Das Ritual im Vorfeld, respektive um die unmittelbar
bevorstehende Veröffentlichung eines neuen Tonträgers wird nach wie
vor zelebriert, und darum stand dies heuer auch wieder für die
Aargauer Thrasher Comaniac auf dem Programm. An gleicher Stelle
wurde zum gleichen Anlass übrigens schon vor zwei Jahren gefeiert.
Damals fand die Release-Sause für das knackige Debüt «Return To The
Wasteland» statt. Nun stand der brandneue Dreher «Instruction For
Destruction» im Fokus, und nicht nur meine Wenigkeit brannte
regelrecht darauf! Eine Woche zuvor gab es im Outsider-Shop in Olten
eine Signierstunde mit den Jungs, und gleichzeitig waren die CD sowie
das Vinyl, mitunter in einer limitierten Box, eine Woche vor dem
offiziellen Veröffentlichungstermin erhältlich! Die neue Scheibe ist
richtig gut geworden und unterscheidet sich trotz der unverkennbaren
Roots schon vom Vorgänger. Die Mucke ist so zu sagen „erwachsen“
geworden und glänzt mit mehr Abwechslungsreichtum. Mit dabei als
eingeladene Gäste waren die Kollegen von Sin Starlett und
Funeralopolis. Somit waren an diesem Event drei verschiedene Stile
vertreten, die qualitativ aber unterschiedlich ausfielen.
Funeralopolis Von dieser Truppe hatte ich bisher noch
nichts auf dem Radar. Der räudige Fünfer stammt aus der Region
Lenzburg und entstand 2009 am „Mountains Of Death“-Festival in
Muotathal (SZ) aus den Ruinen der vorherigen Band Human Waste. Das
aktuelle Line-Up besteht aus Thuri (v/g), Pascal (g), Nico (b) und
Mike (d) und frönt mehrheitlich klassischem Death Metal, versetzt
mit doomigen Sprengseln. Dies sah und hörte man dann auch, kaum
waren die Jungs auf der Bühne. Davor lümmelten die ersten paar
Dutzend Metal-Maniacs herum und vernichteten in erster Linie die
ersten Biere des Abends, denen dann noch einige folgen sollten. So
ab dem dritten Song hatten Funeralopolis die Aufmerksamkeit der
meisten Leute gewonnen und ernteten den entsprechenden Applaus. Ich
bin in Sachen Death Metal nicht wirklich der Experte, doch meine Faves
aus der Ecke sind aber sicher mal Bolt Thrower (R.I.P.), Grave und
die alten Six Feet Under. Während bei den erwähnten Bands das
Element „Groove“ trotz dem üblichen Geballer einen wesentlichen
Punkt darstellt, fehlte mir dies bei den Jungs hier eigentlich
gänzlich. Die doomigen Parts, die einen geringen Anteil hatten,
sorgten immerhin für kurze Verschnaufpausen, doch die meiste Zeit
wurde alles rasend schnell runtergeknüppelt und verfügte zudem über
keinen Druck. So klang der todesmetallische Brei leider bald sehr
eindimensional und uninspiriert. Die bierseligen Fans fanden aber
offensichtlich trotzdem Gefallen daran und retteten dem Opener so
den Arsch noch knapp. Mir hing das ganze Gedöns recht schnell zum
Halse raus, und „passend“ zur ganzen Situation versagte meine Kamera
ihren Dienst (mit Ansage) und verabschiedete sich nach einer Dekade
in hartem Einsatz definitiv. Mehr Symbolik ging somit eigentlich gar
nicht! Hört man sich die Mucke des Demos «...Of Death» (2010) und
der EP «…Of Prevailing Chaos» (2013) auf Konserve an, fällt die
Bilanz aber doch etwas besser aus als das, was auf der Bühne abging.
Sin Starlett Wenn es denn eine Schweizer
Band gibt, die den von der NWOBHM getränkten Heavy Metal mit
ansteckender Inbrunst zelebriert, dann sind das Sin Starlett aus
Luzern! Wer den Innerschweizer Sechser schon mal live hat abrocken
sehen, bekommt eine treffende Vorstellung davon, wie sich diese
Szene in den 80ern formiert hat. Vor allem die letzten beiden full
lenght Alben «Throat Attack» (2012) und «Digital Overload» (2016)
sind Gerne-Perlen, die ihresgleichen suchen. Frontmann Elias Felber
definiert sich nicht nur über die längst legendär gewordenen
Beinkleider
aus Spandex, sondern verfügt auch über die passend
schneidige Stimme. Unabdingbar für eine Combo, die diese Mucke
spielt, sind zwei gleichwertige Gitarristen und die stehen in der
Person von Reno Meier und Jan Horat felsenfest auf ihren Posten. Die
Rhythm-Section erfuhr letztes Jahr nach dem Album-Release noch einen
Wechsel am Bass. Neu haut hier Christoph Widmer anstelle von Cliff
Lightyear (Ex-Battalion) in die dicken Saiten, und das tut er
mittlerweile ganz ordentlich. Das galt auch für den Rest der Truppe,
der nicht lange brauchte, um auf Betriebs-Temperatur zu kommen. Nach
dem Intro der stählernen Musketiere rannten deren Pferde die
Stalltüre gleich mit dem aktuellen Album-Opener «Electric Expander»
ein. Mit dem Spirit der alten Judas Priest und Saxon, plus einem
immer latent vorhandenen Schuss Iron Maiden, powerten Sin Starlett
voll nach vorne los. Bereits zum zweiten Song «Blood In The Streets»
vom ebenso bärenstarken Vorgänger «Throat Attack» hatte Frontgaul
Elias die anzahlmässig deutlich angewachsene Meute um den Finger
gewickelt. Von da an wurde das Ganze zum Selbstläufer und das
erwartete Party-Feeling nahm seinen Lauf. Vor allem das kongeniale
Axt-Duo Meier/Horat liess es dabei inklusive einer reissenden Saite
mächtig krachen und unterstrich die Ambitionen, die diese Top-Band
antreiben. Das überwiegend jugendliche Publikum hatte sich längst
auf den hingeworfenen Knochen gestürzt und schädelte in den ersten
Reihen nach allen Regeln der Kunst ab. Mir persönlich hätte die
„Throat Attack“ von Mr. Felber allerdings noch einen Tick giftiger,
sprich spritziger ausfallen dürfen. Unter dem Strich heizten die
Luzerner dem Flösserplatz-Publikum jedoch optimal ein und erfüllten
ihre Aufgabe als zweiter Support mit Bravour.
Setliste:
«Intro - The March Of The Iron Musketeers» - «Electric Expander» -
«Blood In The Streets» - «Headed By The Hexx» - «Digital Overload» -
«Vindicator/Ribcagebreaker» - «Savage Nightshifts» - «Beholders Of
The Claw» - «Rocking Through The Night» -- «Winds Of Fury».
Comaniac Nun war ich gespannt wie ein
Flitzebogen, wie der Headliner sein brandneues Baby «Instruction For
Destruction» ins künftige Live-Gewand kleidet. Von den neuen Songs
standen nicht weniger als deren neun von zehn auf der Setliste
drauf, garniert mit Sound-Leckereien des Debüts und sogar noch einem
Track des Demos. Mit etwas Verspätung auf die Marschtabelle enterten
Jonas Schmid (v/g), Valentin Mössinger (g/v), Raymond Weibel (b/v)
und Stefan Häberli (d) die Bühne, fackelten nicht lange herum und
rissen gleich mal die ersten vier Songs in der gleichen Reihenfolge
wie auf dem Album runter. Was ich mir erhofft hatte, trat auf der
Stelle ein, nämlich dass sich das bereits auf Konserve überzeugende
Material auch auf der Bühne bestens entfalten liess. Mit dem wie
immer agilen Frontmann Jonas im Mittelpunkt des gesanglichen
Geschehens, liess sein neuer Sidekick Vali keinerlei Zweifel
aufkommen, dass dieser die richtige Wahl ist. Gleiches gilt für
Stefan als neuen Trommler, der mitunter ein töftes Drum-Solo
hinlegte. Die Gitarrenarbeit war indes nicht nur auf Seiten des
Riffings eine Wand, sondern auch die solistischen Darbietungen
brillierten durch Leichtigkeit und Präzision. Meine persönlichen
Bemerkungen zum (Studio-) Gesang in der CD-Rezi sind live absolut
kein Thema
mehr. Da kehrte Master Schmid sofort den coolen Stagehund
heraus und trieb die steil abgehende Meute unentwegt an. Was vielen
anderen Combos abgeht, ist hier genau in der richtigen Dosis
vorhanden, nämlich massig Attitüde und Glaubwürdigkeit. So machten
Comaniac im mittlerweile ziemlich gut gefüllten Flösserplatz keine
Gefangenen und powerten, was das Zeug hielt. Der Sound präsentierte
sich dabei recht ordentlich, was grundsätzlich erfreulich war.
Der Mob vor Bühne, mittlerweile gut betankt, beschränkte sich
nicht nur aufs Abbangen, und so wurden einige „wüste“ Moshpits
angezettelt, die jedoch nie ein aggressives Verhalten nach aussen
kehrten. Vielmehr herrschte eine ausgelassene wie friedliche
Stimmung, was auch der Verdienst der unauffällig agierenden Security
war. Dies war besonders dann der Fall, als einzelne Fans mehrfach
auf die Bühne kletterten und sich von dort aus zwecks Crowdsurfing
auf die dafür bereiten Fans stürzten. Was anderenorts nicht
toleriert worden wäre, blieb in Aarau ohne Folgen. Als musikalisches
und stimmungsmässiges Highlight entpuppte sich einmal mehr der
unzerstörbare Kracher «Secret Seed». Der eigentliche Akt der
Plattentaufe wurde im Beisein von Mr. Metalworld Alex Fontanini
vorgenommen. Eine letztlich bedauernswerte LP-Hülle wurde hierzu
kurz mit Whiskey getränkt, und das war es bereits von wegen dem
Taufen. Mehr brauchte es aber auch nicht, denn es standen ja noch
ein paar Songs auf der Setliste. Nach dem hastigen Herumreichen von
zahlreichen „Saurer Apfel“-Shots, Bier und dem Vernichten des
restlichen Inhalts der Whiskey-Flasche nahm die Party rasch wieder
Fahrt auf. Zum Schluss wurde die Bühne (inklusive meiner Wenigkeit)
komplett geentert, und kurzzeitig herrschte ein ziemliches Chaos.
Comaniac liessen das aber alles locker wie cool über sich ergehen,
und so konnte die Release-Sause würdig im Sinne einer fetten wie
erinnerungswürdigen Metal-Party zu Ende gebracht werden. Dies nicht
zuletzt auch wegen der persönlichen Einladung zum vorab sehr feinen
Nachtessen, das an dieser Stelle herzlich verdankt wird. Dass
allerdings meine Kamera gerade heute Abend den Löffel abgab, tat dem
positiven Fazit jedoch keinen Abbruch.
Setliste: «Coal» -
«Suborned» - «Bow Low» - «Guarding Ruins» - «1, 2, Rage» -
«Instruction For Destruction» - «Self Control» - «Secret Seed» -
«Killing Tendency» - «Shattered» - «Heart Of Stone» - «Forever More»
-- «Dagger Thrust» - «Cut Throat».
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