Noch bevor der langsam nahende Frühling die Knospen der
Blüten zum Öffnen bringt, sorgte ein ziemlich lärmiger Abend dafür,
dass dieser Vorgang zumindest in der unmittelbaren Umgebung
verlangsamt wird! Die Lokalmatadoren Comaniac luden nämlich
oberamtlich zur Taufe ihrer ersten Langrille «Return To The
Wastleland» ein. Ich hatte Ende Mai 2014 bekanntlich die
Gelegenheit, die töften Youngsters als eine der drei Support-Bands
für Coroner im Winterthurer Salzhaus live zu sehen. Da blieb mir ob
dieser sackstarken Darbietung echt die Spucke weg und ich fand schon
am (zweiten) Demo meine helle Freude. Somit lechzten einige Fans und
meine Wenigkeit natürlich nach mehr und dieser Wunsch ging jetzt
erfreulich schnell in Erfüllung. Nun blieb bloss noch die Frage
offen, ob die junge Band es schafft, die ungestüme Energie mit
kompositorischer Klasse zu verbinden und das so auf einen Tonträger
zu bannen. Kurzantwort: Ja, they did it (again)! Mit eingeladen
wurden zwei befreundete Bands, wovon Radwaste eine ganze Weile weg
vom Fenster waren und Lotrify nicht nur durch die «Bonebreaker
Ball»-Tour über die Region hinaus bekannt geworden sind.
Lotrify Obwohl zu Beginn des Konzertabends mit der Band
aus der Region der Stadt Baden noch viel Platz vor der Bühne war,
füllte sich der Raum zusehends. Lotrify traten bei der in der
Einleitung erwähnten Konzertsause mit Coroner in Winterthur ebenso,
wie Comaniac, als Anheizer auf. Ihre Performance fand ich damals
ganz ok, obwohl sie mich nicht restlos überzeugt hatte. Auch der
heutige Auftritt war insgesamt ähnlich gelagert. Die instrumentalen
Fähigkeiten von Fabian Umiker (g), Yannick Bislin (g), Silvan Laube
(b), Sergey Belyavskiy (d) und die Variabilität von Shouter Sacha
Wacker stehen dabei allerdings überhaupt nicht zur Diskussion. Was
mich nun aber nach dem eingehenden Anhören der 2013er 6-Track EP
«Light Passes, Shadow Remains» zunehmend überrascht, ist, über welch
gewaltiges Potenzial der Fünfer eigentlich verfügen würde! Die
musikalischen Vorbilder sind mitunter Avenged Sevenfold und
Disturbed, was man in der Tat nachvollziehen kann. Ich selber höre
an gewissen Ecken und Enden auch noch etwas von Communic (mehr) und
Machine Head (weniger) heraus. Nebst dem dichten fetten Riffing der
Herren Umiker/Bislin ist es vor allem der Verdienst von Sachas sehr
wandelbarer Gesangsstimme, die die Bandbreite zwischen extrem
sauberen wie cleanen Parts bis hin zu kräftigen Grunts/Screams
fliessend, wie zum Beispiel beim Rausschmeisser «Resurrection»,
abdeckt. Dabei wird auch immer
wieder
das melodiöse Element des typischen Lotrify-Sounds heraus gekehrt,
der letztlich auch vom überaus filigranen Drum-Spiel von Sergey
Belyavskiy geprägt wird. Soweit so gut, aber die überaus talentierte
Gruppe muss künftig unbedingt dafür sorgen, dass die schiere Power
des total überzeugenden Tonträgers auch auf der Bühne spürbar wird!
Die Jungs könnten mit einem satten Mördersound einiges mehr
bewirken! Nebst vier von total sechs Songs der sackstarken EP wurden
fünf neuere Songs präsentiert, die ich mir gerne einmal auf der
nächsten, hoffentlich bald einmal folgenden Scheibe anhören würde.
Setliste: «Sahara» - «End Of The Line» - «Welcome To Reality» -
«Split The Pit» - «Killing The Inner Fire» - «Collateral Damage» -
«Maria (I Like It Loud)» - «Xenophobic» - «Resurrection».
Radwaste
Die zweite Band ist ebenso im Kanton Aargau beheimatet und fand
ihren Ursprung lokal betrachtet wie per eigener Auffassung „zwischen
zwei Atomkraftwerken“. Bay Area Thrash der Marke Exodus und ein
Faible für Nevermore sowie Megadeth hatten sich Daniel Jerosch
(v/g), Beat Bugmann (g), Fabian Treier (b) und der ehemalige Drummer
Manuel Christen auf die Fahne geschrieben. Nach der Gründung 2007
gingen Radwaste den Weg, den eigentlich alle Bands gehen müssen.
Nachdem die ersten Songs standen, wurde der Mief des Übungsraumes
verlassen und regionale Bühnen überall da gerockt, wo es möglich
war. Letztlich gereichte es einmal gar zu einen Auftritt im
slowenischen Tolmin, wo ja alljährlich das mittlerweile bestbekannte
„Metalcamp“ abgehalten wird. 2010 bedeutete die Veröffentlichung der
selbstbetitelten Debüt-CD den nächsten Schritt nach vorne. Das war
vor fünf Jahren und da ich bisher noch nie was von den Jungs gesehen
und gehört hatte, legt den Schluss nahe, dass sich die Karriere der
vier Aargauer wohl nicht so weiter entwickelt hatte, wie
ursprünglich vorgesehen. Darum erklärte es sich von selber, dass
Dani Jerosch das Comeback von Radwaste zu Beginn des Sets verkündete
und dabei auch gleich der neue Schlagzeuger in der Person von
Dominik
Baumgartner
vorgestellt wurde. Neu oder zumindest „etwas verändert“ war zudem
die Optik der Band, denn die Herren Bugmann und (vor allem der)
Treier trugen ihr Haupthaar früher deutlich länger. Das färbte
allerdings keineswegs auf das Spiel ab, denn das neu belebte
Quartett legte von Anfang an wie die Feuerwehr los. Da sich das
aktuelle Material teils noch in der „Festigungsphase“ befindet, ging
der Opener nach dem Intro gemäss Setliste einfach mal als
«Crèmeschnitte» ins Rennen, gefolgt von «Fade With Light», einem der
Debüt-Tracks. Obwohl da einige Jährchen dazwischen liegen, klang das
Ganze dennoch erstaunlich ausgewogen. Im Zentrum stand Frontmann
Dani, während sein Sidekick Beat mehrfach wieselflinke Soli vom
Stapel liess. Der Rhythmusteppich wurde derweil vom neu gebildeten
Duo Treier/Baumgartner voll unten rein gebuttert. Bassist Fabian
überragte dabei mit seiner stattlichen Grösse alle anderen um
mindestens einen Kopf und steuerte dann und wann auch ein paar
Backing Vocals bei. Radwaste wussten die inzwischen merklich
angestiegene Menge an Fans bestens aus dem Busch zu locken und vorne
weg flogen die Matten gleich reihenweise. Trotz der längeren
Abstinenz kamen die Live-Qualitäten des technisch versierten
Quartetts deutlich zum Ausdruck und somit wurde der „Aarauer Mob“ im
Flösserplatz optimal für den Headliner auf Betriebstemperatur
gebracht.
Setliste: «Intro» - «Crèmeschnitte» - «Fade With
Light» - «War Never Changes» - «Spirit That Denies» - «SUDT» -
«Metamorphosis» - «Head Heart Hand» - «Forbidden Fruit».
Comaniac
Nach einer zeitlich vernünftig dauernden Umbaupause war der nun der
Moment für den Hauptact des Abends gekommen: Comaniac! Nachdem ich
das Debüt-Album für die Rezension noch rechtzeitig vor der
offiziellen CD-Taufe erhalten hatte, wusste ich natürlich, was mich
grundsätzlich erwarten würde. Obwohl bis anhin nur ein gesehenes
Konzert als Vergleich herhalten konnte, war ich echt gespannt, was
nun folgen würde. Kaum waren Jonas Schmid (v/g), Dominic Blum (g),
Raymond Weibel (b) und Cédric Iseli (d) auf die Bühne getreten,
wurden sie erstmal lautstark begrüsst. Im Publikum waren nebst
vielen Freunden aller Bands mitunter auch ein paar Musiker anderer
Bands wie Battalion und Gonoreas auszumachen. Da im Vorfeld nichts
rund um die CD-Taufe selber bekannt wurde, also ob zum Beispiel ein
extra dafür eingeladener Taufpate seine Aufwartung machen würde, war
es selbstsprechend, dass es Comaniac mehr um die Musik als
Showeinlagen geht. Dass dem dann in der Tat wirklich so war, stellte
sich bald heraus. Als Opener wurde nämlich «The Rake» gewählt, also
einer der Songs, der bereits auf dem 2012-er Demo vertreten war und
kaum hatten die Jungs angefangen zu spielen, ging das Volk ziemlich
steil ab. Um diesen Zustand nicht abreissen zu lassen, folgte mit
«Secret Seed» bereits der erste fette Groover, dessen Refrain
natürlich voll einfuhr! Weiter gings mit «Fist Of Friends» und
spätestens jetzt war die Band warm gespielt. In der Folge wurde das
komplette neue Album (!), einfach in anderer Reihenfolge, gespielt
und somit die uneingeschränkte Live-Tauglichkeit des Debüts unter
Beweis gestellt. Noch bevor die CD-Taufe mit „Whisky für alle“ und
ein paar gezündeten Tischbomben (!) zelebriert wurde, spielten sich
immer verrücktere Szenen mit mindestens halbwegs durchdrehenden und
teils ordentlich betankten Metalheads ab. Einige von ihnen enterten
wiederholt die Bühne und liessen sich danach als
Crowdsurfer
über die Köpfe der Leute reichen. Interessanterweise schritt von der
(an sich anwesenden) Security niemand ein und liess die Leute
gewähren. Zum einen sorgte das sicher für beste Stimmung, aber mehr
als einmal ging das dann halt auf Kosten der Spielpräzision und
letztlich fehlte es etwas an der bedingungslosen Durchschlagskraft.
Nichtsdestotrotz lieferten die Aarauer Lokal-Thrasher mehr als
amtlich ab und untermauerten ihre Ambitionen auf mehr ohne Wenn und
Aber. Das Axt-Duo Schmid/Blum ergänzte sich optimal, während die
Rhythmusmachine Weibel/Iseli keine Gnade kannte. Bassist Raymond
Weibel zockt ja sonst noch bei den Kollegen von Suborned, wo ja
unsere taffe Lucie „Thrash-Queen“ Werlen ihre Stimmbänder
malträtiert. Im Zugabenbereich gab es mit «And Then There Were None»
eine Verneigung vor den Idolen von Exodus und zum Schluss gaben sich
aktive und ehemalige Battalion-Musiker auf der total mit Krimskrams
übersähten Bühne die Ehre, um gemeinsam mit Comaniac ihren Song
«Headbangers» zu performen. Nach rund 80 Minuten ging diese spassige
Mordsause zu Ende und trotz etwas chaotischen, aber so eigentlich
erwarteten Zuständen, empfahl sich der würdige Headliner für weitere
(Live-) Taten in der Zukunft.
Setliste: «The Rake» - «Secret
Seed» - «Fist Of Friends» - «Killing Tendency» - «…and There Is No
Job» - «1, 2, Rage» - «Monsters Final Creation» - «Cut Throat» -
«Dagger Thrust / Tumor Troop» - «Solitude» -- «And Then There Were
None (Exodus Cover)» - «Flakhead» - «Headbangers (Battalion Cover)».
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