An diesem sommerlichen Herbsttag sollte die Release-Party des neuen
Crystal Ball-Werkes «Déjà Voodoo» über die Bühnenbretter in der
«Hall Of Fame» laufen. Der neuste Streich der helvetischen
Hardrocker ist wahrscheinlich das bisher beste in ihrer Karriere
geworden, und so durfte man gespannt sein, wie sich der Fünfer zum
Tourauftakt präsentieren würde. Obwohl als Release-Party angsagt,
war die Truppe weit von einer eigentlichen CD-Taufe entfernt. Nix
von wegen Schampus über die CD schütten, sondern Crystal Ball spielten ganz
einfach zum ersten Mal die neuen Lieder in der Heimat. Deren sieben
neue Tracks präsentierte die Combo und machte die Anwesenden hungrig auf
«Déjà Voodoo». Wer die neue Scheibe noch nicht hatte, konnte sich
gleich ein signiertes Exemplar am Merch-Stand erwerben.
King Sable
Bevor aber Crystal Ball eine tolle Show boten, stand mit King Sable
ein interessanter Act auf der Bühne. Ebenfalls aus der Innerschweiz
stammend, rockte der Vierer mächtig los. Was sich zu Beginn wirklich
noch toll anhörte, verlor aber mit der Zeit etwas von seiner Faszination. Das
lag sicher nicht am Schlagzeuger, der eine wirklich wilde Show bot
und sich seine Halsmuskulatur warm bangte oder an der Gitarrenpower
wie der Stimme von Andy Iten. Es waren die Songs, die mit
zunehmender Spielzeit einfach austauschbar und monoton wirkten. Und
irgendwie erinnerte ich mich an eine Aussage von Alice Cooper, der
beim Interview verlauten liess, dass die heutigen Bands keine guten
Lieder mehr schreiben können und viel zu viel in ein Stück packen.
Was auch fehlte, war der packende Chorus, der, einmal gehört, nicht
mehr aus den Gehörgängen verschwindet. Klingt jetzt vielleicht nach
einen Verriss, soll aber einfach darauf hinweisen, dass die
Qualitätsunterschiede zwischen Crystal Ball und King Sable schnell
ans Tageslicht traten. Der Vierer rockte zwar gekonnt nach vorne,
unbestritten, aber die Bühnenperformance wirkte doch etwas
hüftsteif, um nicht zu sagen, da hätten die Jungs mehr daraus machen
können. Der Zuschauerzuspruch war mengenmässig im Vergleich zu dem,
was wenig später bei Crystal Ball im Club stand, um ein Vielfaches
kleiner. Also liebe King Sable, lasst eure Melancholie zu Hause,
rockt mit mehr Spass in den Backen, und ich bin mir sicher, dass ihr
die Clubs der Schweiz im Handumdrehen begeistern werdet. Ist alles
gut gemacht, aber irgendwie zu austauschbar, und somit bleibt nach
diesem Auftritt viel zu wenig hängen.
Crystal
Ball Dass die Jungs von Crystal Ball alte Hasen sind und
wissen, wie man die Konzertbesucher knackt, bewies der Fünfer mit
breiten Grinsen im Gesicht. Es war auf der anderen Seite aber auch
sehr einfach, die vordersten Reihen mobilisieren zu können. Dass Steven
Mageney mit seiner Stimme begeistern kann, hört man auf den
Studioscheiben, und wie er seine Shouts gekonnt auf der Bühne bringt,
weiss man nicht erst seit diesem Abend. Mit fetten Wumms sorgte
Dauergrinser Marcel Sardella für den richtigen Beat und kickte seinen
Vorderleuten mächtig in den Allerwertesten. Unterstützt von Bassist
Cris Stone legtem die Beiden einen tollen Rhythmusteppich, auf dem
sich die Gitarristen Tony Castell und Scott Leach austoben konnten.
Es war nicht immer nur Scott, der mit seinen solistischen
Darbietungen auf sich aufmerksam machte, sondern auch Tony. Es macht einfach
gute Laune, wenn sich die Beiden die Solos zuspielen oder die
Doppel-Leads den Raum erfüllen. Hier dürfte das Axt-Duo allerdings
noch öfter zusammenstehen. Etwas, das an diesem Abend noch fehlte,
sich aber auf den kommenden Konzerten sicher ändern wird. Tony
wirkte an diesem Abend ziemlich konzentriert, was ein bisschen zu
Lasten seiner ansonsten tollen Bühnenperformance geht. Poste der
lockige Mann aber am Bühnenrand, brannte die Bühne.
Die Jungs spielten sehr tight auf und auch die neuen Songs erklangen,
als wären sie alte Evergreens. Die Setliste passte, auch wenn die
ganz alte Crystal Ball Zeit völlig ignoriert wurde, was in meinen
Augen jedoch ein minimaler Fehler war. Lieder wie «Lay Down The Law»,
«Savage Mind» oder «Dance With The Devil» haben auch heute noch ihre
Berechtigung. Ganz abgesehen davon, ob sie nun von dieser Truppe im
Studio eingespielt wurden, oder nicht. Schlussendlich bleiben sie
aber ein zeitliches Dokument von Crystal Ball. Auch für die Geschichts-
bücher war die Reaktion eines weiblichen Fans auf die Frage von
Steven, ob das Publikum heiss hätte. Die Antwort der Dame: sie zog
kurzerhand ihr Shirt aus und stand ab da in einem mit Nieten bestücken BH
am Absperrgitter!
Als sich Cris Bass kurz verabschiedete,
nutzte Mister Mageney die spielfreie Zeit dazu, den Anwesenden zu
erzählen, dass sie nicht nur die neue CD am Merch-Stand kaufen
könnten, sondern auch viele andere Dinge und sich die Band kurz nach
der Show dort einfinden wird. Was die Truppe dann auch tat und sich
so der eine wie die andere ihr Autogramm oder ein Foto mit der
Band holen konnten. An diesem Gig gab es letztlich kaum was zu
bemängeln. Auch nicht das Aussteigen des Basses von Cris, weil
die Jungs ganz natürlich und locker mit dieser Situation umgingen.
Vielleicht
hätten Crystal Ball die beiden langsameren Songs nicht direkt
nacheinander spielen sollen, aber ansonsten bestach die Truppe mit
einer unglaublichen Authentizität. Cool war einmal mehr, dass nach der
Einleitung von Marcel (mit «I Love It Loud» von KISS) die komplette
Band mit Standtoms bewaffnet auf der Bühne stand und so ein von
Crystal Ball mittlerweile bekanntes, aber noch immer cooles Showelement
präsentierte. Mit jedem Schlag auf die Toms leuchtete diese hell auf
und so ergab sich auf der verdunkelten Bühne einen zusätzlicher toller
Effekt.
Es war ein guter Auftakt, auf dem sich aufbauen
lässt. Das Set war gespickt mit Power und tollen Songs. Das
Publikum, das sicher mehr hätte sein dürfen, feierte das Quintett
ab. Der Sound drückte ohne Ende, bloss das Licht liess die Jungs ab
und zu ein bisschen im Dunkeln stehen. Jammern auf einem hohen
Level nennt man das aber. Man darf nun auf die kommenden Konzerte (zusammen
mit Shakra) gespannt sein, denn zumindest dieses Konzert in der «Hall Of Fame»
verdient das Prädikat "sehr geil". Es war eine richtig mitreissende
Rockshow, die zwar nicht perfekt, aber verdammt lebendig und mit viel
Spass versehen war. Und diese beiden Attribute passen noch immer
besser zu einer hart rockenden Show, als bloss den Ansatz zu haben,
perfekt und deshalb kühl zu wirken. Kompliment meine Herren!
Setliste: «Intro» - «Director's Cut» - «Dr. No Hell» - «Suspended» -
«Back For Good» - «Time And Tide» - «Gods Of Rock» - «Never A
Guaranty» - «Liferider» - «Walk Thru Time» - «Home Again» - «Drum-Solo
with Toms» - «Powerflight» - «Break Of Dawn» - «Hold Your Flag» - «He
Came To Change The World» - «Hell-Vetia» - «Mayday» - «Deja Voodoo» -
«Paradise» - «Anyone Can Be A Hero».
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