Livereview: Deep Purple - Uriah Heep - Manfred Mann's Earth Band - The Force

08. Dezember 2012, Bern - Festhalle
By Rockslave
Was für ein Billing, respektive was für ein verrücktes Wochenende! Besonders am Vortag kam es knüppeldick, weil man sich als geneigter Fan und Mitarbeiter von Metal Factory zwischen Gotthard (in Winterthur), W.A.S.P. (in Pratteln) und Motörhead (in Bern) entscheiden musste! Wie hinlänglich bekannt, ging meine Wahl von wegen Gotthard im dichten Schneegestöber mit anschliessendem Monsterstau völlig unter, und so zog ich schmollend von dannen, das heisst der Weg führte gefrustet direkt nach Hause. Darum kam der Folgetag wie gerufen, um die erlittenen Gemütswunden wieder auszukurieren. Es war fast zu schön, um wahr zu sein..., meine Heroes Deep Purple, zusammen mit meinen Faves Uriah Heep und auch noch Manfred Mann's Earth Band oben drauf! Besser gehts nimmer..., oder doch?! Zumindest für das Sahnehäubchen sorgten The Force als erste Band des Abends und die überraschten nicht nur meine Wenigkeit! Darüber hinaus, wie schon am Vortag, hatte Metal Factory einen schönen und gut frequentierten Stand in der Halle und so sollte es eigentlich immer sein!

The Force

Zu meiner Schande muss ich ehrlich gestehen, dass ich noch gar keinen Tonträger von The Force zu Hause rum stehen habe! Die britisch-deutsch-schweizerische Freundschaft, die sich 2002 zusammen gefunden hat, besteht (in der gleichen, richtigen Herkunftsreihenfolge) aus Mark Elliott (g), Hanns "Haurein" Hanneken (d) und Beat Schaub (b). Zu Beginn noch in Cover-Gefilden wildernd, kristallisierten sich bald eigene Ideen heraus, die bis heute in insgesamt vier Veröffentlichungen gemündet haben. Die Resonanz auf diesen grundehrlichen Gitarren-Rock war stets gut und zeigte mit jeder Scheibe weiter nach oben. Das aktuelle Werk, dessen CD-Taufe im vergangenen Herbst mit Guests in der Galery in Pratteln zelebriert wurde, trägt den Titel «Stone Cold». Mittlerweile ist das Lineup noch um Sänger Peter Tanner (Ex- Bloody Six, Ex-Krokus) und Keyboarder Loovy (Ex-Lies) erweitert worden. Diese Besetzung stand nun auch heute Abend in Bern zum zweiten «X-Mas Festival» Tag als erster Act auf der Bühne. Da der Anlass bereits um 18.00 Uhr begann, war von den späteren 5'500 Zuschauern (!) natürlich erst ein Teil in der Halle. Da der ganze Innenraum ziemlich grosszügig ausgelegt war, konnte man sich vor allem auf den zahlreichen, im hinteren Bereich bereit gestellten Festbänken gemütlich hin setzen. Diese Sitzgelegenheit, die so natürlich auch den Konsum an Ess- und Trinkwaren ankurbelte, war dann auch beim Headliner bis auf den letzten Platz besetzt. Dennoch befanden sich jetzt am Anfang genug Leute vor der Bühne, um die überraschend frische und knackige Darbietung von The Force mit immer lauterem Applaus zu belohnen. Positiv stimmte auch die Tatsache, dass die erste Band nicht nur eine halbe Stunde spielen durfte. Meine Uhr stoppte bei fast 50 Minuten und es gab gar einige Zugaberufe am Schluss, die somit deutlich für sich selber sprachen, und mir obliegt es nun, die Vakanz einiger CDs innert nützlicher Frist zu tilgen.

Manfred Mann's Earth Band
Und von nun weg wurde bereits meine persönliche Kür des Konzertabends initiiert! Obwohl der eigentlich unersetzliche Chris Thompson (v) schon viele Jahre nicht mehr mit dabei ist, geht von dieser Kult-Band immer noch eine bemerkenswerte Magie aus, die vor allem in ihren zahlreichen Alt-Hits begründet liegt, die ja eigentlich fast ausschliesslich aus fremder Feder stammen. Manfred Mann hat aber mit seinen Interpretationen der Originale oft weit mehr raus geholt. Man denke da nur zum Beispiel an Bob Dylans «The Mighty Quinn» (Original «Quinn The Eskimo») oder auch «Blinded By The Light», das ja von Bruce Springsteen stammt und alle Welt aber nur von MMEB kennt. Dass man sich dann als Band so zu sagen oft mit fremden Federn geschmückt und dabei dennoch eine eigene, unverkennbare Identität erschaffen hat, ist in diesem Fall eigentlich wohl einzigartig. Vor allem das Material von Dylan erwies sich mehrfach als sehr geeignet und erreicht aktuell locker drei Generationen. Das letzte Konzert in Zürich war so gut wie ausverkauft und die Stimmung trotz der Setliste, die schon länger stets auf Nummer sicher geht, schlicht grandios! Somit war für heute Abend Ähnliches zu erwarten. Mit dem neuen Sänger Robert Hart (Ex-Bad Company) verfügt Mandred Mann wiederum über einen exzellenten Sänger, der gut zur Band und ihren legendären Songs passt. Darüber hinaus spielt Robert auch noch (Akustik-) Gitarre, was die ganze Chose soundmässig klar bereichert. Schon nur der erfreuliche Begrüssungsapplaus liess erahnen, dass Bern und sein Publikum heute Abend bereit für die Party waren. Die Frage war höchstens, wie abgespeckt die Setliste nach dem begeisternden Konzert im Zürcher Volkshaus (24.10.12) daher kommen würde. Während der Opener «Captain Bobby Stout» und Martha's Madmen verblieben waren, fielen zeitbedingt leider «Father Of Day Father Of Night» und «Don't Kill It Carol» weg. Der Rest war voraussehbar und trotz diesem Umstand wurde jeder dieser Kult-Songs lautstark abgefeiert. Den finalen Höhepunkt setzten schliesslich drei unsterbliche Klassiker, von denen mir halt nach wie vor «Davy's On The Road Again» am besten gefiel. Der stündige Auftritt verflog leider wie im Fluge und machte zum Schluss deutlich, dass die Leute, ob alt oder jung, diese Musik offensichtlich immer noch sehr mögen, auch ohne den unvergessenen Ur-Sänger Chris Thompson.


Setliste: «Captain Bobby Stout» - «Martha's Madmen» - «Dancing In The Dark» - «For You» - «You Angel You» - «Davy's On The Road Again» - «The Mighty Quinn» - «Blinded By The Light».

Uriah Heep
Kann man von Uriah Heep einmal genug bekommen? Ich würde eher auf "nein" tippen, denn obwohl das 40-jährige Jubiläum auch schon wieder eine Weile vorüber ist, kann keine Rede von Rückzug aufs Altenteil sein, im Gegenteil! Neben der glorreichen Vergangenheit mit einer ganzen Latte an geilen Songs überzeugt auch das Material der Neuzeit. Vor allem «Wake The Sleeper» (2008) und das aktuelle Werk «Into The Wild» (2011) sind nicht zuletzt durch den neuen Hammer-Drummer Russell Gilbrook schon jetzt zu weiteren Perlen des üppigen Backka-taloges geworden. Der Startschuss für die Rückkehr zum Erfolg war aber die granatenstarke Scheibe «Sea Of Light» (1995), die die spürbar schwächere Phase der 80er und 90er beendete. Da neben dem in der letzten Zeit oft vorkommenden Zelebrieren von Jubiläen im Falle von Uriah Heep auch noch neues Material dazu kommt, sind Mick Box und seine Jungs stets fleissig unterwegs und waren deshalb mehrmals im gleichen Jahr zu sehen. Wie gesagt, mich stört das nicht, denn wenn sich zum Beispiel die Gelegenheit ergibt, dass gewisse Konzerte auch in deutlich kleineren Locations, wie zum Beispiel dem "Moonwalker Club" in Aarburg, abgehalten werden, muss man erst recht hingehen. Sicherlich dürften Deep Purple das Gros des Publikums angezogen haben, aber die Heepsters spielten vor rund zwei Jahren (17.12.10) an gleicher Stelle und da kamen bei Weitem nicht nur Fans wegen Krokus (Headliner hin oder her) nach Bern. Diese Einschätzung wurde auch dadurch gestützt, da man doch einige junge Fans mit Heep-Shirts rum laufen sah, und das nicht nur hier und heute Abend. Ein weiterer grosser Pluspunkt für die Agilität der alteingesessenen Gruppe war und ist natürlich Frontmann Bernie Shaw, der längst schon all seine Vorgänger in Sachen Ausdauer abgehängt hat. Obwohl ich immer noch ein grosser Fan des unvergessenen David Byron und grossartigen John Lawton bin, prägt Bernie den Heep-Sound nicht unwesentlich und kann auch locker die Brücke zwischen den ganz alten und neuen Songs schlagen. Darum klingt «Sunrise» genau so gut wie «I’m Ready», obwohl da knapp dreissig Jahre dazwischen liegen. Des Weiteren sorgte die Saiten-Fraktion mit Ur-Member Mick Box (g) und Trevor Bolder (b) für den nötigen Dampf und die Härte, welche gerade Letzterer, unterstützt durch den killenden Drum-Sound von Kollege Gilbrook, ohne nachzulassen auf die Bühnenbretter legte. «July Morning» war dann einmal mehr der Höhepunkt des Abends, bevor über 5‘000 Fans den Refrain von «Lady In Black» lauthals mitsangen und für ein grandioses Feeling sorgten. Dass man nun bei «Free & Easy» grundsätzlich ein paar mehr oder weniger headbangende Girls auf die Bühne holt, ist für die sicher ein Erlebnis, aber dieser Zirkus ist bei Steel Panther besser aufgehoben. Nach einer schmissigen Version von «Easy Livin'» war dann nach gut einer Stunde leider schon Schicht im Schacht. Uriah Heep ist eigentlich klar eine Headliner-Band und das merkte man von der ersten bis zur letzten Sekunde.

Setliste: «Against The Odds» - «Overload» - «Sunrise» - «I'm Ready» - «Between Two Worlds» - «Gypsy» - «July Morning» - «Lady In Black» -- «Free & Easy» - «Easy Livin'».

Deep Purple
Ich war im Sommer 1985 den Tränen nahe, als ich meine absolute Lieblingsband, wieder vereint mit Mark-II (Gillan, Glover, Lord, Blackmore, Paice) im Zürcher Hallenstadion erleben durfte. Seither sind schon einige Monde vergangen und trotz allem hätte damals niemand dafür unterschrieben, dass man die gleiche Band 27 Jahre später immer noch live geniessen kann und gar «Into The Fire» und «Hard Lovin' Man» (beide Songs stammen von «In Rock», 1970). Freilich fehlten heuer zwei wichtige Namen von damals, denn der vor zehn Jahren ausgestiegene Jord Lord (R.I.P.) starb im Juli dieses Jahres und Mr. Blackmore verabschiedete sich bekanntlich vor knapp 20 Jahren. Dennoch sind Deep Purple auch 2012 immer noch eine Bank und ein Ende ist vorerst nicht abzusehen. Bevor nun im kommenden Jahr (hoffentlich!) das neue Studio-Album erscheinen wird, war man wiederum in Europa unterwegs und beglückte die zahlreich aufmarschierte Fangemeinde. Da ich meine Heroes nun schon ein „paar Mal“ in den vergangenen Jahren gesehen habe, war ziemlich absehbar, was man erwarten konnte. In erster Linie hängt das Ganze stets an den Stimmbändern von Ian Gillan und die waren auf dieser Tour hörbar besser beieinander als auch schon. Da Deep Purple ja jahrein und jahraus eine ansehnliche Menge Gigs runter reissen, ist es bewundernswert, was der 67-jährige Sänger noch zu leisten vermag. Zu «Child In Time» wird er ja seit Blackores Abgang nicht mehr genötigt und das ist auch gut so. Diese Geschichte ist definitiv vorbei und durch genügend überzeugende Tonträger dokumentiert. Dennoch gibt sich Gillan keineswegs die Blösse und auch heute Abend kam «Strange Kind Of Woman» fast so geil wie zu den alten Zeit daher. Somit alles in Butter? In meinen Ohren nicht ganz, denn die Band spielt zwar routiniert wie immer, aber das Ganze hat kaum mehr Ecken und Kanten, klingt stellenweise viel zu glatt. Bestes Beispiel hierfür ist «The Battle Rages On», das nur dank dem Frontmann noch etwas Biss hat. Das klang 1993 bedeutend heftiger, was aber eigentlich nur diejenigen Leute nachvollziehen können, die mit Vorteil damals dabei waren. Und für «When A Blind Man Cries» gibt es nur einen richtigen Mann, und der heisst Joe Satriani. Das heisst jetzt nicht, dass hier Steve Morse von meiner Seite aus verunglimpft wird, doch nach so vielen Konzerten, die ich nun gesehen habe, ist die Unberechenbarkeit von Ritchie Blackmore, gepaart mit der einstigen Improvisationsgabe von Jon Lord durch nichts zu ersetzen. Ich stehe mit dieser Meinung sicher nicht alleine da, doch Deep Purple haben ihre Fanbase mit der aktuellen Besetzung locker halten können und solange noch Ian Gillan, Roger Glover und Ian Paice im Lineup stehen, wird es weiter gehen. Das sah das heutige Publikum ebenso mit sichtlicher Freude und ging ordentlich ab, wenn auch nicht mehr ganz so heftig wie zuvor bei Uriah Heep. Mein zweites Highlight nach dem starken Beginn war «The Mule» das ja in der Livefassung schon auf der legendären «Made In Japan» Livescheibe von 1972 zu finden ist und danach lange Zeit nicht mehr im Live-Set auftauchte. Während «Lazy» insgesamt besser abschnitt, liess «Space Truckin'» den früheren Spirit nicht mehr aufkommen und «Perfect Strangers» ohne Lasershow ist einfach ein zahnloser Tiger und klang auch so viel zu brav, viel zu zahm. Die obligate Schlusstriplette (allerdings ohne «Speed King») holte dann jedoch die Kohlen nochmals mit Getöse aus dem Feuer und sorgte unter dem Strich klar für ein versöhnliches Ende. Junge Rock-Fans müssen sich Deep Purple, sollten sie es nicht mindestens einmal bereits getan haben, unbedingt anschauen gehen und mit Vorteil die ganze Karriere dieser unsterblichen Legende beleuchten, respektive aufarbeiten, auch im Gedenken an Jon Lord, dessen Leben am 16.Juli 2012 leider zu früh zu Ende ging.

Setliste: «Intro (Montagues And Capulets)» - «Fireball» - «Into The Fire» - «Hard Lovin' Man» - «Maybe I'm a Leo» - «Strange Kind Of Woman» - «The Battle Rages On» - «Contact Lost (Guitar Solo by Steve Morse)» - «Sometimes I Feel Like Screaming/Wasted Sunsets» - «The Well-Dressed Guitar» - «The Mule (Drum Solo by Ian Paice) » - «Lazy» - «No One Came» - «Keyboard Solo by Don Airey» - «Perfect Strangers» - «Space Truckin'» - «Smoke On The Water» -- «Hush» - «Bass Solo by Roger Glover» - «Black Night».