statt, das Mitte des vergangenen Jahres unter dem Titel «Ashes To Ashes» veröffentlicht wurde. Die Band spielte die interessantesten Kompositionen von diesem Werk, unter anderem das sehr progressive «Angels Shall Sin, Demons Shall Pray». Ausserdem spielten sie auch alte, extreme Lieder wie «Crewcabanger» oder «Cheyne Stokes».