Eine richtig gute Band lässt sich von nichts unterkriegen. Allen
üblen Umständen zum Trotz lässt sie die Wände, in welchen sie zockt,
beben. Üble Umstände gab es bei Death Angels Gig im Zürcher Dynamo
auf jeden Fall zuhauf. Zuerst einmal mussten sich die
Bay-Area-Thrasher mit geschlagenen fünf Stunden Verspätung
arrangieren, danach hiess es, dem herbstlichen (Sommer-)Wetter,
bestehend aus Dauerregen und kühlen Temperaturen, und dem vielleicht
dadurch dezimierten Publikum – lediglich rund 80 Nasen fanden den
Weg ins Werk 21 – trotzen. Und wenn man die letzten paar Mal in der
Schweiz im Z7 gastierte, dann kann einem die Bühne des
Dynamo-Kellers doch ziemlich sparsam vorkommen. Man hätte es dem
kalifornischen Fünfer also kaum verübeln können, hätte dieser sich
nicht von seiner vitalsten Seite gezeigt. Doch Death Angel, das
wurde an diesem Abend klar, sind eben eine richtig gute Band und
beeindruckten mit einer an Makellosigkeit grenzenden Show. Dass es
auch anders geht, das bewiesen zuvor die Support-Acts.
Heavy Demons
Eigentlich ist es ja eine gute Sache, den Support via Voting
bestimmen zu lassen. Grund dazu ist nicht zuletzt die Hoffnung auf
vermehrtes Erscheinen ebenjener, die für ihre Lieblinge abstimmen.
Auch für diesen Abend hatte sich der Veranstalter Burning Phoenix
dieses Instruments bedient und heraus kamen als Sieger, wohl zur
Überraschung vieler, die Heavy Demons. Bei uns nur mässig bekannt,
konnte die aus dem Tessin, genauer aus Lugano stammende Kapelle
nicht sonderlich viel Publikum anziehen und dies trotz den 50
Minuten Verspätung, mit welchen sie auf die Bühne gingen. 40 Nasen
stehen lediglich im Dynamo Keller und führen sich die Show nicht
gerade begeistert zu Gemüte. Einzig die zwei mitgereisten Groupies
schienen der unspektakulären Mischung aus Death ä la Disbelief oder
Legion of the Damned mit vereinzelten Thrash Elementen. etwas
abgewinnen zu können. Vom langweiligen Songwritting abgesehen schlug
sich die Truppe aus unseres Landes Sonnenstube aber ganz ordentlich
und zeigte soviel Stage-Acting wie es bei fünf Mann auf einer
zugestellten Dynamo-Bühne (Drums und Verstärker von Death Angel
waren schon aufgebaut und der Dämonen-Drummer musste am linken
Bühnenrand sitzen) eben ging. Bands wie Battalion oder Contorsion,
lokal verankert, hätten trotzdem besser gepasst bzw. Leute gezogen
bzw. angeheizt.
Setlist Heavy Demons:
«Intro» - «Closer to Die» - «Tenebra» - «Dark Devotion» - «Master» -
«Welcome to my Resurrection» - «Light of Darkness» - «Word of God»
Wicca
Diese Kriterien für einen guten Support-Act erfüllten auch Wicca aus
Deutschland nur partiell. Fehlendes Engagement konnte man den aus
Konstanz stammenden Thrashern mit reichlich Exodus-Schlagseite zwar
nicht vorwerfen, voller Geltungsdrang warf man sich in die angestammten Posen, doch den Keller in einen Kochtopf zu verwandeln
vermochten auch sie nicht. Das mag wohl einerseits am immer noch
überschaubaren Publikum gelegen haben, andererseits zeigte sich auch
bei Wicca: solider Thrash ist eben nicht das Selbe wie überragender
Thrash. Songs wie «Pull Down the Wall» oder «Psychic Warfare» mögen
zwar ordentlich reinhauen, wirklich hängen bleibt dann aber doch
nichts. Und auch wenn es technisch nichts zu meckern gab: Fronter
Olymp Skala schafft es beim besten Willen weder stimmlich noch von
der Performance her über Durchschnitt hinaus. So nickte man zu «Mega
City» im Takt mit, erinnerte sich bei «Bloodrush» an die
gleichnamige Scheibe, die man letztes Jahr ebenfalls als
«durchschnittlich» abgestempelt hatte oder bemerkte plötzlich, das
sowas wie eine Lightshow (bei allen Bands an diesem Abend) praktisch
inexistent war. Beharrlich und zu hell wurde die Bühne von der immer
selben Mischung aus rotem und gelbem Licht angestrahlt. Auch das ist
der Stimmung an einem Konzert nicht gerade dienlich.
Setlist Wicca:
«Intro» - «Pull Down the Wall» - «I.O.U.» - «Psychic Warfare» - «Mega
City» - «Sadsong» - «Bloodrush» - «Disneyland» - «Speed Trashing
Kids»
Death Angel
Wer es kann, der kann es einfach. Und dem wenigen Platz, dem
langweiligen Licht, lediglich rund 80 Zuschauern und der eingangs
erwähnten Verspätung zum Trotz wurde an diesem Abend wieder klar:
Death Angel können es einfach. Kaum wurde das akustische Intro von
der aggressiv verzerrten Klampfe von Rob Cavestani abgelöst und «I
Chose the Sky» eingeleutet, herrschte sowohl auf als auch vor der
Bühne (trotz den wenigen Zuschauern) metallisches Gewusel. Köpfe
bangten, Hände wurden in die Höhe gereckt, Körper im Versuch, einen
ersten Moshpit zu starten, aufeinander zu gestossen. Das rasend
schnelle «Evil Priest» heizte die Stimmung danach gleich noch weiter
an und noch offensichtlicher wurde damit, wie weit die Ligen, in
welchen Bands wie Wicca oder Heavy Demons spielen, von derer Death
Angels entfernt sind. Ob beim groovenden «Buried Alive», dem auf
Höchsttempo donnernden «Mistress of Pain» oder dem dramatisch
treibenden «Claws in so Deep»: Jede Note, jeder Schlag sass, wo er
sitzen sollte und dementsprechend frenetisch wurden die Nummern, ob
alt oder neu, abgefeiert. Wie gewohnt war es dabei Fronter Mark
Osegueda, der neben dem schon erwähnten, seine Gitarre zu
Lustschreien antreibenden Cavestani, im Rampenlicht stand und seine
Truppe souverän anführte, sei es durch die formidable
Gesangsleistung oder das an Irrsinn grenzende Herumschleudern seiner
arschlangen Dreadlocks.
Auf Scheibe, d.h. dem aktuellen Album «Relentless Retribution»,
endet «Claws in so Deep» in einem jazzigen Akustikpart und
ebenjener, ab Band gespielt, nutzte sowohl Band wie Publikum für
eine kurze Verschnaufpause, bevor es mit dem Bandklassiker «Seemingly
Endless Time» und dem rotzigen «This Hate» auf der selben
Intensitätsstufe wie zuvor weiterging. Immer schön zu sehen ist es
ja, wenn sich ein Publikum wirklich über das freut, was ihm geboten
wird, doch bei nicht einmal 100 Leuten den Versuch eines
Stage-Divings zu unternehmen mutet da schon etwas gar kamikazehaft
an. Da reckt man zur Kampfhymne «Relentless Revolution» doch lieber
stramm die Faust in die Höhe und lässt zu «Truce» die Nackenwirbel
knirschen. Unmissverständlich deutlich machen diese beiden neuen
Nummern, dass Death Angel nicht auf eine Best-Of-Setlist
zurückgreifen müssen wie so manch andere Truppe, will sie Stimmung
erzeugen und so schmerzt es kaum, dass an diesem Abend viel
aktuelles Material zum Zug kommt. Auch nur positiv ins Gewicht
fallen derweil die beiden neuen Todesengel, Damien Sisson am Bass
und Will
Carrol hinter den Kesseln. Auch wenn die Blondschöpfe nicht
ganz ins Philippino-Erscheinungsbild der Anderen passen: sowohl
musikalisch wie auch in Sachen Bewegungsfreudigkeit kann man ohne
Weiteres mithalten, ja, mit seinem Dauerbangen gemahnt der
schlacksige Sisson gar an eine blonde Version von Cliff Burton.
Dass Death Angel indes auch mal sanftere Töne anschlagen, zeigte
sich bei «Veil of Deception». Die balladeske Nummer von «Act III»
(1990) beeindruckte durch ihre Eindringlichkeit und nicht Wenige
zeigten sich textsicher, wobei die schweisstreibende Mosh-Stimmung
schon etwas zusammensackte. Auch das majestätisch schleppende «Opponents
at Side» schien danach nicht ganz dem Geschmack der Anwesenden zu
treffen. Material zum Bangen schien gewünscht. Mit «Bored» wurde
genau dieses geliefert, bevor man mit einer soliden Version von «Heaven
and Hell» Ronnie James Dio die Ehre erwies. Osegueda schlug sich
dabei übrigens kaum schlechter als Tim Owens bei Dio Disciples ein
paar Wochen zuvor. Die Kultnummern «Thrashers» und «Kill As One» aus
den Anfangstagen Death Angels beendeten dann das reguläre Set,
welches nur durch das Intro von «Lord of Hate» vom Zugabenteil
unterbrochen wurde. Noch schnell das aktuelle «River of Rapture»
hinterhergeknallt, «The Ultra-Violence» leider nur angespielt und
schon beendete «Thrown to the Wolves», zu welchem noch einmal alle
Anwesenden die letzten Kräfte mobilisierten, eine über 90-minütige
Show im intimsten Kreis, die an Wucht und Intensität kaum hätte
übertroffen werden können, hätten auch noch so viele selbsternannte
Thrasher ihre faulen Hintern ins Dynamo bugsiert.
Eine richtig gute Band spielt eben auch vor einer handvoll Leute,
als gäbe es kein Morgen mehr. Nach diesem Abend weiss man: «richtig
gut» ist bei Death Angel noch untertrieben.
Setlist Death Angel:
«I Chose the Sky» - «Evil Priest» - «Buried Alive» - «Mistress of
Pain» - «Claws in so Deep» - «Seemingly Endless Time» - «This Hate»
- «Relentless Revolution» - «Truce» - «Veil of Deception» - «Opponents
at Side» - «Bored» / «Heaven and Hell» - «Thrashers» - «Kill As One»
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«Lord of Hate» - «River of Rapture» - «The Ultra-Violence» / «Thrown
to the Wolves»
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