Eben erst am "Sweden Rock" Festival zum ersten Mal überhaupt
live erlebt, gastierte die neue Supergroup Deadland Ritual um Geezer
Butler (b, Ex-Black Sabbath), Steve Stevens (g, Billy Idol,
Ex-Atomic Playboys), Matt Sorum (d, Ex-Guns n' Roses, Ex-The Cult)
und Franky Perez (v, Apocalyptica) im Z7 in Pratteln. Eigentlich
hätte ich ja am heutigen Abend, zusammen mit Metalrose und
Rocknrolla, unsere Live-Radiosendung "Rock Lounge" co-moderiert,
aber da einerseits der Auftritt in Sölvesborg (S) mächtig Freude
bereitete und es andererseits eher ein seltener Anlass sein dürfte,
einen Geezer Butler überhaupt im Z7 geniessen zu können, forderte
meine Präsenz am heutigen Abend. Ein spezielles Augenmerk hatte ich
dabei auf Frontmann Franky, der mich bisher nicht wirklich
überzeugen konnte und dessen Celebrity-Status neben seinen klar
berühmteren Kollegen ziemlich blass aussieht. Dies konnte man von
Felskinn-Shouter Andy Portmann indes nicht behaupten, wobei wir hier
nicht von dessen Berühmtheitsstatus sprechen, sondern die
gesanglichen Qualitäten meinen. Der Schweizer Support freute sich
wie bolle auf diesen Auftritt und liess in der Tat nichts anbrennen!
Felskinn
Da ich Felskinn seit der Veröffentlichung des sackstarken neuen
Albums «Mind Over Matter» noch nicht live habe sehen können, freute
ich mich natürlich gleich doppelt auf den heutigen Konzertabend. Was
bereits auf der Tonkonserve überzeugte, erhielt nun auf der Bühne
den berühmten Tritt in den Arsch, sprich härtemässig wurden noch ein
paar Briketts drauf gepackt. Das kam bereits dem Album- wie
Konzert-Opener «Close Your Eyes» zugute. Die aktuelle (Tour-) Band
mit Martin Rauber an der Leadguitar, Tom Graber (Ex-Crystal Ball) an
der zweiten Klampfe, Beat Schaub (Live Wire) am Bass und Ronnie Wolf
(Appearance Of Nothing) an den Drums lieferte ihrem Frontmann Andy
Portmann ein vollfettes Brett, das dieser mit seinen unnachahmlichen
Shouts und Screams grandios veredelte. Mit einer Mischung aus Demut
und Freude zugleich legten Felskinn einen ziemlich beherzten Gig
hin, der leider zumindest zu Beginn nicht in der Art und Weise
gewürdigt wurde, wie das die Innerschweizer Rocker verdient gehabt
hätten. Da einerseits halt längst nicht ausverkauft, tummelten sich
am Anfang des Sets leider eher wenig Leute vor der Bühne, und das
hinterliess angesichts der Qualität des Dargebotenen schon etwas
Wehmut. Nichtsdestotrotz liessen es Andy und seine Jungs, die, bis
auf Ronnie, überdies noch songdienliche Backing Vocals beisteuerten,
unentwegt wie mächtig krachen. Ihre strahlenden Gesichter
signalisierten dabei überdeutlich, dass sie ausserordentlich Spass
an dem haben, was ihnen die Bühne bietet. Nebst überwiegend Songs
von «Mind Over Matter» schlichen sich mit «Sleep Well» und «170105»
gleich zwei Songs
vom
Debüt in den Set, die bestens zum Rest passten. Andy versuchte
derweil unermüdlich, das inzwischen etwas zahlreicher anwesende
Publikum aus der Reserve zu locken oder noch besser aus der
Lethargie heraus zu reissen! Das gelang über die Distanz immer
besser und musste quasi auf dem Peak schon fast abrupt beendet
werden. Der aufbrandende Schlussapplaus und die Reaktion beim
obligaten Band-/Fansfoto liessen aber keinen Zweifel darüber
aufkommen, dass sich Felskinn mit «Mind Over Matter» beeindruckend
in der Szene zurück gemeldet haben. Bleibt nun zu hoffen, dass ab
2020 ein paar Festival-Auftritte in Europa drin liegen, denn die
Band hat in dieser Konstellation definitiv das Zeug, richtig auf die
Tube zu drücken!
Setliste: «Close Your Eyes» - «Pictures In
My Dreams» - «Bastards Out» - «Sleep Well» - «Wake Up On Mars» -
«Rain Will Fall» - «Mind Over Matter» - «I Hear You Calling» -
«170105».
Deadland Ritual
Vor allem in den 70ern und 80ern wurde der Begriff "Supergroup",
wenn zitiert, dann meist dahingehend verwendet, sobald die Rede von
exzellenten oder charismatischen Musikern innerhalb der jeweiligen
Band die Rede war. Also Gruppen wie Yes, Eagles, TOTO, Rush, Pink
Floyd, Supertramp und Konsorten. Vertreter der lauteren Fraktion wie
Black Sabbath, The Who, Led Zeppelin oder Deep Purple galten eher
als "Kult-Bands" ihres Genres, wobei hier natürlich keine genaue
Trennlinie gezogen werden kann. In der jüngeren Vergangenheit wird
dieser Begriff entsprechend relevant, wenn sich neue Bands aus
Musikern formieren, die vorher bereits in bekannten wie berühmten
Besetzungen gespielt haben, wie zum Beispiel aktuell The Dead
Daisies oder Flying Colors. Mit Deadland Ritual folgt nun eine
weitere Combo, die es, wie im Vorwort bereits detailliert
beschrieben, wahrlich in sich hat! Geezer Butler, Steve Stevens und
Matt Sorum sind allesamt Schwergewichte der Musikszene. An diesem
Status muss Frontmann Franky Perez (Apocalyptica) freilich noch
arbeiten, wobei alleine der Zeitgeist keine Möglichkeit mehr bietet,
hier eines Tages wirklich auf Augenhöhe zu stehen. Nichtsdestotrotz
hat man sich bei Deadland Ritual in diesem Line-up konstituiert und
wird sich dabei sicherlich einig gewesen sein. Was songmässig mehr
oder weniger gespielt wird, war vom "Sweden Rock" Festival her
gesetzt, aber ein Hallenkonzert besitzt bekanntlich eine ganz andere
Charakteristik. Und das war der springende
Punkt
oder das hüpfende Komma, um mit diesem Auftritt die wahren Stärken
und allfällige Schwächen eruieren zu können. Dass der Anteil an
Black Sabbath Songs insgesamt prägend sein wird, war eh zu erwarten,
zumindest bevor eines Tages genug eigenes Material vorhanden sein
wird. So liess der Opener «Symptom Of The Universe» keinerlei Fragen
mehr offen und gebärdete sich so, wie wenn man gleich mit der Türe
ins Haus fällt.
Auch wenn Steve Stevens gewiss kein Tony
Iommi ist, kam das Ganze, zusammen mit Altmeister Geezer Butler,
schon ziemlich fett daher. Franky präsentierte sich derweil frisch
und spritzig, obwohl seine Stimmbänder zu Beginn noch nicht auf
Betriebstemperatur lagen. Immerhin klang es spürbar besser als noch
auf der Sweden Stage. Steve kam da wesentlich schneller auf Touren
und spätestens beim Song «Slither» dürfte auch Matt mental wie
physisch aber sowas ready gewesen sein. Was die Reaktion des
Publikums anging, waren es halt eher die bekannten Songs, die in der
Version von Deadland Ritual durchaus ihren Reiz aufweisen. Diesen
offenbarte Frontmann Franky spätestens ab dem Zeitpunkt, als er sein
Shirt auszog und ein lupenreines Six-Pack präsentierte. Zusammen mit
der gesteigerten Qualität des Gesanges ging das Ganze auch optisch
auf! Es müssen dafür ja nicht immer die Chippendales herhalten. Die
holde Weiblichkeit in den vorderen Reihen bekam auf jeden Fall auch
was für
das Auge spendiert. Mir war freilich der Gesang ungleich wichtiger,
und der war hinten raus schliesslich ganz gut. Bei «Rebel Yell»
konnte Steve einmal mehr beweisen, dass nur er den Anfang so spielen
kann, um als Zuhörer quasi blind zu wissen, wer hier in die Saiten
greift. Mister Stevens war eh gut drauf und spendierte den Fans sein
gewohntes Antlitz, vor allem was seine Haarpracht angeht. Das sah zu
Billy Idol's Glanzzeiten schon so aus und wurde nur im Michael
Jackson Video zu «Dirty Diana» (1988) übertroffen. Und dann war da
natürlich noch die wohl hochkarätigste Rhythm-Section mit Geezer und
Matt. Besser geht es an dieser Stelle, sprich im Z7 einfach nicht.
Ganz gewaltig kam «N.I.B» rüber und auch «War Pigs» als letzter Song
liess keine Fragen mehr aufkommen. Und doch sind dieser Band Grenzen
gesetzt, die nur durch eigene Songs umschifft werden können. Vor
allem die künftige Wahl der Black Sabbath Songs birgt reale
Gefahren, denn zum Beispiel «Heaven And Hell» würde definitiv nicht
funktionieren. Das heute Abend Gezeigte hielt den grundsätzlichen
Erwartungen jedoch stand, und meine persönliche Entscheidung,
diesmal dem Konzert anstatt dem Radio den Vorzug zu geben, war
zumindest heute Abend goldrichtig!
Setliste: «Symptom Of The
Universe (Black Sabbath Cover)» - «Dimas» - «City Of Night» -
«Slither (Velvet Revolver Cover)» - «Fade And Disappear» - «Sweet
Leaf (Black Sabbath Cover)» - «Walking Into Walls» - «Rebel Yell
(Billy Idol Cover)» - «Broken And Bruised» - «N.I.B. (Black Sabbath
Cover)» - «Down In Flames» - «War Pigs (Black Sabbath Cover)».
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