Livereview: Comaniac - Sin Starlett - Funeralopolis

08. April 2017, Aarau – Flösserplatz
By Rockslave - All Pics by Roger Holliger (Metal Inside) – Thanx Bro!
Das Ritual im Vorfeld, respektive um die unmittelbar bevorstehende Veröffentlichung eines neuen Tonträgers wird nach wie vor zelebriert, und darum stand dies heuer auch wieder für die Aargauer Thrasher Comaniac auf dem Programm. An gleicher Stelle wurde zum gleichen Anlass übrigens schon vor zwei Jahren gefeiert. Damals fand die Release-Sause für das knackige Debüt «Return To The Wasteland» statt. Nun stand der brandneue Dreher «Instruction For Destruction» im Fokus, und nicht nur meine Wenigkeit brannte regelrecht darauf! Eine Woche zuvor gab es im Outsider-Shop in Olten eine Signierstunde mit den Jungs, und gleichzeitig waren die CD sowie das Vinyl, mitunter in einer limitierten Box, eine Woche vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin erhältlich! Die neue Scheibe ist richtig gut geworden und unterscheidet sich trotz der unverkennbaren Roots schon vom Vorgänger. Die Mucke ist so zu sagen „erwachsen“ geworden und glänzt mit mehr Abwechslungsreichtum. Mit dabei als eingeladene Gäste waren die Kollegen von Sin Starlett und Funeralopolis. Somit waren an diesem Event drei verschiedene Stile vertreten, die qualitativ aber unterschiedlich ausfielen.

Funeralopolis

Von dieser Truppe hatte ich bisher noch nichts auf dem Radar. Der räudige Fünfer stammt aus der Region Lenzburg und entstand 2009 am „Mountains Of Death“-Festival in Muotathal (SZ) aus den Ruinen der vorherigen Band Human Waste. Das aktuelle Line-Up besteht aus Thuri (v/g), Pascal (g), Nico (b) und Mike (d) und frönt mehrheitlich klassischem Death Metal, versetzt mit doomigen Sprengseln. Dies sah und hörte man dann auch, kaum waren die Jungs auf der Bühne. Davor lümmelten die ersten paar Dutzend Metal-Maniacs herum und vernichteten in erster Linie die ersten Biere des Abends, denen dann noch einige folgen sollten. So ab dem dritten Song hatten Funeralopolis die Aufmerksamkeit der meisten Leute gewonnen und ernteten den entsprechenden Applaus. Ich bin in Sachen Death Metal nicht wirklich der Experte, doch meine Faves aus der Ecke sind aber sicher mal Bolt Thrower (R.I.P.), Grave und die alten Six Feet Under. Während bei den erwähnten Bands das Element „Groove“ trotz dem üblichen Geballer einen wesentlichen Punkt darstellt, fehlte mir dies bei den Jungs hier eigentlich gänzlich. Die doomigen Parts, die einen geringen Anteil hatten, sorgten immerhin für kurze Verschnaufpausen, doch die meiste Zeit wurde alles rasend schnell runtergeknüppelt und verfügte zudem über keinen Druck. So klang der todesmetallische Brei leider bald sehr eindimensional und uninspiriert. Die bierseligen Fans fanden aber offensichtlich trotzdem Gefallen daran und retteten dem Opener so den Arsch noch knapp. Mir hing das ganze Gedöns recht schnell zum Halse raus, und „passend“ zur ganzen Situation versagte meine Kamera ihren Dienst (mit Ansage) und verabschiedete sich nach einer Dekade in hartem Einsatz definitiv. Mehr Symbolik ging somit eigentlich gar nicht! Hört man sich die Mucke des Demos «...Of Death» (2010) und der EP «…Of Prevailing Chaos» (2013) auf Konserve an, fällt die Bilanz aber doch etwas besser aus als das, was auf der Bühne abging.

Sin Starlett
Wenn es denn eine Schweizer Band gibt, die den von der NWOBHM getränkten Heavy Metal mit ansteckender Inbrunst zelebriert, dann sind das Sin Starlett aus Luzern! Wer den Innerschweizer Sechser schon mal live hat abrocken sehen, bekommt eine treffende Vorstellung davon, wie sich diese Szene in den 80ern formiert hat. Vor allem die letzten beiden full lenght Alben «Throat Attack» (2012) und «Digital Overload» (2016) sind Gerne-Perlen, die ihresgleichen suchen. Frontmann Elias Felber definiert sich nicht nur über die längst legendär gewordenen Beinkleider aus Spandex, sondern verfügt auch über die passend schneidige Stimme. Unabdingbar für eine Combo, die diese Mucke spielt, sind zwei gleichwertige Gitarristen und die stehen in der Person von Reno Meier und Jan Horat felsenfest auf ihren Posten. Die Rhythm-Section erfuhr letztes Jahr nach dem Album-Release noch einen Wechsel am Bass. Neu haut hier Christoph Widmer anstelle von Cliff Lightyear (Ex-Battalion) in die dicken Saiten, und das tut er mittlerweile ganz ordentlich. Das galt auch für den Rest der Truppe, der nicht lange brauchte, um auf Betriebs-Temperatur zu kommen. Nach dem Intro der stählernen Musketiere rannten deren Pferde die Stalltüre gleich mit dem aktuellen Album-Opener «Electric Expander» ein. Mit dem Spirit der alten Judas Priest und Saxon, plus einem immer latent vorhandenen Schuss Iron Maiden, powerten Sin Starlett voll nach vorne los. Bereits zum zweiten Song «Blood In The Streets» vom ebenso bärenstarken Vorgänger «Throat Attack» hatte Frontgaul Elias die anzahlmässig deutlich angewachsene Meute um den Finger gewickelt. Von da an wurde das Ganze zum Selbstläufer und das erwartete Party-Feeling nahm seinen Lauf. Vor allem das kongeniale Axt-Duo Meier/Horat liess es dabei inklusive einer reissenden Saite mächtig krachen und unterstrich die Ambitionen, die diese Top-Band antreiben. Das überwiegend jugendliche Publikum hatte sich längst auf den hingeworfenen Knochen gestürzt und schädelte in den ersten Reihen nach allen Regeln der Kunst ab. Mir persönlich hätte die „Throat Attack“ von Mr. Felber allerdings noch einen Tick giftiger, sprich spritziger ausfallen dürfen. Unter dem Strich heizten die Luzerner dem Flösserplatz-Publikum jedoch optimal ein und erfüllten ihre Aufgabe als zweiter Support mit Bravour.

Setliste: «Intro - The March Of The Iron Musketeers» - «Electric Expander» - «Blood In The Streets» - «Headed By The Hexx» - «Digital Overload» - «Vindicator/Ribcagebreaker» - «Savage Nightshifts» - «Beholders Of The Claw» - «Rocking Through The Night» -- «Winds Of Fury».

Comaniac
Nun war ich gespannt wie ein Flitzebogen, wie der Headliner sein brandneues Baby «Instruction For Destruction» ins künftige Live-Gewand kleidet. Von den neuen Songs standen nicht weniger als deren neun von zehn auf der Setliste drauf, garniert mit Sound-Leckereien des Debüts und sogar noch einem Track des Demos. Mit etwas Verspätung auf die Marschtabelle enterten Jonas Schmid (v/g), Valentin Mössinger (g/v), Raymond Weibel (b/v) und Stefan Häberli (d) die Bühne, fackelten nicht lange herum und rissen gleich mal die ersten vier Songs in der gleichen Reihenfolge wie auf dem Album runter. Was ich mir erhofft hatte, trat auf der Stelle ein, nämlich dass sich das bereits auf Konserve überzeugende Material auch auf der Bühne bestens entfalten liess. Mit dem wie immer agilen Frontmann Jonas im Mittelpunkt des gesanglichen Geschehens, liess sein neuer Sidekick Vali keinerlei Zweifel aufkommen, dass dieser die richtige Wahl ist. Gleiches gilt für Stefan als neuen Trommler, der mitunter ein töftes Drum-Solo hinlegte. Die Gitarrenarbeit war indes nicht nur auf Seiten des Riffings eine Wand, sondern auch die solistischen Darbietungen brillierten durch Leichtigkeit und Präzision. Meine persönlichen Bemerkungen zum (Studio-) Gesang in der CD-Rezi sind live absolut kein Thema mehr. Da kehrte Master Schmid sofort den coolen Stagehund heraus und trieb die steil abgehende Meute unentwegt an. Was vielen anderen Combos abgeht, ist hier genau in der richtigen Dosis vorhanden, nämlich massig Attitüde und Glaubwürdigkeit. So machten Comaniac im mittlerweile ziemlich gut gefüllten Flösserplatz keine Gefangenen und powerten, was das Zeug hielt. Der Sound präsentierte sich dabei recht ordentlich, was grundsätzlich erfreulich war.

Der Mob vor Bühne, mittlerweile gut betankt, beschränkte sich nicht nur aufs Abbangen, und so wurden einige „wüste“ Moshpits angezettelt, die jedoch nie ein aggressives Verhalten nach aussen kehrten. Vielmehr herrschte eine ausgelassene wie friedliche Stimmung, was auch der Verdienst der unauffällig agierenden Security war. Dies war besonders dann der Fall, als einzelne Fans mehrfach auf die Bühne kletterten und sich von dort aus zwecks Crowdsurfing auf die dafür bereiten Fans stürzten. Was anderenorts nicht toleriert worden wäre, blieb in Aarau ohne Folgen. Als musikalisches und stimmungsmässiges Highlight entpuppte sich einmal mehr der unzerstörbare Kracher «Secret Seed». Der eigentliche Akt der Plattentaufe wurde im Beisein von Mr. Metalworld Alex Fontanini vorgenommen. Eine letztlich bedauernswerte LP-Hülle wurde hierzu kurz mit Whiskey getränkt, und das war es bereits von wegen dem Taufen. Mehr brauchte es aber auch nicht, denn es standen ja noch ein paar Songs auf der Setliste. Nach dem hastigen Herumreichen von zahlreichen „Saurer Apfel“-Shots, Bier und dem Vernichten des restlichen Inhalts der Whiskey-Flasche nahm die Party rasch wieder Fahrt auf. Zum Schluss wurde die Bühne (inklusive meiner Wenigkeit) komplett geentert, und kurzzeitig herrschte ein ziemliches Chaos. Comaniac liessen das aber alles locker wie cool über sich ergehen, und so konnte die Release-Sause würdig im Sinne einer fetten wie erinnerungswürdigen Metal-Party zu Ende gebracht werden. Dies nicht zuletzt auch wegen der persönlichen Einladung zum vorab sehr feinen Nachtessen, das an dieser Stelle herzlich verdankt wird. Dass allerdings meine Kamera gerade heute Abend den Löffel abgab, tat dem positiven Fazit jedoch keinen Abbruch.

Setliste: «Coal» - «Suborned» - «Bow Low» - «Guarding Ruins» - «1, 2, Rage» - «Instruction For Destruction» - «Self Control» - «Secret Seed» - «Killing Tendency» - «Shattered» - «Heart Of Stone» - «Forever More» -- «Dagger Thrust» - «Cut Throat».