Eigentlich hätten Crimson Glory damals in den 80ern den ganzen
Maskenzauber gar nicht nötig gehabt, denn erstens befanden sie sich
musikalisch locker dem Niveau von Queensrÿche und zweitens hatte
Sänger Midnight alias John Patrick McDonald, Jr. (R.I.P.) eine
unverwechselbare Mörderstimme. Das galt auch für die Musik, die sich
aber nur auf den ersten zwei Alben halten konnte. Vor allem «Transcendence»
von 1988 ist und bleibt das Referenzwerk der Amis, das aber bereits
drei Jahre später mit «Strange And Beautiful» so zu sagen ins Out
geschossen und der Anfang vom Ende wurde. Und das trotz exzellenter
Support-Slots für Ozzy, Anthrax, Doro, U.D.O. oder Queensrÿche. Nach
dem Ausstieg von Midnight war dann zur Geburtsstunde des Grunge
anfangs der 90er der Zapfen ab. Erst 1999 gab es ein kurzzeitiges,
aber qualitativ überzeugendes Aufbäumen mit dem Album «Astronomica»
und Wade Black (Leatherwolf). Nun hat Gitarrist Jon Drenning die
komplette, alte Truppe wieder aus der Versenkung geholt und mit Todd
LaTorre einen Top-Shouter verpflichtet. Die Reunion ist perfekt!
Cirrha Niva
Den Auftakt des Abends bestritten die mir zuvor völlig unbekannten
Cirrha Niva aus den Niederlanden. Die Anfänge der Band reichen
releasemässig zurück bis ins Jahr 1997, wo das mittlerweile
vergriffene Debüt «The Mirror World Dimension» erschien. Vom Lineup
her gibt es eigentlich nur mit Gitarrist Rob Willemse eine Konstante
zu verzeichnen, respektive Drummer Tommy White kann auch noch als
langjähriges Mitglied bezeichnet werden. Sänger Legrand ist nach
Erik Smits und Arnold Kloek bereits die Nummer drei im Bunde.
Bassist Daniël Huijben und der zweite Gitarrist Carlo Heefer sind
derweil die Frischlinge an Bord. Man kann also von einer
runderneuerten Truppe sprechen, die ihren 30-minütigen Set mit
ziemlich aktivem Stageacting ausfüllte und einen erstaunlich guten
Sound ablieferte. Überhaupt hatte dieser Oranje Power Metal
ordentlich Schmackes und man sah eine ziemlich eingespielte Band
agieren. Vor
allem Tieftöner Huijben zuckte wie ein Irrer umher und
es gab Posen satt. Frontmann Legrand kam dabei ziemlich selbstsicher
rüber und stand seinen vorher genannten Kollegen in Nichts nach. Die
Fanreaktionen fielen anzahlbedingt eher flau aus, aber eigentlich
hätten Cirrha Niva schon etwas mehr Aufmerksamkeit verdient. Auf
jeden Fall habe ich noch nicht so viele Bands als erste Anheizer
gesehen und gehört, die nach bloss einer (meistens) zu knappen,
halben Stunde einen echt bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Ich
denke, dass das Potenzial trotzdem längst nicht ausgeschöpft wurde.
Immerhin stand man 2009 zum Beispiel auf dem Billing des «ProgPower
Europe»-Festival, wo die Crème de la Crème aus der Power/Prog-Ecke
jeweils geballt aufeinander trifft. Cirrha Niva ist ein Name, dem
man sich auf jeden Fall für die Zukunft merken muss!
Triosphere
Als zweiter Support waren die bei uns nicht unbekannten Power
Metaller aus Norwegen mit dabei, die nicht zum ersten Mal im Z7
aufgespielt haben. Was mir gleich auffiel, war das neue Gesicht
hinter dem Drum-Kit! Die Recherche dazu brachte nun hervor, dass
Ørjan Aare Jørgensen nicht etwa ausgestiegen ist, sondern Schmerzen
im Rücken und seinem linken Fuss behandeln lassen, respektive
auskurieren muss. Als Tour- respektive temporärer Ersatz fungiert(e)
Anders Vinje von Divided Multitude. Letztes Jahr kam mit «The Road
Less Travelled» das zweite Album von Triosphere heraus, das
aufzeigt, dass die Band das Niveau von «Onwards», dem sehr guten
Erstling von 2006, locker halten und weiter überzeugen kann.
Allerdings wirken die Songs auf den ersten Moment etwas sperrig, was
aber durch die kräftige Leadstimme der sympathischen Frontlady Ida
Haukland und die melodischen Backing Vocals generell wieder wett
gemacht wird. Dazu wirkt die Jugendlichkeit der Band, was sich in
zahlreichen, coolen Posen der ganzen Saiten-Front niederschlägt.
Trotz dem mageren Aufmarsch von knapp etwa 150 Nasen gab das taffe
Quartett aus dem hohen Norden Vollgas und erntete immer mehr
Applaus. Das ging zu einem Teil auch auf das Konto der neuen Songs,
die insgesamt einen Tick eingängiger daher kommen. Sängerin und
Bassistin Ida liess es sich zudem nicht nehmen, zwischen den Songs
ein paar Worte mit dem Publikum zu wechseln. Gegen Ende das fast
50-minütigen Auftrittes (!) begab sich Gitarrist Marius Silver
Bergesen schliesslich über den Fotograben mitten ins Publikum
hinein, stets solierend notabene. Dann ging er spontan auf einen
langhaarigen Typ zu und legte ihm die E-Gitarre kurzerhand um den
Hals! Was dann geschah, erwartete weder Marius noch sonst wer im Z7,
denn der Bursche wusste sehr wohl mit diesem Instrument umzugehen. Das
war auch kein Wunder, denn ohne es zu wissen, hängte Mr. Silver sein
Arbeitsgerät keinem Geringeren als dem Schweizer Kollegen namens
Angi Schirilo (Ex-Kingdom Come) um. Diese Szene war natürlich der
absolute Vollkult und bewies, dass Triosphere nicht zu Unrecht als
sehr fannah bezeichnet werden können. Erfreulich schlugen auch die
fast 50 Minuten zu Buche, die den Nordlichtern gewährt wurden.
Crimson Glory
Ein ziemlich fettes, raumfüllendes Backdrop deutete an, dass nun
eine gediegene Show nach altem Schrot und Korn bevor stand. Leider
erhielt das Konzert der wieder belebten US Power Metal Legende
ziemlich dürftigen Zuspruch, was angesichts des Kultfaktors und dem
Umstand, dass das (Fast-) Ur-Lineup aufmarschierte, wirklich enttäuschend
war. Doch Mastermind Jon Drenning (g) und seine Truppe störte das
jedoch nicht im Geringsten und so nahmen uns Crimson Glory mit auf
den Retro-Zug ihrer geilen, alten Songs, die vom neuen Sänger Todd
LaTorre perfekt umgesetzt wurden. Das machte bereits «Valhalla» als
Opener klar und dann folgten gleich sieben Songs des ersten Albums
hintereinander! Die Energie, die dabei freigesetzt wurde, war
schlicht unglaublich. Die Mucke besass, und wir sprechen hier jetzt
von 25-jährigen Songs (!), unheimlichen Druck nach vorne und klang
gleichzeitig frischer denn je. Man wurde fast von Wehmut befallen im
Wissen darum, dass der Metal-Szene solche Perlen jahrelang
vorenthalten wurden. Vor allem Gitarrist Jon Drenning schien wie von
der Tarantel gestochen und lieferte sich zusammen mit seinem
Sidekick Ben Jackson herrliche Riff-Attacken und Solo-Orgien.
Untermalt wurde das Ganze durch geniales Z7
Haus-Licht, das das «Transcendence»-Motiv
auf dem Backdrop im wahrsten Sinne des Wortes wiederholt ins
richtige Licht rückte. Obwohl ein Grossteil der anwesenden Fans, vor
allem natürlich die jüngeren darunter, die alten Songs sicherlich
nicht durch und durch kannten, nahmen die Reaktionen stetig zu, das
heisst jeweils am Ende der Songs. In der Zwischenzeit waren die
Stimmbänder von Todd untrüglich auf Betriebstemperatur und dessen
Timbre zwischen Axl W. Rose (Guns n' Roses) und Dan McCafferty
(Nazareth) vermochte zu gefallen wie überzeugen gleichermassen. Die
eingestreuten Keyboard-Sounds stammten derweil von Gastmusiker John
Zahner, der sonst in Diensten von Jon Oliva's Pain steht. Vor Kurzem
starb ja deren Gitarrist Matt LaPorte (R.I.P.) und so spielten
Crimson Glory den Song «Burning Bridges» vom «Transcendence»-Album
zu seinem Andenken. Davor wurden noch eine ganze Menge mehr Stücke
der zweiten Scheibe vorgetragen und die Kenner der Amis stellten wohl
zunehmend fest, dass die ersten beiden Alben praktisch komplett
durchgespielt wurden. Es fehlte nur der Titelsong des Zweitlings
und für mich insgesamt etwas überraschend alles von «Astronomica».
Leider muss man an dieser Stelle sagen, aber nur das ältere Material
ist mit der wertvollen Patina der glorreichen Vergan-genheit mit Midnight überzogen und darum konnte man das locker verschmerzen.
Nach schweisstreibenden 75 Minuten ging die Band das erste Mal von
der Bühne runter. Es folgten noch drei heftige Lektionen in feinstem
Power Metal, der übrigens nicht selten nach den alten Queensÿche
klang. «Eternal World» als letzte Zugabe liess schliesslich die gut
90 Minuten andauernde, musikalische Genialität von Crimson Glory
noch ein letztes Mal an diesem Abend aufblitzen und es bleibt schwer
zu hoffen, dass wir diesen Hochkaräter bald wieder bei uns in der
Schweiz willkommen heissen können.
Setliste: «Valhalla» - «Dragon Lady» - «Angels Of War» - «Azrael,
Mayday» - «Queen Of The Masquerade» - «Lady Of Winter» - «Where
Dragons Rule» - «Painted Skies» - «Mayque Of The Red Death» - «In
Dark Places» - «Burning Bridges» - «Red Sharks» -- «Lost Reflection»
- «Lonely» - «Eternal World.
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