Livereview: CoreLeoni - Underskin

22. Dezember 2017, Aarburg – Musigburg
By Rockslave
Zwei Tage vor Weihnachten war eigentlich schon Weihnachten in der Musiburg zu Aarburg, zumindest für die Fans der frühen Gotthard! Grund war einer der ersten Live-Auftritte der neuen Band CoreLeoni, dessen Name im entsprechenden Umfeld natürlich für sich selbst spricht. Die Ankündigung hatte es bereits in sich, denn das Line-Up zieren neben den beiden Ur-Gotthard Members Leo Leoni (Guitar/Vocals) und Hena Habegger (Drums) noch Gitarrist Jgor Gianola (Ex-Gotthard, Ex-U.D.O.), Bassist Mila Merker und ein gewisser Ronnie Romero. Wäre da 2016 nicht eine „Band“ namens Rainbow mit Altmeister Ritchie Blackmore (Ex-Deep Purple) mit dem Frontmann von Lords Of Black unterwegs gewesen, wäre dieser wohl nicht so dick im Geschäft wie jetzt. Allerdings musste sich Ronnie das alte Gotthard-Material zuerst richtig drauf packen, denn bei den Regenbogen-Einsätzen waren zwar auch kräftige Vocals gefordert, aber die Blütephase von Steve Lee (R.I.P.) füllt kein anderer Sänger auf diesem Planeten „einfach so“ aus. Bevor Ronnie jedoch glänzen konnte, bewiesen Underskin mit Frontfrau Andrina Travers, dass sie auch vor Hardrock-Publikum bestehen können.

Underskin

Es war eine geraume Weile her, seit ich Underskin das letzte Mal live auf einer Bühne habe performen sehen. Genau gesehen liegen da mehr als zwei Jahre zurück, und da spielte die Band als eine der drei Support-Combos anlässlich der CD-Release Party von Gonoreas. Die Zürcher Alternative-Rocker schienen damals schon nicht recht zum Metal-Publikum zu passen, schlugen sich jedoch wacker und hinterliessen zumindest einen ziemlich professionellen Eindruck. Das lag in erster Linie an den guten Songs des Debüt-Albums «Collective Confusion» (2015) und der Bühnen-Präsenz von Andrina. Diese hatte sie heute Abend rein optisch mit dem ziemlich ungewohnt anmutenden Glitzerkleid, einem Relikt der früheren Jahre. Der weihnachtlich geprägte Blickfang war jedoch nicht dazu da, von irgendwas abzulenken oder total nur auf den Körper fixiert zu sein. Kaum auf der Bühne, bemerkte ich umgehend, was in den letzten zwei Jahren gegangen ist. Andrina wirkte gereifter und ging völlig in der Rolle als agile Frontfrau auf. Begleitet von Roman Walker (g), Buddah Craven (d) und einem Gast-Bassisten (?) wurde mitunter auch zu einigen neuen Kompositionen ordentlich Groove freigetreten, was vom Publikum schon bald honoriert wurde. Mir gefiel zudem die laszive Note, die Andrina überzeugend ausspielte und sich so als komplette Sängerin präsentierte. Dies geht womöglich auch etwas auf das Konto der ziemlich erfolgreichen Zeit bei «The Voice Of Germany», wo die talentierte Miss Travers 2016 bis unter die letzten 38 Stimmen der Kategorie „Songs Off’s“ vorstiess. Die dabei gemachten Erfahrungen im Team von Samu Haber (Sunrise Avenue) dürften nicht zu unterschätzen sein. Mit dabei hatten Underskin ausserdem noch ihre neue Single «Use Me», die textlich schwere Kost umgibt und und zu einem Teil die hoffentlich überstandene Krebserkrankung der sympathischen Leadsängerin im Sinne der Krankheit zum Thema hat. Davon wusste oder ahnte in der Musigburg jedoch kaum jemand bis niemand was, und so wurde der überaus überzeugende Auftritt völlig verdient mit einem tollen Schlussapplaus bedacht. Dazu passend der Spruch am Ende der Setliste: Have fun bitches!!!

Setliste: «Get Awake» - «Don’t Try» - «Use Me» - «Sink» - «Lies For Sex» - «Starving Animal» - «Fuckin' Cactus» - «Thunderhead» - «Slave» - «Going To Hell» - «Heal Me» - «Spit On You» - «Human».


CoreLeoni
Besser hätte das alte Arbeitsjahr nicht ausklingen können, und die Aussicht auf die kommenden Feiertage wie zusätzliche vier Freitage im neuen Jahr beflügelten meine gute Stimmung. In dieser dürfte sich auch der Veranstalter befunden haben, denn der Publikumsaufmarsch war erfreulich zahlreich, und somit stand einer zünftigen Rock-Party nichts im Weg. Im Vorfeld wurde das Ansinnen der Band CoreLeoni, nämlich nur alte Gotthard-Songs der ersten drei Alben «Gotthard» (1992), «Dial Hard» (1994) und «G.» (1996) zu zelebrieren sowie auch eigenes Material im gleichen Gewand aufzufahren, in den sozialen Medien, sprich Facebook, kontrovers diskutiert. Was für die einen fast nach Leichenfledderei und vor allem Ausverkauf riecht, ist für die anderen das legitime Recht von Gründer Leo Leoni, die glorreiche Vergangenheit zum 25-jährigen Jubiläum des legendären Debüt-Albums wieder aufleben zu lassen. Damit das stimmlich nicht in die Hose geht, musste ein Sänger her, der es echt drauf hat. Leichter gesagt als getan, aber die Wahl von Ronnie Romero kann ich diesem Zusammenhang als wahrer Glücksgriff verbucht werden! Doch selbst ein talentierter Profi wie Ronnie musste sich seinen Platz zuerst erarbeiten, und das Resultat davon gipfelte in einer bereits fulminanten Version des Openers «Higher», der die Kauleisten der Fans schon merklich runterhängen liess, und nach den ebenso grandiosen Versionen von «Standing In The Light» sowie «Downtown» schossen einem ab der schieren Power der Band und der Hammerstimme von Mr. Romero beinahe schon die Tränen in die Augen! Das von Beginn weg geflashte Publikum traute seinen Augen und Ohren nicht, was da von der Bühne runter wehte. Mitunter getragen von der tighten Rhythm-Section Habegger/Merker. Du meine Fresse war das ein fettes Pfund, und das wiedervereinte Axt-Duo mit Leo und Jgor bratzte und lickte mit voller Intensität, wow!

Dennoch stand natürlich erstmal der total sympathisch wirkende Frontmann im Fokus des Interesses, und mit jedem Song mehr sah man Steve, entspannt auf seiner Wolke sitzend, anerkennend nicken. Yeah…., that’s the real shit Mann! Mit «Walk On Water» präsentierten CoreLeoni zudem den ersten eigenen Song aus dem im Februar 2018 erscheinenden Album «The Greatest Hits – Part 1», wo einige der besten Gotthard-Heuler mit der aktuellen Formation neu eingespielt wurden. Der Zusatz „Part-1“ ist dabei selbstsprechend, und in naher Zukunft darf wohl mit einem zweiten Part gerechnet werden. Der besagte neue Song hätte von der Machart noch gut auf «Need To Believe» (2009) gepasst. Allerdings stört hier der zu giftige Synthie-Sound, der live zum Glück nicht so dominant war. Nachdem der gesanglich sehr anspruchsvolle Kracher «Downtown» mit Bravour gemeistert wurde, konnte vor allem «Firedance» die guten alten Zeiten locker in die Gegenwart transportieren. Was für ein grandioser Moment an diesem eh schon kultigen Konzert-Abend in der Musigburg. Mit den beiden Balladen «All I Care For» und «Let It Be» zeigte Ronnie schliesslich eindrücklich, dass er nicht nur Vollgas geben, sondern auch viel Gefühl einbringen kann. Das Publikum nahm Anteil an diesen Emotionen und feierte CoreLeoni nach allen Regeln der Kunst ab. Der Zep-Klassiker «Immigrant Song» als erste Zugabe war in Ordnung, aber nicht zwingend nötig, und dass «Anytime Anywhere» als starker Schlusssong einen Schwenker hin zum Album «Lipservice» (2005) markierte, störte letztlich niemanden. Nachdem sich eine sichtlich glückliche Band von ihren Fans verabschiedet hatte, ging auch mein Konzertjahr 2017 würdig zu Ende und liess gleichzeitig die Vorfreude auf das bald bevorstehende ICE ROCK Festival in Wasen im Emmental aufkommen.

Setliste: «Intro: Speak Softly Love (Love Theme From The Godfather)» - «Higher» - «Standing In The Light» - «Downtown» - «Fist In Your Face» - «Walk On Water» - «Firedance» - «Get It While You Can» - «Where Are You» - «All I Care For» - «Let It Be» - «In The Name» - «Tell No Lies» - «Make My Day» - «Mountain Mama» - «She Goes Down» - «Whammy Moto» - «Ride On» - «Here Comes The Heat» -- «Immigrant Song» - «Anytime Anywhere».