Insgeheim
hatte ich schon schwer darauf gehofft, dass es nach dem überhaupt
ersten miterlebten Konzert mit Coroner Ende 2011 bald eine
Fortsetzung davon geben würde. Standen damals die Pagan Metaller
Eluveitie quasi noch vor der Sonne, durften die Zürcher Progressive
Thrasher heute Abend als Headliner ran. Im Wissen darum, dass
Konzertabende mit sechs Bands insgesamt ziemlich lange dauern
können, liess bei mir zuerst ein paar Vorbehalte aufkommen. Da aber
tagsüber bei der 16. Metalbörse in Zofingen mit unserem Stand
anwesend, lag es nahe, den Tag so zu sagen würdig in Luzern
ausklingen zu lassen. Gesagt, getan und flugs stand der Metal
Factory Stand alsbald wieder in der Innerschweiz. Auf dem
ursprünglichen Billing standen noch Roots Of Death, die jedoch durch
Broken Fate ersetzt wurden. Daneben kamen auch noch Mortal Factor
und Shadow’s Fall zu Ehren. Also alles Bands, die ich bisher noch
nicht auf einer Bühne haben spielen sehen. Speziell erwähnenswert
sind in diesem Zusammenhang noch Sin Starlett, die meine richtige
Aufmerksamkeit ebenso erst hier am Metalfest erlangten, dafür umso
heftiger und nachhaltiger, trotz Spandexhosen! (rsl)
Broken Fate
Eröffnet wurde der Abend von den Zürchern Broken Fate. Obwohl
der Menschenauflauf noch ziemlich überschaubar war, gaben die Herren
von Anfang an Vollgas. Der Bassist überzeugte mit agilem
Fingerpicking, der Schlagzeuger hatte sichtlich Spass hinter seinen
Kübeln und die Gitarrenfront haute kräftig in die Saiten. Tobias
Bänteli zeigt sich neben der Gitarre auch für den Gesang
verantwortlich. Powervoll und zugleich etwas prollig wirkten seine
Ansagen in Richtung Publikum. Warum man trotz kurzer Spielzeit noch
ein mässig gut umgesetztes Cover von Black Sabbath spielen musste,
bleibt ein Rätsel. In diesem Fall hätte die Band besser auf ihr
eigenes Material gesetzt. Alles in allem ein solider Auftritt. (pat)
Mortal Factor
Vor wenigen Wochen feierten die Luzerner Thrasher von Mortal
Factor ihr 10-jähriges Jubliläum, nun standen sie als zweite Band
des Abends auf den Brettern der Schüür. Das Publikum wurde per
Handschlag begrüsst, bevor man sich ans Zerlegen der Bühne machte.
Frontmann Amadé schüttelte seine Mähne, sprang von der einen Seite
zur andern und wahlweise hoch in die Luft – da wurden bis zum
Schluss einige Bühnenmeter zurückgelegt. Auch hier überzeugen Bass
und Drums, die klassischen Thrash-Breaks sitzen perfekt, auch an den
übrigen Instrumenten. Das Publikum tat sich immer noch etwas schwer,
richtig aus sich raus zu kommen, vielleicht mit dem Gedanken im
Hinterkopf, dass der Abend noch lange dauern würde. (pat)
Shadow‘s Far
Weiter ging es mit den „Ürnern“ von Shadows Far. Der Start ins
rund 40-minütige Set glückte nicht wie gewünscht, schon nach wenigen
Takten musste die zweite Gitarre ihr Spiel aufgrund einer Panne
unterbrechen. Der Rest der Band zockte jedoch unbeeindruckt weiter,
während dem die Schüür-Crew schnell reagierte und das Problem behob.
Die Herren strotzen nur so von Energie. Sänger Roman Wettstein gab
alles, um das Publikum anzuheizen und siehe da, zum ersten Mal an
diesem Abend wurde der Abstand zwischen der Bühne und den ersten
Headbangern auf unter zwei Meter verkürzt. Die Aufforderung zum
Stagediven stiess nicht auf die gewünschte Reaktion, also schmiss
sich Wettstein kurzerhand selbst in die dünn gesiedelte
Menschenmenge. Ein Absturz konnte verhindert und das Set so
erfolgreich zu Ende gespielt werden. (pat)
Sin
Starlett
Kaum zu glauben, dass die heimische Metalband 2005 von den
beiden Ministranten (!) Elias Felber (v) und Reno Meier (g) ins
Leben gerufen wurde und sich zum klaren Ziel gesetzt hatte, den
rohen unverfälschten Heavy Metal mit Reminiszenz an die 80er-Jahre
zu zelebrieren. Der vergangenen paar Jahre waren nun, nebst dem
unerwarteten wie tragischen Hinscheiden des ersten Schlagzeugers
Dany Schillinger, geprägt von harter Aufbauarbeit, die sich nun über
kurz oder lang auszahlen wird. Der aktuelle Longplayer «Throat
Attack» von 2012 ist das Zweitlingswerk und hält die Fahne des „Pure
Heavy Metal“ weiterhin hoch. Wer die Band, wie ich, noch nie live
hat spielen sehen, wäre alleine durch die Kleidung des Frontmannes
bezüglich waschechter und hautenger Spandex-Hose im 80er-Style
bestimmt in die Richtung Glam/Sleaze gerückt. Dass dem jedoch
keinesfalls so ist, bewies der Luzerner Fünfer schon ziemlich bald.
Mit unbändiger Spielfreude und ziemlich räudiger Attitüde liessen
Sin Starlett keinen Stein auf dem anderen und feuerten der Schüür
ordentlich ein. Die Fans stiegen erfreulich zahlreich darauf ein und
manch gereckte Faust unterstützte die lautstarken Mitsingparts. Ich
fands ebenso geil, auch wenn der gute Elias oben weg, also
stimmlich, oftmals mehr an Blaze Bailey denn an Bruce Dickinson
erinnerte. Nichtsdestotrotz trug meine Wenigkeit nach diesen
kraftstrotzenden knapp 45 Minuten die CD und die LP von «Throat
Attack» vom Merchandise-Stand weg. (rsl)
Setliste: «The Hexx» - «Edge Of The World» - «Black Magic Sky» - «Blood
In The Streets» - «Force And Thunder» - «Beholders Of The Claw» -
«Winds Of Fury».
GurD
Nun waren der vielbeschäftigte V.O. Pulver (v/g) und seine drei
Kumpels an der Reihe. Wer dieses Power-Quartett schon jemals gesehen
und gehört hatte, wusste nun, welcher Thrash/Groove Tornado die
Ziegel auf dem Dach zum Zittern bringen würde. Kurz vor diesem Datum
kündigte die Band übrigens den auf 150 Stück imitierten LP-Release
(signiert!)
des letzten Albums «Never Fail» an, ein Schmankerl für
die Vinyl-Freaks. Kurz vor 23.30 Uhr enterten GurD die Bühne und
legten gleich furios mit ihrem urtümlichen Mix aus rasendem Thrash
und zentnerschweren Groovern los. Dazu gehörte natürlich der
unkaputtbare Oberkracher «What Do You Live For», zu dem man einfach
nicht nur still vor der Bühne stehen kann, unmöglich! Zu Beginn
harzte es jedoch etwas mit dem Zuspruch der Fans, doch das währte
zum Glück nicht lange. Mit der Stimmung kam dann auch ein gewisser
meist alkoholgetränkter Übermut, der hintereinander gleich mehrere
Leute auf die Bühne verfrachtete, die zum Stagediven ansetzten.
Erstaunlicherweise liess die Security die Leute ohne Eingreifen
gewähren und die Band hatte offenbar auch nichts dagegen. Das sieht
man eigentlich nicht oft bis gar nie und wenn dabei nichts und
niemand zu Schaden kommt, soll es Recht sein. V.O., Pat, Franky und
Steve liessen es einfach wieder herrlich krachen und man merkte halt
schon, wie tight diese Kult-Truppe jeweils aufspielt. Am Schluss des
fetten, aber zu kurzen Support-Sets von gerade mal 45 Minuten kam
noch Inga Pulver, die Frau von V.O. auf die Bühne und sang noch ein
paar Zeilen mit. Dass GurD aufgrund der aufgelaufenen Verspätungen
der Vorbands auf eine Zugabe verzichten mussten, hinterliess
allerdings einen leicht schalen Nachgeschmack. (rsl)
Setliste: «Never Fail» - «Your Drug Of Choice» - «What Do You Live
For» - «The Grand Deception» - «Learn» - «Rule The Pit» - «Bang!» -
«Get Up» - «Terminate» - «Skin Up».
Coroner
Mitternacht war schon längst vorbei, als der Headliner um genau
0.30 Uhr auf die Bühne kam. Ich freute mich echt wie ein kleines
Kind auf diesen Moment! Er war, um es gleich vorweg zu nehmen,
einfach nur zum Niederknien geil, was da das alte Original-Lineup
mit Tommy Vetterli (g), Ron Broder (v/b) und Marky Edelmann (d),
ergänzt um einen Keyboarder, raus haute. Tight as fuck (man kann es
nicht anders nennen!) wurden die Kult-Songs mit Kraft und Power
vorgetragen. Auch wenn man zwischendurch das Gefühl
hatte,
dass Marky ganz schön ins Schwitzen und möglicherweise auch zu
erhöhtem Puls kam, drückten Coroner voll ab. Der zahlenmässig immer
noch anständig grosse Mob reagierte heftig und so wurde neben einem
zumindest vorne ordentlich abgehaltenen Moshpit ebenso heftgi einer
auf Pogo gemacht, was nicht immer lustig war. Auch hier standen
plötzlich Leute auf der Bühne, die jedoch alle gleich wieder ins
Publikum rein sprangen. Auch hier kam es zu keinem Zwischenfall mit
der Security, was an dieser Stelle wirklich bemerkenswert ist. Das
ging dann aber auch nur, weil es keinerlei Absperrgitter vor der
Bühne hatte. Weniger Spass machten hingegen die Scherben von
zerdepperten Gläsern und Flaschen auf dem Boden der Schüür. Es
verwundert mich ohnehin, dass man in Luzern offensichtlich weiterhin
Bier in Gläsern und Flaschen anbietet. Das Trinkerlebnis ist so
sicher angenehmer, die Sauerei dafür umso grösser. Mehr Freude
bereitete der hammergeile Sound, der einen zumindest ganz vorne
ordentlich die Lauschklappen schlackern liess. Dass sich dabei
ausserdem der offenbar stadtbekannte Rosenverkäufer plötzlich in der
ersten Reihe fand, konnte nur mit einem mitleidigen Kopfschütteln
quittiert werden. Wenn schon schütteln, dann richtig headbangen, was
bei dem genialen Hammer-Set nicht ausgelassen werden konnte. Des
Weiteren fiel beim genauen Hinhören schon auf, wo die
Gemeinsamkeiten mit Celtic Frost sind, als damals beide Bands aktiv
waren. Die erste gespielte Zugabe «Der Mussolini» konnte nur einer
performen, nämlich der zu Coroner zurück gekehrte Ur-Roadie Lui
Cubello! Die total 75 Minuten waren gefühlt natürlich viel zu kurz
ausgefallen, aber ich bin sicher, dass sich im nächsten Jahr eine
weitere Gelegenheit ergeben und es dabei hoffentlich über die ganze
Distanz gehen wird. (rsl)
Setliste: «Intro (Golden Cashmere Sleeper)» - «Internal Conflicts» -
«Serpent Moves» - «Masked Jackal» - «Still Thinking/Metamorphosis» -
«Son Of Lilith» - «Semtex Revolution» - «Divine Step» - «Grin» --
«Der Mussolini (lead vocals by Lui Cubello)» - «Reborn».
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