Livereview: Sounds Of The Underground- Tour
Chimaira - Madball - Unearth - Terror - All That Remains - Manntis
23. Mai 2005, Zürich Rohstofflager
By Sven (Svn) und Wishmaster (Wsm), all Pics by Sven
Die "Sounds Of The Underground"-Tour mit klingenden Namen wie Chimaira, Madball und Unearth machte Halt im Zürcher Rohstofflager und lockte sowohl Hardcore-ianer wie Metalcore Jünger an einen Konzertabend, der gleich mit sechs Bands aufwartete. Ein schweisstreibender Marathon war angesagt, wobei man sich fragen musste, kann dies gut gehen mit so vielen Bands, oder besticht das Package mit mehr Masse als Klasse?

Manntis
So kam ich mit eher gemischten Gefühlen beim Rohstofflager an. Informiert im Net..., aha Türöffnung 17 Uhr, Konzertbeginn 18 Uhr. So war bei meiner Ankunft um halb sechs schon mal ein munterer Haufen versammelt, fast schon erstaunlich für diese unhöllisch frühe Uhrzeit. Doch um 18 Uhr war noch nichts zu sehen von Manntis, welche denn den Reigen eröffnen sollten. So trällerte erst mal Musik aus der Konserve aus den Boxen. Punkt 18:45 Uhr war es dann aber soweit und die Mannen aus dem Riverside County" erklommen die Bretter. Angeführt von Jake Sirokman (wohl besser als Jake Daniels bekannt..., warum wohl!?!), legte der südkalifornische Fünfer mit der Bühnenshow los. Mit im Gepäck natürlich ihrer wuchtigen Metalcore-Songs vom Debüt-Album Sleep in your grave. Die Jungs von Manntis legten sich auch sogleich unter matschigem Sound mächtig ins Zeug. Als gäbe es keine Schwerkraft, hüpften die Mannen herum, was die Bretter hergaben. Immer wieder versuchte Jake die Leute zum Mitmachen zu animieren..., erfolglos, denn die Anwesenden standen wie angewurzelt in Raum. Wenigstens gab es von den lebenden Bäumen verdienten Applaus für die Band. Manntis liessen sich aber nichts anmerken und zogen ihre Show durch, welche nach 20 Minuten bereits schon wieder zu Ende war. (Wsm)


All That Remains
Kurze Umbaupause und schon standen die nächsten Metalcore-Jünglinge von All That Remains auf der Matte. Wobei Jünglinge nicht so ganz korrekt ist, da der Sänger Philip Labonte einst bei Shadows Fall seinen Kehlkopf zum Einsatz brachte. Philip war sogleich auch der Agilste auf der Bühne, wobei jedoch erst mal einer der Gitarristen mit seinem unfreiwilligen Absturz in den Fotograben für Aufsehen sorgte. Das war dann aber auch schon die bewegungsintensivste Aktion, mal abgesehen von Philip, der am Mikro alles gab. Möglich, dass sich die anderen Bandmitglieder sich ein Beispiel an den Zuschauern nahmen, die immer noch wie angewurzelt fix auf ihren Positionen standen. Bei dem etwas besseren abgemischten Sound, konnte man sogar mal die Soli raus hören. Von Soundmaterial, das hauptsächlich vom 2004er Album This darkned heart (produziert vom Killswitch Engage Gitarrist Adam Dutkiewicz) stammte. Nun..., wie bei Manntis, war nach 20 Minuten wiederum Schluss mit Lustig. (Wsm)

Terror
Die Haare und die Hosen wurden kürzer: Ja, es wurde Zeit für Hardcore! Und kaum war der erste Ton der Mannen um Scot Vogel, erklungen flog das erste Bier durch die Lüfte. Doch nicht nur dies, nein..., das Publikum schien wie ausgewechselt und es floss eine gewaltige Energie in die Ränge. Eine Energie, die von Terror angeheizt wurde und sich mit hüpfenden und pogenden Fans entlud, welche lauthals zu Songs wie Spit my rage" mitschrien und sich im Schattenboxen übten. Ja, es sah wirklich wie eine unkoordinierte Karate-Lektion aus, was sich da zeigte. Auch Terror spielten nur 20 Minuten, aber diese 20 Hardcore Minuten hatten es wahrlich in sich. Fans und Band heizten sich gegenseitig regelrecht auf. Scot kam mehrere Male von der Bühne an die Absperrung des Fotograbens und liess den tobenden Mob ins Mikro schreien. Die moshende Menge wollte mehr, doch all die Zugabe-Rufe waren vergeblich. Wenigstens waren die Leute jetzt erwacht und mussten nicht all zu lange auf den nächsten Sturm warten. (Wsm)

Unearth
Dieser angesprochene Sturm braute sich wenige Minuten später wieder zusammen und entlud sich mit dem Fünfer aus Massachusetts. Mit Unearth wurde der Saal im Rohstoff so richtig voll. Wie es schien, waren einige Fans der Jungs anwesend und bejubelten die Band. Mit The oncoming storm" hatten die Herren auch ein brachiales Album mit im Gepäck und fegten mit Songs wie Failure, the great dividers oder Zombie autopilot die Gehörgänge blutig. Leider quellte der Sound einmal mehr als dickflüssige Masse aus der PA und machte das Zuhören mehr zur Qual als zur Freud. Nichtsdestotrotz wurde gebangt, was der Nacken hergab. In der Mitte bildete sich ein Kreis, wo die Schattenboxer agierten und sich ihrer Energie entledigten. Als kleines Schmankerl präsentieren Unearth auch einen neuen Song des kommenden Albums In the eyes of fire", welcher brachial aus den Boxen tönte, doch durch die schlechte Soundqualität waren Feinheiten nicht hörbar. Sehr schade, aber dies lässt doch schon mal Einiges erhoffen für die Zukunft. Unearth spielten länger als die drei Vorgänger, ja ganze fünf Minuten mehr, was trotz grossem Beifall und Zugabe-Rufen nicht ausgebaut wurde. Der Zeitplan wurde eisern eingehalten, was ich für sehr schade hielt, denn ich denke, die Meute wäre durchaus für mehr zu haben gewesen. Doch für Schuh-Fetischisten gab es noch ein Leckerli, flogen doch die Turnschuhe von Trevor in die Masse, na dann..., viel Spass beim Rumschnüffeln! Als Resume nach vier der sechs Bands bleibt zu sagen, dass trotz anfänglich sehr verhaltenen Zuschauerreaktionen Terror und Unearth für den Durchbruch bei den tief schlafenden Schweizern sorgten und mit mehr Spielzeit hätten belohnt werden sollen. Keine halbe Stunde pro Band, das war fast schon eine Frechheit und als Fan könnte ich mir fast etwas verarscht vorkommen. (Wsm)

Madball
Das Finale der Hardcore Abteilung machten an diesem Abend die Straight Edge Väter Madball, die in der Rangliste der Szene nur noch Agnostic Front über sich regieren haben. Wer mit dieser Rangordnung nicht einverstanden ist, dem sei verziehen, denn die Distanz zum Führenden ist doch sehr gering, da beinahe genau so geil. Es scheint auch, dass der Bann der kurzen Spieldauer gebrochen wurde, so wurden uns doch tatsächlich schon 45 Minuten Musik geschenkt. Bei der Energie auf der Bühne vergingen diese jedoch, wie bei den vier vorgängigen Bands, viel zu schnell, trotz Schweiss treibender Show. Mit ihrem letzt jährigen Album Legacy auf den Schultern, brachten sie den Zürcher Konzertsaal zum Kochen. Hinter (und über) mir ging es im Moshpit nach alter HC-Manier so richtig zur Sache. Einige Dutzend Schattenprügler kämpften sich ihren Weg durch eine scheinbar unsichtbare Arme von Feinden, was jedoch mehr an eine Horde Frauen beim Sommer-Schlussverkauf erinnerte. Die Unterschiede waren wirklich gering. Frontmann Freddy überzeugte sich von Tumulten gerne mal selber und trat auf die Absperrung hinter dem Fotograben, um das Ganze etwas mehr zu überblicken, bis er scheinbar voller Stolz über das Angerichtete wieder zu seinen drei Amigos auf die Bühne zurück kletterte und weiter das Mikro schwingte. Leider ging Drummer Rigg Ross (Ex-Hatebreed) in der abermals miesen Soundquali etwas unter, doch ich konnte mir ja gedanklich vorstellen, was er spielte, wenn ich diesem beim Kübeln zusah. Im Grossen und Ganzen waren die vier New Yorker stimmungsmässig die Headliner an diesem Abend, das darf ich ruhig vorne wegnehmen. Und jetzt zum letzten mal an diesem Abend, Bühne frei für das nächste Häppchen Metal. (Svn)

Chimaira
Eine Chimäre ist ein Wesen aus der griechischen Mythologie, das Gliedmassen unterschiedlicher Tiere besitzt und die Menschen heimsucht. Es hat den Körper einer Ziege, den Kopf eines Löwen, den Schwanz eines Drachen und es speit Feuer. Auch uns hat es an diesem Abend heimgesucht, doch ehrlich gesagt, ist es gar nicht so scheisse hässlich, wie es sich anhört. Ganz im Gegenteil, der Sechser aus Cleveland, Ohio brachte auf Anhieb die Stimmung noch einmal auf Kirchturm-Höhe und gab volle Kanne den Tarif durch. Zwar schienen die Boxen mittlerweile ihren Lebensabend zu geniessen, denn der Sound drang stetig noch schlechter daraus. (Rohstofflager, unternehmt mal was!). Den Hammer-Track Powertrip kannten jedoch alle und gingen auch gehörig dazu ab ist ja auch der geilste Song der Truppe. Sänger Mark genoss es sichtlich im roten Scheinwerfer-Licht, der ihm von unten ins Gesicht schien, zu posieren und setzte auch zu jeder Gelegenheit sein Furcht einflössendstes Grinsen auf, das in Kombination mit dem roten Blender unter ihm, diesen "ich sitz am Lagerfeuer und erzähl Euch Gruselgeschichten mit der Taschenlampe im Gesicht" Effekt erzeugte. Am Schluss der Show wurden noch Pleks und Sticks im grossen Stil verteilt. Ex-Dying Fetus Drummer Kevin Tally warf sogar noch ein von ihm unterschriebenes Schlagzeug-Fell, wie einen Frisbee in die Menge welches ich danach dem Fänger abkaufen musste, damit ich es über mein eigenes Drum hängen konnte. Und Wishmaster's Befürchtung mehr Masse statt Klasse durfte ich am Ende des Abends wohl ohne schlechtes Gewissen dementieren. (Svn)