Was für ein Billing, respektive was für ein
verrücktes Wochenende! Besonders am Vortag kam es knüppeldick, weil man
sich als geneigter Fan und Mitarbeiter von Metal Factory zwischen
Gotthard (in Winterthur), W.A.S.P. (in Pratteln) und Motörhead (in
Bern) entscheiden musste! Wie hinlänglich bekannt, ging meine Wahl von
wegen Gotthard im dichten Schneegestöber mit anschliessendem
Monsterstau völlig unter, und so zog ich schmollend von dannen, das
heisst der Weg führte gefrustet direkt nach Hause. Darum kam der
Folgetag wie gerufen, um die erlittenen Gemütswunden wieder
auszukurieren. Es war fast zu schön, um wahr zu sein..., meine Heroes
Deep Purple, zusammen mit meinen Faves Uriah Heep und auch noch Manfred
Mann's Earth Band oben drauf! Besser gehts nimmer..., oder doch?!
Zumindest für das Sahnehäubchen sorgten The Force als erste Band des
Abends und die überraschten nicht nur meine Wenigkeit! Darüber hinaus,
wie schon am Vortag, hatte Metal Factory einen schönen und gut
frequentierten Stand in der Halle und so sollte es eigentlich immer
sein!
The Force
Zu meiner Schande muss ich ehrlich gestehen, dass ich noch gar keinen
Tonträger von The Force zu Hause rum stehen habe! Die
britisch-deutsch-schweizerische Freundschaft, die sich 2002 zusammen
gefunden hat, besteht (in der gleichen, richtigen Herkunftsreihenfolge)
aus Mark Elliott (g), Hanns "Haurein" Hanneken (d) und Beat Schaub (b).
Zu Beginn noch in Cover-Gefilden wildernd, kristallisierten sich bald
eigene Ideen heraus, die bis heute in insgesamt vier Veröffentlichungen gemündet haben. Die Resonanz
auf diesen grundehrlichen Gitarren-Rock war stets gut und zeigte mit
jeder Scheibe weiter nach oben. Das aktuelle Werk, dessen CD-Taufe im
vergangenen Herbst mit Guests in der Galery in Pratteln zelebriert
wurde, trägt den Titel «Stone Cold». Mittlerweile ist das Lineup noch
um Sänger Peter Tanner (Ex- Bloody Six, Ex-Krokus) und Keyboarder Loovy
(Ex-Lies) erweitert worden. Diese Besetzung stand nun auch heute Abend
in Bern zum zweiten «X-Mas Festival» Tag als erster Act auf der Bühne.
Da der Anlass bereits um 18.00 Uhr begann, war von den späteren 5'500
Zuschauern (!) natürlich erst ein Teil in der Halle. Da der ganze
Innenraum ziemlich grosszügig ausgelegt war, konnte man sich vor allem
auf den zahlreichen, im hinteren Bereich bereit gestellten Festbänken
gemütlich hin setzen. Diese Sitzgelegenheit, die so natürlich auch den
Konsum an Ess- und Trinkwaren ankurbelte, war dann auch beim Headliner
bis auf den letzten Platz besetzt. Dennoch befanden sich jetzt am
Anfang genug Leute vor der Bühne, um die überraschend frische und
knackige Darbietung von The Force mit immer lauterem Applaus zu
belohnen. Positiv stimmte auch die Tatsache, dass die erste Band nicht
nur eine halbe Stunde spielen durfte. Meine Uhr stoppte bei fast 50
Minuten und es gab gar einige Zugaberufe am Schluss, die somit deutlich
für sich selber sprachen, und mir obliegt es nun, die Vakanz einiger
CDs innert nützlicher Frist zu tilgen.
Manfred Mann's Earth Band
Und von nun weg wurde bereits meine persönliche Kür des Konzertabends
initiiert! Obwohl der eigentlich unersetzliche Chris Thompson (v) schon
viele Jahre nicht mehr mit dabei ist, geht von dieser Kult-Band immer
noch eine bemerkenswerte Magie aus, die vor allem in ihren zahlreichen
Alt-Hits begründet liegt, die ja eigentlich fast ausschliesslich aus
fremder Feder stammen. Manfred Mann hat aber mit seinen
Interpretationen der Originale oft weit mehr raus geholt. Man denke da
nur zum Beispiel an Bob Dylans «The Mighty Quinn» (Original «Quinn The
Eskimo») oder auch «Blinded By The Light», das ja von Bruce Springsteen
stammt und alle Welt aber nur von MMEB kennt. Dass man sich dann als
Band so zu sagen oft mit fremden Federn geschmückt und dabei dennoch
eine eigene, unverkennbare Identität erschaffen hat, ist in diesem Fall
eigentlich wohl einzigartig. Vor allem das Material von Dylan erwies
sich mehrfach als sehr geeignet und erreicht aktuell locker drei
Generationen. Das letzte Konzert in Zürich war so gut wie ausverkauft
und die Stimmung trotz der Setliste, die schon länger stets auf Nummer
sicher geht, schlicht grandios! Somit war für heute Abend Ähnliches zu
erwarten. Mit dem neuen Sänger Robert Hart (Ex-Bad Company) verfügt
Mandred Mann wiederum über einen exzellenten Sänger, der gut zur Band
und ihren legendären Songs passt. Darüber hinaus spielt Robert auch
noch (Akustik-) Gitarre, was die ganze Chose soundmässig klar
bereichert. Schon nur der erfreuliche Begrüssungsapplaus liess erahnen,
dass Bern und sein Publikum heute Abend bereit für die Party waren. Die
Frage war höchstens, wie abgespeckt die Setliste nach dem begeisternden Konzert im Zürcher
Volkshaus (24.10.12) daher kommen würde. Während der Opener «Captain
Bobby Stout» und Martha's Madmen verblieben waren, fielen zeitbedingt
leider «Father Of Day Father Of Night» und «Don't Kill It Carol» weg.
Der Rest war voraussehbar und trotz diesem Umstand wurde jeder dieser
Kult-Songs lautstark abgefeiert. Den finalen Höhepunkt setzten
schliesslich drei unsterbliche Klassiker, von denen mir halt nach wie
vor «Davy's On The Road Again» am besten gefiel. Der stündige Auftritt
verflog leider wie im Fluge und machte zum Schluss deutlich, dass die
Leute, ob alt oder jung, diese Musik offensichtlich immer noch sehr
mögen, auch ohne den unvergessenen Ur-Sänger Chris Thompson.
Setliste: «Captain Bobby Stout» - «Martha's Madmen» - «Dancing In The
Dark» - «For You» - «You Angel You» - «Davy's On The Road Again» - «The
Mighty Quinn» - «Blinded By The Light».
Uriah Heep
Kann man von Uriah Heep einmal genug bekommen? Ich würde eher auf
"nein" tippen, denn obwohl das 40-jährige Jubiläum auch schon wieder
eine Weile vorüber ist, kann keine Rede von Rückzug aufs Altenteil
sein, im Gegenteil! Neben der glorreichen Vergangenheit mit einer
ganzen Latte an geilen Songs überzeugt auch das Material der Neuzeit.
Vor allem «Wake The Sleeper» (2008) und das aktuelle Werk «Into The
Wild» (2011) sind nicht zuletzt durch den neuen Hammer-Drummer Russell
Gilbrook schon jetzt zu weiteren Perlen des üppigen Backka-taloges
geworden. Der Startschuss für die Rückkehr zum Erfolg war aber die
granatenstarke Scheibe «Sea Of Light» (1995), die die spürbar
schwächere Phase der 80er und 90er beendete. Da neben dem in der
letzten Zeit oft vorkommenden Zelebrieren von Jubiläen im Falle von
Uriah Heep auch noch neues Material dazu kommt, sind Mick Box und seine
Jungs stets fleissig unterwegs und waren deshalb mehrmals im gleichen
Jahr zu sehen. Wie gesagt, mich stört das nicht, denn wenn sich zum
Beispiel die Gelegenheit ergibt, dass gewisse Konzerte auch in deutlich
kleineren Locations, wie zum Beispiel dem "Moonwalker Club" in Aarburg,
abgehalten werden, muss man erst recht hingehen. Sicherlich dürften
Deep Purple das Gros des Publikums angezogen haben, aber die Heepsters
spielten vor rund zwei Jahren (17.12.10) an gleicher Stelle und da
kamen bei Weitem nicht nur Fans wegen Krokus (Headliner hin oder her) nach Bern. Diese
Einschätzung wurde auch dadurch gestützt, da man doch einige junge Fans
mit Heep-Shirts rum laufen sah, und das nicht nur hier und heute Abend.
Ein weiterer grosser Pluspunkt für die Agilität der alteingesessenen
Gruppe war und ist natürlich Frontmann Bernie Shaw, der längst schon
all seine Vorgänger in Sachen Ausdauer abgehängt hat. Obwohl ich immer
noch ein grosser Fan des unvergessenen David Byron und grossartigen
John Lawton bin, prägt Bernie den Heep-Sound nicht unwesentlich und
kann auch locker die Brücke zwischen den ganz alten und neuen Songs
schlagen. Darum klingt «Sunrise» genau so gut wie «I’m Ready», obwohl
da knapp dreissig Jahre dazwischen liegen. Des Weiteren sorgte die
Saiten-Fraktion mit Ur-Member Mick Box (g) und Trevor Bolder (b) für
den nötigen Dampf und die Härte, welche gerade Letzterer, unterstützt
durch den killenden Drum-Sound von Kollege Gilbrook, ohne nachzulassen
auf die Bühnenbretter legte. «July Morning» war dann einmal mehr der
Höhepunkt des Abends, bevor über 5‘000 Fans den Refrain von «Lady In
Black» lauthals mitsangen und für ein grandioses Feeling sorgten. Dass
man nun bei «Free & Easy» grundsätzlich ein paar mehr oder
weniger headbangende Girls auf die Bühne holt, ist für die sicher ein
Erlebnis, aber dieser Zirkus ist bei Steel Panther besser aufgehoben.
Nach einer schmissigen Version von «Easy Livin'» war dann nach gut
einer Stunde leider schon Schicht im Schacht. Uriah Heep ist eigentlich
klar eine Headliner-Band und das merkte man von der ersten bis zur
letzten Sekunde.
Setliste: «Against The Odds» - «Overload» - «Sunrise» - «I'm Ready» -
«Between Two Worlds» - «Gypsy» - «July Morning» - «Lady In Black» --
«Free & Easy» - «Easy Livin'».
Deep Purple
Ich war im Sommer 1985 den Tränen nahe, als ich meine absolute
Lieblingsband, wieder vereint mit Mark-II (Gillan, Glover, Lord,
Blackmore, Paice) im Zürcher Hallenstadion erleben durfte. Seither sind
schon einige Monde vergangen und trotz allem hätte damals niemand dafür
unterschrieben, dass man die gleiche Band 27 Jahre später immer noch
live geniessen kann und gar «Into The Fire» und «Hard Lovin' Man»
(beide Songs stammen von «In Rock», 1970). Freilich fehlten heuer zwei
wichtige Namen von damals, denn der vor zehn Jahren ausgestiegene Jord
Lord (R.I.P.) starb im Juli dieses Jahres und Mr. Blackmore
verabschiedete sich bekanntlich vor knapp 20 Jahren. Dennoch sind Deep
Purple auch 2012 immer noch eine Bank und ein Ende ist vorerst nicht
abzusehen. Bevor nun im kommenden Jahr (hoffentlich!) das neue
Studio-Album erscheinen wird, war man wiederum in Europa unterwegs und
beglückte die zahlreich aufmarschierte Fangemeinde. Da ich meine Heroes
nun schon ein „paar Mal“ in den vergangenen Jahren gesehen habe, war
ziemlich absehbar, was man erwarten konnte. In erster Linie hängt das
Ganze stets an den Stimmbändern von Ian Gillan und die waren auf dieser
Tour hörbar besser beieinander als auch schon. Da Deep Purple ja
jahrein und jahraus eine ansehnliche Menge Gigs runter reissen, ist es
bewundernswert, was der 67-jährige Sänger noch zu leisten vermag. Zu
«Child In Time» wird er ja seit Blackores Abgang nicht mehr genötigt
und das ist auch gut so. Diese Geschichte ist definitiv vorbei und durch
genügend überzeugende Tonträger dokumentiert. Dennoch gibt sich Gillan
keineswegs die Blösse und auch heute Abend kam «Strange Kind Of Woman»
fast so geil wie zu den alten Zeit daher. Somit alles in Butter? In
meinen Ohren nicht ganz, denn die Band spielt zwar routiniert wie
immer, aber das Ganze hat kaum mehr Ecken und Kanten, klingt
stellenweise viel zu glatt. Bestes Beispiel hierfür ist «The Battle
Rages On», das nur dank dem Frontmann noch etwas Biss hat. Das klang
1993 bedeutend heftiger, was aber eigentlich nur diejenigen Leute
nachvollziehen können, die mit Vorteil damals dabei waren. Und für
«When A Blind Man Cries» gibt es nur einen richtigen Mann, und der
heisst Joe Satriani. Das heisst jetzt nicht, dass hier Steve Morse von
meiner Seite aus verunglimpft wird, doch nach so vielen Konzerten, die
ich nun gesehen habe, ist die Unberechenbarkeit von Ritchie Blackmore,
gepaart mit der einstigen Improvisationsgabe von Jon Lord durch nichts
zu ersetzen. Ich stehe mit dieser Meinung sicher nicht alleine da, doch
Deep Purple haben ihre Fanbase mit der aktuellen Besetzung locker
halten können und solange noch Ian Gillan, Roger Glover und Ian Paice
im Lineup stehen, wird es weiter gehen. Das sah das heutige Publikum
ebenso mit sichtlicher Freude und ging ordentlich ab, wenn auch nicht
mehr ganz so heftig wie zuvor bei Uriah Heep. Mein zweites Highlight
nach dem starken Beginn war «The Mule» das ja in der Livefassung schon
auf der legendären «Made In Japan» Livescheibe
von 1972 zu finden ist und danach lange Zeit nicht mehr im Live-Set
auftauchte. Während «Lazy» insgesamt besser abschnitt, liess «Space
Truckin'» den früheren Spirit nicht mehr aufkommen und «Perfect
Strangers» ohne Lasershow ist einfach ein zahnloser Tiger und klang
auch so viel zu brav, viel zu zahm. Die obligate Schlusstriplette
(allerdings ohne «Speed King») holte dann jedoch die Kohlen nochmals
mit Getöse aus dem Feuer und sorgte unter dem Strich klar für ein
versöhnliches Ende. Junge Rock-Fans müssen sich Deep Purple, sollten
sie es nicht mindestens einmal bereits getan haben, unbedingt anschauen
gehen und mit Vorteil die ganze Karriere dieser unsterblichen Legende
beleuchten, respektive aufarbeiten, auch im Gedenken an Jon Lord,
dessen Leben am 16.Juli 2012 leider zu früh zu Ende ging.
Setliste: «Intro (Montagues And Capulets)» - «Fireball» - «Into The
Fire» - «Hard Lovin' Man» - «Maybe I'm a Leo» - «Strange Kind Of Woman»
- «The Battle Rages On» - «Contact Lost (Guitar Solo by Steve Morse)» -
«Sometimes I Feel Like Screaming/Wasted Sunsets» - «The Well-Dressed
Guitar» - «The Mule (Drum Solo by Ian Paice) » - «Lazy» - «No One Came»
- «Keyboard Solo by Don Airey» - «Perfect Strangers» - «Space Truckin'»
- «Smoke On The Water» -- «Hush» - «Bass Solo by Roger Glover» - «Black
Night».
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