Pünktlich zum letzten Wochenende eines ansonsten wunderschönen
Oktobers hat uns der Winter einen ersten Vorboten geschickt, was die
Anfahrt zum und die Wartezeit vor dem Komplex 457 zwar interessant
aber alles andere als angenehm gestaltete. Wären im gemütlichen
Rockschuppen am Stadtrand von Zürich irgendwelche Black Metal Bands
aus Norwegen aufgetreten, hätte es von der Atmosphäre her ja noch
gepasst, aber bei drei waschechten, schweisstreibenden Rockbands
wären etwas angenehmere meteorologische Bedingungen durchaus
angebracht gewesen. Naja, was soll’s, die beiden ausländischen Acts
Bombus aus Schweden und Danko Jones aus Kanada kennen es ja auch
nicht anders und mussten sich somit nicht grossartig
akklimatisieren, und für die eröffnenden Lokalmatadoren Adrenaline
101 war es eh ein Heimspiel. Somit hiess es Vorhang auf für drei
Bands, die ausgedehnte Gitarrensoli bestenfalls vom Hörensagen
kennen!
Adrenaline 101
Pünktlich um 20:00 Uhr betraten die Zürcher Adrenaline 101 die Bühne
und liessen sich glücklicherweise von der vorerst recht spärlichen
Publikumskulisse nicht beirren. Im direkten Vergleich zu ihren
Studioaufnahmen schoben die Jungs live gleich einige Briketts nach,
und so dauerte es auch nicht lange, bis zumindest an der vordersten
Front die ersten gen Himmel gereckten Fäuste zum High Energy Rock
`n` Roll der jungen Truppe auszumachen waren, offensichtlich hatte
der Vierer seinen eigenen Fanclub zum Tanz geladen. Irgendwo
zwischen straightem Rock und Nu Rock der Marke Guano Apes oder Kid
Rock
angesiedelt, kam der Sound verhältnismässig gut beim Publikum
an, was wohl nicht zuletzt auch an der agilen Bühnenpräsenz der Band
gelegen hat. Allen voran tat Sänger Delon Cyclon seinem
Künstlernamen alle Ehre und legte in jeder Hinsicht eine
beachtenswert energiegeladene Performance hin. Allem anerkennenden
Mitwippen und Mitnicken zum Trotz erntete die Band schlussendlich
aber dann doch nicht mehr als bestenfalls gehobenen
Höflichkeitsapplaus. Aber da das Schweizer Publikum bekanntlich von
Haus aus selbst bei den ganz Grossen recht reserviert reagieren
kann, können Adrenaline 101 auch diesen Auftritt als weiteren Erfolg
für sich verbuchen.
Bombus
Nach einer angenehm kurzen Pause von gerade mal zwanzig Minuten
entfachten danach die Schweden Bombus ein wahres Gewitter im Komplex
457, das sich etwa so anhörte, als ob Motörhead eine Schwäche für
Louisiana-Sludge entwickelt hätten, da passte Basser Jonas mit
seinem schwarzen Rickenbacker schon mal ganz gut ins Bild. Das
vorwiegend recht junge Publikum reagierte anfangs etwas verhalten
auf das schwedische Rollkommando, und ich hatte das Gefühl, der
derb-düstere Sound von
Bombus sei wohl etwas zu hart für ein
Publikum, dessen Härteresistenz bei Danko Jones & Co. aufhört.
Nichtsdestotrotz gab sich die Band um die zwei oft synchron
röhrenden Gitarristen Feffe und Matte unbeeindruckt und knallte Song
um Song in die sich langsam füllende Halle. Auch hier bot wieder ein
ähnliches Bild wie bei Adrenaline 101: Vorne ein paar bangende die
hard Fans, der Rest nickte bestenfalls relaxt mit. Bei näherer
Betrachtung musste ich sowieso feststellen, dass eher wenige
Metaller anwesend waren, weit und breit waren kaum Leder, Denim und
lange Haare sichtbar, was den zotteligen Bartträgern auf der Bühne
die Sache nicht gerade einfach machte. Dennoch ernteten Bombus
verdientermassen nach einer guten halben Stunde mal schneller, mal
doomig-langsamer und immer breiter Rifflavinen ihren verdienten
Applaus. Ein guter, solider Auftritt, aber ich erlaube mir die
Bemerkung, dass diese Band bei den Tags darauf im Komplex
auftretenden Down besser aufgehoben gewesen wäre.
Danko Jones
Um 22:00 enterte dann schliesslich der Meister himself die Bühne vor
dem endlich vollen aber nicht ausverkauften Club und eröffnete den
Rotz `n` Roll Tanz mit dem fulminanten Trio „Terrified“ vom
aktuellen Album „Rock `n` Roll Is Black And Blue“ und den älteren
Gassenfegern „I Want You“ sowie „Forget My Name“, das Volk ging
natürlich vom ersten Ton an steil ab wie eine Rakete. Nach diesem
gelungenen Einstieg folgte dann schon mal die erste Anrede des Herrn
Jones, in der er in seiner für ihn typischen,
breitbeinigen
Un-Bescheidenheit erklärte, es sei scheissegal, welchen Song von
welchem Album sie spielen würden, da sie in jedem Fall einfach Arsch
treten würden. Naja, wo er Recht hat, hat er Recht, denn zumindest
ich habe bis jetzt noch keine schwache Danko Jones Show erlebt.
Danach ging es gleich mit durchgetretenem Gaspedal und einem
ausgewogenen Mix aus neuem und altem Material weiter, alle drei
Protagonisten versprühten eine unglaubliche Energie und Spielfreude,
lediglich Danko‘s Wechsel von seiner weissen Gibson Explorer auf die
ebenfalls weisse Gibson SG empfand ich (und nicht nur ich) als
Fehlgriff, denn Letztere klang wirklich furchtbar, in etwa so, wie
bei jenen Beat Bands der Sechziger, die mit Rasiermessern Schlitze
in die Membrane ihrer Lautsprecher schnitten, um einen verzerrten
Klang zu erreichen. Aber egal, JC sorgte mit seinem stark verzerrten
Bass für die richtige Dosis Distortion und liess so die blechig
scheppernde SG vergessen.
In der Mitte des Sets folgte dann die für Danko Jones in Zürich
inzwischen obligatorische Dankes- und Lobrede an die Jungs von
Celtic Frost und speziell an Martin Ain, den er inzwischen voller
Stolz zu seinen persönlichen Freunden zählt, ein netter, ehrlicher
Ausdruck der Wertschätzung, der ihm auch diesmal wirklich alle
abgenommen haben. Und wenn Danko Jones voller Inbrunst „Celtic Frost
rules in Zurich“ ins Mikro schreit, dann ist dem wirklich nichts
hinzuzufügen. Ganz sympathisch war dann auch seine etwas später
erfolgte Erklärung, er habe es sich abgewöhnt, sich für den Applaus
zu bedanken, da es realistischer sei, dem Publikum „ihr habt recht!“
zu sagen. Dieser Kerl bringt einfach jedes Mal den Balanceakt
zustande, etwas völlig arrogantes in einer dermassen
selbstironischen Art auszudrücken, dass man es ihm ohne die Stirn zu
runzeln abkauft.
Nach einer Stunde regulärer Spielzeit gefüllt mit uneingeschränkt
abgefeierten Krachern (von „Cadillac“ mal abgesehen, da hätte “Play
The Blues“ ganz anders abgeräumt!) war dann erst mal Schicht im
Schacht, aber natürlich liess sich das Powertrio nicht lange bitten,
und eröffnete mit „I Think Bad Thoughts“ den Zugabenblock,
glücklicherweise wieder mit dem satten Klang der Gibson Explorer.
Interessanterweise hat Danko hier im Mittelteil des Songs die Riffs
von „Iron Man“, „Breaking The Law“ und, man höre und staune, „A
National Acrobat“ eingebaut, wobei natürlich vor allem „Iron Man“
vom Publikum lautstark mitgesungen wurde. Immer wieder schön zu
sehen, wenn die junge Garde den Urvätern den verdienten Respekt
zollt. Gewohntes hingegen im abschliessenden „The Mountain“, in dem
Danko den Leuten wie üblich erklärte, welche verstorbenen Musiker
sich im Jenseits gegenseitig die Hand halten. Cliff Burton, Johnny
Cash, Jon Lord, Barry White, Joey Ramone, Ray Charles, Ronnie James
Dio, alle hat er sie unter tosendem Applaus aufgezählt, lediglich
bei Tupac Shakur war die Reaktion des Publikums mehr als bescheiden.
Irgendwo hat jede musikalische Toleranz ihre Grenze, und die war
beim hier anwesenden Rockpublikum offensichtlich erreicht.
Aber diese kleine, unbedeutende Episode vermochte natürlich den
positiven Gesamteindruck nicht zu trüben, und so verliess das Trio
am Ende unter gewohnt lautstarkem Jubel die Bühne. Wer auf
Dicke-Eier-Rock steht und nicht dabei sein konnte, hat definitiv was
verpasst!
Setliste: «Terrified» - «I Want You» - «Forget My Name» - «First
Date» - «Just A Beautiful Day» - «Hey Papa» - «Code Of The Road» -
«Full Of Regret/Drum Solo» - «Lovercall» - «Conceited» - «Cadillac»
- «I Believed In God» - «I Think Bad Thoughts» - «I’ve Had Enough» -
«The Mountain»
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