The Haunted
Wer aufmerksam unsere CD-Kritiken liest, wird wahrscheinlich bemerkt haben, dass ich ein
kleines Faible für schwedische Hartwurst-Bands entwickelt habe. Deswegen konnte es ja
nicht lange dauern, bis ich The Haunted für mich entdeckt hatte, schliesslich zockten
Anders und Jonas Björler (g & b) beide bei der Thrash-Legende At The Gates, während
Per Möller-Jensen (d) als Session-Holzer, und Zweit-Gitarrist Jensen bei The Witchery
für Zuwuchs im Metal-Sektor sorgten. Mit The Haunted bilden sie nun zusammen mit dem
zurückgekehrten Sänger Peter Dolving sowas wie die Speerspitze des Thrash Metals, und
haben mittlerweile vier Alben veröffentlicht, wovon das letzte ("rEVOLVEr") bei
uns mit zehn von zehn Punkten als CD-Tipp des MonatsNovember ausging. Als sie deshalb um
Punkt 19:50 Uhr ohne grosses Tamtam die Bühne betraten, konnte ich meine Vorfreude kaum
im Zaum halten. Peter richtete ein kurzes Begrüssungs-Wort ans Publikum, und nur
Sekunden-Bruchteile später dröhnte bereits der erste Song "No compromise" aus
den Boxen. Wobei man leider vom Drum nur die Snare und die Bassdrum hören konnte,
während der Rest der filigranen Klöppel-Arbeit von Per im Dezibel-Salat verschwand.
Obwohl sich die Soundverhältnisse bis zum Ende des halbstündigen Sets nur gering
verbesserten, konnte ich klar und deutlich Songs wie "D. O. A.", "99"
und "Fire alive" raushören. Die Reaktionen des Publikums waren vom Beginn weg
zwar eher zurückhaltend, aber bei einem Cradle-Gig kann man nicht riesige Moshpits
erwarten. The Haunted schien das nicht zu stören, sie wälzten sich mit der Wucht eines
Bulldozers durch die Songs, zwischen denen sie sich, wenn überhaupt, nur geradezu
minimalistische Pausen erlaubten. "Value for money" eben. Und so kam es, wie es
kommen musste: Viel zu früh prügelte sich die Band durch den allseits beliebten
Gassenhauer "Hate song", mit dem sie ein kurzes aber feines Set beschlossen. Der
Applaus war inzwischen angestiegen, jedoch von heller Begeisterung konnte man immer noch
nicht sprechen. Fazit: Hätte bei besserem Mix und mit dem richtigen Publikum bestimmt
geklappt, hier war's einfach nur... Ok. Aber sie kommen ja wieder, nachzulesen in meinem
Interview mit Peter Dolving, das ich noch am selben Abend mit ihm geführt habe.
El Muerte
Set-Liste: "No compromise", "D. O. A.", "Dark intentions",
"Bury your dead", "99", "Burnt to a shell", "Liquid
burns", "Fire alive", "Hate song".
Moonspell
Nachdem The Haunted ihre Riffs aus den Boxen gepeitscht hatten, war das portugiesische
Düster-Flaggschiff Moonspell an der Reihe, die Anwesenden in ihren Bann zu ziehen. Böse
Zungen behaupten ja, dass Moonspell spätestens nach "Irreligious" ihren Zenit
überschritten hätten und so war ich mal gespannt, ob überhaupt noch Moonspell Anhänger
den langen, beschwerlichen Marsch nach Zürich unter ihre Füsse genommen
haben. Viertel vor Neune, es wurde dunkel und nach einem kurzen Intro eröffneten
Moonspell mit "In and above men" ihren Set. Der Opener krachte schon mal richtig
rein und liess die Fäuste der im vorderen Viertel anwesenden Moonspell Veteranen in die
Höhe schnellen. Mit dem folgenden, doch etwas ruhigeren Track "From lowering
skies" kam die Dynamik etwas zum Erliegen. Auch rächte sich vielleicht hier der
ausgelassene Soundcheck von Moonspell, denn ein zwischenzeitlich auftretender hoher,
hässlicher Ton brachte meinen Ohren nicht gerade die Glückseeligkeit. Doch der
charismatische Frontmann Fernando heizte dem Publikum tüchtig ein und mit seinen Gesten
und Mimik, brachte er eine überzeugende Show. Mittlerweile war das technische Problem
schnell gelöst worden und so erstrahlten "Alma mater", gefolgt von
"Vampiria" in überzeugender Dunkelheit. Fernando war praktisch ständig im
Mittelpunkt des Geschehens und so waren seine Mitstreiter fast schon dazu verdammt, die
Statistenrolle zu übernehmen. Einzig der Aushilfsbassist schaffte es, mit seinem munteren
Treiben und der Nacken-Gymnastik ein wenig Aufmerksamkeit zu erzeugen, ansonsten klebten
die Blicke der Fans an Herr und Meister Fernando. Nach "Wolfshade" kam dann
endlich das Material von der "Irreligious" zum Zuge. "Memphisto"
eröffnete den Reigen, gefolgt von dem von den Fans lang erwarteten Klassiker
"Opium", welcher freudig begrüsst und mitgejohlt wurde. Doch das absolute
Highlight der Darbietung war das abschliessende "Full moon madness". Meines
Erachtens der absolut beste, jemals geschriebene Moonspell Song. So verzauberte diese
Hymne der Nacht mit einem würdigen Finale das Volkshaus und liess sicherlich jedem
Moonspell Fan das Herz höher schlagen. Irgendwie bekam mich auch das Gefühl, dass sich
die Band jetzt warm gespielt hätte, um nun so richtig loslassen zu können, aber die 45
Minuten waren durch und Moonspell verabschiedeten sich unter Applaus von der Bühne.
Interessant war, das praktisch nur altes Material von der "Wolfheart" und
"Irreligious" Scheibe gespielt wurde, vielleicht haben ja die bösen Zungen doch
Recht!?!
R.K. Wishmaster
Cradle Of Filth
Nach einer geschäftigen Umbaupause kündigte ein in eine schwarze Mönchskutte
gekleideter Roadie COF als "die hässlichste Band der Welt" an..., und das kann
man getrost so im Raum stehen lassen, denn einen gängigen Schönheits- Wettbewerb werden
die Insulaner wohl nie gewinnen. Dafür war die Bühne für meine Verhältnisse zwar
spartanisch, aber nichtsdestotrotz äusserst geschmackvoll dekoriert. Denn das
obligatorisch erhobene Schlagzeug von Adrian "Swede" Erlandsson wurde von zwei
simplen, lebensgrossen Gargoyle-Steinstatuen flankiert, die einerseits einen
düster-schönen Effekt erzielten und trotzdem sonst für alle Interaktionen mehr als
genügend Spielraum boten. Das Backdrop war wohl der Fensterfront einer gotischen Kirche
nachempfunden und was die Outfits angeht, wurde gewohnterweise ebenfalls etwas für das
Auge geboten. Nach dem Intro "Satyriasis" langten Cradle gleich mit dem harschen
"Gilded cunt" in die Vollen und der Abend versprach von Beginn an ohne
Überlebende zu Ende zu gehen! Das dank den positiv agierenden Vorbands aufgeheizte
Publikum nahm diese Schock-Therapie mit Freuden zur Kenntnis und liess sich von Anfang an
mitreissen. Überhaupt habe ich die Engländer noch nie in einer derartigen Spielfreude
erlebt, denn Frontzwerg Dani (mit mittlerweile beachtlichem Bauchumfang) bangte was das
Zeug hielt und kam immer wieder an den Bühnenrand, um mit aufpeitschenden Gesten die Fans
zu noch mehr Bewegung zu animieren. Auch die beiden Gitarristen Paul und James erwischte
ich mehrmals bei "heimlichen" Schmunzlern unter der Panda-Tünche und bangten
ansonsten, was das Zeug hielt. Auch showtechnisch wurde dieses Mal wieder einiges mehr
aufgefahren. Denn zu "Nemesis" verliessen die beiden erwähnten Wasserspeier ihr steinernes Dasein und gesellten sich
staksig zum Frontmann in den Vordergrund. Die entzückten Gesichter der ersten Reihen
waren der verdiente Lohn dafür. Bei "The black Goddess rises" vollführte eine
Artistin an einem hängenden Vorhang allerlei Verrenkungen und versprühte bei der Zugabe
mittels einer Trennscheibe, die sie an eine Metallplatte an ihrem Bauch hielt, meterlange
Funkenregen. Die zum Ende auftauchende, überdimensionale Figur erinnerte an eine
futuristische Black Metal Version von Maiden's "Eddie" und bewies, dass sich
Cradle erstens nicht gerade bierernst nehmen und auch zu effektvoll-komödiantischen
Einlagen stehen können. Die Frontposition in der Bühnenmitte wurde von allen Mitgliedern
im Rotationsprinzip rege getauscht und führte zu einer angenehmen Dynamik.
Aushilfs-Basser Charles wirkte zur eingespielt agierenden Truppe zwar ein bisschen
statisch, erledigte dafür aber seinen Job äusserst solide. Und obwohl ich persönlich
Songs wie "A gothic romance (red roses for the devil's whore)", "Lord
Abortion", "Better to reign in hell" oder "English fire"
vermisste, habe ich COF sowohl in musikalischer wie auch unterhaltender Hinsicht nie
besser erlebt. Der kommerzielle Erfolg der aktuellen Single scheint zudem eine ganze Meute
junger Fans beschert zu haben, und ich bin gespannt wie lange diese wohl treu bleiben
werden. Aber man soll die Hoffnung ja bekanntlich nie aufgeben und über's Ganze gesehen,
war dieser Gig mit Sicherheit einer der Geileren dieses (zwar ebenfalls noch jungen)
Jahres.
Setlist: "Satyriasis" (Intro), "Gilded cunt", "Nemesis",
"Mannequin", "The black Goddess rises", "Her ghost in the
fog", "Nymphetamine fix", "Tortured soul asylum", "The
forest whispers my name", "The promise of fever", "Thirteen autumns
and a widow", "Mother of abominations", "From the cradle to
enslave".
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