Immerhin interessierten sich so viele Leute für das Konzert der
dänischen Kult-Rocker, dass der ursprünglich in der Galery
angesetzte Auftritt ins Z7 verlegt wurde. Es gab aber mal andere Zeiten, wo
D-A-D beim heimatlichen "Roskilde Festival" in Kopenhagen mehrfach
vor jeweils rund 50'000 Fans aufspielen konnten. Dazu kommt, was
viele Leute wohl gar nicht mehr wissen, dass D-A-D im Jahre 2005
einen der Support-Slots des Abschiedskonzertes der Böhsen Onkelz vor
120.000 Zuschauern (!!) in der Lausitz hatten. Seither sind fast
sieben Jahre vergangen und obwohl in der Zwischenzeit zwei
weitgehend unbeachtete Alben erschienen sind, gibt es die Band der
Binzer-Brothers Jesper (v/g) und Jacob (g) immer noch. Der
unbestrittene Eyecatcher der Gruppe ist aber Bassist Stig Pedersen,
der sehr eigenwillige Instrumente spielt, die sich nebst töften
Lichteffekten und unüblichen Formen dadurch von der Masse abheben,
dass stets nur zwei Saiten vorhanden sind. Vervollständigt wird das
Lineup durch Drummer Laust Sonne, der seit 1999 hinter den Kesseln
sitzt. Als Support spielten die mir bisher unbekannten Amis von Simeon
Soul Charger aus Akron, Ohio auf.
Simeon Soul Charger
Rein von der Optik her dominierten eindeutig die 70ies und das
passte zumindest zum derzeit grassierenden Retro-Hype. Es ist nicht
mehr zu übersehen wie überhören, dass immer mehr junge und oftmals
brillante Bands ihr Publikum zu erobern versuchen. Die musikalischen
Wurzeln liegen dabei, wenn auch sehr oft, nicht nur bei Led Zeppelin
und Black Sabbath. Der kompositorische Fundus von Simeon Soul
Charger enthält die eben genannten Rock-Fossile natürlich auch, aber
da kommt noch jede Menge mehr an songwriterischen Inspirationen
zusammen, zu denen weitere Grössen wie Queen, Jethro Tull, Radiohead,
Muse, Jimi Hendrix, Pink Floyd, King Crimson, The Beatles, T-Rex und
noch viele mehr dazu gehören. Selbst härtere Bandagen wie Rage
Against The Machine und Primus werden genannt. Das alles führt
einerseits zu einem vermeintlich totalen Durcheinander oder lässt
andererseits Raum für unbegrenzte Möglichkeiten. Das war es dann
schliesslich, was Aaron Brooks (v/g/keyb),
Rick Phillips (g/v), Spider Monkey (b) und Joe Kidd (d) während rund 45 Minuten
zelebrierten. Dazu gehörten auch Songs mit Überlänge, die
verschiedene Tempi und Stimmungen abdeckten. Damit war das Publikum
aber offensichtlich mehr überfordert als angetan, denn ausser etwas
Höflichkeitsapplaus regte sich bei den mehreren hundert Besuchern
nicht viel. Simeon Soul Charger zeigten sich davon aber
unbeeindruckt und spielten ihr Set mit Herzblut durch. Darüber
hinaus blitzte das offensichtliche, technische Können wie die
Lockerheit der vier Amerikaner deutlich auf und hinterliess
zumindest von dieser Seite her einen sehr guten Eindruck. Die
meisten Songs, wenn nicht gar alle, dürften ab dem letztjährigen
Debüt-Album «Meet Me In The Afterlife» gewesen sein. Möglich ist
aber auch, dass einzelne Stücke der beiden ersten EP's gespielt
wurden. Fakt ist auf jeden Fall, dass es Simeon Soul Charger ohne
all deren Vorbilder in dieser Form nicht geben würde und dass damit
gleichaltrige, also jüngere Fans noch ziemlich ins Staunen kommen,
wenn sie entdecken, aus welchen Sound-Ingredienzien dieser
reichhaltige Klang-Kosmos besteht, den die Truppe selber relativ
simpel, aber durchaus treffend, als Psychedelic Rock bezeichnet.
D-A-D
Als der heutige Headliner um Punkt 21.30 Uhr auf die Bühne des Z7
stieg, waren gut 500 Leute in der Halle, die natürlich so niemals in
der Galery Platz gefunden hätten. So gesehen war es also für die
Band wie die Fans ein klarer Gewinn, denn auf diese Weise kam man in
den Genuss eines erstens viel besseren Sounds und zweitens ist das
hauseigene Licht eh über jeden Zweifel erhaben. Dies gilt auch für
die zeitlosen Rock-Songs von D-A-D, die ihr Set mit «A New Age
Moving In», dem Opener des aktuellen, am 11.11.11 erschienenen
Albums «DIC.NII.LAN.DAFT.ERD.ARK», eröffneten. Wer den Albumtitel
übrigens mal genau anschaut, wird auf den alten, damals noch ganz
ausgeschriebenen Bandnamen "Disneyland After Dark" stossen, der ja
seit 1989 (durch die Walt Disney Company) auf die Kurzform hat
umgewandelt werden müssen. Das dürfte aber nicht zum Nachteil
gereicht haben, denn das letztlich so entstandene Bandlogo ist
allseits bekannt. Wie erwartet heimste Bassist Stig Pedersen die
grösste Beachtung durch seine coolen Instrumente und das sehr agile
Spiel ein. Der Sound insgesamt war von Anfang recht gut und wider
Erwarten konnten auch die Basslinien deutlich ausgemacht werden. Das
kam auch dem Groover «Jihad» zugute, der mir wie eine alte
Krokus-Nummer vorkam und voll abging. Spätestens bei der treibenden Midtempo-Walze «The End» (die herrlich nach den bei uns, ausser in
ihrer Heimat Finnland, längst vergessenen Havana Black[s] klang) war
die ganze Halle nun definitiv wach gerüttelt. In der Folge zeigten
die Dänen ihre ganze Bandbreite, die mitunter auch ein paar
Country-Sprengsel, wie bei «Point Of View» beinhaltete. Von ihren
total elf Alben, die zwischen 1986 und 2011 erschienen sind, wurden
deren sieben bezüglich der Setliste berücksichtigt. Der Fokus lag
dabei klar bei der aktuellen Langrille, von der nicht weniger als
sechs Lieder vorgetragen wurden. Darunter figurierte mit «We All
Fall Down» eine schöne (Halb-) Ballade, der das über zwanzig Jahre
alte «Grow Or Pay» voraus ging. Jesper Binzer's leicht kratzige
Stimme kam dabei besonders in den oberen Lagen erstaunlich wie
erfreulich gut und klar rüber. Nicht zu vergessen sind natürlich die
unabdingbaren Backing-Vocals seiner Kollegen, die den Sound optimal
ausschmückten. Überhaupt war die Mischung zwischen dem alten und
neuen Material fliessend und abwechslungsreich zugleich. Während
jüngere Songs mitunter einen leichten Alternativ-Modern-Touch
verpasst bekommen haben, rocken alte Kamellen wie «Bad Craziness»
nach wie vor ungebremst nach vorne los. Dass jedoch volles Vertrauen
in die neuen Songs gesetzt wird, zeigte «The Place Of The Heart» als
erste Zugabe. Das krachte mit etwas Led Zeppelin Vibes so richtig
fett von der Bühne runter. Unvergesslich waren zudem die Momente, wo
sich Stig Pedersen jeweils wieder einen anderen Bass umschnallte.
Völlig abgefahren war dabei das Instrument mit der Form einer Cruise
Missile Rakete (!) und nebst den zwei leuchtenden Ausführungen in
Plexiglas ein schlichtweg richtig überdimensioniertes Modell. Zum
Glück brauch(t)en D-A-D die längst legendären Gimmicks ihres zappeligen
Tiefton-Musikers nicht, um über etwelche Schwächen hinweg zu
täuschen. Er war die Freude pur, diese geile Band live erleben zu
können. Meine besondere Aufmerksamkeit gehörte der genialen
Akustik-Ballade «Laugh 'N' A ½» als zweitletztes Stück des Abends,
wo Jesper und Jacob als Duo für echtes Gänsehaut-Feeling sorgen
konnten. Den glanzvollen Schlusspunkt als karriereüberspannender
Kontrast zum Opener setzte schliesslich «It's After Dark» vom
Debüt-Album «Call Of The Wild» (1986) und entliess nach 90
eindrucksvollen Minuten ein durchwegs begeistertes Publikum nach
Hause. Bleibt schwer zu hoffen, dass wir nach Pretty Maids auch die
Landes-Kollegen von D-A-D bald wieder bei uns zu Gast haben und mit
noch mehr Fans begrüssen werden.
Setliste: «A New Age Moving In» - «Jihad» - «The End» - «Everything
Glows» - «Point Of View» - «Monster Philosophy» - «Reconstrucdead» -
«Riding With Sue» - «Last Time In Neverland» - «Grow Or Pay» - «We
All Fall Down» - «I Want What She's Got» - «Evil Twin» - «Bad
Craziness» -- «The Place Of The Heart» - «Sleeping My Day Away» ---
«Laugh 'N' A ½» - «It's After Dark».
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