Zwei Tage vor Weihnachten war eigentlich schon Weihnachten
in der Musiburg zu Aarburg, zumindest für die Fans der frühen
Gotthard! Grund war einer der ersten Live-Auftritte der neuen Band
CoreLeoni, dessen Name im entsprechenden Umfeld natürlich für sich
selbst spricht. Die Ankündigung hatte es bereits in sich, denn das
Line-Up zieren neben den beiden Ur-Gotthard Members Leo Leoni
(Guitar/Vocals) und Hena Habegger (Drums) noch Gitarrist Jgor
Gianola (Ex-Gotthard, Ex-U.D.O.), Bassist Mila Merker und ein
gewisser Ronnie Romero. Wäre da 2016 nicht eine „Band“ namens
Rainbow mit Altmeister Ritchie Blackmore (Ex-Deep Purple) mit dem
Frontmann von Lords Of Black unterwegs gewesen, wäre dieser wohl
nicht so dick im Geschäft wie jetzt. Allerdings musste sich Ronnie
das alte Gotthard-Material zuerst richtig drauf packen, denn bei den
Regenbogen-Einsätzen waren zwar auch kräftige Vocals gefordert, aber
die Blütephase von Steve Lee (R.I.P.) füllt kein anderer Sänger auf
diesem Planeten „einfach so“ aus. Bevor Ronnie jedoch glänzen
konnte, bewiesen Underskin mit Frontfrau Andrina Travers, dass sie
auch vor Hardrock-Publikum bestehen können.
Underskin
Es war eine geraume Weile her, seit ich Underskin das letzte Mal
live auf einer Bühne habe performen sehen. Genau gesehen liegen da
mehr als zwei Jahre zurück, und da spielte die Band als eine der drei
Support-Combos anlässlich der CD-Release Party von Gonoreas. Die
Zürcher Alternative-Rocker schienen damals schon nicht recht zum
Metal-Publikum zu passen, schlugen sich jedoch wacker und
hinterliessen zumindest einen ziemlich professionellen Eindruck. Das
lag in erster Linie an den guten Songs des Debüt-Albums «Collective
Confusion» (2015) und der Bühnen-Präsenz von Andrina. Diese hatte
sie heute Abend rein optisch mit dem ziemlich ungewohnt anmutenden
Glitzerkleid, einem Relikt der früheren Jahre. Der weihnachtlich
geprägte Blickfang war jedoch nicht dazu da, von irgendwas
abzulenken oder total nur auf den Körper fixiert zu sein. Kaum auf
der Bühne, bemerkte ich umgehend, was in den letzten zwei Jahren
gegangen ist. Andrina wirkte gereifter
und
ging völlig in der Rolle als agile Frontfrau auf. Begleitet von
Roman Walker (g), Buddah Craven (d) und einem Gast-Bassisten (?)
wurde mitunter auch zu einigen neuen Kompositionen ordentlich Groove
freigetreten, was vom Publikum schon bald honoriert wurde. Mir
gefiel zudem die laszive Note, die Andrina überzeugend ausspielte
und sich so als komplette Sängerin präsentierte. Dies geht womöglich
auch etwas auf das Konto der ziemlich erfolgreichen Zeit bei «The
Voice Of Germany», wo die talentierte Miss Travers 2016 bis unter
die letzten 38 Stimmen der Kategorie „Songs Off’s“ vorstiess. Die
dabei gemachten Erfahrungen im Team von Samu Haber (Sunrise Avenue)
dürften nicht zu unterschätzen sein. Mit dabei hatten Underskin
ausserdem noch ihre neue Single «Use Me», die textlich schwere Kost
umgibt und und zu einem Teil die hoffentlich überstandene
Krebserkrankung der sympathischen Leadsängerin im Sinne der
Krankheit zum Thema hat. Davon wusste oder ahnte in der Musigburg
jedoch kaum jemand bis niemand was, und so wurde der überaus
überzeugende Auftritt völlig verdient mit einem tollen
Schlussapplaus bedacht. Dazu passend der Spruch am Ende der
Setliste: Have fun bitches!!!
Setliste: «Get Awake» - «Don’t
Try» - «Use Me» - «Sink» - «Lies For Sex» - «Starving Animal» -
«Fuckin' Cactus» - «Thunderhead» - «Slave» - «Going To Hell» - «Heal
Me» - «Spit On You» - «Human».
CoreLeoni
Besser hätte das alte Arbeitsjahr nicht ausklingen können, und die
Aussicht auf die kommenden Feiertage wie zusätzliche vier Freitage
im neuen Jahr beflügelten meine gute Stimmung. In dieser dürfte sich
auch der Veranstalter befunden haben, denn der Publikumsaufmarsch
war erfreulich zahlreich, und somit stand einer zünftigen Rock-Party
nichts im Weg. Im Vorfeld wurde das Ansinnen der Band CoreLeoni,
nämlich nur alte Gotthard-Songs der ersten drei Alben «Gotthard»
(1992), «Dial
Hard» (1994) und «G.» (1996) zu zelebrieren sowie auch eigenes
Material im gleichen Gewand aufzufahren, in den sozialen Medien,
sprich Facebook, kontrovers diskutiert. Was für die einen fast nach
Leichenfledderei und vor allem Ausverkauf riecht, ist für die
anderen das legitime Recht von Gründer Leo Leoni, die glorreiche
Vergangenheit zum 25-jährigen Jubiläum des legendären Debüt-Albums
wieder aufleben zu lassen. Damit das stimmlich nicht in die Hose
geht, musste ein Sänger her, der es echt drauf hat. Leichter gesagt
als getan, aber die Wahl von Ronnie Romero kann ich diesem
Zusammenhang als wahrer Glücksgriff verbucht werden! Doch selbst ein
talentierter Profi wie Ronnie musste sich seinen Platz zuerst
erarbeiten, und das Resultat davon gipfelte in einer bereits
fulminanten Version des Openers «Higher», der die Kauleisten der
Fans schon merklich runterhängen liess, und nach den ebenso
grandiosen Versionen von «Standing In The Light» sowie «Downtown»
schossen einem ab der schieren Power der Band und der Hammerstimme
von Mr. Romero beinahe schon die Tränen in die Augen! Das von Beginn
weg geflashte Publikum traute seinen Augen und Ohren nicht, was da
von der Bühne runter wehte. Mitunter getragen von der tighten
Rhythm-Section Habegger/Merker. Du meine Fresse war das ein fettes
Pfund, und das wiedervereinte Axt-Duo mit Leo und Jgor bratzte und
lickte mit voller Intensität, wow!
Dennoch
stand natürlich erstmal der total sympathisch wirkende Frontmann im
Fokus des Interesses, und mit jedem Song mehr sah man Steve,
entspannt auf seiner Wolke sitzend, anerkennend nicken. Yeah….,
that’s the real shit Mann! Mit «Walk On Water» präsentierten
CoreLeoni zudem den ersten eigenen Song aus dem im Februar 2018
erscheinenden Album «The Greatest Hits – Part 1», wo einige der
besten Gotthard-Heuler mit der aktuellen Formation neu eingespielt
wurden. Der Zusatz „Part-1“ ist dabei selbstsprechend, und in naher
Zukunft darf wohl mit einem zweiten Part gerechnet werden. Der
besagte neue Song hätte von der Machart noch gut auf «Need To
Believe» (2009) gepasst. Allerdings stört hier der zu giftige
Synthie-Sound, der live zum Glück nicht so dominant war. Nachdem der
gesanglich sehr anspruchsvolle Kracher «Downtown» mit Bravour
gemeistert wurde, konnte vor allem «Firedance» die guten alten
Zeiten locker in die Gegenwart transportieren. Was für ein
grandioser Moment an diesem eh schon kultigen Konzert-Abend in der
Musigburg. Mit den beiden Balladen «All I Care For» und «Let It Be»
zeigte Ronnie schliesslich eindrücklich, dass er nicht nur Vollgas
geben, sondern auch viel Gefühl einbringen kann. Das Publikum nahm
Anteil an diesen Emotionen und feierte CoreLeoni nach allen Regeln
der Kunst ab. Der Zep-Klassiker «Immigrant Song» als erste Zugabe
war in Ordnung, aber nicht zwingend nötig, und dass «Anytime
Anywhere» als starker Schlusssong einen Schwenker hin zum Album
«Lipservice» (2005) markierte, störte letztlich niemanden. Nachdem
sich eine sichtlich glückliche Band von ihren Fans verabschiedet
hatte, ging auch mein Konzertjahr 2017 würdig zu Ende und liess
gleichzeitig die Vorfreude auf das bald bevorstehende ICE ROCK
Festival in Wasen im Emmental aufkommen.
Setliste: «Intro:
Speak Softly Love (Love Theme From The Godfather)» - «Higher» -
«Standing In The Light» - «Downtown» - «Fist In Your Face» - «Walk
On Water» - «Firedance» - «Get It While You Can» - «Where Are You» -
«All I Care For» - «Let It Be» - «In The Name» - «Tell No Lies» -
«Make My Day» - «Mountain Mama» - «She Goes Down» - «Whammy Moto» -
«Ride On» - «Here Comes The Heat» -- «Immigrant Song» - «Anytime
Anywhere».
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