Livereview: Coroner - GurD - Sin Starlett
 Shadow's Far - Mortal Factor - Broken Fate

30. November 2013, Schüür - Luzern
By Patricia L. (pat) & Rockslave (rsl) - All Pics by Patricia L. except GurD (By Rockslave)
Insgeheim hatte ich schon schwer darauf gehofft, dass es nach dem überhaupt ersten miterlebten Konzert mit Coroner Ende 2011 bald eine Fortsetzung davon geben würde. Standen damals die Pagan Metaller Eluveitie quasi noch vor der Sonne, durften die Zürcher Progressive Thrasher heute Abend als Headliner ran. Im Wissen darum, dass Konzertabende mit sechs Bands insgesamt ziemlich lange dauern können, liess bei mir zuerst ein paar Vorbehalte aufkommen. Da aber tagsüber bei der 16. Metalbörse in Zofingen mit unserem Stand anwesend, lag es nahe, den Tag so zu sagen würdig in Luzern ausklingen zu lassen. Gesagt, getan und flugs stand der Metal Factory Stand alsbald wieder in der Innerschweiz. Auf dem ursprünglichen Billing standen noch Roots Of Death, die jedoch durch Broken Fate ersetzt wurden. Daneben kamen auch noch Mortal Factor und Shadow’s Fall zu Ehren. Also alles Bands, die ich bisher noch nicht auf einer Bühne haben spielen sehen. Speziell erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang noch Sin Starlett, die meine richtige Aufmerksamkeit ebenso erst hier am Metalfest erlangten, dafür umso heftiger und nachhaltiger, trotz Spandexhosen! (rsl)

Broken Fate
Eröffnet wurde der Abend von den Zürchern Broken Fate. Obwohl der Menschenauflauf noch ziemlich überschaubar war, gaben die Herren von Anfang an Vollgas. Der Bassist überzeugte mit agilem Fingerpicking, der Schlagzeuger hatte sichtlich Spass hinter seinen Kübeln und die Gitarrenfront haute kräftig in die Saiten. Tobias Bänteli zeigt sich neben der Gitarre auch für den Gesang verantwortlich. Powervoll und zugleich etwas prollig wirkten seine Ansagen in Richtung Publikum. Warum man trotz kurzer Spielzeit noch ein mässig gut umgesetztes Cover von Black Sabbath spielen musste, bleibt ein Rätsel. In diesem Fall hätte die Band besser auf ihr eigenes Material gesetzt. Alles in allem ein solider Auftritt. (pat)

Mortal Factor
Vor wenigen Wochen feierten die Luzerner Thrasher von Mortal Factor ihr 10-jähriges Jubliläum, nun standen sie als zweite Band des Abends auf den Brettern der Schüür. Das Publikum wurde per Handschlag begrüsst, bevor man sich ans Zerlegen der Bühne machte. Frontmann Amadé schüttelte seine Mähne, sprang von der einen Seite zur andern und wahlweise hoch in die Luft – da wurden bis zum Schluss einige Bühnenmeter zurückgelegt. Auch hier überzeugen Bass und Drums, die klassischen Thrash-Breaks sitzen perfekt, auch an den übrigen Instrumenten. Das Publikum tat sich immer noch etwas schwer, richtig aus sich raus zu kommen, vielleicht mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass der Abend noch lange dauern würde. (pat)


Shadow‘s Far
Weiter ging es mit den „Ürnern“ von Shadows Far. Der Start ins rund 40-minütige Set glückte nicht wie gewünscht, schon nach wenigen Takten musste die zweite Gitarre ihr Spiel aufgrund einer Panne unterbrechen. Der Rest der Band zockte jedoch unbeeindruckt weiter, während dem die Schüür-Crew schnell reagierte und das Problem behob. Die Herren strotzen nur so von Energie. Sänger Roman Wettstein gab alles, um das Publikum anzuheizen und siehe da, zum ersten Mal an diesem Abend wurde der Abstand zwischen der Bühne und den ersten Headbangern auf unter zwei Meter verkürzt. Die Aufforderung zum Stagediven stiess nicht auf die gewünschte Reaktion, also schmiss sich Wettstein kurzerhand selbst in die dünn gesiedelte Menschenmenge. Ein Absturz konnte verhindert und das Set so erfolgreich zu Ende gespielt werden. (pat)

Sin Starlett
Kaum zu glauben, dass die heimische Metalband 2005 von den beiden Ministranten (!) Elias Felber (v) und Reno Meier (g) ins Leben gerufen wurde und sich zum klaren Ziel gesetzt hatte, den rohen unverfälschten Heavy Metal mit Reminiszenz an die 80er-Jahre zu zelebrieren. Der vergangenen paar Jahre waren nun, nebst dem unerwarteten wie tragischen Hinscheiden des ersten Schlagzeugers Dany Schillinger, geprägt von harter Aufbauarbeit, die sich nun über kurz oder lang auszahlen wird. Der aktuelle Longplayer «Throat Attack» von 2012 ist das Zweitlingswerk und hält die Fahne des „Pure Heavy Metal“ weiterhin hoch. Wer die Band, wie ich, noch nie live hat spielen sehen, wäre alleine durch die Kleidung des Frontmannes bezüglich waschechter und hautenger Spandex-Hose im 80er-Style bestimmt in die Richtung Glam/Sleaze gerückt. Dass dem jedoch keinesfalls so ist, bewies der Luzerner Fünfer schon ziemlich bald. Mit unbändiger Spielfreude und ziemlich räudiger Attitüde liessen Sin Starlett keinen Stein auf dem anderen und feuerten der Schüür ordentlich ein. Die Fans stiegen erfreulich zahlreich darauf ein und manch gereckte Faust unterstützte die lautstarken Mitsingparts. Ich fands ebenso geil, auch wenn der gute Elias oben weg, also stimmlich, oftmals mehr an Blaze Bailey denn an Bruce Dickinson erinnerte. Nichtsdestotrotz trug meine Wenigkeit nach diesen kraftstrotzenden knapp 45 Minuten die CD und die LP von «Throat Attack» vom Merchandise-Stand weg. (rsl)

Setliste: «The Hexx» - «Edge Of The World» - «Black Magic Sky» - «Blood In The Streets» - «Force And Thunder» - «Beholders Of The Claw» - «Winds Of Fury».

GurD
Nun waren der vielbeschäftigte V.O. Pulver (v/g) und seine drei Kumpels an der Reihe. Wer dieses Power-Quartett schon jemals gesehen und gehört hatte, wusste nun, welcher Thrash/Groove Tornado die Ziegel auf dem Dach zum Zittern bringen würde. Kurz vor diesem Datum kündigte die Band übrigens den auf 150 Stück imitierten LP-Release (signiert!) des letzten Albums «Never Fail» an, ein Schmankerl für die Vinyl-Freaks. Kurz vor 23.30 Uhr enterten GurD die Bühne und legten gleich furios mit ihrem urtümlichen Mix aus rasendem Thrash und zentnerschweren Groovern los. Dazu gehörte natürlich der unkaputtbare Oberkracher «What Do You Live For», zu dem man einfach nicht nur still vor der Bühne stehen kann, unmöglich! Zu Beginn harzte es jedoch etwas mit dem Zuspruch der Fans, doch das währte zum Glück nicht lange. Mit der Stimmung kam dann auch ein gewisser meist alkoholgetränkter Übermut, der hintereinander gleich mehrere Leute auf die Bühne verfrachtete, die zum Stagediven ansetzten. Erstaunlicherweise liess die Security die Leute ohne Eingreifen gewähren und die Band hatte offenbar auch nichts dagegen. Das sieht man eigentlich nicht oft bis gar nie und wenn dabei nichts und niemand zu Schaden kommt, soll es Recht sein. V.O., Pat, Franky und Steve liessen es einfach wieder herrlich krachen und man merkte halt schon, wie tight diese Kult-Truppe jeweils aufspielt. Am Schluss des fetten, aber zu kurzen Support-Sets von gerade mal 45 Minuten kam noch Inga Pulver, die Frau von V.O. auf die Bühne und sang noch ein paar Zeilen mit. Dass GurD aufgrund der aufgelaufenen Verspätungen der Vorbands auf eine Zugabe verzichten mussten, hinterliess allerdings einen leicht schalen Nachgeschmack. (rsl)

Setliste: «Never Fail» - «Your Drug Of Choice» - «What Do You Live For» - «The Grand Deception» - «Learn» - «Rule The Pit» - «Bang!» - «Get Up» - «Terminate» - «Skin Up».

Coroner
Mitternacht war schon längst vorbei, als der Headliner um genau 0.30 Uhr auf die Bühne kam. Ich freute mich echt wie ein kleines Kind auf diesen Moment! Er war, um es gleich vorweg zu nehmen, einfach nur zum Niederknien geil, was da das alte Original-Lineup mit Tommy Vetterli (g), Ron Broder (v/b) und Marky Edelmann (d), ergänzt um einen Keyboarder, raus haute. Tight as fuck (man kann es nicht anders nennen!) wurden die Kult-Songs mit Kraft und Power vorgetragen. Auch wenn man zwischendurch das Gefühl hatte, dass Marky ganz schön ins Schwitzen und möglicherweise auch zu erhöhtem Puls kam, drückten Coroner voll ab. Der zahlenmässig immer noch anständig grosse Mob reagierte heftig und so wurde neben einem zumindest vorne ordentlich abgehaltenen Moshpit ebenso heftgi einer auf Pogo gemacht, was nicht immer lustig war. Auch hier standen plötzlich Leute auf der Bühne, die jedoch alle gleich wieder ins Publikum rein sprangen. Auch hier kam es zu keinem Zwischenfall mit der Security, was an dieser Stelle wirklich bemerkenswert ist. Das ging dann aber auch nur, weil es keinerlei Absperrgitter vor der Bühne hatte. Weniger Spass machten hingegen die Scherben von zerdepperten Gläsern und Flaschen auf dem Boden der Schüür. Es verwundert mich ohnehin, dass man in Luzern offensichtlich weiterhin Bier in Gläsern und Flaschen anbietet. Das Trinkerlebnis ist so sicher angenehmer, die Sauerei dafür umso grösser. Mehr Freude bereitete der hammergeile Sound, der einen zumindest ganz vorne ordentlich die Lauschklappen schlackern liess. Dass sich dabei ausserdem der offenbar stadtbekannte Rosenverkäufer plötzlich in der ersten Reihe fand, konnte nur mit einem mitleidigen Kopfschütteln quittiert werden. Wenn schon schütteln, dann richtig headbangen, was bei dem genialen Hammer-Set nicht ausgelassen werden konnte. Des Weiteren fiel beim genauen Hinhören schon auf, wo die Gemeinsamkeiten mit Celtic Frost sind, als damals beide Bands aktiv waren. Die erste gespielte Zugabe «Der Mussolini» konnte nur einer performen, nämlich der zu Coroner zurück gekehrte Ur-Roadie Lui Cubello! Die total 75 Minuten waren gefühlt natürlich viel zu kurz ausgefallen, aber ich bin sicher, dass sich im nächsten Jahr eine weitere Gelegenheit ergeben und es dabei hoffentlich über die ganze Distanz gehen wird. (rsl)

Setliste: «Intro (Golden Cashmere Sleeper)» - «Internal Conflicts» - «Serpent Moves» - «Masked Jackal» - «Still Thinking/Metamorphosis» - «Son Of Lilith» - «Semtex Revolution» - «Divine Step» - «Grin» -- «Der Mussolini (lead vocals by Lui Cubello)» - «Reborn».