Der Winter hat uns wieder. Es ist schweinekalt und die Fans
frieren vor dem Einlass ins Z7. Was ihnen an diesem Abend aber im
Prattelner Konzerttempel geboten wurde, liess jedes Hardrock-Herz
erwärmen. Ja, es gibt sie noch. Die tollen Vorbands, welche dem
Headliner das Leben schwer machen und der Hauptact sich mächtig ins
Zeug legen muss, um nicht an die Wand gespielt zu werden. Doch der
Reihe nach…
Maxxwell
…die Innerschweizer Maxxwell starteten kraftvoll mit «She Is Mine»
und «Back Again». Von der ersten Sekunde an stand eine Einheit auf
der Bühne, der man die vielen Livekonzerte der Vergangenheit
anmerkte. Also nichts von lustloser Routine, sondern hier stand eine
gefährliche Bestie auf der Bühne, die keine Gefangenen machen
wollte. Ob dies Drummer Oli war, der sich mit seinem kraftvollen Spiel
oder seinen Gestiken und Mimiken wie ein Sänger präsentierte,
Adrian, der mit Power auf seine vier Saiten einschlug und für den
perfekten Rhythmusteppich sorgte oder die Gitarrenfront mit Hef und
Cyril… Die Truppe rockte, als gäbe es kein Morgen. War Hef der eher
sich auf sein Gitarrenspiel und seine Solos konzentrierende
Saitenakrobat, ging Cyril einmal mehr ab "wie 'nes Zäpfli". In der
Mitte Gilberto, der sehr gut sang, aber noch immer mit seinen
Ansagen zu "kämpfen" hat. Der Rest? Das war Hardrock pur mit
internationalem Hitpotenzial. Hier hört man keine
«ich-spiele-in-einer-helvetischen-Band-und-habe-deswegen-einen-Bonuspunkt»!
NEIN! Maxxwell glänzten mit Liedern, welche auf der einen Seite ein
leicht modernes Flair besitzen, auf der anderen Seite aber auch sehr
traditionell klingen und zu guter Letzt ganz einfach Tracks sind, die
einen sofort mitreissen und packen. Das Quintett besteht aus
Arbeitstieren, die authentisch sind, mit "blood, sweat and tears" ihr
Handwerk zelebrieren und zu Recht zu den grossen Vier (Krokus,
Gotthard, Shakra, CoreLeoni) aufgeschlossen haben. Ihr Sound überzeugt
in einer eigenen Nische mit Wiederkennungsgrad, was die Jungs
zusätzlich noch sympathischer macht. Die Truppe hat mehr Erfolg
verdient und dies nicht nur, weil man mit Tracks wie «Slapshot»,
«Heads Or Tails» oder «Queen Of The Night» geiles Material am Start hat. Für
mich der klare Gewinner an diesem Abend!
CoreLeoni
Wieso die Gewinner nicht CoreLeoni waren? Gute Frage, die nicht so
einfach zu beantworten ist. Denn die Herren um Leo Leoni boten wie
gewohnt eine ganz geile Show, rockten ohne Ende und führen mit
Ronnie Romero einen unglaublichen Shouter in den eigenen Reihen. Der
Chilene sang wie ein Gott, braucht sich nicht hinter der Vorgabe von
Steve Lee zu verstecken und strahlt dieses typische, italienische
Lausbuben-Flair aus. Auch, wenn hier der südländische Pathos ein
bisschen zu "unrockig" wirkte und das Theatralische dem Kern des
Rocks etwas die Wurzeln nahm. Am Ende der Show war alleine die
Gesangleistung von «I'm On My Way» ein Gänsehautmoment, wie man ihn
heute nur noch sehr selten zu hören bekommt. Wie auch der kurz
eingespielte Moment von Queens «We Will Rock You», bei dem sich
Mister Romero wie ein keiner Freddie Mercury präsentierte.
Gotthard-Gitarrist Leo ist erneut "on his way" und kann endlich
wieder rocken, frei von der Leber weg. Etwas, das ihm mit seiner
Stammband in den letzten Jahren immer schwerer fiel, da der Kommerz
Gotthard in eine etwas "Hausfrauenrock" tauglichere Richtung trieb.
Bei CoreLeoni lässt der Tessiner wieder das Tier aus sich raus und
rifft und soliert, wie er es immer wollte. Zusammen mit dem
ehemaligen Gotthard- und U.D.O.-Gitarristen Jgor Gianola bilden die
Beiden ein tolles Team, das sich die Melodien und die solistischen
Kabinetteinlagen förmlich zuspielt. Dies vor einem simplen
Bühnenaufbau. Frei nach dem Aerosmith-Motto "let the music do the
talking" spielten die Herren unbekümmert auf. Dass man dabei aber
gleich die ersten vier Tracks vom zweiten Album am Stück spielte
(«Standing In The Light», «Love For Money», «Open Fire» und «Angel»),
raubte dem Ganzen ein bisschen die Spontanität, die dann aber mit
«Firedance» sprichwörtlich zurück kam. - Ansage Leo: "Are you ready
to dance? It's not a DJ Bobo concert! It's Firedance" - Während
diesem Song liessen es sich Jgor und Leo nicht nehmen, das Solo im
Publikum zu spielen, was den verdutzten Besuchern fast die Handys
aus den Händen fallen liess.
Wie
auch schon Maxxwell, posten CoreLeoni ohne Ende und liessen dabei
das grosse ABC der Rockperformance auflodern. Dazu "knarzte" der
Bass von Mila wie jener von Lemmy und Nikki Sixx und verlieh dem Sound
unheimlich Druck. Ein in meinen Augen völlig vergessener
Gotthard-Hit ist «Cheat & Hide», der bei CoreLeoni in einem etwas
anderen Licht wieder zu Ehren kommt. Oder der eigentliche Cobra-Song
«I'm Your Travellin' Man», den Ronnie am Ende mit einer kleinen
David Coverdale Interpretation ("...uhh Baby!") sang. Auf die Frage
von Leo, ob Ronnie auch eine Michael Jackson Version vortragen
könne, wurde dies zuerst mit Gelächter und dann mit hohem Gesang
quittiert. Der Spass hat bei CoreLeoni nicht aufgehört zu leben, was
der Band ein unglaublich nahes und sympathisches Flair gibt. Mit
«Sister Moon» und dem völlig unterbewerteten «Make My Day» sowie
dem Medley aus «She Goes Down», «Fist In Your Face» und «Mighty
Quinn» wurde der offizielle Teil beendet. Ein Set, das dank der
Gotthard-Songs sehr erdig wie natürlich klang und mit den eigenen
Tracks «Queen Of Hearts» und «Don't Get Me Wrong» bestens abgerundet
wurde. Herausragend beim offiziellen Set natürlich «Mountain Mama»,
der einmal mehr bewies, wie gnadenlos ergreifend ein einfaches Riff
noch immer sein kann. Mit dem schnellen «Hunter» und dem schon fast
autobiografischen «I'm On My Way» wurde das Konzert beendet, das…
ein sehr tolles war, aber dasjenige von Langenthal im März 2019
nicht toppen konnte. Trotzdem ein sehr toller Abend mit zwei
Schweizer Bands, bei denen man sich nicht um die heimische
Musikkultur sorgen muss.
Setliste: «Standing In The
Light», «Love For Money», «Open Fire», «Angel», «Queen Of Hearts»,
«Firedance», «Cheat & Hide», «Don't Get Me Wrong», «I'm Your
Travellin' Man», «Mountain Mama», «Drum Solo Alex Motta», «Sister
Moon», «Make My Day», «She Goes Down/Fist In Your Face/Mighty Quinn»
- «Hunter», «I'm On My Way»
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