Seit diesem Sommer sind es nun genau 25 Jahre her, also ein
ganzes Vierteljahrhundert, seit ich meine Lieblingsband das erste
Mal live (im Zürcher Hallenstadion am 13. Juli 1985) gesehen habe.
Damals war ich der festen Überzeugung, dass ich die Jungs nach der
unerwarteten Reunion unbedingt sehen muss, bevor wieder was
passiert. Bezüglich Deep Purple in der Besetzung Mark II, also mit
Ian Gillan, Ritchie Blackmore, Jon Lord, Roger Glover und Ian Paice
rumpelte es dann in den 90ern bekanntlich nochmals kräftig im Karton
und seit Ende 1993 ist dieses Lineup definitiv Geschichte. Nach der
(leider viel zu kurzen) Überbrückung mit Joe Satriani kam sein
Nachfolger Steve Morse 1995 an Bord und rettete die Band vor dem
sicheren Untergang. Mit der Verpflichtung von Don Airey, der 2002
den Posten des freiwillig abgetretenen Jon Lord übernahm, wurde
schliesslich die solide Grundlage geschaffen, dass alle Fans ihre
Helden nach wie vor auf den Bühnen der Welt spielen sehen können.
Heute Abend erhielt Huttwil im Emmental die grosse Ehre, sich in den
Geschichtsbüchern verewigen zu können.
Deep Purple
Es ist ja nicht das erste Mal und prompt war es für den Schweizer
Auftritt dieser Tour wieder so, nämlich dass hochkarätige oder
zumindest interessante Support-Bands bei uns nicht mit dabei sind.
Heuer wären dies unter anderem, zumindest in Deutschland, Marillion
gewesen, während in anderen Jahren zum Beispiel Alice Cooper oder
auch Gotthard bei unserem nördlich gelegenen Nachbarn mit von der
Partie waren. Wie man aber nun dazu kommt, in Huttwil Ritschi, also
den Sänger der Schweizer Pop-Band Plüsch (solo) zu bringen, weiss
nur der liebe Gott! Obwohl der agile Mundart-Barde soweit "rockte"
mit seinen Jungs, war es wohl dem ländlichen Goodwill zuzuschreiben,
dass das Publikum ziemlich fair blieb und sich offenbar nicht
genötigt fühlte, Tomaten und anderes auf die Bühne zu werfen. Es
wurde auf jeden Fall stets höflich applaudiert, aber ich hielt
diesen Quark nicht lange aus und musste deshalb ziemlich rasch den
Bierstand aufsuchen. Zum Glück war das Ganze nur von kurzer Dauer
und die Bühne bald für den Headliner hergerichtet. Um 21.30 Uhr
ertönte dann endlich das Intro, das man seit der «Rapture Of The
Deep»-Tour kennt. Als Opener wurde «Highway Star» ausgewählt, der im
Verlauf der Tour auch schon mal erst gegen Schluss oder gar nicht
auftauchte! Bereits bei den ersten Klängen konnte man erfreut
feststellen, dass die Band insgesamt und allen voran Ian Gillan von
Anfang an überzeugte. Seine zuweilen heisere Stimme war heute Abend
bestens geölt und so geriet das nicht so oft gespielte «Hard Lovin'
Man» vom 1970er Klassiker «In Rock» bereits zum ersten Höhepunkt!
Spätestens bei «Maybe A Leo» wurden auch die letzten Zweifler in
Sachen Sound eines Besseren belehrt, denn die Chose kam wie eine
Dampframme daher. Der Druck war richtiggehend spürbar und ich habe
die Keyboards, das heisst die Hammond-Orgel mit den
Lesley-Verstärkern kaum jemals so laut und alles durchdringend
gehört, einfach geil! Die optisch sehr gut gefüllte Halle mit rund
4'000 Besuchern kam bereits früh im Set in Stimmung und bejubelte
jeden Song ein Stückchen lauter. Nach dem wie immer furiosen «Fireball»
packten Deep Purple mit «Silver Tongue» (vom 2003er Album «Bananas»)
einen mindestens halbwegs überraschenden Tracks aus. In die gleiche
Kategorie gehörte
«Almost Human» (von «Abandon», 1998), doch ein
echtes Ausrufezeichen verdiente sich danach «Lazy», das ich in der
Morse-Ära kaum jemals so stark gespielt gesehen und gehört habe!
Überhaupt wurde damit der zweite Teil des Konzertes so richtig in
Fahrt gebracht und es sollte erfreulicherweise bis zum Schluss
anhalten.
Bühnentechnisch hatte man nicht allzu viel Firlefanz nach Huttwil
gekarrt. Ausser den Stageamps und wallenden, hinten aufgehängten
Tüchern sowie ein paar Lichttraversen gab es nicht viel zu sehen.
Und da Ian Gillan nicht wie zumeist barfuss unterwegs war, konnte
man sich den sonst in diesem Zusammenhang benötigten,
filzteppichartigen Bühnenüberzug sparen. Den Rest der Optik besorgte
das Trockeneis, das immer wieder mal und wenn, relativ üppig zum
Einsatz kam. In die gleiche Kategorie fiel, wie schon erwähnt, der
Hammer-Sound, der ja sowas von nach vorne schob (zumindest da, wo
ich stand, also etwas in der Nähe des Mischpultes, das heisst etwas
vorne links davon), dass es eine wahre Freude war. Nicht immer waren
die Keyboard-Soli von Don Airey nach meinem Geschmack, doch diesmal
spielte er ein paar neue Parts, vermischt mit bekannten Elementen
und nicht zu ausufernd. Die Überleitung zu «Perfect Strangers»
gelang jedenfalls gut und liess immer noch Gänsehaut-Feeling
aufkommen. Das Prädikat "sackstark" konnte anschliessend auch dem
Klassiker «Space Truckin'» verliehen werden. Nach einer (etwas zu)
kurzen Jukebox-Einlage von Steve Morse war der Zuspruch beim ersten
Riff von «Smoke On The Water» nahe dem Siedepunkt und die ganze
Halle stand Kopf, wobei ja von Anfang an der Bär im Emmental los
war. Um 23.00 Uhr ging das tour- und spielfreudige Quintett ein
erstes Mal von der Bühne. Als Zugaben folgten noch «Hush» und «Black
Night», dem seit ein paar Jahren traditionell ein Bass-Solo voraus
geht. Als nach knappen 100 Minuten das Hallenlicht wieder angeht,
sind sich die meisten Zuschauer einig, soeben ein begeisterndes
Konzert miterlebt zu haben. Ich selber gehe noch ein Stück weiter
und ordne diesen Auftritt klar der Top-5 aller bisher gesehenen Gigs
zu! In dieser Form kann man sich ein Kürzer- oder gar Abtreten kaum
bis gar nicht vorstellen. Und wer weiss, vielleicht war «Rapture Of
The Deep», das mittlerweile auch schon fünf Jahre auf dem Buckel
hat, nicht das letzte Studio-Album! Hoffen wir es zumindest und der
einzige Wermutstropfen war das Nichtzustandekommen eines Interviews,
mit dem ich eigentlich fest gerechnet hatte. Den positiven
Gesamteindruck konnte dieser Dämpfer jedoch nicht beeinträchtigen
und so schliesse ich mich Ian Gillan's "I wanna thaaaaaank you"
gerne an und reiche zudem ein persönliches "Purple forever" nach.
Setliste: «Intro» - «Highway Star» - «Hard Lovin' Man» - «Maybe I'm
A Leo» - «Strange Kind Of Woman» - «Rapture Of The Deep» - «Fireball»
- «Silver Tongue» - «Contact Lost» - «When A Blind Man Cries» - «The
Well Dressed Guitar» - «Almost Human» - «Lazy» - «No One Came» -
«Keyboard Solo Don Airey» - «Perfect Strangers» - «Space Truckin'» -
«Smoke On The Water» -- «Hush (Introducing «Goin' Down»)» - «Black
Night».
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